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der wolf lebt mit und nicht gegen uns

"Rotkäppchen" nach Gustave Doré vom Graveur Francoise Pannemaker (1862) - Montage: S!|art




Zwischen Mythos und Märchen

Kölner Museum erforscht das schlechte Image des Wolfs

Von Christoph Driessen


Der Wolf ist zurück in Deutschland. Passend dazu untersucht eine Ausstellung sein Bild in der Kunst. Der Kurator hat sogar eine Theorie dazu entwickelt, warum der Wolf ein so schlechtes Image hat. Man muss dafür 2000 Jahre zurückgehen.

»Der Wolf ist tot, der Wolf ist tot«, jubeln die sieben Geißlein im Märchen der Brüder Grimm. Aber das war einmal – der Wolf ist quicklebendig. Ostwestfalen, ja selbst Teile des Ruhrgebiets gehören mittlerweile offiziell zu seinem Revier. Und mit der Rückkehr des Raubtiers ist das alte Bild von der Schafe reißenden, Menschen bedrohenden Bestie wieder da.

Diese verengte Sicht wird jetzt durch eine kleine, aber interessante Kunstausstellung im Kölner Wallraf-Richartz-Museum erweitert. Bis Ende April sind in der Schau »Zwischen Mythos und Märchen« etwa 30 Wolf-Darstellungen seit dem 16. Jahrhundert zu sehen, darunter Werke von Giovanni Benedetto Castiglione, Peter Paul Rubens, Gustav Doré, Lovis Corinth und Max Klinger.

Holzschnitt von 1578:
Romulus & Remus und die säugende Wölfin
Ein positives Bild des Wolfs vermittelt zum Beispiel die antike Sage von Romulus und Remus, die von einer Wölfin – Mamma Lupa – gesäugt werden. Man könnte Rudyard Kiplings Mogli hinzufügen, der ebenfalls bei Wölfen aufwächst. Die nordamerikanischen Indianer verehrten den Wolf.

Im deutschen Märchen und im Volksglauben überwiegt jedoch das Bild vom blutrünstigen Monster. Jeder, der im Zoo oder einem Wildgehege schon mal einem leibhaftigen Wolf gegenübergestanden hat, wird sich fragen, womit dieses Tier – kaum furchteinflößender als ein Schäferhund – das verdient hat. Thomas Ketelsen, der Kurator der Kölner Ausstellung, hat dazu eine interessante Theorie entwickelt: Der Kunsthistoriker verweist auf die antike Legende von König Lykaon, der Menschenopfer darbringt. Die Götter verwandeln ihn daraufhin zur Strafe in einen Wolf.

Die Geschichte fand große Verbreitung und kann vielleicht erklären, warum die Menschen im Wolf immer schon etwas Dunkleres gesehen haben als nur ein wildes Tier. Der Wolf stünde demnach für die Überschreitung zivilisatorischer Grenzen, für das Tier im Menschen schlechthin. »Ich glaube, es ist diese Besetzung, die dem Wolf ganz unterschwellig – kein Mensch weiß mehr davon – bis heute anhaftet«, meint Ketelsen. Das Motiv wurde im Mittelalter von Werwolf-Sagen aufgenommen – auch hier ist das Tier wieder ein verwandelter Mensch. Im bekanntesten Wolfsmärchen »Rot­käppchen« wiederum symbolisiert er die sexuelle Gier des Mannes. Eigentlich ist es also nie das Tier, das böse ist, sondern der darin versteckte Mensch.

Die Märchen entstanden in der Frühen Neuzeit, als die Wälder in Europa großenteils abgeholzt wurden: Man benötigte das Holz zum Bauen und Heizen. Dadurch wurde der Lebensraum des Wolfs immer weiter eingeschränkt, und es kam zwangsläufig zu Konfrontationen. Auch das könnte mitgespielt haben. Die heutigen Waldbestände entstanden ganz überwiegend erst im 19. Jahrhundert durch Aufforstung.

»Auffällig ist, dass der Wolf in den Zeiten, als er tatsächlich noch eine Bedrohung war, durchweg als großes böses Tier dargestellt wurde«, erläutert Bilderbuch-Expertin Maria Linsmann. »Im 20. Jahrhundert dagegen, als er hier ausgestorben war, bekommen Darstellungen des Wolfs eine ironisch-witzige Note – er wird mitunter regelrecht verulkt.« Von dieser These ausgehend, müsste sich gerade jetzt wieder eine Verschiebung ergeben. »Ich vermute allerdings, dass der Tierschutz mittlerweile so stark ist, dass die allermeisten rufen werden: »Ach guck mal, der süße arme Wolf!«

»Wolf in Dreiviertelansicht« von Marcus de Bye  von 1659


Zur Ausstellung 
Die Ausstellung »Der Wolf zwischen Mythos und Märchen« im Wallraf-Richartz-Museum Köln läuft bis zum 28. April. Geöffnet ist sie von Dienstag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr, jeden ersten und dritten Donnerstag im Monat bis 22 Uhr (Eintritt 15 Euro, ermäßigt 11 Euro). Zur Ausstellung erschienen ist ein kleiner Katalog mit Essays.

