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KUNSTMARKT

Das sind die Stars der Kunst von morgen

Welche Künstler werden wichtig? Im Kunstkompass-Ranking der „Stars von morgen“ geben immer mehr die Frauen den Ton an. Eine Koreanerin führt die Liste der hoffnungsvollsten Nachwuchskünstler an

von Linde Rohr-Bongard | Capital

Zur Feier der zehnten Ausgabe des Kunstkompasses kam Joseph Beuys noch persönlich. In Düsseldorf herrschte an diesem Herbstabend 1979 dichtes Gedränge bei der öffentlichen Diskussion zum Jubiläum: „Ist Kunst messbar?“ lautet das provokante Thema, und mit Beuys diskutieren Willi Bongard, Erfinder des Kunstkompasses, und Ludolf Herrmann, späterer Capital-Chefredakteur. Richtig spannend sei der Kunstkompass ja eigentlich erst da, wo er aufhört, sagte ausgerechnet Beuys irgendwann – der von 1979 bis zu seinem Tod 1986 den Kunstkompass anführte – und lachte.

2018 nun nähert sich der Kunstkompass seinem 50. Jubiläum, und Capital schaut diesmal tatsächlich wieder dorthin, wo der Kompass eigentlich aufhört: zu jenen Künstlern nämlich, die es noch nicht in die Top 100 geschafft haben. Capital veröffentlicht zum zweiten Mal die komplette Liste der 100 „Stars von morgen“ – Künstler, die in den vergangenen zwölf Monaten große Resonanz in der Fachwelt auslösten, aber (noch) nicht unter den ganz Großen auftauchen. Daneben finden sich auf den folgenden Seiten auch das gewohnte Ranking der 100 größten Künstler sowie der „Olymp“ – die Liste der mittlerweile verstorbenen Künstler, die zu Lebzeiten zu den Top 100 zählten – und ein Porträt des Briten Tony Cragg, der exklusiv für Capital zwei Skulpturen-Editionen aufgelegt hat.

Doch zunächst die „Stars von morgen“:

Platzierung
Name
Jahrgang
Land
Kunstform
Zuwachs
Gesamt
1
Haegue Yang
1971
KOR
Installation, Objektkunst
4550
19600
2
Alicja Kwade
1979
POL
Installation, Skulptur
4250
27500
3
Anna Maria Maiolino
1942
ITA
Mixed Media, Installation
4200
9150
4
Kader Attia
1970
FRA
Installation, Kritische Kunst
3950
22400
5
Takashi Murakami
1962
JPN
Pop-Art
3600
20000
6
Taryn Simon
1975
USA
Fotokunst, Kritische Kunst
3450
23200
7
Mark Dion
1961
USA
Objektkünstler
3400
26100
8
Katharina Sieverding
1944
GER
Fotokunst
3000
26800
9
Marguerite Humeau
1986
FRA
Mixed Media
3000
4800
10
Berlinde de Bruyckere
1964
BEL
Skulptur
2900
19850
11
Yayoi Kusama
1929
JPN
Installation, Pop-Art
2900
6550
12
Njideka Akunyili Crosby
1983
NGA
Malerei
2900
4200
13
Camille Henrot
1978
FRA
Mediale Kunst
2850
19400
14
Ed Atkins
1982
GBR
Mediale Kunst
2850
15550
15
Akram Zaatari
1966
LIB
Mediale Kunst
2750
15500
16
Hiwa K
1975
IRQ
Installation, Kritische Kunst
2750
6850
17
Renaud Auguste-Dormeuil
1968
FRA
Mixed Media
2750
2750
18
Hito Steyerl
1966
GER
Mediale Kunst
2700
22000
19
Beatriz Gonzalez
1938
COL
Pop-Art
2700
4450
20
Valie Export
1940
AUT
Video, Performance
2550
26900
21
Superflex
Kollektiv
DEN
Performance, Kritische Kunst
2550
16150
22
Ian Cheng
1984
USA
Mediale Kunst
2450
7750
23
Danh Vō
1975
DEN
Installation, Kritische Kunst
2300
22200
24
Trevor Paglen
1974
USA
Fotokunst, Kritische Kunst
2300
9500
25
Dara Friedman
1968
GER
Mixed Media
2250
6400
26
Melanie Bonajo
1978
NLD
Mixed Media, Soundart
2250
2550
27
Thomas Bayrle
1937
GER
Mixed Media
2200
26400
28
Abraham Cruzvillegas
1968
MEX
Objektkunst
2150
8200
29
Theaster Gates
1973
USA
Installation, Kritische Kunst
2100
12800
30
Giuseppe Penone
1947
ITA
Arte povera
2050
28950
31
Franz Erhard Walther
1939
GER
Installation, Performance
2050
28700
32
Wael Shawky
1971
EGY
Mediale Kunst
2050
16400
33
Guerilla Girls
Kollektiv
USA
Feministische Kunst
2000
5650
34
Teresa Burga
1935
PER
Feministische Kunst
2000
3850
35
Kiluanji Kia Henda
1979
AGO
Fotokunst
2000
3000
36
Steve McQueen
1969
GBR
Fotokunst
1950
30300
37
Saâdane Afif
1970
FRA
Installation, Objektkunst
1950
15500
38
Bouchra Khalili
1975
MAR
Mediale Kunst
1950
9100
39
Alex da Corte
1980
USA
Mixed Media
1950
5650
40
Gauri Gill
1970
IND
Fotokunst
1950
3050
41
Ayse Erkmen
1949
TUR
Installation, Skulptur
1900
20700
42
Marisa Merz
1926
ITA
Arte Povera
1900
13800
43
Judith Hopf
1969
GER
Mixed Media
1900
9400
44
Robert Wilson
1941
USA
Mixed Media
1900
9300
45
Alexandra Bircken
1967
GER
Installation, Objektkunst
1900
8400
46
Michael Rakowitz
1973
USA
Installation, Kritische Kunst
1900
8100
47
Katinka Bock
1976
GER
Installation, Objektkunst
1900
5400
48
Sam Falls
1984
USA
Mediale Kunst
1900
2350
49
Jan Fabre
1958
BEL
Installation, Performance
1850
29500
50
John Armleder
1948
CHE
Mixed Media
1850
24800

