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design des 'dritten reiches' - die saat zum massenwahn

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Ein Kessel Hakenkreuze
Museum in s’Hertogenbosch stellt »Design des Dritten Reiches« aus

Von Andreas Schnadwinkel

Deutsche sollten die Letzten sein, die Niederländern Ratschläge geben, wie sie eine Nazi-Ausstellung zu kuratieren haben. Mehr als 100.000 Juden wurden während der Besatzung aus dem Land in Vernichtungslager deportiert. Warum »Design des Dritten Reiches« im Designmuseum der Stadt s’Hertogenbosch auf deutsche Besucher verstörend wirkt? Bei uns könnte die Ausstellung auf diese Art nicht gezeigt werden.

Typisch: eine neoklassizistische Bronzestatue.
Timo de Rijk und sein Co-Kurator Almar Seinen haben den nicht übermäßig großen Saal vollgestellt: Arno Brekers Idealmensch-Statue »Der Wager« steht neben mit Hakenkreuzen verziertem Porzellan und dem Volksempfänger-Radio. Die Präsentation macht keinen besonders strukturierten Eindruck, ihr fehlt – aus der speziellen deutschen Perspektive – der didaktische Ansatz.

Den Blick auf das Nazi-Regime samt Rassenwahn ausschließlich unter Gesichtspunkten der Ästhetik zu beschränken, ist gewagt. Und geradezu riskant ist es, die pechschwarz glänzende Ausgehuniform eines SS-Obersturmführers in Sichtweite zur Einheitskleidung weiblicher KZ-Häftlinge aus Mauthausen zu platzieren. Das verlangt Besuchern, die anders gemachte Ausstellungen über das Hitler-Regime gewohnt sind, einiges ab.

Theoretisch folgt die Schau einer Dreiteilung: Neoklassizismus, Germanentum, Modernismus. Natürlich kommen alle drei Strömungen vor, die sich in der Nazi-Ästhetik finden, aber die Stücke dazu sind zusammenhanglos über einen Raum verteilt. Man sollte also Wissen mitbringen und sich etwas vorbereiten. Auch wäre es von Vorteil, den Stil des Sozialistischen Realismus vor Augen zu haben.

Trotz der wenigen Erklärungen kann man, vor allem im Film zur Ausstellung, Interessantes erfahren. Zum Beispiel, dass der Olympische Fackellauf in der Neuzeit eine Erfindung der Nazis war und erst für Olympia 1936 in Berlin eingeführt wurde – mit Bezug zur griechischen Antike. Passend dazu steht die Fackelhalterung in einer Vitrine – wie ein profaner Gebrauchsgegenstand.
In Hitlers Auftrag: der erste Volkswagen, ein Käfer.

In der Masse wirken das Hakenkreuz und die Nazi-Devotionalien beinahe so banal wie das Logo eines Fußballvereins, das für Merchandising-Produkte herhalten muss. Wenn es Absicht der Ausstellung ist, beim Betrachter genau diesen Effekt zu erzielen – dass viele Leute in Nazi-Deutschland vor lauter Hakenkreuzen die Verbrechen des »Dritten Reichs« nicht sehen konnten oder nicht sehen wollten – dann mag das Konzept aufgehen.

»Wir lassen keinen Zweifel daran, dass es sich hier um eine rassistische Ideologie handelt und dass alles, was wir zeigen, dem Zweck diente, diese Ideologie zu fördern und zu verbreiten«, sagt Museumsdirektor Timo de Rijk und ergänzt selbstbewusst: »Die große Aufmerksamkeit hat uns nicht unvorbereitet getroffen.«

Auf manche Aufmerksamkeit könnte das Museum verzichten, sie ist aber nicht zu verhindern. Unter den Besuchern sind auch Neonazis – wegen der Slogans auf ihrer Kleidung und anderer Äußerlichkeiten als solche erkennbar. Auch das muss das Normalpublikum ertragen können. Das ist in der Dokumentationsstätte auf dem Obersalzberg und am Reichsparteitagsgelände in Nürnberg nicht anders.

