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STERBE'HILFE' ? - vieleicht oft eine schleichende unfreiwillige Euthanasie

 STERBE'HILFE' ?


Die derzeitige "moderne" oft "schleichende" unfreiwillige Euthanasie - 


& die weltweit vielen Corona-Hotspots in Alten- & Behindertenheimen mit den dortigen Todesraten ...


Texte zur Diskussion


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von Schirachs "GOTT"

Luchterhand 2020 click
In diesem neuen "Theaterstück" von Ferdinand von Schirach wird das Theaterpublikum gebeten, nach bestem Wissen & Gewissen über eine zu gewährende oder zu verweigernde arztbegleitende "Sterbe'-hilfe'" abzustimmen - in einer fiktiven Sitzung eines "Ethikrates" - in einem ganz konkreten Fall:

"Halten Sie es für richtig, dass Herr G. Pentobarbital bekommt, um sich töten zu können?"

Der Begriff der "Sterbe'hilfe'" ist in Deutschland immer in der synonymen Nähe von "NS-Euthanasie"- und so nimmt von Schirach in dem Stück auch Bezug zu diesen ca. 300.000-fachen Massenmorden vor ca. 80 Jahren in Deutschland und im damals okkupierten Ausland.

Die Vertreter der "Sterbe'hilfe'"-Befürworter legen in der Regel großen Wert darauf, nicht mit der kriminellen Praxis der Nationalsozialisten in Zusammenhang gebracht zu werden. Dieser Zusammenhang aber ist nicht zu leugnen. Er wurde auch sehr früh bemerkt.

Im Gefolge der Prozesse gegen die Euthanasieärzte des Dritten Reiches schrieb 1949 der amerikanische Arzt Leo Alexander:

 daß allen, die mit der Frage nach dem Ursprung dieser Verbrechen zu tun hatten, klar wurde, daß sie aus kleinen Anfängen wuchsen. Am Anfang standen zunächst feine Akzentverschiebungen in der Grundhaltung. Es begann mit der Auffassung, die für die Euthanasiebewegung grundlegend ist, daß es Zustände gibt, die als nicht mehr lebenswert zu betrachten sind. In ihrem Frühstadium betraf diese Haltung nur die schwer und chronisch Kranken. Nach und nach wurde der Bereich jener, die unter diese Kategorie fielen, erweitert und auch die sozial Unproduktiven, die ideologisch Unerwünschten, die rassisch Unerwünschten dazugerechnet. Entscheidend ist jedoch zu erkennen, daß die Haltung gegenüber den unheilbar Kranken der winzige Auslöser war, der diesen totalen Gesinnungswandel zur Folge hatte."

  • Merke also: Auf einer ethisch und moralisch immer schiefer werdenden Ebene gibt es ab irgendwann keinen Halt mehr - das gilt heute genauso wie gestern ...

„Die Wiege schaukelt über einem Abgrund, und der platte Menschenverstand sagt uns, dass unser Leben nur ein kurzer Lichtspalt zwischen zwei Ewigkeiten des Dunkels ist.“  

Vladimir Nabokov

Diese Zeilen von Nabokov seien vorangestellt, denn ansonsten wird in dem "GOTT"-Stück von Schirach auch immer wieder auf das persönliche von wem auch immer verliehene "Selbstbestimmungsrecht" eines jeden Menschen hingewiesen - in der Frage, ob er "im freien Willen" für sich selbst den Zeitpunkt bestimmen darf, wann & wie er konkret zu sterben gedenkt... 

Dabei wird meines Erachtens zu wenig bedacht, dass der Eintritt in dieses Leben, also  die Geburt, vom Individuum nicht "selbst-bestimmbar" ist - das heranreifende Leben und seine individuelle Alltagsbewältigung, die Vitalität bis ins Alter ist also tatsächlich in erster Linie ein "zufälliges" Geschenk, eine Gabe, ein Erwachen - das heranreifende Leben und seine individuelle wie auch immer gestaltete Alltagsbewältigung bis ins Alter ist also tatsächlich in erster Linie ein "zufälliges" Geschenk, eine Gabe, ein Erwachen von begrenzter und individuell geformter Vitalität - von wem oder was auch immer in Szene gesetzt ("GOTT"??? - "Natur"???) - und insofern scheint vielleicht statt hybrider "Selbstbestimmung" eher "Demut" und  Dankbarkeit angesagt: ...

