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kunst & corona - und der liebevolle respektsabstand

FRANCIS BACON (1909-1992) - Second Version of "Painting" 1946 (1971): Die moderne Kunst war immer ein Versprechen auf Radikalität. Was aber, wenn sich die Wirklichkeit nun selbst auf ungeahnte Weise radikalisiert?


auszug aus dem artikel:

Moderne Kunst - Reißt euch die Masken ab!

Die moderne Kunst war immer ein Versprechen auf Radikalität. Was aber, wenn sich die Wirklichkeit nun selbst auf ungeahnte Weise radikalisiert?

Von Hanno Rauterberg in der ZEIT Nr. 18/2020 v. 23.April 2020

Schon entzivilisiert sich die Zivilisation

Diese Sehnsucht setzte in der Moderne ungeahnte Energien frei: Manche Künstler zog es in die Südsee, andere an die Moritzburger Teiche oder ins Moor bei Worpswede, weil sie hofften, dort auf eine Unverdorbenheit zu treffen, die ihre Kunst beleben würde. Pablo Picasso schwärmte bekanntlich für die "primitive Kunst", auch Joseph Beuys mit seiner Tataren-Legende bediente die Vorstellung, dass "Urvölker" ein anderes, tieferes Verständnis der Natur und damit einen Direktzugang zur wahren Wahrheit besäßen. Er strebte danach, sich wie ein Hase "stark in diese Erde hineinzuinkarnieren" oder zumindest in seinem Denken eins zu werden mit der Schöpfung.

Doch hat sich dieser Glaube, dass die Ursprünglichkeit erstrebenswert sei, spätestens mit der Corona-Pandemie erledigt. Wer es nicht längst ahnte, muss spätestens jetzt erkennen, dass die romantische Natursehnsucht als Ausgangs- und Zielpunkt der Modernekritik nichts anderes bedeutet als Verklärung. Das Coronavirus ist ja eben das: sehr natürlich. Es ist das jüngste Produkt einer höchst vitalen Evolution. Und just diese Evolution ist es, die ein anderes Geschöpf, den Menschen nämlich, dazu zwingt, sich vor der Natur, deren Teil er ist, in Acht zu nehmen. Der Mensch sperrt sich selbst ein, wie er zuvor jene geschuppten Wildtiere einsperrte, die das Virus in sich trugen und an chinesische Händler weiterreichten. So vermuten es jedenfalls viele Wissenschaftler.

Es ist also keineswegs so, dass allein der Mensch die Natur zum Objekt macht. Es ist auch umgekehrt: Die Natur macht den Menschen zum Objekt, und es reicht ein unsichtbares Teilchen wie das Virus, schon entzivilisiert sich die Zivilisation, und selbst basale Gesten der Höflichkeit wie der Handschlag gelten als tabu. Umso absurder wirkt es, wenn Künstler das vermeintlich Wilde und Vorzivilisierte weiterhin als Gegenmacht zur aufgeklärten Moderne begreifen und die Natur als irgendwie unschuldig und also als unbedingt schützenswert deklarieren. Doch dieses Muster der Modernekritik – "das Ursprüngliche ist gut, alles Geregelte ist Entfremdung" – durchzieht weite Teil der aktuellen Kunstproduktion.

Immer wieder war die Kunst gut für solche Akte der Enthemmung, für die Feier der Unvernunft, des Triebhaften und der Zerstörung. Allerdings wird man inmitten der Corona-Krise einräumen müssen, dass es an Unvernünftigkeiten nicht mangelt. 

