"

anja niedringhaus - bilderkriegerin

Ausdrucksstarke Bilder von Anja Niedringhaus:

Zivilisten auf der Flucht (Basra, Irak,  2003)

Razzia in Bagdad (Irak,  2004)



Zum fünften Jahrestag ihrer Ermordung: Anja-Niedringhaus-Ausstellung in Köln


Von Michael Robrecht - WESTFALEN-BLATT

Anlässlich ihres fünften Todestages ehrt das Käthe-Kollwitz-Museum in Köln die Fotografin Anja Niedringhaus (1965-2014). Die Arbeit der Höxteraner Pulitzer-Preisträgerin wird in einer großen Einzelschau gewürdigt.

Die Ausstellung, die an diesem Freitag eröffnet wird, ist eine besondere Auszeichnung zum Jahrestag der am 4. April 2014 in Afghanistan ermordeten damaligen AP-Cheffotografin. Darüber freue sie sich sehr, sie sei sehr bewegt, sagte Heide-Ute Niedringhaus, die Mutter der Journalistin, dem WESTFALEN-BLATT.

Die Kölner Schau ist die erste größere posthume Retrospektive für die weltbekannte Fotoreporterin. Mehr als 80 großformatige Aufnahmen dokumentieren das Werk, das die »Bilderkriegerin« (Ausstellungstitel) schon zu Lebzeiten zur Ikone gemacht habe, teilte ein Museumssprecher mit.

Anja Niedringhaus: sinedi|bearbeitung


Nahezu ein Vierteljahrhundert lang berichtete Anja Niedringhaus von Kriegsschauplätzen in aller Welt: vom Balkan, aus dem Irak und immer wieder aus Afghanistan. Als die Fotografin dort bei einem Reportage-Einsatz am 4. April 2014 im Alter von 48 Jahren von einem Attentäter im Auto erschossen wurde, hinterließ sie ein beeindruckendes Œuvre.

Im Auftrag von Nachrichtenagenturen wie der amerikanischen Associated Press (AP) entstanden legendäre Aufnahmen, die von den weltweit wichtigsten Magazinen und Zeitungen auf den Titelseiten gedruckt wurden und so im kollektiven Gedächtnis verankert sind. Der umfangreiche Nachlass umfasst Bilder aus Kriegs- und Krisenregionen ebenso wie brillante Porträtaufnahmen und Sportfotografien.

Die Kölner Ausstellung zeigt – erstmals durchgängig in Farbe – mehr als 90 großformatige Aufnahmen, darunter 18 Originale aus dem Archiv der Fotografin sowie mehrere handsignierte Abzüge.

Obgleich Anja Niedringhaus lange Jahre von zahlreichen Kriegsschauplätzen berichtete, lehnte sie den Begriff »Kriegsfotografin« für sich ab. Ihre Aufnahmen, die oft unter Lebensgefahr an vorderster Front entstanden, reichen weit über die reine Dokumentation von Ereignissen hinaus – ihre Arbeiten sind Aufrufe zum Frieden. »Sie wollen aufrütteln und mahnen, indem sie uns die Schrecken des Krieges vor Augen führen. Ihre Werke vereinen häufig starke Gegensätze: Sie zeigen einen Moment der Ruhe inmitten des Chaos und tiefe Menschlichkeit inmitten von brutaler Barbarei«, so das Kollwitz-Museum.

Die Tiefe ihres Werkes, darunter viele Sportfotos, beeindruckt Menschen über Kulturkreisgrenzen hinweg. Die Ermordung der Fotografin rief ein weltweites Medienecho hervor, Anja Niedringhaus war Thema in den Nachrichten. »Von der ›New York Times‹ bis hin zu russischen, griechischen und arabischen Medien war der Vorfall auf den Titelseiten zu lesen, Regierungen und Prominente aus aller Welt kondolierten«, sagt ihre Mutter Heide-Ute Niedringhaus, die in ihrem privaten Archiv in Höxter viele Beiträge gesammelt hat.

Unter ihren Kolleginnen gilt Anja Niedringhaus als Wegbereiterin in einem Beruf, in dem bis heute der Frauenanteil verschwindend gering ist. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter 2005 den ersten Pulitzer-Preis für eine deutsche Fotografin.

Die Kölner Ausstellung wird von Sonya Winterberg kuratiert, die Anja Niedringhaus persönlich kannte. Mit Unterstützung der Erben konnte die Kuratorin auf das in seinem Originalzustand bewahrte Archiv der Fotografin zurückgreifen. Es dokumentiert das gesamte Schaffen von Anja Niedringhaus und bietet die einmalige Möglichkeit, ihr Lebenswerk auch jenseits der bekannten Bilder aufzuarbeiten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Auf dieser Grundlage bereitet Sonya Winterberg in Kooperation mit Ziegler Film und im Auftrag des ZDF eine Verfilmung des Lebens der Fotografin vor. Außerdem soll eine Biografie mit Werkverzeichnis erscheinen.

Bei der Medienpräsentation der »Bilderkriegerin« am Donnerstag sind außer Heide-Ute Niedringhaus auch Anjas Schwester Elke Niedringhaus-Haasper und die Fotografin Kathy Gannon, AP Senior Correspondent Pakistan/Afghanistan, Kollegin und Freundin von Anja Niedringhaus, die den Anschlag mit ihr im Auto schwer verletzt überlebte, dabei.

Noch bis zum 10. Juni läuft, wie berichtet, eine weitere Ausstellung über Kriegsfotografinnen im Museum Kunstpalast in Düsseldorf. Auch dort werden viele Niedringhaus-Fotos gezeigt. In Höxter ist das Forum Anja Niedringhaus im historischen Tilly-Haus im Aufbau. Dafür hat sich ein Verein für journalistische und künstlerische Fotografie gegründet.

Bettelnde Frauen in Kandahar  (Afghanistan, 2014)
Junge mit Spielzeugwaffe (Kabul, Afghanistan,  2009) 
Fotos: Anja Niedringhaus

WESTFALEN-BLATT - Mittwoch, 27.3.1019 - S. 7 - Kultur


"bilderkriegerin" - im erste moment denke ich: ein "unmöglicher" titel für diese eindringliche ausstellung. doch wenn man den begriff einige male hin und her gewälzt hat, bleibt genau dieser wohl gewollte und gemeinte eindruck haftem: mit bildern kann man keinen krieg führen - aber bilder zeigen in ihrer dokumentationsqualität den schrecken und das blut des krieges - und bilder sagen ja mehr als 1000 worte.

anja niedringhaus hat diese photos vom krieg gemacht, um abzuschrecken, um zu warnen, um zum frieden und zur umkehr aufzurufen. und in jedem bild bleibt einem der kriegsjubel und die kampfesanfeuerungen im halse stecken - die meisten bilder zeigen auch das sinnlose, das verzweifelte, die depression und die blanke not um das eigene leben ...