Das Designmuseum im niederländischen s'Hertogenbosch will zeigen, wie die Nazis ihre eigene Ästhetik schufen. Die international viel beachtete Ausstellung ist durchaus auch umstritten, weil sie "einordnende Bezugspunkte" vermissen lässt. Fotos größtenteils: Andreas Schnadwinkel bzw. Designmuseum den Bosch


Allerdings ist das Museum kein historischer Schauplatz, an dem Adolf Hitler den Völkermord plante oder Reden hielt. Insofern hat diese Ausstellung einen merkwürdigen Beigeschmack. Spötter sehen in ihr gar die Gegenveranstaltung zum 100-jährigen Bauhaus-Jubiläum.

Tickets
Die Ausstellung (montags geschlossen) ist bis zum 19. Januar 2020 zu sehen. Eintrittskarten müssen online vorbestellt werden= www.designmuseum.nl


aus: WESTFALEN-BLATT, Dienstag, 22.10.2019 - Kultur - S.21



Auch wenn man nicht niederländisch versteht, kann man durchaus erkennen, was uns Lisa mit ihrem Ausstellungs-Rundgang damit sagen will: aus dem Niederländischen mit dem "deepl-translator" übersetzt steht unter dem Youtube-Video:
"Seltsam", "geschmacklos" und "schmerzhaft für die nächsten Angehörigen": Die Ausstellung Design of the Third Reich in Den Bosch konnte mit der notwendigen Kritik an der Eröffnung rechnen. V-Vloggerin Lisa ging hin, um es zu sehen. Aber es passte nicht "in ihre kalten Kleider".

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müssen ausstellungen immer eine "belehrung" sein? 
muss eine ausstellungs-konzeption immer einer methodisch-didaktisch ausgeklügelten schulunterrichts-vorbereitung ähneln? 
müssen sie einen allgemeinen erhobenen zeigefinger in diesem falle mitrepräsentieren?

oder muss man sich gerade mit diesem heute immer näher an kitsch und seltsam überbordend wirkenden propagandistischen "design des dritten reiches" (design van het derde rijk) auch mal mit einer heutigen zeitgemäßen und kritisch ästhetischen bewertung nähern, die auch die menschen betrachtet - unsere (ur)großeltern und eltern - die sich davon verführen ließen und die größtenteils mitgerissen wurden - von plumper propaganda, von leicht inhalierbarem getöse, was dann aber zuletzt schwer im magen lag - und sich als tödliches gift entpuppte für millionen und abermillionen.

denn das hat dieses multimediale design in seiner zusammenwirksamen dosis aus heutiger sicht ja an sich gehabt: eine wirkung wie von "dope", von rauschgift, das 80 millionen und noch über die grenzen hinausgehend auch zu einem gewissen prozentsatz als international gültiger zeitgeist regelrecht "high" gemacht hat: "führer befiehl - wir folgen!".

die menschen verloren ihren eigenen willen, ordneten ihre selbst ausgebildete ethik & ästhetik (wenn sie denn überhaupt so etwas hatten) unter diese slogans, diese formen, diese bilder, dieses farbspektakel und diese markigen schlagzeilen, die heute immer noch gern von großen boulevardblättern (du weißt schon wen ich meine) kopiert werden.

es war die zeit einer insgesamt noch in den kinderschuhen steckenden werbepsychologie, die diese massen in ihren bann schlugen - schon damals ganz ohne digitaler hilfe aber im multimedialen dialog einer raffiniert aufeinander abgestimmten wirkmächtigkeit verschiedener komponenten.

ob das alles nun bewusst ausgeklügelt aufeinander abgestimmt war oder just die entsprechende innerpsychische ausgangsposition der meisten menschen von damals bediente oder aber sie sogar bewusst vorher mit hilfe der neuen medien aus dem äther und dem marschrhythmus nach der monarchistischen zeit mit ihrem thron-gehabe und kaiser-krone-fahne-vaterland - und den vielleicht persönlich erlittenen verlusten aus dem ersten weltkrieg und dem slogan vom "von den siegermächten 'ausgebeuteten volk'" heraufbeschworen wurde, das ist sicherlich nicht mehr im einzelnen zu eruieren.

ich glaube, solche ausstellungen wie die im "designmuseum den bosch" in den niederlanden, und der dortigen mentalität im heute, kann man eben auf engem raum die zutaten eines solchen kollektiven rauschgiftes ohne überklebungen und verstecken und aufbewahrung im magazin ganz öffentlich in ihren nuancen mit wenigen mosaiksteinen zeigen. 

auch mit devotionalien aus der ddr könnte man da vielleicht eine ähnliche show bestreiten: auch dort wurde ja weiter nahtlos zum dritten reich probiert, künstlerische stile zu manipulieren, mit orden und ehrenzeichen und sportmedaillen eindruck zu schinden, und propaganda und musik unter staatlicher gewalt zu bekommen - und wartburg und trabi waren dort mercedes und vw.

