DISKUSSION UM GLOBULI
Der Skeptiker und der Homöopath
Von Per Hinrichs | WELT AM SONNTAG | Essen
WELT-Reporter Per Hinrichs hält Homöopathie für Aberglauben. Zuckerkügelchen, in denen kein Wirkstoff vorhanden ist, sollen medizinisch wirken? Also bitte! Er ist in die Diskussion mit einem Mann eingestiegen, der es komplett anders sieht.
Ich bin ein moderner Mensch. Zumindest halte ich mich für einen. Wissenschaft und Aufklärung sind für mich die Eckpfeiler unserer Zivilisation, die uns technischen Fortschritt wie kritisches, vernunftgeleitetes Denken ermöglichen. Jegliche Form von Esoterik ist mir ein Gräuel. Wenn mich jemand nach meinem Sternzeichen fragt, fange ich sofort an, über Astrologie zu diskutieren, da diese erwiesenermaßen Quatsch ist.
Dank der Wissenschaft wissen wir auch, warum: Die Gene (und das soziale Umfeld) prägen den Menschen, nicht die Sternenkonstellation am Zeitpunkt seiner Geburt. Schon vor Tausenden Jahren stellten sich die Menschen die immer gleichen Fragen nach Schicksal und Herkunft und entwickelten dabei Theorien und Ideen, die heute abstrus klingen. Sie wussten es nicht besser, sie waren nicht aufgeklärt und mussten überirdische Kräfte und Mächte bemühen, um ihre Fragen an das Leben und an sich selbst zu beantworten.
So etwas ist für mich kein „altes Wissen“. Es sind überholte Gedankengebäude, die sich aus der Zeit ihrer Entstehung erklären lassen. Es gibt dann Ärger bei solchen Gesprächen: Beide Seiten denken, dass ihr Weltbild und somit sie als Person angegriffen werden. Wer will sich schon vorwerfen lassen, an Humbug zu glauben? Oder, umgekehrt, ein wissenschaftsgläubiger, unsensibler Technokrat zu sein?
Vielleicht bin ich ein bisschen wie „Homo Faber“, der Ingenieur aus dem Roman von Max Frisch, dieser streng rational, technisch denkende Mensch, der nicht an Zufälle glaubt. Ich kann jedenfalls nicht verstehen, warum Leute Trost im Aberglauben suchen, statt die Wissenschaft zu befragen. Sie hält zugegebenermaßen manchmal nüchterne Erkenntnisse bereit und wirkt oft kalt. Aber dafür liefert sie gesicherte Fakten – die solange stimmen, bis sie durch neue Erkenntnisse widerlegt werden.
Und so halte ich die Homöopathie für eine völlig untaugliche Methode, um Menschen zu heilen oder ihre Beschwerden zu lindern. Zuckerkügelchen, auf die verschüttelte, ultraverdünnte Flüssigkeiten aufgetragen werden, in denen unbestritten kein Wirkstoff vorhanden ist, sollen medizinisch wirken? Come on! Wer glaubt das denn? Es gibt keine einzige Studie, die die Wirksamkeit von Homöopathie über den Placeboeffekt hinaus beweist. Es ist die Astrologie der Medizin, die sich vor mehr als 200 Jahren der Arzt Samuel Hahnemann ausgedacht hat. Es ist eine Scheintherapie, medizinisch nutzlos, die Menschen Heilung nur vorgaukelt.
Doch, Homöopathie wirkt, sagt Jens Behnke von der Karl-und-Veronica-Carstens-Stiftung in Essen, die die Forschung von Natur- und Komplementärmedizin fördert. Das meint nicht nur er: Millionen Deutsche schwören auf Globuli, die buchstäblich nichts enthalten. Die homöopathische Pharmaindustrie setzt in Deutschland etwa 600 Millionen Euro im Jahr um.
