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wolf und schafspelz in der senne

WARTEN, DASS DER WOLF KOMMT

Kritik im Wolfsgebiet: Tierhalter in der Bielefelder Senne sehen sich mit den Herausforderungen, die der Wolf stellt, alleingelassen. Die Schäferei Bethel steht unter Druck – und baut auf Erfahrungen aus Niedersachsen


DPA


Er ist eine unbekannte Größe, die Schäfer und Landwirte in der Bielefelder Senne umtreibt: der Wolf. Er ist zurück inGestalt einer einzelnen Wölfin. Noch. Entwickelt sich ein Rudel, bringe das große Probleme mit sich, da sind sich die großen Weidetierhalter im neu ausgewiesenen Wolfsgebiet in Bielefeld einig. Betriebsleiter Jörg Ermshausen von der Bethel-Schäferei nimmt kein Blatt vor den Mund: Bewege sich nichts bei den Förderungen und entstehe ein Rudel, werde das wohl das Aus für die Bethel-Schafherde bedeuten.

Das Problem ist nicht der Wolf selbst. „Er gehört in unserer Naturlandschaften rein“, sagt Ermshausen. „Wir müssen lernen, damit umzugehen.“ Doch dieser Lernprozess macht Schwierigkeiten. Ermshausen und auch der Eckardtsheimer Landwirt Ulrich Schumacher kritisieren, es fehle an Hilfen, Informationen und vor allem sinnvollen Förderungen für den Schutz von Weidetieren.

Ermshausen ist sich sicher: „Ohne entsprechende Förderungen kann man die Landschaftspflege mit Schafherden so nicht weiterführen.“

ERFAHRUNGEN AUS NIEDERSACHSEN

Es sind keine diffusen Ängste vor dem Wolf, die den Bethel-Schäfern Kopfzerbrechen bereiten. Ermshausens Einschätzung gründet sich auf eigene Erfahrungen, die sein Team bereits mit dem Wolf gesammelt hat – bei Bethel-Herden in Niedersachsen.

„Bei Diepholz haben wir mit unserem Betrieb bereits seit einigen Jahren mit dem Wolf in der Landschaftspflege zu tun.“ In der dortigen Moorniederung weiden zwei Schafherden und Robustrinder – und müssen dabei inzwischen von speziellen Herdenschutzhunden bewacht werden. Risse durch ein heimisch gewordenes Wolfsrudel waren häufig und durch DNA-Proben
bestätigt worden, erzählt Ermshausen. „Wir haben jetzt neun Herdenschutzhunde angeschafft und sind damit zurzeit erfolgreich.“

HERDENSCHUTZHUNDE IN DER SENNE

Doch die Erfahrungen aus Niedersachsen sind nicht eins zu eins auf das Bielefelder Wolfsgebiet südlich-östlich der A 2 übertragbar.

„In Bielefeld sind wir vom Wolf besonders betroffen, weil unsere Weideflächen mitten im neuen Wolfsgebiet Senne liegen“, erklärt Ermshausen. Er hofft, dass die A 2 den Wolf auf Abstand halten wird – wenigstens zum Schafstall auf der Westseite der Autobahn.

Seit etwa 20 Jahren werden im Bielefelder Süden Coburger Fuchsschafe zur Landschaftspflege auf rund 20 Hektar Weidefläche eingesetzt. Die meisten der beweideten Flächen gehören der Stadt. 600 Mutterschafe plus Nachwuchs halten die Sennelandschaft mit scharfem Gebiss kurz. Von April bis Dezember sind sie draußen. Ein Naturidyll vor den Toren der Großstadt.

In dem seien Herdenschutzhunde, die sich drohend zwischen Fressfeind und Herde stellen sollen, nach Ermshausens Einschätzung nicht verantwortbar. „Die Moorlandschaft bei Diepholz ist wesentlich einsamer. Wir haben es in der Senne mit vielen erholungsuchenden Bielefeldern zu tun, die an den Herden vorbeigehen oder mit Hunden spazieren gehen. Das bedeutet für
Herdenschutzhunde großen Stress.“

Die Tiere könnten im schlechtesten Fall ihre Herde permanent in Gefahr sehen und das könne wiederum für Spaziergänger und ihre Hunde gefährlich werden, erklärt der Betriebsleiter.

SCHUTZMASSNAHMEN AUF KOSTEN DER HALTER

Problematisch sei aber auch die Finanzierung für die Hunde mit dem imposanten Körperbau und ausgeprägten Schutzinstinkt.
„Herdenschutzhunde brauchen eine intensive Betreuung“, erklärt Ermshausen. Der Aufwand für die neun Tiere bei Diepholz umfasse eine Mitarbeiterstelle, verteilt auf mehrere Schäfer.

