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Die Science-Fiction-Utopien des Wenzel Hablik

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Glashäuser, Luftgebäude und Sternengrüsse. 

Utopien des Bauens     

Wenzel Hablik und der Briefzirkel »Gläserne Kette«


»Wo steht es denn geschrieben, dass der Mensch ewig in »Ziegelkisten« zu wohnen hat?« Mit diesen Worten hinterfragt Wenzel Hablik 1920 die traditionellen Wohnformen seiner Zeit. Im Sinn hat er eine völlig neuartige Baukunst. Der Kristall wird mit seinem facettierten, prismatischen Erscheinungsbild zur wichtigsten Inspiration. Als Student zeichnet er 1903 erste Kristallbauten, die in der europäischen Kunstgeschichte zu den frühesten Entwürfen kristalliner Architektur gehören. Anregungen der phantastischen Literatur aufnehmend, folgen Entwürfe für Luftgebäude und Fliegende Siedlungen.

Geistesverwandte auf dem Feld der utopischen Architektur findet Hablik 1919, als er auf Einladung des Architekten Walter Gropius an der Ausstellung für unbekannte Architekten des Arbeitsrates für Kunst in Berlin teilnimmt. Wenig später wird Hablik Mitglied der  Briefgemeinschaft Gläserne Kette. Der Architekt Bruno Taut hatte seine Künstlerkollegen mit dem Appell »Seien wir mit Bewusstsein ›imaginäre Architekten‹« zu einem Austausch über utopische Architekturideen aufgerufen. In den Briefen und Entwürfen, die per Lichtpause zwischen den Mitgliedern – unter ihnen Hermann Finsterlin, Hans und Wassili Luckhardt und Hans Scharoun – zirkulieren, werden Vorstellungen einer utopischen Architektur in kristallinen Formen verhandelt, die auch die Errichtung einer neuen Gesellschaft zum Ziel haben.

Dem Werkbereich der utopischen Architektur widmet das Wenzel-Hablik-Museum eine Jubiläumsausstellung, die die Utopien des Visionärs Hablik erlebbar macht und zeitweilige Weggefährten in den Blick nimmt. Gezeigt werden neben Zeichnungen und Gemälden von Wenzel Hablik, Briefe und Entwürfe der Mitglieder der Gläsernen Kette sowie das Mappenwerk Alpine Architektur von Bruno Taut, in dem der Architekt die Vision vom Ausbau der Alpen mit kristalliner Architektur entwirft. Das Bestehen der Gläsernen Kette, die nur bis 1920 existierte, jährt sich dieses Jahr zum hundertsten Male. Die Wenzel-Hablik-Stiftung feiert in diesem Jahr ihr 35-jähriges Bestehen und das Wenzel-Hablik-Museum wird 25 Jahre alt. (Text: WHM)

Ausstellungsdauer: 16. Februar – 14. Juni 2020


Zum Träumen in ferne Galaxien: Wenzel Habliks Gemälde "Der Sternenhimmel" von 1909 hing in seinem Schlafzimmer.
© Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe




ich muss gestehen, dass wenzel hablik sich meinem wahrnehmungs-radarschirm bis heute entzogen hatte - und erst mit dem nordtour-videoclip zu der ausstellung im itzehoeer museum habe ich zum ersten mal etwas von seinem großartigen und umfangreichen werk gesehen und gehört. und wenn ich in ein paar wochen wieder an die nordsee fahre, werde ich wohl station in itzehoe machen - und dort vor ort durch einen ausstellungs-besuch abbitte leisten, dass mir dieses vielseitige umfassend malerische genie bisher "durch die lappen" gegangen ist.

ich bin immer noch ganz verblüfft: man nehme etwas bauhaus-architektur, etwas symbolismus und eine prise jugendstil und frühen surrealismus - genau an der schwelle zum expressionismus - und  mixe diese zutaten einmal gut durch - und füge noch einen schuss picasso, william blake und arnold böcklin sowie einen großen schluck antoni gaudi (sagrada familia) hinzu - und dann hat man die elemente, aus denen sich nach meinem ersten raschen dafürhalten dieses umfassende gesamtwerk in etwa zusammenpuzzelt.

auch international kann wenzel hablik im vergleich durchaus mithalten mit "den großen" seiner zeit, so mein erster eindruck. er war ja handwerklich umfassend ausgebildet, reiste viel und bestieg mal noch gerade den mont blanc, um die welt aus der vogelperspektive zu betrachten und verschiedene blickwinkel zu studieren - und hatte das glück, einen mäzen im hintergrund zu haben, der ihm dieses leben ermöglichte. verheiratet war er mit einer webmeisterin, der er auch noch ein paar eindrückliche stoffmuster entwarf. leider starb er viel zui früh mit nur 53 jahren an krebs und wurde 1934 beigesetzt in einem familien-rundgrab, dass er wohl selbst noch mitgestaltet hatte.

gerade seine vielseitigkeiten und seine utopischen fähigkeiten, sowie seine zeitgeist-beeinflussungen durch nietzsche, schopenhauer, aber auch seine kenntnisse des werkes von edvard munch und seine umfassenden naturwissenschaftlichen sammlungen und studien machen ihn zu einem allround-künstler, dessen werk es noch zu "angemessen" zu entdecken gilt.

ich freu mich drauf ...