Behnke leitet in der Stiftung das Programm „Integrative Medizin“ und setzt sich seit Jahren mit Homöopathiekritikern auseinander. „Homöopathie wirkt natürlich über den Placeboeffekt hinaus“, sagt er. „Wer das Gegenteil behauptet, hat entweder keine Ahnung oder wertet die Studien falsch aus.“
Da haben wir den Dissens. Also: Lassen Sie uns reden! Keiner von beiden wird am Ende seine Überzeugung aufgeben, das ist jetzt schon klar. Aber vielleicht gibt es ja einen gemeinsamen Boden, auf dem man sich bewegen kann, eine Art Minimalkonsens; möglicherweise könnten wir uns am Ende einigen: Der andere kann wenigstens theoretisch recht haben.
Wie treffen uns in der Stiftung in Essen, einem schmucklosen Bau neben einer Naturheilklinik. Mit klassischer Naturheilkunde hat die Homöopathie allerdings nichts zu tun, sie gilt als eigenständige Behandlungsmethode. Behnke, 37, verheiratet, vier Kinder, ist Doktor der Philosophie. Er hat einen Wuschelkopf und ist ein sympathischer Typ. Er lacht viel, er drückt sich eloquent aus und hat dabei noch diesen leichten Ruhrpott-Dialekt, der vertrauenserweckend und freundschaftlich wirkt.
In seiner Doktorarbeit legte er 2014 unter dem Titel „Wissenschaft und Weltanschauung“ eine Analyse über den Paradigmenstreit in der Homöopathieforschung vor. Er kennt alle Studien, alle Argumente und Gegenargumente der Diskussion und bemüht sich, die Homöopathie aus der Schublade der Esoteriker in den Medizinschrank der Ärzte zu holen.
Der Stiftungsmann hat es dabei nicht einfach, es scheint eher eine mission impossible zu sein. Die Homöopathie ist gerade unter starkem Druck. Die französischen Wissenschaftsakademien positionierten sich gegen die Methode, die spanische Gesundheitsministerin verkündete im vergangenen November, dass die Homöopathie eine „Pseudowissenschaft“ sei, die sie „bekämpfen“ werde.
Die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften, der britische National Health Service, das European Academies Science Advisory Council (EASAC) haben sich ebenfalls kritisch bis ablehnend geäußert – unter anderem. Tenor: Es gebe keinen wissenschaftlichen Nachweis der Wirksamkeit über den Placeboeffekt hinaus, wirksame Therapien würden so verhindert.
Sie wirkt, sie wirkt nicht, sie wirkt, sie wirkt nicht
Vor ein paar Wochen hat sich Jan Böhmermann in seiner TV-Show über Homöopathie lustig gemacht und genau den Satz ständig wiederholt: Homöopathie wirke nicht über den Placeboeffekt hinaus. Der Clip war ein Renner in den sozialen Netzwerken. Behnke hingegen fand den Beitrag nicht lustig. „Böhmermann wiederholt ungeprüft Aussagen von Homöopathiegegnern, die wissenschaftlich nicht haltbar sind“, sagt er dazu.
In seiner Promotion greift Behnke die Kritiker an und schreibt, es sei durchaus denkbar, dass „eine wissenschaftliche Ächtung der Homöopathie mit bestimmten wirtschaftlichen Interessen konform geht, wenn sie nicht sogar teilweise durch solche motiviert sein sollte“. Ist das nicht ein bisschen viel Verschwörungstheorie? Wer bezahlt die denn? „Wissenschaftler, die sich kritisch äußern, nehmen entweder die Studienlage nicht hinreichend zur Kenntnis oder handeln nicht in eigenem Namen“, sagt er.
Und kontert: „Mehrere Hundert Studien zur Homöopathie belegen, dass das Verfahren bei unterschiedlichen Erkrankungen klinisch wirksam ist.“ Die Effekte seien der konventionellen Medizin vergleichbar, gingen allerdings mit weniger Nebenwirkungen einher und in der Mehrzahl mit geringeren Kosten. Placebokontrollierte Studien und deren Übersichtsarbeiten würden auf eine Wirkung über Placebos deuten, auch in den hochwertigen Arbeiten. „Von diesen gibt es allerdings noch zu wenige“, sagt er.
