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vertuschungen | update: reaktionen

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die reaktionen

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ja - es tut mir gut, dass es menschen gibt, die auch in sachen ns-"euthanasie" immer wieder genau nachfragen - erforsche ich doch seit über 30 jahren das leidensporträt meiner tante erna kronshage, die 1944 in einer "euthanasie"-vernichtungs"klinik" ermordet wurde. seit 10 jahren habe ich das protokoll ihres 484-tage-opferschicksals in studien- und memorialblogs und bildmagazinen ins netz gestellt, abgestimmt auf verschiedene zugangsinteressen - jetzt unter dem sammelbegriff "erna's story" zu einer multimedialen informationsquelle zusammengefasst.

von daher kenne ich das gut, dass die großen institutionen selbst gern bei nachfragen nach einschlägigen vorkommnissen unter ihrer ägide in der zeit des nationalsozialismus mauern, verschweigen und vertuschen - und die türen eher verschließen, als sie endlich fast 80 jahre nach diesem geschehen ganz weit zu öffnen, um an einer lückenlosen neutralen aufarbeitung und dokumentation wie selbstverständlich mitzuwirken. man agiert in dieser angelegenheit kaum - sondern re-agiert meist nur.

da spielen sicherlich verschiedene komponenten eine rolle: bei patientenakten z.b. handelte es sich - zumindest früher - nach meinung der behandelnden (ns-)ärzte um ärztliche unterlagen zu ihrem persönlichen gebrauch - evtl. noch von kollege zu kollege, deren ärztliche eintragungen als "persönliche notizen" gewertet wurden (stichwort: "ärztliche schweigepflicht") - und mit denen deshalb nach gutdünken von dieser ärzteschaft umgegangen wurde. und nur die in einer krankenakte sich oft auch befindlichen institutionellen verwaltungs- und kassen-technischen unterlagen wurden dagegen als teil-krankenakte zu abrechnungen und dokumentationen oftmals späterhin in die zuständigen archive gegeben.

das alles geschieht immer unter dem aspekt der gesetzlichen auflagen - die sich im laufe der zeit immer mal wieder modifizierten - auflagen auch des personenschutzes und der wahrung der würde des einzelnen menschen, über den die akte geführt wurde.

hinzu kommen - gerade bei kindern - die grund- und aufenthaltsbestimmungs-rechte der leiblichen eltern oder der gesetzlichen vertreter - z.t. "vormundschaftliche" betreuer (manchmal auch laien), die mit der verwaltung und interessenwahrnehmung von manchmal über 100 "einzelfällen" betraut wurden - die auch zumindest über teile der akte verfügen konnten und sie nach gutdünken oft zu handhaben wussten. nichts an diesen alten akten ist digitalisiert erfasst - und viele können zumindest wegen der damals bevorzugten sütterlin-ärzte(!)handschrift kaum eindeutig entziffert werden - schreibmaschinen waren rar.

in deutschland wurden zudem kurz vor kriegsbeginn lebensmittelmarken und bezugsscheine für eine rationierte versorgung mit konsumgütern ausgegeben, die im laufe des krieges auch eine art "währungsstatus" erhielten, und "nach bedarf" auch manchmal nach beurteilungen der leistungsfähigkeit und der "verwendbarkeit" von außen zugeteilt wurden.

in großeinrichtungen wie bethel wurde also eine solche rationierte bewirtschaftung zum problem, denn der allgemeine "zeitgeist" sah damals vor - nicht nur im krieg - dass die "leistungsfähigeren" vor schwachen und kranken bei einer solchen verteilung bevorzugt werden mussten. es bestand ein system der "auslese". diese auslese führte dann auch zur finalen entscheidung: "verwendbarkeit" oder "deportation"...

im laufe des krieges verschlimmerte sich diese notsituation - und führte sicherlich auch nach innen in den institutionen zu einer hierarchisierten verminderung der nahrungsaufnahme, was dann wiederum eine absetzung der abwehrkräfte zur folge hatte. ein körperlicher verfall wird dann bei anfälligen menschen stark beschleunigt - und auch ein bewusster nahrungsentzug wird sicherlich zumindest lokal je nach bedürftigkeit, als sanktion oder "disziplinarische maßnahme" eingesetzt worden sein - und natürlich gab es auch den schwarzmarkt und schiebereien, die immer mit solcherart notmaßnahmen eingergehen - in der nähe von solchen großeinrichtungen sowieso.