WESTFALEN-BLATT, Mittwoch 6. Februar 2019 - S. 23 KULTUR

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von wegen: "der wolf ist tot - der wolf ist tot": der wolf lebt - und endlich wieder mitten unter uns - und ich wohne sogar in einem ausgewiesenen wolfsgebiet, insofern ist er ja irgendwie auch mein nachbar - aber ob ich in seinem revier eine existenzberechtigung habe - das steht auf einem anderen blatt...

erinnere dich doch mal an den film "der mit dem wolf tanzt" mit kevin costner, vor fast 30 jahren (1990) abgedreht. die indianer haben in dem streifen dem costner - im film heißt er dunbar - diesen namen gegeben, weil ein wolf immer seine nähe aufsucht. überhaupt haben die indigenen völker auch "in echt jetzt" mit dem wolf gelebt - sicherlich in gegenseitigem respekt der "reviere" - und bei übertretungen mit den entsprechenden konsequenzen - ansonsten aber in einer jahrtausende alten friedlichen koexistenz.

denn auch unser heutiger haushund (canis lupus familiaris), mit dem wir so gern herumtollen und der auch als hüte- und helfertier und sogar als kamerad des jägers, als jagdhund, eingesetzt wird, wird ja, wie der lateinische name schon sagt, dem wolf (canis lupus) als unterart zugeordnet. 

wann die domestizierung stattfand, ist umstritten; wissenschaftliche schätzungen variieren zwischen 15.000 und 100.000 jahren vor unserer zeit... eine solche domestizierung des wildtieres wolf zum kameraden haushund kann nur allmählich über jahrtausende hinweg entstanden sein im engen miteinander und in partnerschaft zwischen tier und mensch. in gegenseitiger neugier aufeinander und im werben mit "futter" um die gunst. und alles andere ist mythos und märchen und futterneid. 

und ob ich als bewohner eines wolfreviers deshalb jetzt angst habe ?
nö - keineswegs - ich wohne im 9. obergeschoss und ich freue mich schon auf den tag, wenn der wolf - oder bei uns ist es wohl eine wölfin - über das riesen-abenteuerspielplatz-areal von einem höher gelegenen schulhof herunterkommend unten vor dem haus über wiesen und sandkästen streift - oder gerade aus dem kleinen angrenzenden wäldchen tritt...

der wolf geht immer schnurgerade den nächsten weg zu seinem ziel, so ist sein inneres "navi" wohl vorprogrammiert, habe ich neulich von einem wolfs-experten gelesen, sodass er eben auch mal mitten durch ein dorf streifen kann - und auch am kindergarten vorbei (i.w.: "vorbei") - und eben deshalb auch hier über den spiel- oder schulplatz laufen kann ...

denn wenn der wolf gesund ist - also auch nicht mit dem tollwut-virus infiziert ist, das auch viele füchse in freier wildbahn heimsucht - ist er "von natur aus" eigentlich ein menschenscheues tier, das sich nichts aus uns macht und uns meidet, und sich nicht darum kümmert, was sich links oder rechts von seinem pfad tut ... er mag keine menschen, aber er liebt kleine schafe - nicht weil sie so putzig aussehen, sondern weil sie ihm gut schmecken - das hat er zum beispiel auch mit den griechischen menschen oder den anderen balkanbewohnern gemein, die auch gern lammfleisch essen -  und er reißt auch mal kleine rehe, kaninchen vielleicht - eben alles was ein fuchs auch fressen würde - aber eben eine nummer größer ...

und wir leben ja auch friedlich ohne jede hysterie mit dem fuchs: in berlin trotten die sogar mir nichts dir nichts inzwischen über die straße und gehören zum stadtbild - und ich habe dort vor 5 jahren einen fuchs beobachtet, der aus einem grünstreifen spazierte, vor der roten fußgängerampel anhielt (weil wohl zuviel autos da die straße befuhren) - und korrekt bei grün über den überweg tapperte ...

es werden noch ein paar jahrzehnte vergehen, bis dann auch der wolf so durch die großstadt streift, aber wenn er gezielt angefüttert wird und in mülltonnen beim schlachthof seine leckerlis findet, wird er sich dorthin seinen weg bahnen ... 

er ist einfach teil der belebten natur - so wie wir - aber als "krone der schöpfung", die wir uns selbst aufgesetzt haben, vergessen wir das oft: dass die tiere und auch die pflanzen unsere gefährten sind - gefährten, die unser leben begleiten und bereichern - so wie wir ihr leben möglichst in respekt begleiten - und mit dem ur-ur-ur-enkel vom wolf, mit dem hund, klappt das ja über jahrtausende schon ganz gut - nur die katze hat da noch so ihren eigenen kopf: tiere, die ganz einfach nach nahrung suchen für sich und ihre jungen - so wie wir - und die - mit uns - einfach ihre wege gehen - im friedlichen miteinander ...

und gerade lese ich in der neuen "zeit" folgenden satz:
  • "Außenpolitik wird zum Leben im Wolfserwartungsgebiet – voller neuer Gefahren, die gemanagt werden müssen." (aus: Jörg Lau - Der kalte Krieg taut auf - DIE ZEIT 07/2019, S.3)
in dieser "blumigen" - man könnte auch sagen "blutigen" - sprache rückt der journalist jürgen lau den begriff "wolfserwartungsgebiet" in die nähe "neuer gefahren" ... - da wird einfach um des "bildes" willen eine metapher erzeugt, die die alten vorurteile gegen den wolf wieder neu befeuern - einfach so und ohne jede not ... und bald setzt sich das dann als "gängiger sprachgebrauch" auch im deutschunterricht der schulen und in den journalistik-kursen fest ...: der begriff "wolfserwartungsgebiet" könnte auch etwas freundlicheres ausstrahlen - etwas, was positive spannung erzeugt - etwas, was man kaum noch aushält, was man kaum erwarten kann ...

nix für ungut - und chuat choan