Die ganze Liste der 100 Stars von morgen finden Sie in Capital 12/2018.

Hier hat in diesem Jahr die 1971 in Seoul geborene Koreanerin Haegue Yang den ersten Platz erobert. Mittlerweile gehört sie mit ihrem vielgesichtigen Werk zu den begehrtesten Künstlerinnen ihrer Generation. Die Wandlerin zwischen Ost und West pendelt zwischen ihren Studios in Seoul und Berlin. Ihr künstlerisches Rüstzeug holte sie sich an der Frankfurter Städelschule bei Georg Herold, der seine Objekte bevorzugt aus Dachlatten und Ziegelsteinen baut. Seit 2017 hat Yang an der Städelschule eine Professur inne.

Die bevorzugten Materialien für ihre Installationen findet sie in Baumärkten, darunter Ventilatoren und Kleiderständer. Virtuos spielt sie damit, wenn sie etwa die Kleiderständer in gespenstische Schamanen verwandelt.

Relativ rasch gelang ihr der Durchbruch in die internationale Liga: Bei der Kunstbiennale Venedig brillierte sie 2009 mit einer Einzelpräsentation im koreanischen Pavillon. Auf der Kassler Documenta 13 im Jahr 2012, der weltweit wichtigsten Übersichtsschau für zeitgenössische Kunst, zeigte sie im Kulturbahnhof eine eindringliche, geräuschvolle Konstruktion aus schwarzen Jalousien. Vor wenigen Monaten zeichnete das Kölner Museum Ludwig ihr Werk mit dem Wolfgang-Hahn-Preis aus und stellte 120 ihrer Werke in einer ersten Retrospektive vor.

Ähnlich stürmisch verläuft die Karriere eines anderen „Stars von morgen“, der in diesem Jahr ins Blickfeld rückt: Danh Vō (Platz 23), 1975 in Vietnam geboren, in Dänemark aufgewachsen und an der Frankfurter Städelschule ausgebildet. Internationalen Glanz brachte ihm seine originalgroße Kupferkopie der 46 Meter hohen Freiheitsstatue, die er in 250 Teile zerlegte. Die Stücke sind heute in Sammlungen weltweit zu finden.

Gorillas und Schredder

Eigentlich würde man bei „Stars von morgen“ nicht unbedingt an über 80-Jährige denken. Doch es ist nicht ungewöhnlich, dass bildende Künstler erst spät zu Ruhm oder Renaissance finden. Tatsächlich feiern Veteranen wie die Japanerin Yayoi Kusama (Platz 11) ein Revival, auch die performative Kunst von Franz Erhard Walther hat erst zuletzt weltweit Resonanz gefunden.

Insbesondere aber geben die Frauen bei den „Stars von morgen“ Gas. Rund die Hälfte aller Kompass-Nachrücker sind weiblich und mischen den Kunstbetrieb mit In-stallationen, Tanz- und Sound-Aktionen und Performances auf. Massive Schützenhilfe dafür leisteten schon vor Jahren die Guerrilla Girls aus New York (Platz 33). Mitte der 80er-Jahre schlossen sich Künstlerinnen im lockeren Verband zusammen. Um anonym zu bleiben, zogen sie sich bei ihren Auftritten Gorillamasken über. „Wir hatten einfach die Nase voll von diesem Männerverein im Kunstbetrieb“, erinnert sich eine: „Es war klar, dass wir unsere feministische Institutionskritik mit Gorillamasken und Humor würzen mussten, damit die männliche Kunstwelt uns nicht als frustrierte Zicken outen konnte.“ Seit mehr als 30 Jahren proben sie mit Plakataktionen und Filmen den Aufstand – und kommen gut an.