Und nun? Eine Seite kann nur recht haben. Behnke behauptet natürlich nicht, dass die Skeptiker gekauft sind, er deutet es nur an. „Es ist auffällig, dass Kritiker die positiven Ergebnisse zahlreicher Studien ignorieren“, sagt er. „Und in einigen Metastudien, die Ergebnisse einzelner Untersuchungen zusammenfassen, sortieren die Autoren aufgrund wissenschaftlich nicht nachvollziehbarer Kriterien Studien aus, die eine Wirksamkeit der Homöopathie nahelegen.“
Es sei die Geschichte von David gegen Goliath, so sieht es Behnke. Da die Homöopathie, eine verhältnismäßig kleine Gruppe aus Ärzten, Forschern und Globuliherstellern, und dort der medizinisch-industrielle Komplex, ein milliardenschwerer Gigant, der im Zweifel eher im Dienst der Profitmaximierung statt der Genesung ist.
Wobei: Die Medizin von „Goliath“ verachtet Behnke grundsätzlich nicht. „Was moderne Intensivmedizin kann, ist der Hammer“, schwärmt der Philosoph. Und bei einer Blutvergiftung würde er sich oder seine Kinder „selbstverständlich mit Antibiotika behandeln, nur eben komplementär mit Homöopathie, um die Folgen zu lindern“. Das klingt doch vernünftig, was spricht dagegen, sich bei einer schweren Erkrankung medizinisch korrekt behandeln zu lassen und nebenbei ein paar Zuckerkügelchen zu schlucken?
„Behnke lässt alles weg, was nicht zu seiner These passt“
„Nichts“, sagt Norbert Aust, den ich nach dem Treffen mit Behnke anrufe. Aust, 66, ist promovierter Ingenieur und engagiert sich beim Netzwerk Homöopathie, einer Organisation, die über die umstrittene Methode aufklären will und der Skeptikerbewegung angehört. Direkt miteinander haben Aust und Behnke noch nie diskutiert, aber jeder kennt den Standpunkt des anderen und hält diesen, sagen wir, für schwer nachvollziehbar. Sein Name fällt häufiger im Gespräch mit Behnke.
„Manche haben eine Hasenpfote bei sich oder einen Talisman, ein bisschen Aberglaube schadet nicht“, findet der Ingenieur. „Aber es wird dann riskant oder gar gefährlich, wenn Patienten bei einer schweren Erkrankung wirkungslose Kügelchen einnehmen, statt eine medizinisch geeignete Therapie zu beginnen.“ Der Mann kennt Behnkes Arbeiten und hat sich mit seinen Thesen beschäftigt. Sein Fazit lautet so: „Er interpretiert die Studien selektiv und lässt alles weg, was seiner Behauptung der angeblichen Wirksamkeit der Homöopathie entgegensteht.“
Beide werfen einander also selektive Wahrnehmung und Gewichtung von Fakten vor. Jens Behnke hat aber noch einen schlagenden Beweis für die Wirksamkeit von Hahnemanns Heillehre: Seine persönliche Krankengeschichte. Mit 17 habe er schweres Rheuma bekommen und sei von Arzt zu Arzt gelaufen. „Ich hatte richtig starke Gelenkschmerzen“, sagt er. Niemand konnte ihm helfen. Ganz zum Schluss habe er auf eine Empfehlung einen Homöopathen aufgesucht – und kurz nach einer Globulitherapie sei das Rheuma verschwunden. Das führt er auf die homöopathische Wirkung zurück, die, gibt er zu, natürlich auch eine Spontanheilung gewesen sein könnte.
Vielleicht gehört ja ein wenig Glaube dazu. Nur hat dieser nichts im Design von Studien der evidenzbasierten Medizin zu suchen. Kühl wissenschaftlich formuliert: Das einzelne, subjektive Erlebnis beweist überhaupt nichts, weder in die eine noch in die andere Richtung; daher das Bemühen um objektivierbare Ergebnisse in Studien.