anja niedringhaus schaftte es, immer im richtigen moment auf den azslöser zu drücken: ja - sie "knipste" nicht, sondern sie erzählte geschichten in ihren photographien: der auslösemoment hatte ja jeweils eine vorgechichte und danach einen abspann: manchmal blutbesudelt, manchmal verzweifelt, manchmal tränenreich - und manchmal mit einem lächeln im knopfloch ...

der mörder von anja niedringhaus wusste gar nicht, wen er da vor sich hatte - es war für ihn einfach ein racheakt dafür, dass flieger sein dorf bombardiert und beschossen hatten - und hier fuhren nun zwei "weiße" frauen ganz ungeschützt an seinem "kontrollpunkt" vorbei: zur falschen zeit - am falschen ort - im krieg ersterben als erstes die vernunft und die nächstenliebe.

zunächst war der mörder zum tode verurteilt worden - doch die familie der photographin intervenierte bei der kabuler regierung dagegen - so dass er jetzt in einem revisionsverfahren zu 20 jahre haft verurteilt wurde.

und die familie hatte interveniert, weil eine todesstrafe wohl nie im sinne der ermordeten gewesen wäre - anja niedringhaus lebte als kriegsreporterin mit dem motto: "mit panzern löst man keine probleme" ... - und mit der todesstrafe auch nicht - und so hat der mörder ja viel länger zeit, nachzudenken ...

ich habe mir überlegt, wie ich hier die im 'westfalen-blatt' abgedruckten bilder aus der niedringhaus-ausstellung am besten anzeige - und dachte zu anfang, sie auf kleine schautafel-attrappen zu platzieren - doch dann habe ich dieses ansinnen rasch wieder verworfen: ganz schlicht, ohne rahmen und ohne weitere bearbeitung - so wie sie sind sollen sie hier stehen ...: anja niedringhaus' photos eignen sich nicht dazu, extra mit lametta "präsentiert" zu werden ...

click here
KATALOG ZUR AUSSTELLUNG


Anja Niedringhaus - Bilderkriegerin. 
Wienand-Verlag, Köln 2019
Hg. von Hannelore Fischer für das Käthe Kollwitz Museum Köln

Mit Beiträgen v. Sonya und Yury Winterberg, Minka Nijhuis, Michael Kamber, u.a.
144 Seiten, 111 farbige Abb.,
27 x 22 cm, Hardcover,
deutsch/englisch

Erhältlich auch im Museumsshop
Preis: 22,00 €

Dora ist endlich zurück

Der niederländische Kunstdetektiv Arthur Brand posiert hier mit Pablo Picassos „Portrait of Dora Maar - Buste de Femme“ in seinem Haus in Amsterdam. Foto: Credit Agence France-Presse - Getty Images - New York Times



Gestohlenes Picasso-Gemälde wurde in Amsterdam geborgen

Von Nina Siegal | New York Times



AMSTERDAM - Ein Ermittler für Kunstverbrechen in den Niederlanden gab jetzt bekannt, er habe Pablo Picassos 1938 fertiggestelltes Gemälde "Portrait of Dora Maar - Buste de Femme" "gefunden", das 1999 von der Yacht seines saudi-arabischen Besitzers in Südfrankreich gestohlen wurde. Sein Wert wird heute auf 25 Mio. €uro geschätzt.

Arthur Brand, ein unabhängiger Kunstdetektiv mit Sitz in Amsterdam, habe das Gemälde vor zwei Wochen an eine Versicherungsgesellschaft übergeben, sagte er. Herr Brand hatte seit 2015 versucht, das Picasso-Gemälde aufzuspüren, aber alle seine Spuren gingen nirgendwo.

Anfang dieses Monats wurde er von „zwei Personen mit guten Kontakten in die Unterwelt“ kontaktiert, die sagten, das Gemälde sei in den Niederlanden.

"Sie sagten mir: 'Es liegt in der Hand eines Geschäftsmannes, der es als Bezahlung erhalten hat, und er weiß nicht, was er damit anfangen soll'", sagte Mr. Brand in einem Interview. "Ich habe mit den beiden Jungs gesprochen und wir haben dann einen Plan ausgeheckt, um es  zu bekommen."

Die beiden Kontaktpersonen, deren Namen Herr Brand nicht nennen wollte, stellten das Gemälde in zwei Plastikmüllsäcken bei Herrn Brand in Amsterdam ab, so sagte er. "Sie haben es direkt an meine Tür geliefert."

Pablo Picasso 1938: „Portrait of Dora Maar - Buste de Femme“ - sinedi-repro nach einem foto



Mr. Brand sagte, man hätte einen Schluck auf das Bild getrunken und danach den Picasso an die Wand gehängt. "Der Drang war zu groß - ich konnte da nicht widerstehen", sagte er. Am nächsten Tag flog ein Picasso-Spezialist aus der Pace Gallery in New York in die Niederlande, um das Gemälde zu überprüfen auf seine Echtheit, sagt Brand. (Der Sprecher von Pace lehnte dazu einen Kommentar ab.)

Herr Brand übergab das Gemälde dann einem ehemaligen britischen Detektiv, namens Dick Ellis, dem Begründer des Kunst- und Antiquitätenkommissariats von Scotland Yard, der jetzt Vertreter einer Versicherungsgesellschaft ist, die Mr. Brand jedoch nicht nennen wollte. Herr Ellis bestätigte gegenüber Agence France Presse (afp): "Es besteht kein Zweifel, dass dies der gestohlene Picasso ist."

Die Frau auf dem Picasso-Porträt, Mme. Dora Maar, war eine französische Fotografin, Malerin, Dichterin und eine der Liebhaberinnen des Künstlers. Er porträtierte sie in vielen Gemälden und Zeichnungen. Dieses 1938 gemalte Porträt war offenbar eines seiner Favoriten, das er bis zu seinem Tod in seiner Privatsammlung aufbewahrte.

Herr Brand sagte jetzt, dies sei ein Teil des Grundes, dass es schwierig gewesen sei, es zu beschreiben und zu identifizieren. "Es wurde fast nie veröffentlicht, es gab fast keine Bilder davon und es war noch nie in einem Museum", sagt er. Er selbst habe für seine "Fahndung" nur ein schlechtes zerknittertes Photo besessen. "Picasso ist einer der Künstler, deren Werke am meisten gestohlenen werden."

Der Besitzer war 1999 ein saudi-arabischer Milliardär, Sheikh Abdul Mohsen, der das Bild auf seiner Luxusyacht im französischen Antibes hatte, als es gestohlen wurde. Der Scheich soll damals 4 Mio. €uro für die "Buste" bezahlt haben. Herr Brand sagte, es sei wahrscheinlich in die Niederlande als "Zahlung für Drogen oder Waffengeschäfte" gekommen.

