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unser täglich wasser gib uns heute

Auf die Flasche kommt es an, aber nicht nur. Der Wassersprudler-Hersteller Sodastream produziert die Hardware (Geräte und Zylinder) ausschließlich am Stammsitz in Israel. - Foto: Schnadwinkel



Frieden fördern und Umwelt schonen
In Israel produziert Sodastream mit jüdischer und arabischer Belegschaft Wassersprudler

Von Andreas Schnadwinkel

Den Planeten retten und nebenbei Frieden stiften – viel mehr geht nicht. Wassersprudler und wiederverwertbare Behälter reduzieren den Verbrauch von Plastikflaschen. Und wenn diese Geräte im konfliktreichen Israel von jüdischen und arabischen Arbeitern gemeinsam hergestellt werden, dann sorgt das für gesellschaftliche Annäherung. Sodastream verkauft nicht nur Wassersprudler, sondern das Image eines Umwelt- und Friedensprojekts. Vor vier Jahren war der Ruf des Unternehmens noch ein anderer.

„Island of Peace“ (Insel des Friedens) – „Lead the future, not the conflict“ (Führt die Zukunft an, nicht den Konflikt) – „Make Soda, not war“ (Macht Soda statt Krieg). Diese Slogans finden sich überall auf dem 86.000 Quadratmeter großen Gelände mitten in der Wüste Negev. Sodastream ist der größte Arbeitgeber in der Region um die Beduinenstadt Rahat. 100 Kilometer südlich von Jerusalem und nur 20 Kilometer vom Gazastreifen entfernt, werden hier Wassersprudler und nachfüllbare Kohlensäure-Zylinder für insgesamt 46 Länder (80.000 Geschäfte vertreiben die Erzeugnisse) gefertigt. Die Konzernzentrale sitzt in Tel Aviv.

3000 Mitarbeiter sind weltweit bei der Tochter des US-amerikanischen Pepsi-Konzerns beschäftigt, davon 2200 in Rahat. Im Sommer 2018 hat der Getränkehersteller das israelische Unternehmen für 3,2 Milliarden US-Dollar (2,8 Milliarden Euro) übernommen. Dahinter steckt die Strategie, einen wachsenden Konkurrenten, der sich erfolgreich als die bessere Alternative zu Softdrinks verkauft, zu schlucken und damit mehr Marktanteile im Segment gesundheits- und umweltbewusster Kunden zu gewinnen. Der Bruttoumsatz lag in den vergangenen Jahren stabil über 500 Millionen US-Dollar, der Nettogewinn bei etwa 70 Millionen US-Dollar. Die Aktie ist an der Technologiebörse Nas­daq in New York notiert.

40 Prozent der Belegschaft in der Fabrik sind muslimische Beduinen, die israelische Staatsbürger sind. Etwa 150 Palästinenser aus dem Westjordanland haben die Erlaubnis, in Rahat zu arbeiten. 500 Palästinenser stehen auf der Warteliste. Im Negev produziert Sodastream erst seit 2015. Vorher war der Standort bei Jerusalem nahe der jüdischen Siedlung Maale Adumim im besetzten Westjordanland. Dies machte dem Unternehmen massiv zu schaffen, denn es wurde zur Zielscheibe der umstrittenen, vermeintlich pro-palästinensischen BDS-Kampagne. BDS steht für Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen und richtet sich vordergründig gegen die Besetzung des Westjordanlandes. BDS-Kritiker sehen darin die Absicht, Israel als Staat in den Bereichen Kultur und Wissenschaft zu delegitimieren.

Die Attacken auf Sodastream zeigten Wirkung, der Aktienkurs des seit 2010 börsennotierten Unternehmens fiel um fast die Hälfte. Dann zog Daniel Birnbaum die Reißleine und verlegte die Produktion 2015 aus dem Westjordanland in israelisches Kernland. Der Vorstandsvorsitzende nennt die BDS-Bewegung „wirtschaftliche Terroristen“ und weist die naheliegende Erklärung für den Umzug zurück. Man sei nicht wegen des öffentlichen Drucks nach Rahat gegangen, sondern um sich zu vergrößern. Birnbaum wollte den Umzug nach eigenen Worten bis zuletzt vermeiden – auch aus Verantwortung gegenüber den 500 palästinensischen Angestellten im Westjordanland, die ihre Jobs verloren. Bei der Auswahl des neuen Standorts verfolgte Birnbaum seinen Ansatz weiter: Juden und Muslime sollten zusammenarbeiten und etwas Gemeinsames schaffen. Dafür ist Rahat wie gemacht. „Was wir hier herstellen, ist Frieden und Nächstenliebe, und ganz nebenbei entsteht auch noch Sprudel“, sagt Birnbaum. An religiösen Feiertagen – ob jüdisch oder muslimisch – veranstaltet er für Belegschaft und Angehörige Feste. Während des Fastenmonats Ramadan kommen täglich bis zu 3000 Muslime und Juden zum Festmahl nach Sonnenuntergang.