Laufende Kosten und Fortbildungen für Schäfer seien jedoch nicht durch Fördermittel abgedeckt, kritisiert der Fachmann. Ein grundsätzliches und politisches Problem nicht nur in der Senne, nicht nur in NRW. Das Land unterstützt im Wolfsgebiet nur Kauf und Ausbildung der Hunde aus einem neuen Fördertopf.

Aus ihm können auch Landwirte Mittel beantragen, um ihre Weiden mit speziellen Elektrozäunen wolfssicher zu machen. „Keine echte Hilfe“ lautet dazu das Urteil von Landwirt Schumacher von Gut Wilhelmsdorf.

Die Betheler Herde - Foto: BAST


SCHUTZZÄUNE SIND "UNREALISTISCH"

370 Weidetiere hat der Biohof in Eckardtsheim auf Wolfsgebiet und dessen zugehöriger Pufferzone, in der ebenfalls Förderungen möglich sind. „Im Winter sind die Milchkühe im Stall, aber den ganzen Sommer sind sie draußen“, sagt Schumacher. Dort alle Elektrozäune zu erneuern sei „völlig unrealistisch“. „Das hängt sehr von der Höhe der Förderung ab. Wissen Sie, wie viele Kilometer
Zaun wir haben?“ Mit den Materialkosten sei es nicht getan. Logistik und Arbeitsaufwand seien enorm.

Überhaupt gebe es zu wenig Informationen, kaum Erfahrungen im Umgang mit dem Wolf, sagt der Landwirt. „Die einzigen Informationen zum Senner Wolfsgebiet habe ich bisher aus der Zeitung bekommen. Und ich höre von Kollegen aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein, für die der Wolf ein echtes Problem ist.“ Werde ein Tier gerissen, sei das der kleinsteSchaden. „Schlimmer ist, was das mit den anderen Tieren in der Herde macht. Sie können in Panik ausbrechen, auf Straßen laufen,
für Unfälle sorgen. Wir sind hier schließlich nicht gerade dünn besiedelt.“

WARTEN, DASS DER WOLF KOMMT

Noch habe es keine Berührungen zwischen der Wölfin und der Bethel-Schafherde gegeben, sagt Ermshausen. „Wir warten ab.“ Petra Blissenbach vom Reitbetrieb Fichtenhof an der Wilhelmsdorfer Straße sieht dem Wolf gelassen entgegen. Die größere Gefahr seien Menschen, die ihre Pferde unerlaubt fütterten, sagt sie. Und Großstadtbauer und Grünenpolitiker Schumacher hofft „dass der Wolf gar nicht erst rausgeht aus der Sennelandschaft“.

beige: das wolfsgebiet senne - grün: pufferzone - rotes kästchen: meine wohnung - also fast "mitten" drin ...
(ursprungsquelle: WB)


Von Bielefeld bis Höxter – das Senner Wolfsgebiet

  • Seit dem 20. Dezember 2018 sind Bereiche des Bielefelder Südens offiziell Teil des Wolfsgebiets Senne.
  • Es ist das zweite Wolfsgebiet des Landes Nordrhein-Westfalen, in dem Wölfe seit mehr als sechs Monaten regelmäßig gesichtet worden sind.
  • Eine Wölfin mit der Kennung „GW1044f“ ist im 922 Quadratkilometer großen Wolfsgebiet sesshaft geworden, das jenseits der A 2 in Bielefeld beginnt und sich bis in den Kreis Paderborn und bis an die Grenzen des Kreises Höxter erstreckt.
  • Das offizielle Wolfsgebiet Senne umgibt eine größere Pufferzone von 3.390 Quadratkilometern, in der ebenfalls Wolfsichtungen wahrscheinlich sind.
  • Das Wolfsgebiet und die ausgewiesenen Pufferzonen sind vor allem als Fördergebiete wichtig, in denen Herdenschutz vom Land unterstützt wird.
  • In Bielefeld liegt das Wolfsgebiet südöstlich der A 2 und südlich der B 66 in den Stadtteilen Ubbedissen, Sennestadt, Eckardtsheim
text und bild: NEUE WESTFÄLISCHE, Freitag, 11.01.2019, S. 15 - Bielefeld

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tja - das ist endlich mal ein unaufgeregter realistischer bericht zur wolfssituation hier vor ort. auch ich wohne im 09. og im ausgewiesenen wolfsgebiet - und wenn ich glück habe, könnte ich ihn - bzw. sie: es ist ja eine einsame wölfin - hier unten auf der grünfläche vielleicht erblicken.