Herr Brand meint ganz bescheiden, dass er wahrscheinlich keine Zahlung für die Wiederbeschaffung des Kunstwerks erhalten werde: "Damals - direkt nach dem Diebstahl - gab es eine Belohnung von 400.000 Euro - aber ich weiß nicht, ob die Belohnung auch jetzt noch ausbezahlt wird - der Raub ist juristisch längst verjährt", meint er. "Wenn es eine Belohnung gibt, sollte sie aber nicht an ihn, sondern an die Leute gehen, die es ihm gebracht haben. Meine Belohnung war, einen Picasso für eine Nacht an meiner Wand zu haben. Ich kann sagen, es war großartig.“

(Der Text aus der NYT wurde mit Google-Translator automatisch ins Deutsche übersetzt - bearbeitet - und mit Infos aus einem WESTFALEN-BLATT-DPA-Artikel ergänzt...)




Ein Literaturhinweis von mehreren: James Lord: Picasso und Dora Maar: eine persönliche Erinnerung. Aus dem Amerikanischen übers. von Astrid von dem Borne und Irmengard Maria Gabler - München: Matthes und Seitz, 1994. 414 S. 


ja - es ist wahrscheinlich kompliziert, gestohlenes diebesgut mit dieser "provenienz" wieder "an den mann - an die frau" zu bringen. das geht dann über einige halbseidene mittelsmänner* oder ...frauen und hin und her - und im kopf werden die summen zusammengezählt, damit keine schriftstücke auftauchen oder irgendwo liegenbleiben - und dann läuft so etwas wahrscheinlich übers "darknet" und über "bitcoins" - und alles weitere übers telefon - so dass höchstens noch nsa weiß, was da wirklich lief - und wer was wem wann schuldet und überweisen muss - ohne quittung - versteht sich - auf gutdünken und "vertrauen" ...

hoffentlich ist es nun wirklich das echte kunstwerk, das ja immerhin 20 jahre unterwegs war - und nun in alten mülltüten übergeben wurde... da war wohl nichts mit weißen galerie-baumwollhandschuhen mit noppen - aber wenigstens hat man ja einen schluck "oude genever" zu sich genommen bei der übergabe - prost - und chuat choan - und nix für ungut

dorthin alessandro -

photo|bearbeitung: sinedi - nach einem foto von dpa/daniel dal zennaro/ANSA/dpa






Ales­san­dro Mi­che­le, 47  
Der Rö­mer wur­de 2015 zum Chef­de­si­gner von Guc­ci er­nannt und führ­te die Lu­xus­mar­ke mit sei­nem Mix aus Far­ben, Mus­tern und Sti­len zu gro­ßem Er­folg 

Was mich in­spi­riert und was ich in mei­nen Kol­lek­tio­nen zi­tie­re, kann ei­nen Tag alt sein oder 100 Jah­re - für mich ist et­was in dem Mo­ment ak­tu­ell, wenn es vor mei­nen Au­gen auf­taucht. Die Ver­gan­gen­heit im­mer wie­der zu über­ar­bei­ten ist für mich eine Mög­lich­keit, Klei­dungs­stü­cke nicht zu tri­via­li­sie­ren und nicht über die Saum­län­ge zu be­mes­sen. Was mich ei­gent­lich in­ter­es­siert, ist das Er­zäh­len ei­ner Ge­schich­te. Wenn je­mand Frag­men­te an­de­rer Ge­schich­ten dar­in sieht, ist das auch okay. Ich muss mich nicht recht­fer­ti­gen. Ich ko­pie­re nicht, um eine Ko­pie zu er­schaf­fen, son­dern ich zi­tie­re et­was und set­ze es zu et­was Neu­em zu­sam­men. alessandro michele 
sinedi


aus: S-Magazin - Das Stilmagazin des SPIEGEL - 1/2019 -  März 2019: "Was Ist authentisch?- Eine Frage, vier Antworten"

KARL  LAGERFELD  WAR  GESTERN - 
ALESSANDRO  MICHELE  IST  HEUTE


Gucci- Organzaseiden-Glockenärmelkleid mit Straußenfedern (39.000 $) und Löwenkopf-Lederhalsband (950 $) - Designed by Alessandro Michele - Foto von Michal Chelbin. Von Jay Massacret gestaltet - NYT - T-Magazine 12.10.2018





und meine inspirationen zum "weg dorthin/hindurch" ...






david hockney im atelier - foto: pace gallery
david hockney hat's auch mit dem "weg" als motiv - 
auf allen abbildungen - alt, älter & neu - eine
umsetzung meines wahlspruches: der weg dorthin -
ist der weg hindurch ...

also - mit diesen sätzen vom gucci-alessandro-michele bin ich sehr gut bedient - mit denen kann ich leben: »was mich ei­gent­lich in­ter­es­siert, ist das er­zäh­len ei­ner ge­schich­te. wenn je­mand frag­men­te an­de­rer ge­schich­ten dar­in sieht, ist das auch okay. ich muss mich nicht recht­fer­ti­gen. ich ko­pie­re nicht, um eine ko­pie zu er­schaf­fen, son­dern ich zi­tie­re et­was und set­ze es zu et­was neu­em zu­sam­men.
das ist auch mein gestaltungsprinzip: nicht suchen - aber finden - nicht hinterherlaufen - aber auf sich zukommen lassen - taxieren - fixieren - filtern - färben - drehen & wenden - umspulen - abrollen - weitwurf, weitsprung, aufrollen: ist es nicht wunderbar: wenn das neue dann unter deinen nägeln knistert, das es das pustende summen des pc-frischluftventilators übertönt: zumindest für diese einzigartigen "tausendstelmomente"...

»P.S.: Soweit die Inhalte auf dieser Seite nicht von mir erstellt wurden, werden die Urheberrechte Dritter beachtet. Insbesondere werden Inhalte Dritter als solche gekennzeichnet. Sollten Sie trotzdem auf eine Urheberrechtsverletzung aufmerksam werden, bitte ich um einen entsprechenden Hinweis. Bei Bekanntwerden von Rechtsverletzungen werde ich derartige Inhalte umgehend entfernen.  

dopinggefahr für alle

Foto: corbis


Bluttest in der Schwangerschaft

Eine umstrittene Entscheidung

Hat ein Ungeborenes das Downsyndrom? Ein Bluttest für werdende Mütter soll Kassenleistung werden – aber nur für Risikoschwangere.

Von BARBARA DRIBBUSCH | taz
Redakteurin für Soziales und Gesellschaft im Inlandsressort

BERLIN taz | Vor fünf Minuten hat Lisa-Marie P. unterschrieben, vor sieben Minuten Tina S., vor einer Stunde Tim S. Sie unterschreiben die Internetpetition „Menschen mit Down-Syndrom sollen nicht aussortiert werden“. Mehr als 1.500 Leute haben schon unterzeichnet.