Und da müsste die Homöopathie genauso auf den Prüfstand wie ein Schnupfennasenspray – eigentlich. Muss sie aber nicht, weil sie einen Sonderstatus im deutschen Gesundheitswesen hat und von der Pflicht, Wirksamkeit nachzuweisen, befreit ist.
„Wir brauchen mehr Forschung“
Wir gehen noch durch den Park der benachbarten Naturheilklinik. Behnke erzählt und gibt sich keine Mühe, seine Leidenschaft und seinen Spaß an der Diskussion zu verbergen. „Niemand weiß, warum Homöopathie wirkt“, sagt er. „Aber das heißt doch nicht, dass wir es nicht herausfinden können!“ Vielleicht seien es Nanopartikel, vielleicht eine Feldwirkung, vielleicht etwas ganz anderes. „Wir brauchen da einfach mehr Forschung.“
Es macht Spaß, sich mit ihm zu streiten. Aber es hinterlässt auch ein mulmiges Gefühl: So viele Experten, Wissenschaftsakademien und Gesundheitsbehörden wenden sich in verschiedenen Ländern von der Homöopathie ab. Ist es nicht vermessen, gegen eine solche Armada der Kompetenz anzurennen? „Entweder tragen Sie eine leuchtende Fackel der Aufklärung in die Finsternis, oder Sie sind ein Geisterfahrer“, sage ich zu ihm.
Das stimmt, antwortet Behnke lachend.
Letzte Frage: Könnten Sie sich vorstellen, sich auch von der Homöopathie abzuwenden, wenn alle Studien zu dem Ergebnis kämen, dass die Methode nicht wirkt? „Ja, klar“, sagt er wieder. Aber wir beide wissen, dass das nicht passieren wird; dafür ist die Beweislast aus Sicht der Kritiker ja jetzt schon beinahe erdrückend. Wer jetzt noch dabei ist, wird es lange bleiben.
So verabschieden wir uns am Ende des Tages, der Homo Faber und der Homöopath, zwei Freunde der Wissenschaft, die sich nicht einigen werden, was Zuckerkügelchen ohne Wirkstoff sind: Globuli mit unerklärlicher Heilwirkung oder – Zuckerkügelchen.
mit solch einem "streitgespräch" kommt man in der frage nicht weiter. es geht nur, wenn beide seiten das problem auf die nächsthöhere metaebene eines "gemeinsamen nenners" hieven - und sich ein stück näher kämen - so wie neulich ein artikel in der f.a.z. für eine buchbesprechung:
martin andree: "placebo-effekte - heilende zeichen, toxische texte, ansteckende informationen", wilhelm-fink-verlag...
nur wenn also b e i d e seiten einen gemeinsamen nenner, nämlich den der faktischen wirkung des "placebo-effekts", tatsächlich ernst nehmen und anerkennen - und auf diesen gefilden weiterforschen, wird man sich vielleicht eher zum nutzen aller verständigen können.
auch die schulmedizin "heilt" ja mit einer großen portion von "placebo-effekt", das sie ja gern als wirkungslosen humbug abtun möchte: was keine irgendwie und irgendwo reaktionen auslösende chemie enthält, wirkt auch nicht - was ja auch nicht stimmen kann. das alte bild vom "eingebildeten kranken" ist da schon ein hilfreicher wegweiser und die gesamte psychosomatik-forschung: wenn es einem menschen seelisch nicht gut geht, reagiert er mit somatischen reaktionen: kopfschmerz, hautausschlag oder schlimmerem ...
süchtigmachende schulmedizin |
wenn man diese binsenweisheit, die in beiden lagern, den homöopathen u n d den schulmedizinern und homöopathiegegnern gilt, dem streit als metaebene des gegenseitigen verständnisses zugrundelegt, müsste man folglich konstatieren: einem patienten widerfährt "heilung" sobald seine "erkrankung" oder seelische "unbehaglichkeit" ernstgenommen und "be- h a n d e l t" wird: händisch durch handauflegen oder durch zuspruch, zauberspruch, dämpfen (inhalieren) und weiteren schamanischen faxen, mit wartezeit im wartezimmer, mit weißem kittel, sonorer stimme und medizinischem fachvokabular, mit rezeptblock, kügelchen oder auch anderweitig wirksamen chemie-potenzen als spritze oder tablette oder wie auch immer: der kopfschmerz verschwindet zumeist nach und nach und der hautausschlag bildet sich zurück - manchmal sogar als spontan-heilung...