okay - es wird wahrscheinlich nicht allzu lange dauern, dass die vielleicht nicht mehr scheuen wölfe - wie in berlin die füchse - fast zum stadtbild gehören werden, weil sie in den müllcontainern "wildern" bzw. von falschen tierfreunden angefüttert werden.

aber "der böse wolf" kann ja nichts dafür, sondern eher die siedlungs- und landwirtschaftsstrukturen unseres umfelds - zum allergrößten teil sind das politische und neokapitalistische entscheidungen, bei denen es um wohnraum und urbanität und vermarktung und knete geht - warum wohne ich in einem vom naturschutz ausgewiesenen wolfsgebiet ... - bzw. warum weist man dem wolf ein revier in meinem gehege zu ... ??? - und warum wird manchmal zum beispiel für den lebensraum der bechstein-fledermaus ein autobahn-teilstück für viele millionen umgeplant mit extra brücken etc usw. ...???

und wenn man die normalen beutetiere des wolfes hier in gehegten herden hält, ist das eben für den streunenden wolf wie ein "tischlein deck dich" und ein "sechser im lotto", wenn er darauf stößt - und einmal blut geleckt - wir er wiederkommen...

eine der anzustrebenden lösungen könnten also nach meiner laienhaften meinung sein, dem wolf den "gedeckten tisch mit dem schmackhaften mahl" zu versalzen und rechtzeitig einen solchen "tisch" abzudecken und so schwer zugänglich zu machen, wie es eben geht - vielleicht auch mit optischen und akustischen abwehrmitteln - keine ahnung ...

man könnte ihn natürlich wie schon einmal vor 200 jahren einfach abschießen und ausrotten  - un gutt is ... - aber die natur holt sich das ja bekanntlich zurück, was der mensch ihr abgepresst hat - und so kommt auch der wolf zurück - garantiert...

aber selbst die tatsächlich betroffenen fachleute hier in owl sagen ja: „der wolf gehört in unsere naturlandschaften - wir müssen lernen, damit umzugehen.“ - ob aber der mensch in "unsere" bzw. "seine" naturlandschaften herumstöbern darf, sei mal dahingestellt ...

heißt also: der wolf muss sich weniger "anpassen" an den menschen und seine schafherden - als der mensch mit seinen schafherden an den wolf.

zu fragen ist eben, wie groß jetzt eine schafherde noch sein darf - und ob die weideflächen verstreut sind und gewechselt werden - und ob zäune und - ich stelle mir vor - lichtspots und klanggeräusche aus lautsprechern und auch die guten alten lametta-folien  usw. die schafe schützen könnten und den wolf erschrecken, damit er sich dauerhaft auf seine ihm zugestandenen tatsächlichen jagdreviere zurückzieht. fragt sich ja auch: wie "scheu" ist der wolf tatsächlich und wie lange noch

im ndr-schleswig-holstein-magazin sprachen tatsächlich kommunalpolitiker von der bedrohung der kinder in den kitas durch den wolf - sogar mit der rotkäppchen-drohung: "wenn erst einmal ein kind angefallen wurde ist es zu spät" ... - aber dabei ging es eben auch um die verlockende abschusserlaubnis "wildernder" wölfe ... -

aber das ist ja wieder ein sehr emotional und tiefenpsychologisch seit jahrhunderten aufgeladenes seit generationen überkommenes ur-thema aus dem archaischen kollektiven unterbewusstsein - sowohl auf seiten der vermeintlichen "opfer" - als auch auf seiten der trophäenbesessenen jäger ...

vor 200 jahren berichten die annalen tatsächlich vereinzelt von angriffen durch wölfe auf menschen: wobei man heute aber weiß, dass es sich wohl um tollwütige tiere handelte, und das vieh der menschen in der freien noch nicht urbanisierten und industrialisierten natur oft von kindern gehütet wurde ... (z.b. "heidi & der geißen-peter"...)

und von dem gärtner, der jüngst auf einem friedhof in norddeutschland angeblich von einem wolf "angefallen" wurde, hört man immer weniger und die dna-untersuchungen haben einen wolfs-angriff wohlgemerkt nicht bestätigt ... (auch (streunende) hunde beißen bis zu 30.000 menschen jährlich und reißen schafe - und tollwütige füchse - aber auch die wildschweinbache, die ihre frischlinge in der rotte schützen will - sind ja - wenn schon - auch nicht von pappe ... - wer sich in gefahr begibt ...)

weidmannsheil - und nix für ungut - und chuat choan ...

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