Die 20-jährige Natalie De­dreux, die selbst das Downsyndrom hat, startete die Petition. Sie fordert, wie andere Aufrufe auch, dass ein umstrittener Bluttest bei Schwangeren zur Dia­gnose des Downsyndroms keine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen werden soll.

Sebastian Urbanski - click here


Der Gemeinsame Bundesausschuss G-BA, in dem Vertreter der Ärzte und Krankenkassen sitzen, beriet am Freitag genau darüber – ob nämlich die sogenannte nichtinvasive Pränataldiagnostik (NIPT) bei Risikoschwangerschaften künftig von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlt werden soll. Nach den Beratungen leitete der Bundesausschuss am Freitag formell das sogenannte Stellungnahmeverfahren zu den geplanten Anwendungsmöglichkeiten des Tests ein.

Wissenschaftliche Fachgesellschaften, die Bundesärztekammer, der Deutsche Ethikrat, die Gendiagnostik-Kommission und zahlreiche weitere Organisationen seien nun aufgefordert, die vorgesehenen Änderungen der Mutterschaftsrichtlinien fachlich zu prüfen, hieß es in der am Freitag veröffentlichten Erklärung des G-BA.

Angesichts der Risiken der bisherigen ­kassenfinanzierten invasiven Untersuchungen sehe der G-BA eine „Anerkennung der NIPT“ als „im Einzelfall mögliche Leistung im Rahmen der Schwangerenbetreuung als medizinisch begründet an“, sagte Josef Hecken, Vorsitzender der G-BA, am Freitag. Es gehe „ausdrücklich um die Anwendung des Tests bei Schwangerschaften mit besonderen Risiken“ und „nicht um eine Reihenuntersuchung aller Schwangeren“. Ein ausschließlich statistisch begründetes Risiko der Trisomie 21, also des Downsyndroms, ­beispielsweise aufgrund des Alters der Schwangeren, sei nicht ausreichend, um den Test zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch nehmen zu können, hieß es in der weiteren Erklärung des Ausschusses.

Der Test, auch Praena-Test genannt, wird bisher schon in Praxen der Frauenärzte angeboten, wenn Schwangere dies wünschen. Er muss allerdings von den Frauen privat bezahlt werden und kostet ab 130 Euro aufwärts, je nach Umfang.

Verbände befürchten, dass durch den kassenfinanzierten Bluttest Feten künftig noch stärker schon vor der Geburt „aussortiert“ werden könnten. „Die grundsätzliche Position der Lebenshilfe ist, dass der Test nicht zu einer Kassenleistung werden sollte“, erklärte Peer Brocke, Sprecher der Bundesvereinigung Lebenshilfe, im Gespräch mit der taz. Allerdings gebe es Stimmen innerhalb der Lebenshilfe, die den Bluttest bei Risikoschwangeren als Kassenleistung nicht ablehnen würden, so Brocke.

Vor allem fürchtet man einen wachsenden Rechtfertigungsdruck auf Familien mit behinderten Kindern, sollten die Bluttests eine verbreitete Vorsorgemaßnahme werden. Diese Eltern „werden auf der Straße oder beim Einkaufen ganz regelmäßig gefragt, ob sie ‚es‘ denn nicht gewusst hätten. Klares Si­gnal dafür, dass zum einen die Diagnose einer Trisomie-21-Behinderung vor der Geburt eigentlich selbstverständlich ist und als Konsequenz daraus ‚selbstverständlich‘ ein Schwangerschaftsabbruch erwartet wird“, heißt es in einer Stellungnahme der Lebenshilfe.

Kein unmittelbares Risiko für den Fetus

Dies kann auch Heike Meyer-Rotsch bestätigen, Vorsitzende des Vereins downsyndromberlin e.V. und Mutter eines Jungen mit Downsyndrom. Der „Rechtfertigungsdruck“, den Eltern eines Kindes mit Trisomie 21 jetzt schon verspürten, würde „noch verstärkt, wenn der Test Kassenleistung wird“, sagte sie der taz.

Überall, auf Spielplätzen etwa, würden die Eltern mit der Frage konfrontiert, ob sie von der Behinderung nicht vorher hätten wissen können. „Dahinter steckt doch die Frage: Wäre es nicht besser, dein Kind wäre tot?“, so Meyer-Rotsch. Der Verein ist grundsätzlich dagegen, dass der Bluttest Kassenleistung wird.

Natalie Dedreux erklärt in ihrer Petition: „Mein Leben mit Downsyndrom ist cool. Aber ich habe Angst, dass es weniger Menschen mit Downsyndrom geben wird, wegen dem Bluttest.“

Hecken hatte zuvor schon in einem Interview mit dem Nachrichtendienst epd betont, der Test sei vor allem eine „Alternative zu bestehenden Untersuchungsmethoden, die mit großen Risiken für Mutter und Kind behaftet sind“. Das Downsyndrom konnte man vor Einführung des Tests 2012 in der vorgeburtlichen Diagnostik nur durch die Chorionzottenbiopsie oder durch die Amniozentese, die Fruchtwasseruntersuchung, diagnostizieren.

Dabei kann der Fetus aber geschädigt werden. Bei 0,5 bis 1 Prozent der Schwangerschaften kam es dadurch zu Komplikationen für den Fetus, bis hin zur Fehlgeburt. Beim Bluttest wird nur Blut von der Mutter entnommen, ohne unmittelbares Risiko für den Fetus. Allerdings gibt es dabei auch falsch positive und falsch negative Ergebnisse.

Verbände befürchten,
dass durch den kassenfinanzierten
Bluttest Feten künftig noch stärker
schon vor der Geburt
„aussortiert“ werden könnten

Gefahr eines „subtilen gesellschaftlichen Drucks“

Hecken berichtete, viele Frauen und Paare, selbst wenn sie wenig Einkommen hätten, bezahlten den Test schon heute aus eigener Tasche.
Er sehe aber auch die Gefahr, dass es einen „subtilen gesellschaftlichen Druck zu einem Screening“ geben werde und dass „Eltern behinderter Kinder gefragt werden: Wieso habt ihr den Test nicht gemacht?“
Der Gemeinsame Bundesausschuss habe das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen beauftragt, eine Versicherteninformation zu dem Thema zu erarbeiten. Darin, so Hecken, müsse „alles zur Sprache kommen, was auch in einer Schwangerschaftskonfliktberatung gesagt wird: Was ist eine Trisomie, welche Hilfen gibt es für das Kind und die Eltern, welche Einschränkungen kann das Kind haben, welche nicht?“ Auch die Frage: „Will man testen lassen?“

Wenn die Stellungnahme vorliegt, will der G-BA voraussichtlich im August 2019 abschließend entscheiden. Ein Gesetzesverfahren gibt es dazu nicht. Im Bundestag ist aber im April eine „Orientierungsdebatte“ zu dem Thema geplant.