bereits 1931 definierte der psychiater hermann simon aus der benachbarten provinzialheilanstalt gütersloh - aus der auch erna kronshage dann 1943 deportiert wurde - den personenkreis angeblich "minderwertiger": körperschwache, kränkliche, schwächlinge, schwachsinnige, krüppel, geisteskranke und kam dabei zu dem schluss: „es wird wieder gestorben werden müssen...“.

das anschwellen der sterbequote bei den kindern hier - wahrscheinlich aus "vernachlässigungen" im weitesten sinne, durch fortschreitenden personalmangel und allmählichem immer fortschreitendem nahrungsentzug - und eben auch weil sich die "infrastruktur" im laufe des krieges drastisch veränderte (= die allgemeine versorgungslage, der ausbruch von tuberkulose und anderen manchmal örtlich umgrenzten massen- und vireninfektionen und erkrankungen) und einhergehend sicherlich auch mit der "inneren einstellung", mit entäuschung und burn out der betreuungskräfte in bethel - das alles ist also ein tödliches konglomerat aus verschiedensten komponenten, die hier mit zu berücksichtigen sind. 

ob das aufkommen der sterbequote nun "gezielt" angehoben wurde, und der tod der kinder billigend in kauf genommen oder sogar absichtlich herbeigeführt wurde - oder eher allgemein-gesellschaftliche  "kollateralschäden" in der gesamtentwicklung des krieges und des werdegangs des "dritten reiches" insgesamt waren, lässt sich wohl kaum noch zweifelsfrei objektiv klären und auseinanderklamüsern.

das sind dann insgesamt verstrickungen, das ja herr gauland von der afd als "vogelschiss" abtut - und dem ja (un)bewusst mit ihrem verschweigen und mauern immer mehr menschen auch inzwischen beipflichten. 

denn das ist wirklich für mich "aus der scene" mein eindruck vom selbstverständnis einiger beteiligter institutionen und einrichtungen: "wir haben doch jetzt gedenkstätten errichtet, kerzen abbrennen lassen, wir führen gedenktage durch - und informieren schulklassen - 'und nu is auch mal gutt': unserem "unternehmens"-image schadet doch nur eine solche genaue "ewige" detail-aufarbeitung dieser vergangenheit"und mit den vordergründig organisierten routinierten bedauernsakten am 27.01. (holocaust-gedenktag zur befreiung von auschwitz) oder am totensonntag hat sich das jetzt ein für allemal zumindest augenscheinlich für uns erledigt. ... 

warum aber bethel nicht alles tut, um auch vor sich selbst diese rätsel so gut es geht zu lösen - und erklärungen zu den erhöhten sterbequoten offen dokumentiert und diskutiert - auch unter beteiligung und in kooperation mit legitimierten forschern von außen - bleibt mir schleierhaft.

mit so einem verhalten wird immer misstrauen gesät - und wenn dortige verantwortungsträger meinen, dass ein offensiver umgang mit den sterbequoten und den "euthanasie"-morden oder den maßgeblichen deportationen in die vernichtungsanstalten oder umfassende medikamentenversuche nach dem krieg zu bleibenden imageschädigungen der gesamteinrichtung führen, so geht meines erachtens dieser schuss nach hinten los: diese vertuschungen - nicht nur in bethel - führen zu den imageschädigungen und lösen misstrauen bei den nutzern aus.

wahrscheinlich kann nur die akribische untersuchung von den ca. 1000 individuellen einzelschicksalen in der kinderklinik eine klärung bringen - in gruppen, abteilungen oder massen lässt sich da wenig erforschen, denn jeder fall wird ein wenig anders abgelaufen sein - und nur mit dem befund der vorhandenen oder eben auch nicht vorhandenen "aktenlage" ist das nicht getan.

aber für solche eine akribische einzelfallprüfung fehlen sicherlich insgesamt die ressourcen und würden jede hochschule und jeden interessenverbund an die kapazitätsgrenzen bringen.

man sagt ja so lapidar: es gibt noch viel zu tun - packen wir's an - aber einige haben sicherlich inzwischen interesse an den davon abgeleiteten nonsens-spruch: es gibt noch viel zu tun - warten wir's ab ...

aber da gibt es ja nun die jungen "neuen wilden", wie prof. melter von der fh bielefeld, die zum glück auf "(auf-)klärung" drängen - und immer weitermachen - immer weiter: die aufarbeitung der ns-verbrechen ist nie ganz abgeschlossen - hat sich nie "erledigt" - und das ist gut so ...



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