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anja niedringhaus - bilderkriegerin

Ausdrucksstarke Bilder von Anja Niedringhaus:

Zivilisten auf der Flucht (Basra, Irak,  2003)

Razzia in Bagdad (Irak,  2004)



Zum fünften Jahrestag ihrer Ermordung: Anja-Niedringhaus-Ausstellung in Köln


Von Michael Robrecht - WESTFALEN-BLATT

Anlässlich ihres fünften Todestages ehrt das Käthe-Kollwitz-Museum in Köln die Fotografin Anja Niedringhaus (1965-2014). Die Arbeit der Höxteraner Pulitzer-Preisträgerin wird in einer großen Einzelschau gewürdigt.

Die Ausstellung, die an diesem Freitag eröffnet wird, ist eine besondere Auszeichnung zum Jahrestag der am 4. April 2014 in Afghanistan ermordeten damaligen AP-Cheffotografin. Darüber freue sie sich sehr, sie sei sehr bewegt, sagte Heide-Ute Niedringhaus, die Mutter der Journalistin, dem WESTFALEN-BLATT.

Die Kölner Schau ist die erste größere posthume Retrospektive für die weltbekannte Fotoreporterin. Mehr als 80 großformatige Aufnahmen dokumentieren das Werk, das die »Bilderkriegerin« (Ausstellungstitel) schon zu Lebzeiten zur Ikone gemacht habe, teilte ein Museumssprecher mit.

Anja Niedringhaus: sinedi|bearbeitung


Nahezu ein Vierteljahrhundert lang berichtete Anja Niedringhaus von Kriegsschauplätzen in aller Welt: vom Balkan, aus dem Irak und immer wieder aus Afghanistan. Als die Fotografin dort bei einem Reportage-Einsatz am 4. April 2014 im Alter von 48 Jahren von einem Attentäter im Auto erschossen wurde, hinterließ sie ein beeindruckendes Œuvre.

Im Auftrag von Nachrichtenagenturen wie der amerikanischen Associated Press (AP) entstanden legendäre Aufnahmen, die von den weltweit wichtigsten Magazinen und Zeitungen auf den Titelseiten gedruckt wurden und so im kollektiven Gedächtnis verankert sind. Der umfangreiche Nachlass umfasst Bilder aus Kriegs- und Krisenregionen ebenso wie brillante Porträtaufnahmen und Sportfotografien.

Die Kölner Ausstellung zeigt – erstmals durchgängig in Farbe – mehr als 90 großformatige Aufnahmen, darunter 18 Originale aus dem Archiv der Fotografin sowie mehrere handsignierte Abzüge.

Obgleich Anja Niedringhaus lange Jahre von zahlreichen Kriegsschauplätzen berichtete, lehnte sie den Begriff »Kriegsfotografin« für sich ab. Ihre Aufnahmen, die oft unter Lebensgefahr an vorderster Front entstanden, reichen weit über die reine Dokumentation von Ereignissen hinaus – ihre Arbeiten sind Aufrufe zum Frieden. »Sie wollen aufrütteln und mahnen, indem sie uns die Schrecken des Krieges vor Augen führen. Ihre Werke vereinen häufig starke Gegensätze: Sie zeigen einen Moment der Ruhe inmitten des Chaos und tiefe Menschlichkeit inmitten von brutaler Barbarei«, so das Kollwitz-Museum.

Die Tiefe ihres Werkes, darunter viele Sportfotos, beeindruckt Menschen über Kulturkreisgrenzen hinweg. Die Ermordung der Fotografin rief ein weltweites Medienecho hervor, Anja Niedringhaus war Thema in den Nachrichten. »Von der ›New York Times‹ bis hin zu russischen, griechischen und arabischen Medien war der Vorfall auf den Titelseiten zu lesen, Regierungen und Prominente aus aller Welt kondolierten«, sagt ihre Mutter Heide-Ute Niedringhaus, die in ihrem privaten Archiv in Höxter viele Beiträge gesammelt hat.

Unter ihren Kolleginnen gilt Anja Niedringhaus als Wegbereiterin in einem Beruf, in dem bis heute der Frauenanteil verschwindend gering ist. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter 2005 den ersten Pulitzer-Preis für eine deutsche Fotografin.

Die Kölner Ausstellung wird von Sonya Winterberg kuratiert, die Anja Niedringhaus persönlich kannte. Mit Unterstützung der Erben konnte die Kuratorin auf das in seinem Originalzustand bewahrte Archiv der Fotografin zurückgreifen. Es dokumentiert das gesamte Schaffen von Anja Niedringhaus und bietet die einmalige Möglichkeit, ihr Lebenswerk auch jenseits der bekannten Bilder aufzuarbeiten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Auf dieser Grundlage bereitet Sonya Winterberg in Kooperation mit Ziegler Film und im Auftrag des ZDF eine Verfilmung des Lebens der Fotografin vor. Außerdem soll eine Biografie mit Werkverzeichnis erscheinen.