🔴 DAS UNGEBORENE IM TEST 
Der Bluttest 
Seit 2012 gibt es den NIPT-Bluttest zur Bestimmung des Risikos von Trisomie 21 (Downsyndrom), Trisomie 13 und Trisomie 18. Dabei wird das Blut der Mutter getestet. Die Tests werden bisher von den Schwangeren privat bezahlt und kosten ab 130 Euro aufwärts. Die Kassen zahlen bisher nur andere Gentests, die Fruchtwasseruntersuchung und die Chorionzottenbiopsie, die als risikoreicher für den Fetus gelten. 
Was sind die Folgen? 
Behindertenverbände beobachten, dass es immer weniger Kinder mit Downsyndrom gibt, wohl auch infolge der verbesserten Diagnostik. Genaue Zahlen gibt es aber nicht.

zum thema click here 


ja - die restriktive erblehre aus der nazizeit, die eugenik, zieht weiter ohn unterlass ihre bahnen - und die genforscher haben ethische und moralische selbsteinschränkungen längst mal wieder verlassen. 

es gelingt ihnen jetzt sogar per einfachem risikolosem bluttest eine trisomie 21 oder 18 usw. zu diagnostizieren - behaftet allerdings mit einer fehlerhaftigkeit von ca. 20 % - also jede 5. entsprechende diagnose ist einfach falsch! - und dabei geht es ihnen ja nicht darum, bestehende "krankheiten" zu besiegen - denn das bringt ja keine kohle - nein, es geht ihnen darum gegen knete, versteht sich, möglichst massenhaft in allumfassenden reihenuntersuchungen der schwangeren, die ihre leibesfrucht überhaupt auch austragen wollen, durchzuchecken und auszusortieren (in deutschland werden trotz funktionierender verhütungsmittel ca. 100.000 (einhunderttausend) embryonen pro jahr ohne vorherige "tauglichkeitsuntersuchung" abgetrieben): also die "schlechten" bereits im werden ins kröpfchen, und die guten ins töpfchen - wie beim "aschenputtel" im märchen - und am besten direkt beim gynäkologen auf dem hof - ähnlich wie bis in die 60er jahre mit dem tbc-röntgenbus auf dem schulhof zur durchleuchtung aller lungen der schulkinder - wobei es dort wenigstens noch um eine volkskrankheit ging, die heute hier bei den deutschen als reise-weltmeister wieder gehäuft auftritt ...

auf alle fälle geht es wie bei den nazis wieder mehr oder weniger um einen "gesunden volkskörper" mit gesunden vererbbaren genen ... - und was gesund und vererbbar ist bestimmt die ethik- und buchhaltungskommission der genetiker mit dem blick auf das eigene bankkonto - das bestimmt nicht mehr der zufall bei atheisten oder der liebe gott bzw. allah bei christen und muslimen und juden.

und während wir uns noch mit dem vermeintlichen test- und versuchsballon "nipt" ethisch-moralisch echauffieren oder einfach mal so hinnehmen und in unser "gesundes" menschenbild wie selbstverständlich einbauen und das down-syndrom bereits aussortiert haben, geht es mittlerweile schon viel weiter - immer weiter: die gen-schere "crispr" macht designerbabys in vielerlei weitergehender hinsicht bereits zur realität. 

und nun gerät der umgang mit diesem werkzeug außer kontrolle und die genetiker-entdecker dieses instruments bekommen nun das ethische muffensausen: es droht nämlich die absolute optimierung von individuen auf kosten all jener, denen diese technologie (noch) nicht zur verfügung steht. 

kinder, die vorab "verbessert" zur welt kommen und beispielsweise angeblich ein äußerst geringes bis gar kein risiko haben, an diabetes, brustkrebs oder schizophrenie zu erkranken. kinder, die klüger, stärker, schneller sind - also genetisches massendoping zur ausbeutung und benutzung für die "wirtschaft" -- "genetische erweiterungen könnten menschen sogar in verschiedene unterarten teilen", mahnen plötzlich diese alarm-autoren [click here - & here], denen nun vielleicht sogar tatsächlich das geldzählen im halse steckenbleibt.

weltweites doping in jeder hinsicht - ein ungeheurer markt und eine tatsächliche veränderung zum untergang - aber die blagen der silicon-valley eltern werden noch brav zur waldorfschule geschickt ...

es ist erst 90 - 70 jahre her, als die nazis hand in hand mit den eugenikern und psychiatern und der "gleichgeschalteten" justiz bis zu 300.000 menschen ermordeten und eine ungleich höhere anzahl zwangssterilisierten, weil sie nicht in ihr strammes gesundes schneidiges völkisches weltbild passten: nämlich "flink wie windhunde - zäh wie leder - hart wie kruppstahl" zu sein - wie adolf hitler das mit seinen schrecklich schlechten zähnen für das ganze volk - wenigstens schon mal für die jugend - hartnäckig zackig einforderte ...

und auch heute geht es wieder um den besseren, leistungsstarken, allseits fitten menschen, an dem das "volk", und das "christliche abendland" und die "weiße rasse" gesunden soll ... - menschen-zuchtanstalten wie der "lebensborn" sind da gar nicht mehr so fern - und man arbeitet schon daran ...

leider meint man trotz allem genetischen wissen, dass glaubensbekenntnisse und taufen immer noch einhergingen mit einer veränderung des jeweiligen menschlichen erbgutes - dem ist nicht so: selbst ein südafrikanischer schwarzer muslim kann mir im notfall blut spenden, und auch meinen und seinen oder ihren potentiellen nachkommen wird das nichts ausmachen: das ist keine "rassenschande" ...

schatz - ich bin gleich beim aldi ...



ich frage mich, was sind die narrative - welche geschichten werden heute erzählt und geschrieben und weitergemailt - wenn selbst direkt 10 cm unter dem radarschirm alles abgehört und wort für wort mitprotokolliert wird ...

"schatz - ich bin jetzt gleich beim aldi - ich bin in 10 minuten bei dir - soll ich dir noch mal etwas von der wurst mitbringen, die dir neulich so gut geschmeckt hat?" - das flötete eine junge dame - vielleicht 24 - in ihr smartphone - auf dem parkplatz neben uns.

und ihr "schatz" hat somit einen weiteren baustein eines ziemlich lückenlosen bewegungsprofils von ihr - und auch wenn sie sich nicht melden würde - hätte er bestimmt (heimlich?) eine überwachungs-app installiert, die ihm ihr agieren in allen einzelheiten direkt auf sein laptop übermitteln würde: "ja und? - wir haben doch keine heimlichkeiten voreinander"...

ich meine - wo bleibt bei einem solchen minutiös getimeten und durchkomponierten und ständig in echtzeit weitergeleiteten sosein noch platz für irgendeine "geschichte" - für eine ureigene story - eine begebenheit - ein telling - und wenn es anfangs nur das gezwitscher eines meisenpärchens wäre... - oder der junge mann, der bei 9° außentemperatur nur noch eine knielang flatternde jogginghose mit einem t-shirt trägt - und trotzdem ganz gut drauf ist oder wenigstens so tut - und anscheinend gar nicht friert - und der auch nicht vor kälte mit seinen zähnen knirscht, wie das manche unter diesen umständen ja tun würden.