KZ-Kleidung für weibliche
 Häftlinge in Mauthausen.
und wenn in den bosch neben einer schwarzen ss-uniform und der schirmmütze mit dem totenkopf-emblem in sichtbarer nähe die kz-kleidung gezeigt wird, so machen beide "erzeugnisse" eben hier "einfach" diesen ja damals alle mitreißenden stilmix deutlich: beide kleidungsstücke gehörten genau im gleichen moment dazu - gerade auch im mit- und nebeneinander - nur eine handvoll menschen hat während der ns-zeit gegen kz-kleidung mit nummern oder dem "judenstern" protestiert: das waren ja die "alltags-gegenstände" für manche in einer berauschten zeit: die sonntags-ausgeh-uniform und der alltags-anblick als wärter im kz - und das alles ohne murren und knurren in einer person...

was ja noch immer nachwirkt und nicht einfach 1945 ein ende erfahren hat: in den ersten nachkriegs-cartoons von walt disney zu meiner kindheit hatten häftlinge immer gestreifte numerierte kleidung an und eisenkugeln am bein - und in guantanamo hat sich bis heute nur das design in ein grelles orange verändert - die dortigen insassen leben aber in metallenen-einzelkäfigen... - und ebenfalls in einem wenn auch anders gearteten massenrausch kommen dieser tage bis zu 400.000 (vierhunderttausend) menschen im extra auch dafür von pharmafirmen gepanschten sucht-opioid-drogenmix zu tode - und im mittelmeer oder in lastwagen sterben flüchtlinge, denen man keine legale einreisechance in unsere "gelobten länder" einräumt... 

vielleicht hätte man zum erschütternden
geraderückenden
ausblick des "designs des dritten reiches"
noch einen stolperstein in die
ausstellung integrieren sollen
und uniformen mit vielleicht etwas weniger lametta sind ja heutzutage nicht nur reine "ausrüstung" sondern immer auch noch überkommene und verankerte statussymbole, um sich von der "masse" abzuheben, im guten (erkennbar für hilfesuchende zu sein) wie im schlechten (in angebermanier sich aus der masse heraus zu kostümieren = z.b. die schützen und ihr höfisch-militärisches gehabe).

den beginn der auslösemixtur einer solchen massenhysterie wie im 'dritten reich' lässt sich im nachhinein einigermaßen von historikern und psychologen rekonstruieren. die optischen und werbepsychologischen performances auf dem olympia- und veranstaltungsrasen, auf der bühne, auf dem plakat- oder photopapier und angepappt auf den stoffen als orden, kordel, kokarde etc., die form der "wagen" einer staatlich verordneten einheitlichen "volks"motorisierung mit den davon herausstechenden mercedes-limousinen für die "eliten" - das alles ist so auf kleinem raum in einer ausstellung damit aber auch "durch"schaubar zu machen.

und bei "100 jahre bauhaus" allerorten, ist es vielleicht auch wichtig diesen deutschen hype geradezurücken: von 1933 - 1945 (netto) wurde das deutsche "design" geprägt von dem, was da in s'Hertogenbosch ausgestellt wird - und nicht von den bauhaus-entwürfen. ich finde nicht, dass es eine nestbeschmutzung ist, wenn man die bauhaus-feierlichkeiten hier in den niederlanden mit dieser ausstellung "design van het derde rijk" flankiert - und damit einiges zurechtrückt: hochmut kommt vor dem fall...

und ich wiederhole mich nochmal, aber auch der satz von walter benjamin hat in dieser design-gegenüberstellung "bauhaus" - "drittes reich" seine berechtigung -
walter benjamin schrieb nämlich 1940: „Es ist niemals ein Dokument der Kultur, ohne zugleich ein solches der Barbarei zu sein.“
natürlich sollte man sich auf den ausstellungsbesuch in s'hertogenbosch vorbereiten und ihn auch nachbereiten - besonders auch, wenn man mit kindern und jugendlichen dort herumstreift - und ein selfie vor einem hakenkreuz-symbol ist einfach nur panne...