Vor allem aber ist das Versprechen darauf, dass der Mensch im Augenblick des Kontrollverlusts der "wahren Natur" wieder näherkommen könnte, wohl nie unattraktiver gewesen als jetzt, da alle erkennen müssen, wie finster und feindlich dieses Natürliche sein kann, sobald wir ihm zu nahe kommen.
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eine interessante anmerkung von hanno rauterberg in der "ZEIT" zum kunststreben in der modernen - im hinblick auf diese uns zur zeit heimsuchende corona-seuche: der trendanschub in der kunst und die anziehungskraft des "ursprünglichen", natürlichen, unverfälschten, des "back to the roots". 
die "natürliche" evolution kommt quasi als globales schöpfungs- und "gesamtkunstwerk" niemals zum stehen, sie ist in einem ständigen weiterentwicklungsprozess, denn die schöpfung war gar nicht am "siebenten tag" abgeschlossen: sie geht immer weiter: jetzt & immerdar - mutieren, sich ausprobieren "in immer neuen rollen" - eben wie beim menschen in seinem leben auch: "ich bin viele" - und: es ist ein kommen und gehen... 
und dann jetzt diese konfrontation mit nur einem allerwinzigsten teil eines meiner meinung nach menschengemachten und "un-natürlichen" prozesses der "evolution".
ja - hat denn diese unnahbare eben auch giftig daherkommende unmanipulierte "natürliche" natur dieses #coronavirus aus sich heraus aus eigenem antrieb erzeugt? - oder waren da doch menschen mitbeteiligt, die versuchen, diese natur in ihrer hybris sich unbotmäßig einzuverleiben oder sie zu "züchten" - in der landwirtschaft, wenn sie als "agrarindustrie" daherkommt, und in der massentierhaltung als fell- und fleischlieferant - und wie am rande in der jagd- und forstwirtschaft mit der holzproduktion. 


Das Fleisch von Schuppentieren gilt in China als Delikatesse.
Selbst vor einem Schuppentier-Fötus im Eintopf wird nicht zurückgeschreckt.
© TRAFFIC/dpa/dpa-Bildfunk
ob nun in asien das schuppentier oder die schleichkatze als zwischenwirt von einer fledermaus mit corona-v-19 infiziert wurde, oder der in china zuhauf gezüchtete marderhund, wie unser bundesdeutscher corona-versteher, der virologe christian drosten, den infektionsweg lieber rekonstruiert sehen möchte, weil der schon bei seiner "sars"-erforschung mit pate stand, das sei mal dahingestellt.


Der niedliche Marderhund: Sein Fell liefert den Pelzbesatz an den Kapuzen Made in China - und auf den asiatischen  Märkten wird er zerlegt und gegrillt. - DPA/UWE ANSPACH


aber immer sind es ja menschen, die manipulativ in die natur"bedingungen" eingreifen, durch künstliche befruchtungen und zucht- und kreuzungsversuche, und eben auch durch nicht artgerechte haltungen in massen oder bei der zerlegungen von wildtieren zur verkostung - aus armut der menschen, weil man sich höherwertige speisen nicht leisten kann - oder auch aus genau dem gegenteil: weil sie als "delikatesse" zubereitet werden gegen völlig überhöhte luxus-preise, weil eine "upper-class" sich so eine "exotische köstlichkeit" nicht verschmähen möchte - als gag, zum spaß - zu einem kräftigen schluck schampus oder einem uralten rauchigen whiskey oder reisschnaps - oder einem teueren rotwein - oder auch bei volksfesten mit besonderen kult-mahlzeiten... 

nachdem china den handel mit wildtieren verboten hatte, um das virus einzudämmen, wurden auch in indonesien die fledermäuse vom speiseplan gestrichen. doch trotz verbot werden weiterhin auf märkten immer noch gegrillte adler, marderhunde, eichhörnchen, affen u.s.w. angeboten.


"wet-market" - AFP/Sun

undercover-recherchen zeigen, dass es immer noch diese sogenannten „wet markets“ („feucht-märkte“) gibt. sie sind die zentralen viren-quellen, auf denen unter hygienisch katastrophalen umständen tote und noch lebendige tiere verkauft werden. eine kühlung des fleisches in dem feuchtwarmen klima erfolgt nicht. die asiaten lieben ihre „wet markets“, da die ware dort billiger ist und „frischer“, denn hier wird das tier vor ort geschlachtet. 

diese brutstätten für krankheiten gibt es neben china auch in thailand, indonesien, laos, kambodscha und burma, wo millionen von dollar für den versand und handel von „exotischem fleisch“ als "delikatesse", und mit wildtieren verdient werden. (quelle: netzfrauen)

nun - jetzt wird man einwerfen, dass es ja wohl "sittlich" und "ethisch" und wohl auch "ästhetisch" und "hygienisch" unmöglich und höchst verwerflich sei, marderhunde oder direkt fledertiere oder auch schuppentiere zu zerlegen und zu "genießen".

aber da kann man nur sagen: andere länder, andere sitten!