wovon träumt diese junge frau nachts: vom gang auf dem parkplatz in den aldi und dort zu der dose süßen mais oder zu den roten bohnen ... und weiß sie vom kaliumgehalt dieser konservendoseninhalte?

kennt eine solche frau außer dem "sekundentakt" von grönemeyer (oder ist das schon wieder eine nummer zu groß?) noch irgendwelche lieder oder liedtexte ... - sieht sie die neubau-"allee" mit den jungen bäumchen links und rechts - über und über voller rosa blüten - und sieht sie den fischreiher emporschwingen hinten in der wiese am weiher???

erzählen ihr die kolleginnen "auf arbeit" manchmal begebenheiten - geschichten von sich, den eltern, den kindern, von verwandten ??? - von der tüddeligen oma von nebenan - und erzählt sie ihrem "schatz" gleich davon???

oder hängen sie mit in dieser youtube-influencer-welt rum, wo zwei „influencer“ namens bekir und bahar aneinandergerieten, und die sich zuvor über wochen in videos beleidigt hatten - aufs "schärfste" - verstehste? die hatten auch etliche andere „influencer“ beleidigt, und für einen kleinen teil dieser szene gehört das ja dazu. vielleicht erzählen sie sich ja, dass da sätze gefallen sind wie „meine livestreams sind sehr viel besser als alle deine livestreams zusammen“ oder „ich ficke deine videos“. was natürlich schlimm ist - und ein gespräch mit vollem mund mit der wurst vom aldi natürlich so richtig in gang bringt, denn bekir zum beispiel hatte vor bahar schon mit jounes auf instagram echt streit - eeeiii... - und bumms - da fällt doch in china der sack reis um ... 

ja - und für was sollen solche geschichten denn gut sein - ich meine, die zeit wo wir aufsätze schreiben mussten ist ja zum glück vorbei - aber um heute mittag zur autobahnauffahrt zu gelangen musste man die "u 10" nehmen, direkt am alten krankenhaus vorbei, wo deine mutter damals...

reden ist silber ...

manche begriffe sind doch nur schall & rauch

Nazibegriffe heute

"Sprache ist kein Gift"

Viele Wörter wurden von den Nationalsozialisten geprägt. Sollte man sie deswegen nicht mehr nutzen? Der Journalist Matthias Heine ist der Frage auf den Grund gegangen.

Ein Interview von Katharina Brecht | SPIEGEL-online


SPIEGEL ONLINE: Herr Heine, in Ihrem neuen Buch beschäftigen Sie sich damit, wie die Nationalsozialisten die deutsche Sprache bis heute prägen. Warum schreiben Sie ausgerechnet jetzt darüber?

Heine: Durch den Aufstieg rechtspopulistischer Parteien in den letzten Jahren fällt der Vorwurf "Du hast ein Naziwort benutzt, jetzt hast du deine Gesinnung verraten" noch häufiger. Ich möchte darüber aufklären, welche Wörter wirklich von den Nazis geprägt wurden und welche nicht.

SPIEGEL ONLINE: Manche Begriffe stammen gar nicht von den Nazis, obwohl sie ihnen zugeordnet werden?

Heine: Genau. Der Begriff "Bombenwetter" etwa gehörte beispielsweise nie zum NS-Vokabular, obwohl er bei Laien unter besonders dringendem Naziverdacht steht. In Zeitungen aber tauchte das Wort zwischen 1933 und 1945 nie auf, dafür wurde es schon im Kaiserreich benutzt. Aber klar, es gibt auch eine Wiederentdeckung von NS-Begriffen: Die AfD wettert zum Beispiel gegen eine "gleichgeschaltete Presse". Das Wort "Gleichschaltung" gehört zu den bekanntesten Begriffen aus dem Sprachgebrauch der Nationalsozialisten, wobei sich hier die Bedeutung heute ironischerweise umgekehrt hat: Für das NS-Regime war die Gleichschaltung von Presse und Institutionen ja positiv besetzt.

Braunes vokabular - foto: deutsche welle


SPIEGEL ONLINE: Warum regen sich heute so viele Leute über potenzielle Naziwörter auf?

Heine: Es gab in Deutschland immer ein besonderes Interesse an Sprache. Das hat mit einer langen Tradition von philosophischer und politischer Sprachkritik zu tun. Deshalb gibt es auch eine besonders ausgeprägte Angst, durch Sprache manipuliert zu werden. Weil sich die politische Mitte gegenüber der AfD hilflos fühlt, versucht sie, sich den Aufschwung der Rechtspopulisten auch mit sprachlichen Manipulationen zu erklären. Zum Beispiel mit der Theorie, dass die Medien sich Begriffe wie "Flüchtlingswelle" von der AfD aufschwatzen ließen, sie nach und nach übernahmen und dadurch die rechten Parteien gestärkt hätten.

SPIEGEL ONLINE: Sie glauben nicht an diesen Einfluss?

Heine: Ich glaube nicht, dass Sprache so große Macht hat. Wir haben erlebt, wie die Nazis durch Wörter wie "Sonderbehandlung" den Holocaust vorbereitet haben und mit "Untermensch" und "Asozialer" Menschen dehumanisiert haben. Sprache hat damit Vorurteile und Neigungen verstärkt. Allerdings gab es die Neigungen schon vorher. Die Leute waren bereit, zu morden. Sie wurden nicht durch die Begriffe dazu gebracht - das ist eine Überschätzung von Sprache. Sprache ist kein Gift, das langsam, aber sicher die Hirne zersetzt.

SPIEGEL ONLINE: Wird Sprache dann Ihrer Ansicht nach zu viel reflektiert?

Heine: Sprache kann gar nicht genug reflektiert werden. Darum geht es auch in meinem Buch.

SPIEGEL ONLINE: Jetzt widersprechen Sie sich aber.

Heine: Nein. Mein Buch soll keine Anleitung für eine Sprachpolizei sein, die einem vorschreibt, wie man zu reden hat - sondern ein Leitfaden für guten Stil. Manche Leute empfinden es als Beleidigung, wenn man sie darauf hinweist, dass sie ein Wort besser nicht verwenden sollten. Doch der Hinweis, es "besser nicht zu benutzen", ist kein Verbot. Es geht um Takt, Höflichkeit und historisches Bewusstsein.

SPIEGEL ONLINE: Wann ist ein Wort oder eine Formulierung zum Beispiel unangebracht?

Heine: Ein Journalisten-Kollege hat Russland in einem Text zum Beispiel als "Riesenreich im Osten" bezeichnet. Das ist eindeutig ein Zitat aus Hitlers Buch "Mein Kampf", wo Russland genau so bezeichnet wird. Der Kollege ist Jude, er ist weiß Gott kein Nazi. Aber er hätte die Bezeichnung bestimmt nicht benutzt, hätte er gewusst, dass Hitler es geprägt hat.