tream gibt vielen muslimischen Bürgern Israels Arbeit, vor allem Beduinen. | Foto: Schnadwinkel


Die Belegschaft bildet die überaus diverse israelische Gesellschaft ab: Da sitzt eine Beduinin mit Kopftuch einem Kollegen gegenüber, der auch während der Arbeit am Band seine Kippa trägt. Hier im Werk, in dem jeder Mitarbeiter jede Aufgabe in jedem Produktionsabschnitt erfüllen kann, ist das normal. Es gibt vier muslimische Gebetsräume, davon einer für Frauen, und eine Synagoge. In der Kantine wird das Essen koscher und halal serviert. Die Stellung der Frau zu stärken, das sollen nicht nur schöne Worte sein. Frauen in leitender Position sind keine Seltenheit, und einen Teil der Produktion hat Sodastream in das beduinische Dorf Kuseife verlegt, das Frauen aufgrund starker traditioneller Rollenbilder nicht verlassen dürfen – doch sie dürfen im Dorf arbeiten.

Zum Marketing gehört auch die Unterstützung der homosexuellen Community. Sodastream sponsert den Christopher-Street-Day in Amsterdam und befreit mit einem eigenen Boot die Grachten von Plastikmüll. Dass mit Wassersprudlern Plastikmüll vermieden wird, ist in Zeiten von Umwelt- und Klimaschutz ein Trumpf. „Eine unserer Flaschen ersetzt 3000 Einwegflaschen aus Plastik“, sagt Debbie Rulnick von Soda­stream. Umweltschutz mag ein Grund sein, Sprudler zu benutzen. Ein anderer ist die profane Tatsache, dass man keine Getränkekisten mehr schleppen muss. Und das spricht ältere Leute an.

1903 wurde das Unternehmen in England gegründet, und im Kern hat sich an dem Produkt nichts geändert: Wasser wird Kohlensäure zugeführt und so zum Sprudeln gebracht. Aber seit 117 Jahren hat sich doch manches geändert. „Es gibt immer Neuerungen bei den Geräten, um sie noch benutzerfreundlicher zu machen. Und wir müssen auf Trends bei den Geschmäckern schnell reagieren“, sagt Debbie Rulnick. 100 verschiedene Sorten sind im Angebot, zum Teil typisch für einen Markt wie Rootbeer nur für Nordamerika. Als Teil des Pepsi-Konzerns muss natürlich Cola-Flavour im Angebot sein. Spezielle deutsche Vorlieben, wie Ingwer und Rhabarber, erkennt die Niederlassung in Frankfurt. Die Geschmackssorten werden nicht in Rahat, sondern in der 70 Kilometer entfernten Hafenstadt Ashdod entwickelt. Es werde ausschließlich in Israel produziert und nur das, was bestellt worden sei.

Foto: sinedi.@rt
Die Trinkgewohnheiten sind national ebenso unterschiedlich wie die Erwartungen an die Beschaffenheit der Trinkflaschen. „Deutsche Kunden bevorzugen Glasflaschen, zunehmend werden Metallbehälter nachgefragt“, sagt Debbie Rulnick. Nordamerika und Europa sind die Hauptmärkte und in Europa Deutschland, Großbritannien und Skandinavien. Länder also, in denen Leitungswasser Trinkwasserqualität hat und stets verfügbar ist. Deutschland gilt als besonders guter Markt, weil Wasser mit Kohlensäure noch relativ stark verbreitet ist.

Das eigene Land ist einer der kleinsten Märkte. „Vermeiden von Plastikmüll ist in Israel noch nicht auf der Agenda. Wir sind eine westliche Gesellschaft, aber leben im Orient“, so Debbie Rulnicks Erklärungsversuch. Da Lebensmittelkonzerne wie Nestlé auf den Trend reagieren und ähnliche Geräte wie Sodastream verkaufen wollen, wird die Konkurrenz in dem Marktsegment weiter zunehmen. Schon heute hat das Original mit günstigeren Nachahmern zu kämpfen. „Wachstum wollen wir in den bestehenden Märkten erzielen“, sagt Debbie Rulnick. Mit Innovationen wie integrierten Wasserfiltersystemen, weniger Zucker, mehr Geschmackssorten und immer besseren Flaschen.

Das Geschäft funktioniert so ähnlich wie das mit Rasierern. Das meiste Geld bringen die Klingen – und bei Sodastream und anderen Wassersprudlern die Erlöse aus den Kohlensäurekartuschen und Geschmackskonzentraten.

Umsatz in Deutschland soll verdoppelt werden

„Gut für mich, gut für die Umwelt – da sind Komfort und Umweltschutz vereint.“ So bringt Rüdiger Koppelmann die Sodastream-Strategie auf den Punkt. Seit Anfang des Jahres ist der 48-Jährige Generalmanager von Sodastream in Deutschland und Österreich. Bis 2023 wolle er den Umsatz verdoppeln.

Künftig sollen die neuen Geräte nicht mehr in Plastik verpackt werden, gleiches gelte für den Sirup. „Unsere Wassersprudler werden durch ein neues Verpackungsdesign vor Kratzern geschützt. Und unsere Bio-Sirupe verkaufen wir bereits in Glasflaschen“, sagte Koppelmann unlängst der „Frankfurter Rundschau“.

Dass auch Discounter wie Aldi eigene Trinkwassersprudler auf den Markt bringen, die preislich günstiger sind, sieht Koppelmann nicht negativ: „Ich bin total froh über jeden Konkurrenten, der uns hilft, diesen Markt weiter auszubauen. In Deutschland benutzen erst zwölf Prozent der Haushalte einen Sprudler. 88 Prozent kaufen ihr Wasser immer noch im Supermarkt. Der Markt ist also riesig.“


aus: WESTFALEN-BLATT, Mittwoch, 19.02.2020, S.25

archiv
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tja - nun komme ich direkt vom discounter und habe eine neue kohlensäurekartusche umgetauscht - leer gegen voll - weil ich auch seit jahren mit sodastream meinen tagesdurst lösche - und zuhause die zeitung aufgeschlagen, finde ich diesen umfangreichen aber sehr aufschlussreichen artikel hier dazu.

ich hätte sodastream irgendwo im brexitland oder in den usa/canada verortet - vielleicht noch irgendwo in skandinavien - aber ich wusste nichts von diesem friedens- und vökerverständigenden aspekt mit grenz- und mentalitätsüberschreitendem wirtschaftsengagement da in israel, in der beduinenstadt rahat, fast mitten in der negevwüste.

nun ist israel so klein, dass man auch mitten im land und in der wüste relativ rasch in einem nächsgelegenen größeren ort ist, also für transportwege eigentlich kein problem - und für einen kleinen co²-"fußabdruck"...

zum glück ist unser trinkwasser hier aus der leitung - vornehmlich hier das "senne"-wasser aus brunnen hier ganz in der nähe - geschmacklich - für mich wenigstens - so hervorragend, dass ich nun schon seit ein paar jahren das sodastream benutze - allerdings nicht mehr immer mit den original sodakartuschen - sondern zumeist mit den von passenden mitanbietern, die mit dem sodastream-system kompatibel sind - und wo ich bis zu 3 €uro pro kartusche einsparen kann. einen qualitätsunterschied kann man bei einem "gas" ja kaum ausmachen.

also ich bin mit dem system bestens zufrieden - und es erspart uns eine menge plastikflaschenmüll, den ich früher beim aldi plattmachen lassen musste an nervenden automaten, die fast immer wenn ich kam, gerade "voll" waren und geleert werden mussten - echt nervig - und das schleppen von wasserkästen entfällt zudem ...

ein bisschen sorgen bereitet mir ab und zu unser wetterumschwung insgesamt mit den langen dürrephasen zwischendurch in den letzten beiden jahren, wo sicherlich der grundwasserspiegel für die versorgung mit abfällt. im letzten sommer hat eine sprecherin des wasserwerks schon mal den finger gehoben: einmal um entwarnung zu geben - aber gleichzeitig auch an einen sparsamen wasserverbrauch in den haushalten insgesamt zu appelieren, ohne dass die schmutzwasser-ableitungsrohre gleich ganz trockenfallen müssen wegen unterdruck und sich dann zumüllen.

nun hat es ja in den letzten wochen wieder etwas mehr regen gegeben - und bei diesen überlegungen spüren wir auch wieder ganz nah und existenziell die zusammenhänge mit den ganz natürlichen kreisläufen draußen.

das ist so ein bisschen wie bei der milch: wenn kinder ganz erstaunt sind, dass die milch nicht aus der tüte kommt, sondern dass dafür kühe gemolken werden müssen, die da im sommer auf der weide grasen - und wenn hier das wasser nicht einfach mir nichts dir nichts in der wand gespeichert ist, um mit dem hahn abgezapft zu werden, sondern wenn es mühsam aus mehreren tiefbrunnen gefördert wird, chemisch analysiert und aufbereitet, um dann fein gesäubert und gefiltert aus dem wasserwerk auf den endverbraucher losgelassen zu werden mittels des fließdrucks im wasserleitungssystem. insgesamt scon ein komplziertes verfahen für dieses lebensnotwendige lebensmittel.

und mein sodastream veredelt dann dieses noch ganz in echte naturprodukt - und steht in seinen israelischen ferigungsstätten für friedenserhaltende aktivitäten zwischen israelis, palästinensern und den dort vor ort direkt "ansässigen" beduinen. 

das nächste glas davon trinke ich mit einem ganz anderen zufriedenen fast stolzen gefühl.