Aber wie sieht es denn mit dem außerhalb der Fachwelt wohl bekanntesten Künstler aus, dem britischen Street-Art-Aktivisten Banksy? Bei Sammlern steht Street-Art hoch im Kurs, Banksys Aktion im noblen Londoner Auktionshaus Sotheby’s etwa, wo er kürzlich nach einer Versteigerung sein eigenes Bild schreddern ließ, wurde weltweit besprochen. Dennoch verschaffen ihm Spektakel wie diese im Kompass keinen einzigen Ruhmespunkt. Denn: Verkaufserfolge und Diskussionen in Massenmedien zählen nicht.

Die Kompassmethode

Seit 1970 misst der Kunstkompass so objektiv wie möglich Ruhm und Rang zeitgenössischer Künstler weltweit. Verkaufspreise spielen bei der Bewertung von mittlerweile mehr als 30.000 Künstlern keine Rolle. Die Qualität von Kunst lässt sich zwar nicht messen, wohl aber ihre Resonanz in der internationalen Fachwelt. Beobachtet und mit Punkten bewertet werden die folgenden Kriterien: Einzelausstellungen in einem der über 300 renommierten internationalen Museen wie dem Guggenheim in New York; Teilnahme an einer von über 100 Gruppenausstellungen in Jahr wie der Biennale in Venedig, Rezensionen in renommierten Kunstmagazinen, Ankäufe durch namhafte Museen, Ehrungen mit Auszeichnungen wie dem Turner-Preis in London; und bei Skulpturen außerdem: Ausstellungen im Außenraum. Die Punkte werden seit 1970 jährlich addiert und bestimmen die Position der Künstler im Ranking. Zu den Stars von morgen werden die Künstler gekürt, die noch nicht zu den Top 100 gehören, aber im vergangenen Jahr die größten Punktzuwächse erzielten.

quelle: capital 12/2018


und hier bildleisten der werke der ersten drei künstler:

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da habe ich bildleisten der drei "besten" nachrückkünstlerinnen(!) für die top 100-liste einfach mal untereinandergestellt - und mir fällt auf, dass es fast nur noch durchkonstruierte installationen sind, die da zur zeit den kunstmarkt zu beherrschen scheinen ... - und hier und da objekte, die mich ganz despektierlich zunächst mal an spielplatz-klettergerüste aus dem bauhaus-repertoir oder auch banal an die kartoffelkiste erinnern, die früher bei uns im keller stand - aber auch der billardtisch, den mein vater eines tages anschleppte, scheint mit von der partie ...

und jetzt, wo ich davon schreibe, gerät mir gleich die kühle fruchtig-glasige geruchserinnerung keimender etwas muffig-moderig gelagerter kartoffeln in die quere... - denn auch der billardtisch stand ja da im keller ... ja - und man soll ja kunstwerke mit allen sinnen zu erfassen versuchen ...😨

es gibt noch textiles, das mir wie riesenmatratzen scheint und aufgestellte sandsäcke oder schutzschilde und jede menge wäscheleinen in besonders kunstvoller aufhängung in- und zueinander ... - ein paar fotoserien, meist im sonoren schwarz-weiß fallen mir noch auf ...

aber - ist das nun eine "entwicklung" gegenüber beuys und seinen künstlerkollegen: oder spielt da das gleiche problem eine rolle, das neulich einen süddeutschen fliesenleger veranlasste, nicht mehr für ingenieure der in der nähe ansässigen autobauer tätig werden zu wollen - weil die "alles besser wissen wollen" als der handwerker - also praktiker vs. akademiker ... 

auch hier in der kunst, scheinen mir diese spannungen da zu sein: ingenieurhaft wirkende technische gebilde und konstruktionen dominieren vor mal- und mischtechniken: auch hier dominieren wohl die absolventen der kunstakademien vor autodidaktisch daherkommenden spontaneisten ...

und wie es scheint, streben die frauen nach vorn - und das ist gut so - aber vielleicht so scheint es mir, in dem sie männliche konstruktionsattribute kopieren und nachäffen - das mag aber auch an den ausbildungsakademien liegen, wo eben kunst-"zeitgeist" produziert wird, statt so etwas jeweils neu zu kreieren und/oder nach seinem ureigenen gusto zu interpretieren. 

eine nische sind vielleicht da noch die kunstmessen wie die "outsider art fair", die jetzt gerade in new york zu ende gegangen ist - und an der sich so viel galerien und einzelkünstler beteiligt haben, wie nie zuvor ...


hier ist sogar noch hier und da die gute echte "art brut" im dubuffetschen sinne zu sehen, die "überschäumende" kunst aus dem innersten des künstler/der künstlerin heraus ...

für mich ist dieses letztere wenigstens "meine kunst": sicherlich auch ein spiel mit dem zufall der zutaten - besonders aber auch ein hervorquellen der inneren zustände: wess' das herz voll ist - dess' geht der zeichenstift und der malpinsel oder die kreativ-filter der graphic-software über ... 

aber "überflüssige" kunstkonstruktionen müssen erst ersonnen, entwickelt und ausgeklügelt werden, da ist für mich wenig von spontaneität: da schäumt nix über - das ist für mich nur arg gebremster schaum ...

und chuat choan - nix für ungut ...