"

Projekt STALAG 326


Projekt STALAG 326 wird konkreter

Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe kann jetzt in Berlin den Förderantrag für das Großvorhaben stellen. Die Gedenkstätte soll Ziel für 200.000 Besucher pro Jahr werden.

Von Lothar Schmalen | NEUE WESTFÄLISCHE v. Freitag, 26.06.2020 - S.8 Kultur/Medien

Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) bereitet einen Antrag auf Fördermittel bei der Bundesregierung für den Ausbau der Dokumentationsstätte Stalag 326 in Schloß Holte-Stukenbrock zu einer Gedenkstätte von gesamtstaatlicher Bedeutung vor. Der Landschaftsausschuss, das ist nach der Landschaftsversammlung das höchste politische Gremium des Landschaftsverbands, soll die LWL-Verwaltung in seiner Sitzung am heutigen Freitag damit beauftragen.




Die schematische Zeichnung aus einer Machbarkeitsstudie zeigt eine erste Idee, wie die Dauerausstellung und eine ebenfalls geplante Forschungsstelle auf dem Gelände der Gedenkstätte Stalag 326 untergebracht werden könnte. Illustration: Atelier Brückner Stuttgart

Das Anliegen wird längst parteiübergreifend befürwortet. Das ist nach Informationen dieser Redaktion auch bei einer Zusammenkunft aller Landtagsabgeordneten aus Ostwestfalen-Lippe am Dienstag dieser Woche deutlich geworden. Die Abgeordneten hatten sich auf Einladung der Detmolder Regierungspräsidentin Judith Pirscher (FDP) im Landtag getroffen. Einziger Tagesordnungspunkt: Stalag 326. Landtagspräsident André Kuper (CDU), der das Projekt an der Spitze einer Lenkungsgruppe vorantreibt, berichtete über den Planungsstand.

Noch steht die genaue Trägerstruktur der Gedenkstätte nicht fest. Klar ist aber, dass der Landschaftsverband, der Kreis Gütersloh, die Stadt Schloß Holte-Stukenbrock, das Land NRW und der bisherige Förderverein der Dokumentationsstätte eingebunden werden sollen. Die Anteile der Finanzierung von Ausbau und Betrieb der Gedenkstätte müssten noch ausgehandelt werden, heißt es im Entwurf einer Absichtserklärung der beteiligten Einrichtungen, die dieser Redaktion vorliegt. Kostenschätzungen für die Einrichtung und den Betrieb einer großen Gedenkstätte liegen bislang öffentlich noch nicht vor.

Einer Machbarkeitsstudie, die vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe beim renommierten Atelier Brückner in Stuttgart in Auftrag gegeben und von der Landeszentrale für politische Bildung finanziert wurde, sind erste optische Ideen für eine Gestaltung der Gedenkstätte zu entnehmen. Außerdem entwickelten die Stuttgarter Experten Ideen für eine inhaltliche Gestaltung der Dauerausstellung. Als Ziel ist in der Studie eine Zahl von 200.000 Besuchern im Jahr angeben. Im Vergleich mit anderen NS-Gedenkstätten in Deutschland läge Stukenbrock damit zwischen den Gedenkstätten Neuengamme bei Hamburg (138.000 Besucher) und Bergen-Belsen bei Celle (240.000 Besucher). Eingebunden werden in die Gedenkstätte soll auch der sowjetische Ehrenfriedhof unmittelbar neben dem Lager. Hier sind Schätzungen zufolge zwischen 16.000 und 65.000 Tote begraben. Geplant ist außerdem ein Neubau mit 4.000 Quadratmetern Nutzfläche, in dem ein Besucherzentrum mit Dauerausstellung (2.000 Quadratmeter), ein Seminarbereich mit Übernachtungsmöglichkeit (1.000 Quadratmeter), eine Forschungsstelle (320 Quadratmeter) und Verwaltung sowie Förderverein (500 Quadratmeter) untergebracht werden sollen. Hinzu kommt ein Parkplatz mit 3.200 Quadratmetern.

Mit dem Antrag auf Fördermittel des Bundes, dessen Erfolg eine entscheidende Voraussetzung für die Realisierung der Gedenkstätte ist, befasst sich seit Monaten eine wissenschaftliche Arbeitsgruppe, in der neben verschiedenen Abteilungen und Einrichtungen des LWL wie Museumsamt, Institut für Regionalgeschichte, Medienzentrum, Archäologie, Kulturabteilung und Preußenmuseum auch die Landeszentrale für politische Bildung und der örtliche Förderverein der bisherigen Dokumentationsstätte Stalag 326 mitarbeiten. Die Beteiligung des Fördervereins und seiner vielen ehrenamtlichen Mitarbeiter und Helfer, die die Arbeit der Dokumentationsstätte über Jahre getragen haben, ist den Projektmachern ein wichtiges Anliegen, wie Landtagspräsident André Kuper immer wieder betont.