Dabei wird meines Erachtens zu wenig bedacht, dass der Eintritt in dieses Leben, also  die Geburt, vom Individuum nicht "selbst-bestimmbar" ist - das heranreifende Leben und seine individuelle wie auch immer gestaltete Alltagsbewältigung bis ins Alter ist also tatsächlich in erster Linie ein "zufälliges" Geschenk, eine Gabe, ein Erwachen von begrenzter und individuell geformter Vitalität - von wem oder was auch immer in Szene gesetzt ("GOTT"??? - "Natur"???) -

Die Bibel gibt in Jakobus 4, 13-15, einen kaum zu widerlegenden Hinweis auf dieses "Selbstbestimmungsrecht" des Menschen: 

"Und nun ihr, die ihr sagt: Heute oder morgen wollen wir in die oder die Stadt gehen und wollen ein Jahr dort zubringen und Handel treiben und Gewinn machen -,und wisst nicht, was morgen sein wird. Was ist euer Leben? Ein Dunst seid ihr [wie eine "Aerosole"] , der [die] eine kleine Zeit bleibt und dann verschwindet. 

Dagegen solltet ihr sagen: Wenn der Herr will, werden wir leben und dies oder das tun."

Dieser Passus, diese "Jakobinische Formel" tritt jetzt auch in der Corona-Pandemie weltweit auf den Plan - und hält der menschlichen Hybris trotz aller wissenschaftlichen Weltbeherrschung den Spiegel vor.

Insofern scheint vielleicht statt hybrider "Selbstbestimmung" eher "Demut" und  Dankbarkeit angesagt:

... "nur ein kurzer Lichtspalt zwischen zwei Ewigkeiten des Dunkels"... - aus dem heraus auch die imaginäre Tür für diesen Lichtspalt "Leben" auf- und letztenendes auch wieder zugemacht wird - denn alles hat seine Zeit - "so Gott will und wir leben" - "inschallah"...

Ob der  Titel des Stücks - "GOTT"- von Ferdinand von Schirach nun passend gewählt wurde, ist Gechmacks- und Glaubenssache: Buchhandlungen jedenfalls sortieren die Buchexemplare auch glattweg in das Regalfach mit der Beschriftung "Religion" ein, gleich neben Bibel, Luther-Biografie, Dalai Lama und Papst Ratzinger - was nach meinem Dafürhalten schon ziemlich grenzwertig daherkommt - und den in jeder Hinsicht "Suchenden" erst einmal auf die falsche Fährte lockt...

Erinnerungs-Rekontruktion einer Schulkameradin von Erna Kronshage

Das ist hier gar keine "Szenarien-Rekonstruktion" sondern die Gedächtnis-Zusammenfassung einer Situations-Erinnerung einer Klassenkameradin Erna Kronshages aus ca. Ende der 80-er Jahre - also 50 Jahre danach...

 

 
 
 
 
 
 
 
 

Frau Alma R.’s Situationsbeschreibung als Zeitzeugin:
„Also unmittelbar, bevor  diese Situation im Mühlenkamp um Erna eskalierte, soll sie ja verstärkt ihre Freundin von nebenan, die Helga K., besucht haben.  Nee, ihre Mutter fand das gar nicht gut. Aber was fand die Mama Anna schon gut von dem, was die Erna in ihrer allzu knappen Freizeit machte.
Die Erna ist da so hineingeschlittert, als letztes Kind ihrer Eltern ebenso wie als Kind ihrer Zeit. Ihr Schicksal war es, in immer stärkere Zerrissenheit zu gelangen, sich nicht eindeutig entscheiden zu können, eben auch zwischen den Fronten zu stehen. Der äußere Krieg wurde auch gleichzeitig in ihr zu einem inneren Krieg. 
Für Erna war das eine zunehmend ausweglose Situation. Wir alle, ihre ehemaligen Schulkameradinnen, kamen im Nachhinein besehen insgesamt besser dabei weg, trotz aller massiven Nachstellungen durch den politischen Gegner und dem furchtbaren Schicksal unserer Eltern hier und da. Mein Vater wurde ja als früherer SPD-Bürgermeister von Senne II sogar ins Gefängnis gesteckt wegen "Hochverrat", weil er etwas Kritisches zum NS-Staat gesagt hatte. Unsere Eltern hatten ja schon vor Jahren selbst in der Stadt oder in ihren Betrieben nach Lehrstellen für uns gefragt oder nach Arbeitsmöglichkeiten. Bei Erna stand von Anfang an fest, dass sie auf dem Hof erst einmal zu bleiben habe und den Eltern zur Hand gehen müsse. Und das war in ihrer Familie scheinbar völlig normal. Da war man selbst seines Glückes Schmied, und die Eltern hielten Erna nur unnötig fest, eigentlich aus egoistischen Motiven, denn man konnte damals doch längst einen polnischen oder russischen Zwangsarbeiter für den Hof anfordern. Das haben alle gemacht - und da hatte auch niemand moralische Bedenken. Gerade auch, wenn man Söhne an der Front hatte - und Papa Adolf hatte ja das Asthma und Mama Anna hatte ja das Mutterkreuz in Gold.
Die hätten bestimmt einen "Fremdarbeiter" bekommen - und Erna hätte eine Ausbildung anfangen können - oder wenigstens auch in einer Firma arbeiten, damit sie mal rauskam. 