SPIEGEL ONLINE: Wie kann man sich vor Unwissenheit und Unaufmerksamkeit schützen?

Heine: Ich kann grundsätzlich nicht von jedem Menschen aller Bildungsschichten erwarten, über jede Nuance der Nazisprache informiert zu sein. Aber besonders Journalisten, Politiker und alle anderen, die sich professionell mit Sprache auseinandersetzen, sollten sich intensiver mit der Herkunft ihrer Sprachbilder beschäftigen - und auch andere darauf hinweisen, wenn sie problematische Wörter benutzen. Ich weiß: In der aufgeregten Debattenkultur, die wir gerade haben, klingt das wie eine Utopie. Aber eigentlich sollte das möglich sein.

SPIEGEL ONLINE: Sollte man belastete Wörter komplett aus dem Sprachgebrauch streichen?

Heine: Nein! Man sollte noch nicht einmal "Untermensch" aus dem Sprachgebrauch streichen. Es gibt dieses Wort nun einmal, und für historische Texte braucht man den Begriff. Ich bin aber auch ein Sprachoptimist: Ich kann mir vorstellen, dass es irgendwann eine Umwertung bestimmter Begriffe gibt und dass sogar die schlimmsten Wörter wieder neutral gebraucht werden können.

SPIEGEL ONLINE: Ist das Wort "betreuen" ein Beispiel dafür, dass diese Umwertung bereits stattfindet? In Ihrem Buch schreiben Sie, dass der Begriff in den Konzentrationslagern ein Synonym für den Mord an den Häftlingen war. Heute begegnet er uns täglich.

Heine: "Betreuen" wurde mir als Schlüsselwort des NS-Jargons am Anfang meiner Journalistenkarriere noch verboten, heute ist er völlig normal. Die Schnittmenge zwischen dem Wort in der Nazizeit und in der heutigen Zeit ist Bürokratendeutsch: "Betreuen" ist ein Begriff, der abstrakt einen Vorgang bezeichnet. In der NS-Zeit stand es unter anderem für den Mord an Behinderten.

SPIEGEL ONLINE: Finden Sie diese Entwicklung nicht unsensibel?

Heine: Das zeigt natürlich einen Mangel an historischem Bewusstsein. Aber wie gesagt: Ein Wort zu benutzen, vergiftet uns nicht. Dass so häufig "betreuen" gesagt wird, hat die AfD nicht großgemacht.

Matthias Heine
Verbrannte Wörter: Wo wir noch reden wie die Nazis – und wo nicht
Verlag: Duden
Seiten: 224
Preis: EUR 18,00

Zur Person
Matthias Heine, Jahrgang 1961, arbeitet seit 1992 als Journalist in Berlin, unter anderem für "Die Welt", "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung", "taz", "Neon" und den NDR. Seit 2010 ist er Redakteur im Feuilleton der "Welt" und beschäftigt sich vor allem mit Sprachgebrauch und Sprachwandel. In seinem neuen Buch "Verbrannte Wörter" befasst sich Heine mit Mythen und Fakten rund um Wörter, die von den Nationalsozialisten geprägt wurden.

________________________________________

also - nicht überall wo man ein wort den nazis zuordnet - ist auch nazi tatsächlich drin... das ist im deutschen sowieso so eine sache - mit den begriffen - ihrer mode und ihrem plötzlichen ableben und "verbrennen": in meinem über 70-jährigen leben habe ich da ja so einiges mitbekommen - und in meiner berufs-biografie unter anderem als schriftsetzer, verlagskorrektor und heimleiter bei "menschen mit behinderungen" sowieso.

das ging ja schon los mit "ostzone" und "ddr" - mit "staatsgrenze" und "demarkationslinie", mit "deutschland" und der "sbz", "ostpreußen", "deutsche ostgebiete" - oder auch noch jetzt, wenn ich die nazi-tötungsanstalt "tiegenhof" bei gnesen - heute mit der polnischen bezeichnung: "dziekanka" bei "gniezno" näher verorten will ...

und doch habe ich in meiner heilpädagogisch-pflegerischen arbeit anstandslos über zig jahre ohne jede skrupel das wort: "betreuung" verwandt und auch in ausbildungen mitbekommen. ich selbst "betreute" behinderte menschen - nach meinem sprachgebrauch - (gerade eben habe ich das erst in meiner homepage-vita "ich" abgeändert) und hatte auch fast 40 jahre mit "berufs-betreuern" zu tun - was schon eine kompromiss-formel zum vormals "amtlich bestellten vormund" darstellte ...

und heutzutage sind ganz ohne nazi-einfluss die worte "behindert" oder "behinderung/behinderte" in verruf gekommen - und da macht man die tollsten semantischen verrenkungen, um sie nicht mehr zu benutzen ... - und spricht stattdessen ziemlich umständlich aber sprachlich und ethisch wohl "korrekter" "von menschen, die auf hilfe, unterstützung oder assistenz angewiesen sind" oder menschen "mit einer minderbegabung" oder "mit einschränkungen" oder "handicaps" oder "benachteiligt" .

also auch heute geraten worte an den rand des sagbaren. und nicht jedes "verbrannte wort" durch seinen menschenverachtenden und inhumanen gebrauch in der nazi-zeit darf nun nicht als eine vokabel "non grata" ein für alle mal "ausgemerzt" werden - denn auch sprache ist irgendwie "leben" - "im anfang war das wort ... und gott war das wort" (joh 1,1)...

gerade viele deutsche begriffe sind so schön und klar und eindeutig in ihrer begrifflichkeit, dass wir einige durchaus noch manchmal benutzen und verwenden können und müssen - vielleicht aber mit mehr wissen, um die geschichte mancher begrifflichkeiten, die sie erfahren haben und durchmachen mussten.

unter totalitären regimen sind nicht nur menschen verbrannt worden - sondern eben auch vokabeln und wörter und begriffe ... - die frage ist nur, ob wir uns dem beugen sollen - oder um des "lebendigen" wortes willen manches wieder "richtigstellen" wollen...

und wie sich "hochsprache" verändert, kann man gut in der lutherischen original bibel-übersetzung von 1534 im vergleich etwa mit der "bibel in gerechter sprache" heutzutage nachvollziehen - viel vergnügen beim studium ... - und chuat choan und nix für ungut

vor 50 jahren: bed-in - yoko ono | john lennon

S!|graphic|bearbeitung



Im Bett mit John Lennon und Yoko Ono

Friedensdemo »Bed-In« vor 50 Jahren: Ausstellungen in Amsterdam

Kurz nach ihrer Hochzeit geben der  »Beatle« John Lennon und seine Frau Yoko Ono am 25. März 1969 in einem Bett im Hilton Hotel in Amsterdam  eine Pressekonferenz.