  • Stichwort: Stalag 326
Stalag 326 – die Abkürzung steht für Stammlager 326. Gemeint ist damit eines der größten Lager überwiegend für sowjetische Kriegsgefangene, aus dem vor allem das Ruhrgebiet mit Zwangsarbeitern versorgt wurde. Insgesamt durchliefen rund 300.000 Internierte das Stalag 326. Über die Zahl der Todesopfer unter den Gefangenen des Lagers, in dem unmenschliche Bedingungen herrschten, gibt es nur Schätzungen. Insgesamt kamen im Zweiten Weltkrieg zwischen zwei und drei Millionen sowjetische Kriegsgefangene ums Leben, sie sind nach den Juden die zweitgrößte NS-Opfergruppe. Bestandteil der geplanten Gedenkstätte soll auch die Nachkriegsverwendung des Lagerareals sein. Hier wurden 1945/46 mutmaßliche NS-Kriegsverbrecher interniert, in den Jahrzehnten danach war es Auffanglager für Vertriebene aus den Ostgebieten des ehemaligen Deutschen Reichs. (los)

__________________________________________________



Dieses Werk zum Thema von Karl Hüser 
und Reinhard Otto erschien bereits 1992: vor 28 Jahren -
und so lange ist es schon in meinem bücherschrank
mein gott - ich bin da einfach nur ungeduldig: das wird jetzt so dahinformuliert und hochjubiliert, wenn nun 75 jahre (i.W.: fünfundsiebzig jahre) nach kriegsende endlich eine angemessene gedenkstätte für dieses hunger- und massenmord-vernichtungslager mit seinem massengrab-friedhof offiziell und "parteiübergreifend" nicht etwa schon errichtet, sondern  lediglich ins auge gefasst und beantragt wird.

dieses thema begleitet mich eigentlich schon mein leben lang, und besonders erinnere mich an das politische gezerre und klein-klein um die jährliche veranstaltung "blumen für stukenbrock", wo ich sogar augenzeuge wurde, wie man auf den gräbern der sowjetischen kriegsgefangenen und zwangsarbeiter sich handfeste scharmützel lieferte: die dkp und alle roten genossen gegen die "ordnungskräfte" - und gegen die kräfte, die die "toten helden" jeweils für sich reklamieren wollten damals - und die jeweils "richtige" ehrung fand dann in unversöhnlicher konkurrenz der verschiedenen interessengruppen und parteien untereinander statt.

und dazwischen die russischen goldbeschlagenen uniform-schirmmützenträger des salutierenden russischen militärs von der militärmission in bünde, begleitet von überlebenden in verwaschener kz-kleidung vom vvn/bda, der "vereinigung der verfolgten des naziregimes – bund der antifaschistinnen und antifaschisten", die ihre kränze mit den blutroten schleifen, und bei den "sowjets" mit kyrillischer aufschrift, niederlegen wollten am ehrenmal - unter gellendem pfeifkonzert des missfallens: von tatsächlicher trauer und ehrenbezeigung war da allgemein von keiner seite eine spur: "versöhnung über den gräbern" - fehlanzeige!

und dazwischen dann prominente politiker wie pfarrer albertz, der zwischen den parteien damals vermitteln wollte - aber natürlich auch seine politische meinung dazu hatte - und auch vortrug...

»Es muss dargestellt werden, wie der Kalte Krieg und der damit einhergehende Antikommunismus eine sachliche Behandlung des Lagers und des Friedhofs mit seinem von den Überlebenden errichteten Obelisken verhinderte, was zum Verschweigen geschichtlicher Tatsachen und Nichtbeachtung in der Nachkriegs-Gedenkkultur führte«, sagte der vorsitzende des arbeitskrises "blumen für stukenbrock" hubert kniesburges noch 2018 dem bielefelder "westfalen-blatt".

es war über jahrzehnte ein einziges hin-und-her im stockkonservativen stukenbrock-umfeld, in dem zusammentreffen mit linken totenehrern von der dkp, der kpdml, dem sds u.a.m.: und ich erinnere mich an eine außer sich tobende frau, die mit weißen stöckelschuhen auf die roten kranznelken auf einem grab herumtrampelte - und lauthals "faschisten!" brüllte und "lügner!", aber sich der tragischen karikaturwirklichkeit in dieser ihrer szene gar nicht bewusst war.

und wenn ich dann heutzutage diesen entwurf sehe, wo wahrlich nicht mehr gekleckert sondern - parteiübergreifend! - geklotzt wird, wenigstens wenn es um die "antragstellung" für dieses "projekt" geht, kann ich mir nur die augen reiben - und mich kneifen, ob ich wache oder träume...

und doch: es bleibt für mich der hauch von schmach: dieses "zu spät" - und ich werde das gefühl nicht los, als wären es wieder eher "parteipolitisch motivierte 'einigkeiten'" - verbunden mit irgendeinem "deal" - vielleicht mit einem "deal" gegen afd und ganz rechtsaußen - als dass es diesmal tatsächlich um die rein menschlichen aspekte aufrichtiger trauer, aufrichtiger ehrung, aufrichtiger reue, und aufrichtiger erinnerung wären - ich kenne ja meine pappenheimer ...

zum tag der befreiung des stalag vor 75 jahren habe ich erst kürzlich hier im blog einen beitrag gebracht:
https://sinedi-blog.blogspot.com/2020/04/befreiung-des-stalag-326-stukenbrock.html 

bei meiner recherche jetzt stieß ich auch auf weitere interessante links zum thema:
https://stalag326.de/digitale-ausstellung-unter_menschen/

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen