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streng - gläubig





Was der Glaube vermag – die Geschichte des Franz Jägerstätter


Ein strenggläubiger amerikanischer Regisseur dreht einen Film über einen strenggläubigen Österreicher, der in der Nazi-Zeit gelebt hat - dargestellt von einem deutschen Schauspieler - und der Film hat jetzt Weltpremiere in Frankreich, hier in Cannes. Wahrhaft international ist auch das Thema des Films. Es geht um Glauben, aber nicht nur im religiösen Sinne, sondern auch um den Glauben an die richtige Handlung, die Kraft, auch dann das Richtige zu tun, wenn Millionen andere das Falsche machen, und man mit seiner inneren Haltung nichts bewirkt, außer den eigenen Untergang.

Große Bühne für August Diehl: Er spielt die Hauptrolle in "Ein verborgenes Leben" des Amerikaners Terrence Malick. Der Regisseur ist ein Phantom. Seit Jahrzehnten versteckt er sich vor der Öffentlichkeit. Wir wissen: Er ist hier – nur: wo? Er liebt das Versteckspiel. Nur wenige Sekunden aus seinem Film dürfen wir zeigen.

Ein Soldat kehrt heim: Sehnsucht erfüllt, nur für Augenblicke. Er wird nicht lange bleiben. Auf sie beide wartet das Grauen. Er wird zum Märtyrer werden. "Er war jemand, der einfach nein sagte", sagt Schauspieler August Diehl. "Eine bestimmte Art von Sturheit, die auch immer weniger wird, weil immer mehr Leute einfach immer gerne alles mitmachen. Und dieses: ‚Ja warum nicht?’ ist eigentlich so stark in der Welt, viel stärker als dieses Nein. Weil ein ‚Nein’ ist auch immer unattraktiv."

Der Film erzählt seine Geschichte: Franz Jägerstätter, aus Oberösterreich. Bauer, Vater, Christ. Du sollst keine anderen Götter haben, heißt es in der Bibel. Vor allem keine menschlichen. Er glaubt daran. Es wird sein Verhängnis. 1938: Bei der Volksabstimmung über den Anschluss Österreichs zu NS-Deutschland stimmt Jägerstätter als einziger im Ort mit Nein. Er wird zum Militärdienst eingezogen. Töten für einen Unrechtsstaat, unvereinbar mit seinem Glauben.

Er beschließt, den Dienst an der Waffe zu verweigern. Einmal noch fährt er heim und weiß: Es könnte das letzte Mal sein, dass er seine Frau sieht. "Das war sehr schwer, der Abschied", erinnerte sich Franziska Jägerstätter viele Jahre später. "Er ist im Wagon schon dringesessen, da wollte er mich noch nicht rauslassen, bei der Hand. Und wie der Zug angefahren ist, da hat er mich auch noch nicht ausgelassen. Da hat ihn der Schaffner dann recht angebrüllt. Dann war es aus."

Er kommt in Haft, wird gefoltert, bleibt standhaft. All das zeigt der Film. In Ketten schreibt Franz Jägerstätter seiner Frau Briefe. Unter anderem diesen Satz: "Besser die Hände gefesselt als der Wille." Eine Gewissheit hat er: "Du sollst nicht töten", sagt August Diehl. "Er empfindet, dass das falsch ist. Auch ihn wahrscheinlich zerstören wird."

Jägerstätter wurde 1943 enthauptet

Er wendet sich an die Kirche. Hier muss sie doch sein, die Menschlichkeit. Der Bischof weist ihn ab. Opportunismus hat längst System. "Das ist eine Riesenrolle, die Kirche im Dritten Reich… und überhaupt: geschlossene Systeme", sagt Diehl. "Das ist das Schwierige, das man in einem System, wo man vielleicht absolut daran glaubt, dass das das richtige ist: sei es der Nationalsozialismus oder auch die Kirche, dass man da sich dagegenstellt und sagt: Nein, das kann ich nicht mitmachen."

Am 9. August 1943 wird Franz Jägerstätter enthauptet. Er gilt als Verräter – seine Frau als mitschuldig. "Bis in die Achtziger wurde er als Spinner gehalten", sagt Valerie Pachner, die im Film Franziska Jägerstätter spielt. "Und sie hat keine Witwenpension erhalten, weil er ein ‚Verräter’ war."

Franziska Jägerstätter zieht ihre Kinder allein groß. Als sie in den Sechzigern Besuch von einem Kamerateam bekommt, ist die Entscheidung ihres Mannes für viele im Ort noch immer schwer auszuhalten. Sein Tod ist ein Angriff auf das Gewissen derer, die bleiben. "Alle waren dann praktisch Kriegsverbrecher, von seinem Standpunkt aus. Und er der Richtige, und der Heilige, der Märtyrer?", spottet ein Passant. "Nach seinem Gewissen hat er vielleicht richtig gehandelt", sagt ein anderer. "Aber ob das gegenüber der Familie richtig war, das täte ich bezweifeln."

"Ein verborgenes Leben". Die Nationalsozialisten hatten Jägerstätter gewarnt: Niemand würde je von seinem Widerstand erfahren. Terrence Malick hat es sich zur Aufgabe gemacht, sie Lügen zu strafen. Ein Film wie eine kollektive Beichte.

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ja es hat sie auch im "dritten reich" gegeben, die "kriegsdienstverweigerer", diese "drückeberger"- diejenigen, die aus innerer überzeugung ihren kriegsdienst mit der waffe verweigern.

und solche sind dann in nazi-deutschland "vaterlandsverräter": und getrieben als gläubiger christ geht der franz jägerstätter dann eben mit dem kopf durch die wand: der schauspieler august diehl skizziert in dem ttt-trailer recht treffend das dem filmplot zugrundeliegende dilemma: ein kompromisslos glaubender christ trifft auf ein kompromiss- und kopflos verblendet verführtes system des nationalsozialismus: "führer befiehl - wir folgen" - zwei in sich geschlossene systeme prallen auf- und ineinander..., meint diehl. 

und während die kirchen selbst ja größtenteils aus "feigheit" und anderen lebenserhaltenden "vernunftgründen" ihre opportunistischen "kompromisse" mit diesem mörderischen system auch in form der organisierten und mitmachenden vereinigung der sogenannten "deutschen christen" suchen und finden, lassen sie den einzelnen "ihrer schafe" in seinem persönlichen gewissenskampf im stich - und mutterseelenallein ...

wobei aber doch die frage offenbleibt, ob zum glauben an gott und zu einem daraus abgeleiteten gewissensentscheid es unbedingt eines "geschlossenen systems" bedarf, aus dem heraus man das betreibt, oder ob das "innere navi" einfach keinen anderen ausweg anzeigen kann - ganz losgelöst vom system kirche.

aber die nazis haben sich geirrt: sie hatten prophezeit, niemand würde je von jägerstätters widerstand im nachhinein erfahren - mit ihm würde auch seine idee des widerstandes ein für allemal "ausgemerzt" - aber der film von terrence malick hat es sich eben doch zur aufgabe gemacht, sie lügen zu strafen. 

danke.