und das war schon in der antike so ähnlich wie heute ...
dazu möchte ich bemerken, dass die gesamte medizin schon vor 2000 jahren bis zumindest vor 200 bis 100 jahren aus wunderglauben, handauflegen, placebo-effekten und nichts als die stärkung von außen der inneren körpereigenen abwehrkräfte bestand, die man damals aber nur instinktiv "annahm" und diffus verspürte bzw. konstatierte - aber im einzelnen noch gar nicht richtig kannte und erforschen konnte - und selbst heute sind da ja noch blinde flecken zu beackern.
neben salben und kräutern und tees und vielleicht wein und packungen und wickel kannte man keinerlei medizin in unserem heutigen sinne - geschweige denn einen wissenschaftlich fundierten "doppel-blindversuch" ... - es ging mehr um das pure "daran glauben", um das "mantra" und ritual - und um versuch und irrtum ...
- martin andree hat das in der f.a.z. überzeugend referiert [click]
und als ich neulich nach einer ausgiebigen 2-tägigen zahnfleischbehandlung nachts plötzlich schüttelfrost bekam - wie das plötzliche zittern einer bedeutenden politikerin unserer tage - und danach eine hitzwelle, habe ich meines erachtens die “austreibung der bösen geister” (der krankmachenden keime) am eigenen leibe zu spüren bekommen ...
»Wie tragisch solche Fälle sein können, dokumentiert eine Entdeckung von Antonie van Leeuwenhoek aus den Frühzeiten der Mikroskopie. Schon am 17. September 1683 fertigte er Zeichnungen von Mikroben an. Obwohl damals durchaus bereits Theorien einer Verbreitung von Krankheiten von Mensch zu Mensch vorlagen, dauerte es nicht weniger als zweihundert Jahre, bis man die entscheidenden Schlussfolgerungen zog. Als Joseph Lister 1867 die Hypothese aufstellte, die hohe Sterberate nach Operationen werde durch Infektionen verursacht, war dies noch ein Schenkelklopfer der Zunft. Man wusch sich nicht vor, sondern nach Operationen die Hände. John Hughes Bennett, ein führender Mediziner der Zeit, meinte dazu: „Wo sind diese kleinen Biester? Zeigen Sie sie uns, und wir werden daran glauben. Hat sie bisher schon irgendwer gesehen?“«
martin andree führt von diesem punkt zum placebo-effekt:
»Die Vortäuschung einer Behandlung (die sogenannte „Bedeutungswirkung“) erzeugt ebenfalls biophysiologische Effekte im Körper, die derjenigen einer 'echten' Behandlung ähneln.«
seine thesen sind erstaunlich und lesenswert:
»Man könnte das Wissen um Placebo-Wirkungen ferner auf ganze Disziplinen wie etwa die Medizingeschichte hetzen und diese in wenigen Minuten pulverisieren. Die hippokratische Selbstgewissheit: Dahin. Die ganze angebliche Geschichte der Medizin: Eine Farce, weil sie allenfalls noch als Geschichte der Placebos bestehen bleibt, wenn man bedenkt, dass das erste spezifisch wirkende Arzneimittel (Chinin) überhaupt erst zweitausend Jahre nach Hippokrates, im 17. Jahrhundert, entdeckt wurde.«
der Text enthält viele weitere denkenswerte Ansätze. so schlägt er vor, dass ärzte zu besseren schauspieler ausgebildet werden: click here
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CLICK ON PLACEBO: Martin Andree über Placebo-Effekte WDR 3 Mosaik (AUDIO) |
Placebo-Effekte: Heilende Zeichen, toxische Texte, ansteckende Informationen
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Im Gegensatz zu breit erforschten Effekten wie Gänsehaut oder Herzrasen wurden genuin pharmakologische körperliche Wirkungen in den Medien- und Kulturwissenschaften bislang allenfalls marginal beschrieben. Die Studie erschließt die umfangreiche Phänomenologie der erheblichen biophysiologischen Beeinflussung des Körpers durch semantisch-mediale Inputs, die im günstigen Fall organische Krankheiten heilen, aber auch schädliche Effekte verursachen können, bis hin zu ›Tod durch Zeichen‹. Dabei dienen die Bedeutungswirkungen von Placebo-Effekten als Paradigma der kultur- und medienwissenschaftlichen Untersuchung. Sie liefert damit aus einer neuen Perspektive auch eine umfangreiche Validierung der verschiedenen ›Körperdiskurse‹ bzw. ›Krankheitskulturen‹ aus den siebziger und achtziger Jahren.