Also, wenn Sie mich fragen, es musste zu einem Eklat kommen. Das war eigentlich abzusehen. Das war deutlich wahrzunehmen. Damals haben wir das so deutlich nicht gesehen. Wir waren noch viel zu jung, noch viel zu unreif, um dafür bereits Antennen entwickelt zu haben. Heutzutage weiß ich, dass es erkennbar war, was dann auch passiert ist.

Das fing damit an, dass Ernas Arbeitskittelkleider morgens immer verschmutzter wirkten, etwas weniger oft gewechselt, und auch ihre Haare schienen weniger gepflegt. Sie selbst schien plötzlich insgesamt weniger gepflegt zu sein. Zuvor erschien sie trotz ihrer schweren Arbeit und der entsprechenden Arbeitskleidung immer noch frisch und adrett. Es war alles sauber, es passten die Farben zueinander, die Holzschuhe waren gereinigt. Und das hörte schlagartig auf, das wurde dann alles etwas schludriger. Ich war ihr ja eine ganz gute Kameradin und Freundin, ich hätte sie auch darauf angesprochen, aber ...

Ja – und dann kamen die Tage, das war dann so im Herbst 1942, an denen wir morgens Erna nicht zu Gesicht bekamen, wenn wir die Fahrräder abstellten auf dem Mühlenkamp-Hof. Wenn wir dann Mutter Anna fragten, wo die Erna sei, ob sie krank sei, dann hat Mutter Anna geantwortet, ja, die sei wohl krank, die habe wohl das „faule Fieber“. Faules Fieber. Ja, wer abends bis in die Puppen drüben bei der Freundin zum Quatschen säße und nur noch Flausen im Kopf habe, käme eben frühmorgens nicht aus dem Bett. Und Mutter Anna sagte auch, sie habe schon mit der "Braunen Schwester" gesprochen vom NSV, die ab und zu vorbei käme, weil Erna so "widersetzlich" wäre.

Vereinsamung in einer Großfamilie 

Heutzutage denke ich, wir hätten uns vielleicht mehr kümmern sollen. Denn ihr Zustand hatte sicherlich auch damit zu tun, dass sie auf dem Hof regelrecht "vereinsamt" war, als Jüngste in der Geschwisterkette. Die Schwestern verheiratet oder aus dem Haus - und die Brüder im Krieg an der Front. Und Erna blieb zurück und hatte niemanden mehr zum Reden. Wir hätten mit ihr reden müssen. Da mache ich mir richtig Vorwürfe manchmal. Damals hätte uns die Erna gebraucht, als Freundinnen, als Gesprächspartnerinnen. Aber irgendwie war uns Ernas Leben auch damals schon zu fremd geworden. Ihre Realität hatte mit unserer Realität ja wenig gemein. Und dieser etwas "einfältige" Alltag bei all ihren Begabungen führte dann sicherlich zu dieser eigenartigen "Einweisung" in die Heilanstalt, an der sie ja selbst mit beteiligt war.
Ob das mit dem Bombenabwurf gegenüber dem Mühlenkamp bei Westerwinter im Zusammenhang gestanden hat - das weiß ich nicht. Den hat Erna ja auch wieder ganz anders erlebt als wir, die wir weiter entfernt wohnten und keine Nachbarn von Ida G. waren.
Wir hätten damals mehr mit Erna reden sollen ...“

virtuelle gedenkveranstaltung für die opfer der ns-euthanasie 2020

 


gedenkveranstaltung 2020 für die opfer der ns-euthanasie am mahnmal "blaue wand" - virtueller gedenktag (videos) - click auf das bild

Herr Doktor, ich muss mich mal dringend erholen ...

