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gebet und reise im "stillen" kämmerlein - ostern hinter verschlossenen türen - trotzdem bzw. gerade: FROHE OSTERN

FROHE OSTERN
un chuat choan

in diesem jahr eine "passende" geschichte zum osterfest zu finden - das ist ja echt eine aufgabe: 

reisen: ist nicht - 
kultur: findet im wohnzimmer statt  - 
ebenso alle spirituellen aktivitäten und das ostereier-suchen ... -

und für das beten gilt das ja sowieso schon - denn jesus selbst hat dafür ja die maßregel angegeben:
nach Matthäus 6,5-15 soll er gesagt haben:

Und wenn ihr betet,
sollt ihr nicht sein wie die Heuchler,
die gern in den Synagogen
und an den Straßenecken stehen und beten,
damit sie von den Leuten gesehen werden.
Wahrlich, ich sage euch:
Sie haben ihren Lohn schon gehabt.

Wenn du aber betest,
so geh in dein Kämmerlein
und schließ die Tür zu
und bete zu deinem Vater,
der im Verborgenen ist;
und dein Vater,
der in das Verborgene sieht,
wird dir's vergelten.

Und wenn ihr betet,
sollt ihr nicht viel plappern
wie die Heiden;
denn  sie meinen,
sie werden erhört,
wenn sie viele Worte machen.
Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen.
Denn euer Vater weiß,
was ihr bedürft,
bevor ihr ihn bittet.

ja - das klingt so, als ob jesus die kontaktsperre zu convid-19 schon mitbedacht habe.

um also vollgültig zu ostern mit dem lebendigen gott in kontakt zu treten, bedarf es eben nicht der feierlichen fest-gottesdienste und des "hochamtes" und des segens auf dem petersplatz, bei denen es ja bekanntlich auch mit darum geht: was ziehe ich an - auf wen treffe ich - und was sollen die leute von mir denken. da geht es neben aller einkehr und feier eben auch um selbstdarstellung und ausführen der neuesten frühjahrs-kollektion.

und das war also vor 2000 jahren in der synagoge und im tempel nicht anders als heute - aber in diesem jahr zwingt uns das coronavirus - für alle gleich, ob arm oder reich - ins stille kämmerlein...

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tja - und das reisen heutzutage...: schon vor
oma
70 jahren ging ich - bei meiner oma auf den knien hockend - als kleiner junge mit ihr in der "wohnküche" ihres bauernhauses auf "große fahrt" - und sogar als dampflokführer - mit einer straßenbahner-schirmmütze meines vaters auf dem kopf - und opas trillerpfeife um den hals:


das war eine tolle und abenteuerliche kurzreise als sprechgesang. oma bewohnte dieses fachwerkgehöft in der nähe eines kleinen bahnhofes, wo regelmäßig auch damals schon die eisenbahn halt machte.


lok antriebsrad





und wenn ich bei oma über die feiertage zu besuch war - und die dampflok nach dem halt im bahnhof wieder anfuhr und sich allmählich in bewegung setzte mit ihrem stampfend-dampfenden gekeuche, sang oma mir im takt der anfahrtgeräusche folgende sprechgesangszeilen ins ohr - quasi um der lok "dampf zu machen":

die -al-te- lok - sie -kann- nicht mehr ...
de -au-le- lok - se -kann- nich mo
es -geht- so schwer - es -geht- so schwer...
et -cheiht- so schwor - et -cheiht- so schwor -

[und wenn sie dann allmählich schneller wurde ...]:

jetzt gehts schon bes-ser - geht schon bes-ser -
nu cheihts oll bir-der - cheiht oll bir-der
geht schon bes-ser ...
cheiht oll bir-der

[und dann - wenn die lok mit den waggons  allmählich auf touren kam - und sich dann verabschiedete ...]

jetzt gehts besser - jetzt gehts besser
nu cheihts bir-der - nu cheihts bir-der
dankeschön - dankeschön - dankeschön ...
da dank ik auk - dank ik auk - dank auk


(mit übersetzung auf platt, was oma meistens sprach & sang...)
und das war der "sound" dazu - so ungefähr wenigstens (ist ja 70 jahre her...):




ich habe diesen sprechmelodie-rhythmus-reim hier mal wieder erwähnt, weil ich ihn nirgendwo finden konnte - und weil er sonst - nach dem aussterben der dampflok - sicherlich bald vollends in vergessenheit geraten würde...