abb: oben - heilpraxisnet
wer heilt hat recht - das placebo und mit ihm alle homöopathie sind nicht mehr "leere" kügelchen oder die "wirkstofflosen" tabletten, die einem etwas vorgaukeln sollen: - sondern es sind neben dem pülverken und den droppen selbst auch die "flankierenden" mittelbeigaben, die im konglomerat miteinander zusammenspielen und etwas "bewirken": aussehen, sogar das unverwechselbare und "zauberhafte" marken"zeichen", der geheimnisvolle beipackzettel mit seinen warnungen und dosierungsanleitungen - der spruch, den der arzt bei der verschreibung auf den rezeptblock mit auf den weg gibt: "morgens & abends mit einem kleinen schluck wasser - bitte reines leitungswasser - nach dem essen - aber ohne gleichzeitig steinobst zum nachtisch zu verzehren ... - sie dürfen dann 20 - 30 minuten nichts zu sich nehmen" ... sein handling, sein kittel, sein stethoskop, sein kniehämmerchen, sein kopf- oder stirnspiegel, sein blutdruckmessgerät usw. seine stimme, seine "performance" insgesamt - und alles was sie dann dazu googeln, wenn sie nach hause kommen: das alles zeigt "wirkung" - zielgerichtete heilende wirkung - und macht ein "placebo" aus ...
und die tatsche, das mit dem "chinin" der erste wirksame arznei-wirkstoff ab dem 18. jahrhundert verwendet wurde zeigt, dass eigentlich der heute manchmal belächelte "placebo-effekt" über jahrtausende das "mittel der wahl", die medizinische waffe überhaupt für das überleben des menschen bis heute war - und ist (!) ...
es gibt ja auch daneben die rätselhaften aber irgendwie verwandten phänomene der fremd- und selbstsuggestion und -programmierung oder die hypnose, die bei dafür zugänglichen menschen oft schmerzlose eingriffe ermöglichen, wo sonst anästhesie und narkosemittel mit der gefahr von nebenwirkungen oder überdosierungen verabreicht werden müssen ...
das wirklich neue und schöne ist: dass alle seiten gleichzeitig mit diesen heildenden untermauerungen der placebos zu gleichen teilen in der öffentlichen diskussion auf- und gleichzeitig auch ab-gewertet werden müssen: schulmedizin und homöopathie und schamanismus gleichermaßen: denn ein großteil aller pharmazeutischen medikamente und aller heilungsrituale überhaupt funktionieren auf genau den gleichen prinzipien wie die kügelchen und tropfen oder traubenzuckertabletten aus "heel"- oder dhu-fläschchen oder -packungen und -röhren - und wie das handauflegen und die akupunkturnadeln und die magnetresonanzfelder und die chakrenlehre und der beschwörungstanz - oder der starre blick ...
und auch die von der "wissenschaft" belächelte "esoterik" darf sich mal etwas putzen und bekommt etwas vom neuen licht ab ...
und da kann ich ja aus vollem herzen wünschen: chuat choan - und nix für ungut ...
und click dazu auch hier ...