Bei der Medienpräsentation der »Bilderkriegerin« am Donnerstag sind außer Heide-Ute Niedringhaus auch Anjas Schwester Elke Niedringhaus-Haasper und die Fotografin Kathy Gannon, AP Senior Correspondent Pakistan/Afghanistan, Kollegin und Freundin von Anja Niedringhaus, die den Anschlag mit ihr im Auto schwer verletzt überlebte, dabei.

Noch bis zum 10. Juni läuft, wie berichtet, eine weitere Ausstellung über Kriegsfotografinnen im Museum Kunstpalast in Düsseldorf. Auch dort werden viele Niedringhaus-Fotos gezeigt. In Höxter ist das Forum Anja Niedringhaus im historischen Tilly-Haus im Aufbau. Dafür hat sich ein Verein für journalistische und künstlerische Fotografie gegründet.

Bettelnde Frauen in Kandahar  (Afghanistan, 2014)
Junge mit Spielzeugwaffe (Kabul, Afghanistan,  2009) 
Fotos: Anja Niedringhaus

WESTFALEN-BLATT - Mittwoch, 27.3.1019 - S. 7 - Kultur


"bilderkriegerin" - im erste moment denke ich: ein "unmöglicher" titel für diese eindringliche ausstellung. doch wenn man den begriff einige male hin und her gewälzt hat, bleibt genau dieser wohl gewollte und gemeinte eindruck haftem: mit bildern kann man keinen krieg führen - aber bilder zeigen in ihrer dokumentationsqualität den schrecken und das blut des krieges - und bilder sagen ja mehr als 1000 worte.

anja niedringhaus hat diese photos vom krieg gemacht, um abzuschrecken, um zu warnen, um zum frieden und zur umkehr aufzurufen. und in jedem bild bleibt einem der kriegsjubel und die kampfesanfeuerungen im halse stecken - die meisten bilder zeigen auch das sinnlose, das verzweifelte, die depression und die blanke not um das eigene leben ...

anja niedringhaus schaftte es, immer im richtigen moment auf den azslöser zu drücken: ja - sie "knipste" nicht, sondern sie erzählte geschichten in ihren photographien: der auslösemoment hatte ja jeweils eine vorgechichte und danach einen abspann: manchmal blutbesudelt, manchmal verzweifelt, manchmal tränenreich - und manchmal mit einem lächeln im knopfloch ...

der mörder von anja niedringhaus wusste gar nicht, wen er da vor sich hatte - es war für ihn einfach ein racheakt dafür, dass flieger sein dorf bombardiert und beschossen hatten - und hier fuhren nun zwei "weiße" frauen ganz ungeschützt an seinem "kontrollpunkt" vorbei: zur falschen zeit - am falschen ort - im krieg ersterben als erstes die vernunft und die nächstenliebe.

zunächst war der mörder zum tode verurteilt worden - doch die familie der photographin intervenierte bei der kabuler regierung dagegen - so dass er jetzt in einem revisionsverfahren zu 20 jahre haft verurteilt wurde.

und die familie hatte interveniert, weil eine todesstrafe wohl nie im sinne der ermordeten gewesen wäre - anja niedringhaus lebte als kriegsreporterin mit dem motto: "mit panzern löst man keine probleme" ... - und mit der todesstrafe auch nicht - und so hat der mörder ja viel länger zeit, nachzudenken ...

ich habe mir überlegt, wie ich hier die im 'westfalen-blatt' abgedruckten bilder aus der niedringhaus-ausstellung am besten anzeige - und dachte zu anfang, sie auf kleine schautafel-attrappen zu platzieren - doch dann habe ich dieses ansinnen rasch wieder verworfen: ganz schlicht, ohne rahmen und ohne weitere bearbeitung - so wie sie sind sollen sie hier stehen ...: anja niedringhaus' photos eignen sich nicht dazu, extra mit lametta "präsentiert" zu werden ...

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KATALOG ZUR AUSSTELLUNG


Anja Niedringhaus - Bilderkriegerin. 
Wienand-Verlag, Köln 2019
Hg. von Hannelore Fischer für das Käthe Kollwitz Museum Köln

Mit Beiträgen v. Sonya und Yury Winterberg, Minka Nijhuis, Michael Kamber, u.a.
144 Seiten, 111 farbige Abb.,
27 x 22 cm, Hardcover,
deutsch/englisch

Erhältlich auch im Museumsshop
Preis: 22,00 €

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