Amsterdam (dpa). Es war eine der skurrilsten Friedensdemos der Geschichte: das legendäre »Bed-In« des Ex-»Beatles« John Lennon und seiner damals frisch angetrauten Frau Yoko Ono in Amsterdam vor 50 Jahren. Doch von Sex und Rock’n‘Roll war bei dieser Demo-Aktion keine Spur.

Das Brautpaar trug Weiß, die langen Haare waren sorgsam geföhnt, als es aus dem cremefarbenen Rolls Royce stieg. Es war fast Mitternacht, und doch drängten sich Dutzende von Fotografen vor dem Hilton-Hotel in Amsterdam: Die Blitzlichter flackerten auf. Es war der 24. März 1969, der Beginn eines der legendärsten Happenings der 60er Jahre: Das »Bed-In« von John Lennon und Yoko Ono.

Der »Beatles«-Star und die japanische Konzeptkünstlerin hatten wenige Tage zuvor geheiratet und waren von Paris aus mit der Luxuslimousine nach Amsterdam gefahren, um dort das zu tun, was Frischverliebte am allerliebsten tun: im Bett bleiben. Und das sieben Tage lang. Doch sie schlossen nicht etwa Türen und Gardinen, sondern luden die Weltpresse ein. Ihre Flitterwochen sollten eine Demonstration gegen den Krieg sein, vor allem gegen den in Vietnam. »Wir bleiben im Bett für den Frieden«, erklärte Lennon vom breiten Doppelbett aus.

Die Suite 902 war bis auf das Bett fast völlig leer geräumt. Täglich hielt das berühmte Paar Audienz. Dutzende Journalisten aus aller Welt saßen auf der Bettkante, dazu kamen zahlreiche Fans, sie wollten Autogramme und brachten Geschenke wie ein Fahrrad und Tulpen.

Die Fluxus-Künstlerin Yoko Ono - heute
(86 jahre alt) (WB)
An das goldene Jubiläum des Happenings wird nun mit Ausstellungen und Konzerten in Amsterdam erinnert. Und Augenzeugen – Fotografen, Reporter, aber auch frühere Zimmermädchen – erzählen, wie das damals zuging in Suite 902. Die vollen Aschenbecher, Essensreste, Poster und Zeichnungen an den Wänden sind natürlich längst verschwunden. Heute ist die Honeymoon-Suite schick gestylt, mit echten Lennon-Zeichnungen an den Wänden, und äußerst begehrt bei Gutbetuchten. Unzählige Fotos und Filme bezeugen diese skurrile Friedensdemo. Lennon selbst setzte ihr musikalisch mit der »Ballad of John und Yoko« ein Denkmal.

Dabei war eigentlich gar nichts passiert: Sieben Tage lang saßen und lagen John und Yoko im Bett. Ans Fenster hatten sie Poster geklebt: »Hair Peace« und »Bed Peace«. »Wir bringen die Botschaft von Love und Peace«, sagte Lennon den Reportern. Und Yoko zwitscherte mit ihrer Kleinmädchenstimme: »Amsterdam ist so ein inspirierendes Zentrum für junge Leute.« Da hatte sie nicht ganz unrecht. Die niederländische Metropole war 1969 ein magisches Zentrum für die Protestjugend aus Europa. »In Amsterdam war alles möglich«, erinnert sich der damalige Society-Journalist Henk van der Meijden. Hippies schliefen in den Parks, machten Musik, Marihuana war frei zu kaufen.

Reporter, die sich in Suite 902 pikante Szenen erhofft hatten, wurden allerdings enttäuscht. Noch nicht einmal ein Fitzelchen nackte Haut war zu sehen. John und Yoko hatten die weißen Pyjamas bis oben hin zugeknöpft. Ihre langen Haare wurden immer strähniger. »Es stank ein bisschen«, weiß der Journalist van der Meijden noch. Yoko Ono (86) wiederum erinnert sich vor allem an die »Romantik«. »John und ich hatten doch gerade erst geheiratet«, sagte die Witwe von John Lennon, der 1980 von dem »Fan« Mark Chapman in New York ermordet wurde, einmal in einem Interview. »Dies war unsere Hochzeitsreise.«

Aber für viele »Beatles«-Fans war es viel eher eine »Scheidungsreise«, wie sich der TV-Journalist Paul Wittemann erinnert. Er saß damals als Praktikant auf der Bettkante in der Suite. Für viele Fans war Yoko Ono der Spaltpilz der Band, die »Hexe«. »Wir wollten, dass sie neue Platten machten«, sagte Wittemann dem niederländischen Fernsehen. »Und damals dachten wir, dass sie das verhinderte.« Tatsächlich sollte die Band ein Jahr später auseinandergehen.

Das mit dem Weltfrieden nahm schon damals kaum ein Reporter dem Pärchen ab. Viele sahen die Aktion als schamlose Selbstinszenierung. Lennon verteidigte sich: »Im Bett bleiben ist die effektivste Weise, um für Frieden zu demonstrieren.« Tja, wenn man es sich leisten kann, konterten die Kritiker. »Das ist kein Luxus, sondern harte Arbeit, den ganzen Tag eure Fragen zu beantworten«, sagte Lennon und empfahl eine billigere Methode: »Lasst eure Haare wachsen.«

Nach sieben Tagen verließen John und Yoko Bett und Hotel. Den Weltfrieden hatten sie zwar nicht geschaffen. Aber Amsterdam hatte sie auf den Geschmack gebracht. Nur wenige Monate später schrieb Lennon bei einem zweiten »Bed-In« im »Queen Elizabeth«-Hotel im kanadischen Montreal den Song »Give Peace a Chance«, bis heute eine Hymne der Friedensbewegung.

(WESTFALEN-BLATT - Kultur, S. 19, Samstag/Sonntag, 23./24.März 2019)






in den videos ist zu sehen, wie eine "friedens"-demo von "sicherheitskräften" niedergeknüppelt wird - und wie man sich ganz gezielt jemanden ausguckt, den man dann mit schlagstöcken traktiert: da war ein "bed-in" sicherlich die beste form gegen den krieg in vietnam damals und anderswo zu "demonstrieren".

und natürlich musste man dazu die weltpresse ins frische ehegemach bitten und plakate an die fenster kleben, sonst hätte man ja glatt diese friedliche seite des menschen übersehen.

das ganze war ja zumindest auch von yoko ono, die sich ja zu einer bis heute berühmten welt-fluxus-künstlerin entwickeln sollte, auch ein sprungbrett und ein kunst-happening, denn john lennon war ja als beatle längst bekannt wie ein bunter hund.

und doch - bei all dem publicity-geheische ging es den beiden nicht zuletzt um den weltfrieden - um den frieden mit den friedlichsten mitteln der welt: einfach im bett bleiben (und natürlich die weltpresse hinzubitten) ...