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und ich fand noch ein passendes gedicht zur dampflok von gerrit engelke:



Die Lokomotive

Da liegt das zwanzig Meter lange Tier,
die Dampfmaschine,
auf blank geschliff’ner Schiene,
voll heißer Wut und sprungbereiter Gier...
Da lauert, liegt das langgestreckte Eisenbiest –
Sieh da, wie Öl- und Wasserschweiß
wie Lebensblut, gefährlich heiß,
ihm aus dem Radgestänge, den offenen Weichen, fließt.
Es liegt auf sechzehn roten Räderpranken,
fiebernd, langgeduckt zum Sprunge,
und Fieberdampf stößt röchelnd aus den Flanken.
Es kocht und pocht die Röhrenlunge –
Den ganzen Rumpf die Feuerkraft durchzittert:
Er ächzt und siedet, zischt und hackt
im hastigen Dampf- und Eisentakt –
Dein Menschenwort wie nichts im Qualm zerflittert.
Das Schnauben wächst und wächst –
Du, stummer Mensch, erschreckst.
Du siehst die Wut aus allen Ritzen gären –
der Kesselröhren Atemdampf
ist hochgewühlt auf sechzehn Atmosphären!
Gewalt hat jetzt der heiße Krampf:
Das Biest, es brüllt, das Biest, es brüllt,
der Führer ist in Dampf gehüllt.
Der Regulatorhebel steigt nach links;
der Eisenstier harrt dieses Winks...
Nun bafft vom Rauchrohr Kraftgeschnauf:
Nun springt es auf! Nun springt es auf!

Und ruhig gleiten und kreisen auf endloser Schiene
die treibenden Räder hinaus auf dem blänkernden Band;
gemessen und massig die kraftangefüllte Maschine,
der schleppende, stampfende Rumpf hinterher...
Dahinten – ein dunkler, verschwimmender Punkt,
darüber  –  zerflatternder  –  Qualm...

Gerrit Engelke

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Gerrit Engelke
Gerrit Engelke


(* 21. Oktober 1890 in Hannover; † 13. Oktober 1918 bei Cambrai, Frankreich) war ein deutscher Arbeiterdichter.

Leben

Sein Vater, ursprünglich kaufmännischer Angestellter, dann Inhaber eines Weißwarengeschäftes, wanderte 1904 nach Amerika aus, Mutter und Schwester folgten ihm 1910.

Nach der Volksschule schloss er seine Malerlehre mit der Gesellenprüfung ab und war ab 1909 in verschiedenen Unternehmen beschäftigt. Nebenher besuchte er Abendkurse in der hannoverschen Kunstgewerbeschule und erhielt dort zwei Preise. Das Museum August Kestner kaufte 1914 80 Aquarelle und Zeichnungen von ihm an.


Nachdem er 1913 Richard Dehmel begegnete, verhalf ihm dieser zu ersten Publikationen in Paul Zechs Zeitschrift Das neue Pathos und vermittelte ihn an die Werkleute auf Haus Nyland, die in ihre Zeitschrift Quadriga Engelkes Textsammlung "Dampforgel und Singstimme. Rhythmen" aufnahmen. Engelke wurde Mitglied bei den Werkleuten und verfasste gemeinsam mit Heinrich Lersch und Karl Zielke den Kriegslyrikband Schulter an Schulter. Gedichte von drei Arbeitern (1916).


1915 bot ihm Lersch an, ihn für seine Kesselschmiede zu reklamieren. Engelke lehnte ab und wurde zum Kriegsdienst einberufen. Am 11. Oktober 1918 geriet er als Soldat der deutschen Armee bei Cambrai schwer verwundet in Kriegsgefangenschaft und starb zwei Tage später in einem britischen Lazarett. Er fand seine letzte Ruhe auf dem Soldatenfriedhof von Étaples an der französischen Kanalküste.

Leistung

Seine deutlich zeitbezogene Dichtung gibt seinem Werk innerhalb der Arbeiterdichtung eine Sonderstellung. Er fängt die Zeitstimmung auf einzigartige Weise ein in seinen lyrischen Zeugnissen zu Großstadt und Technik. Er verzichtet auf tradierte künstlerische Möglichkeiten und entwickelt neue Formen, seine erlebten Welten sprachlich zu fassen. Doch wie die anderen Arbeiterdichter auch (Karl Bröger, Heinrich Lersch, Ernst Preczang, Bruno Schönlank) zog er sich auf politisch unverbindliche Positionen zurück. Ob sich der früh Verstorbene anders als die Genannten entwickelt hätte, bleibt Spekulation. (WIKIPEDIA)