 ... aus meinem neuen Szenarien-Lesebuch "ich stelle mir das mal so vor" zum Euthanasie Schicksal meiner Tante Erna Kronshage - eine neue Sequenz:

Herr Doktor, ich muss mich mal dringend erholen ...

Bildtafel 29 aus dem XXL-Bildmagazin

Da gibt es die überlieferte Geschichte, wie Erna, begleitet von ihrer Schwester Lina, aus Brackwede mit dem Fahrrad heimkehrt nach Hause, nach Senne II in den Mühlenkamp, nachdem sie bei der amtsärztlichen Untersuchung war und ihrem Vater die Überweisung zeigt: "Hier - ich soll nach Gütersloh in die Heilanstalt - und soll mich da erholen... - und ich will das auch - so wie damals Frieda - der hat das auch gutgetan...".

"Kind - ich glaub's dir wohl - wir brauchen dich doch hier auf dem Hof - du kannst doch in diesen Zeiten nicht herumflanieren - und dich 'erholen'. Das sind doch wieder Flausen im Kopf - solange du noch nicht volljährig bist - und hier als 'Haustochter' arbeitest, sind wir für dich verantwortlich - da kannst du nicht machen was du willst. Deine Brüder sind im Feld - und mein Asthma - und Mama wird auch immer älter ... - Kind - wir brauchen dich doch!" 

"Herr Doktor", soll sie dort beim Amtsarzt - allen Mut zusammenfassend - gesagt haben: "Ich möchte in die Heilanstalt nach Gütersloh - wissen Sie - da wo meine Schwester Frieda neulich mal gewesen ist. Die hat sich dort nach einem sehr nervigen Streit auf ihrer Arbeit wieder ganz prächtig da erholt. Statt in der stickigen Fabrik zu sitzen ist sie dort in die Gartenkolonne gekommen - und hat im Sonnenschein Unkraut gezupft - und konnte mit den anderen Frauen quatschen. Also - sie meinte - das wäre auch etwas für mich, damit ich wieder zu Kräften käme - und mal unter die Leute - und mal was anderes sehe. Ich bin nämlich regelrecht fertig und ausgepumpt zu Hause.

Da muss ich morgens andauernd so früh raus - auch wenn ich mal drüben bei Helga, der Nachbarin, war - und wenn deren kleines Kind schreit, dann quatschen wir halt etwas länger und schauen Illustrierten an und hören Radio - und schminken uns gegenseitig - manchmal die halbe Nacht. Ihr Mann - der junge Vater - ist ja auch an der Front wie auch alle meine Brüder - wir stören keinen - und der Kleine schläft dann meisten gegen 1 - halb 2, wieder ein, wenn er nochmal an der Brust war - und trotzdem muss ich dann ja morgens auch wieder so früh ran auf dem Hof - und hab einfach keine Lust mehr - diese ewige Maloche. Ich will auch mal raus und was erleben - aber hier ist ja nichts los - außer vor 2 Jahren der Fliegerangriff vom Tommy auf den Hof gegenüber - aber das war ja auch eher schecklich und traurig. 

Ansonsten huschen morgens die Zugpendler über den Hof und stellen ihre Fahrräder an die Eichen um dann vom gegenüberliegenden Bahnsteig mit dem Zug zu fahren - und Mama und ich sortieren die dann, damit sie abends wieder schnell zum Wiederlosfahren gefunden werden beim Abholen. Das ist aber immer der gleiche Trott - besonders seitdem meine Brüder weg sind an der Front. Früher - ja - da hat Willi mal Schifferklavier gespielt - und ich durfte mal an der Zigarette ziehen, die Ewald sich angesteckt hatte.Aber jetzt habe ich nur noch meine Nachbarin Helga mit ihrem Kind - und da bin ich ganz vernarrt in den Kleinen - und wir wickeln und wir pudern zusammen - und da hab ich schon viel gelernt - Herr Doktor. Aber ich muss mal raus aus dem Trott. Schicken Sie mich also ruhig nach Gütersloh - da komm ich mal unter die Leute - und komme wieder zu mir.

Aber sagen Sie nichts meinen Eltern davon, was ich hier gesagt hab. Schreiben Sie vielleicht am besten einfach eine Einweisung nach Gütersloh, damit ich mich wieder ein wenig erhole ...