Schlachthof Tönnies: Foto: owl24.de

filmaufnahmen aus der großschlachterei tönnies in rheda-wiedenbrück oder die massen-schweine-tierhaltung auf einem hof hier, wie gesehen: mit angenagten schwänzchen und verwachsenen pfoten - und ihre hin- und herkarrerei quer durch europa zum schlachthof
© picture alliance
 - löst hier ja auch nur ein widerwärtiges kopfschütteln aus - und einen immensen verdrängungsakt dieser bilder beim kauf an der fleischtheke. in israel sowieso, aber auch in islamischen ländern - wogegen dort wiederum die "chicken"-farmen der massentierhaltung sicherlich ebenso verwunderlich sind.

es gibt auch die für mitteleuropäer "normalen" speisetiere, die als wirte von hochgefährlichen viren fungieren: "schweinepest", "rinder-wahnsinn" sind da die passenden stichworte - und jeder kennt den fleischstempel des "trichinenbeschauers" auf der rasierten schweineschwarte

insgesamt - global - sind es also wohl die dekadent kulturbedingten ernährungs-gewohnheiten von menschen, die ein solches "überspringen" von mutierten viren vom wildtier auf und in den menschen ermöglichen. und unser salopper spruch: "geht nicht - gibt's nicht" sollte daraufhin dringend mal überprüft werden.

und auch die ausgeklügelten speisevorschriften in den alten uns überkommenen mythen und schriften waren ja über tausende von jahren gewachsene und beobachtete regeln, die immer dem gesunden erhalt des lebens dienen sollten - und die es vielleicht wieder stärker in den blick zu nehmen gilt.

mit der natur an sich hat das alles weniger zu tun: sie kommt uns manchmal "genießbar" zumeist aber erst einmal "ungenießbar" und "giftig" daher - genau wie der mitmensch im übertragenen sinne ja auch, denn wir sind ja auch teil dieser natur, und lebensgenossen von marderhund und fledermaus und schuppentier und schleichkatze und schwein und rind.

und für die fledermaus wurden ja schon geplante autobahnteilstücke auf einspruch gestoppt und verlegt, weil wir sie hier "auf deubel komm raus" schützen wollen und müssen - und damit aber auch die seit millionen jahren längst heimisch in ihr wohnenden "corona-viren", mit denen sie sich im laufe der evolution erfolgreich auseinandergesetzt und inkludiert hat.


"meine fledermaus", die mich auf meinem balkon besuchte -
und die wir mit vereinten kräften trotz der ihr innewohnenden
corona-viren retteten vor entkräftung. (foto: sinedi.@rt)
bei der fledermaus, die mir vor jahren mal auf dem balkon zugeflogen war, und dort fast 3 wochen immer zum wochenende bei frühlingstemperaturen in einem buchsbaumbusch langsam aus dem winterschlaf "auftauen" wollte, hat mir der fledermausexperte dringend geboten, mir bissfeste handschuhe anzuziehen, wenn ich sie denn berühren wolle [wollte ich aber gar nicht - sondern hielt einen liebevollen respektabstand immer ein]. dieser fledermaus-experte holte die völlig entkräftete fledermaus schließlich ab und hat sie dann zuhause wieder aufgepäppelt mit mehlwürmern.

und der olle paracelsus (1493/94-1541) hat schon 1538 den satz formuliert, der dann auch samuel hahnemann bei der entwicklung der homöopathie mit beeinflusst hat: 
„Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die dosis machts, daß ein Ding kein Gift sei.“

eigentlich alles ganz einfach, wenn man mit der nötigen demut und eben dem "liebenden respekt" an diese ambivalente "natur" aber auch an seinen mitmenschen herantritt (zur zeit eben mit "corona-sicherheitsabstand") - und anteilmäßig vornehmlich nur die pflanzlichen teile der natur nach den gängigen alten erfahrungswerten und im paracelsischen sinn "dosiert" sich einverleibe.

etwas anderes bleibt nicht - und dann können wir vielleicht global in dieser welt wieder unsere schutzmasken abziehen... - die wir menschen uns verpasst haben, weil wir etwas versaubeutelt haben - verzockt! - aber es war beileibe nicht die kunst, die nach dem "ursprünglich" wahren, rauhen und unverblümten strebt: nach "art brut"... - okay - und immer schön die hände waschen...
lies dazu auch hier