symbol-bild richter-skizzen: gerhard richter: bühler höhe (skizze) - bühler höhe (sketch) - 1991 52 cm x 62 cm werkverzeichnis: 749-2 - öl auf leinwand - by www.gerhard-richter.com |
Geldstrafe für Diebstahl von Richter-Skizzen
Prozess: Zwischen weggeworfenem Altpapier vor Gerhard Richters Haus entdeckt ein Mann Skizzen des Malers – und versucht, sie zu Geld zu machen. Sind die entsorgten Entwürfe überhaupt etwas wert?
Die Bilder, um die es geht, sind dick mit Pappe, Folie und Klebestreifen verpackt. „Jetzt muss ich aber ganz vorsichtig sein“, sagt Richterin Katharina Potthoff, als sie sich mit einer Schere an dem flachen Päckchen abmüht.
Schließlich befinden sich darin Originale des Malers Gerhard Richter, der einer der teuersten lebenden Künstler ist. Nur, dass die Bilder nach dessen Ansicht misslungen sind. Darum hat er sie nicht signiert, sondern in seine Altpapiertonne geworfen. Und von dort hat ein Mann sie mitgenommen. Dafür verurteilte das Kölner Amtsgericht ihn wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe.
Der Angeklagte schweigt im Prozess zu den Vorwürfen. Manchmal zieht der 49-Jährige die Stirn spöttisch in Falten oder schüttelt den Kopf. Gerhard Richter ist nicht erschienen. Bei der polizeilichen Vernehmung war der Angeklagte nicht so schweigsam wie im Gerichtssaal. „Er sagte, der Müllcontainer sei durch einen Sturm umgeweht worden“, schildert ein Polizeibeamter. Der Angeklagte habe nach eigenen Angaben „etwas Gutes tun wollen“, indem er im Juli 2016 die herausgefallenen Papiere einsammeln und wieder in die Tonne legen wollte. Dabei habe er die vier Werke – postkartengroße, mit Öl übermalte Fotos – gefunden.
Der Angeklagte sei an Richters Kölner Villa gewesen, um ihm eine Kunstmappe zum Kauf anzubieten. Doch der Maler habe abgelehnt. Auch über die Skizzen aus dem Altpapier hätte er sich – so erklärte der Angeklagte es der Polizei – später gerne mit Richter „geeinigt“, aber er habe ja kein Gehör gefunden. So bot der arbeitslose Angeklagte zwei der Bilder einem Münchner
Auktionshaus an. Für das Gericht steht laut Urteil außer Frage, dass die eigentlich unverkäuflichen Bilder dennoch einen guten Preis erzielen könnten, würde man einen Käufer finden. Der genaue Wert könne aber nicht geschätzt werden – in der Anklage ist die Rede von 60.000 Euro. Am Ende verurteilt das Gericht den Mann zu einer Geldstrafe von 3.150 Euro – 90 Tagessätze zu je 35 Euro.
Die Bilder sollen eingezogen werden. „Auch wenn die Skizzen neben der Papiertonne lagen, waren sie noch Eigentum des Künstlers“, sagt Richterin Potthoff in der Urteilsbegründung. Indem der Maler die Bilder in den Müll warf, habe er sie „an einen Entsorgungsbetrieb zum Zwecke der Entsorgung übereignet“.
Richter selbst hat nach Angaben seines Ateliers an einer Strafverfolgung des Angeklagten kein Interesse, sondern wolle nur, dass die Arbeiten vernichtet werden.
symbolbild richter-skizzen: gerhard richter: skizzen blatt - sketch sheet: 1967 29.7 cm x 40 cm zeichnungen-wvz: 67/7 - graphit und kugelschreiber auf papier - by www.gerhard-richter.com |
Text: NEUE WESTFÄLISCHE, 25.04.2019, Kultur/Medien
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tja - ist das kunst - oder kann das weg ??? - ab wann wird kunst zur kunst: jetzt gerade in der diskussion um die nazi-vergangenheit von emil nolde, und auch bei der diskussion um die missbrauchsvorwürfe gegen michael jackson, sagen die fans, es komme einzig und allein auf die "kunst" an: also bei nolde sein expressiver einzigartiger malstil und bei michael jackson seine einzigartigen songs und performances - es komme nicht so sehr auf den künstler an, der das jeweilige werk geschaffen hat: das kunst-"produkt", seine ureigene kreation ist das entscheidende.
der künstler / die künstlerin hat wie alle menschen brüche in der biographie - und musste sich oft auch durch prekäre phasen - wie alle menschen im leben - durchschlagen: erst gestern las ich diese toll und treffend formulierte zeile vom "ambivalenten material gelebten lebens" ...- das es in jedem fall zu konstatieren gilt.
der kunstbetrieb selbst sieht das anders: da kommt es auf die signatur auf dem werk an, auf seine "autorisierung", damit etwas zur kunst wird: das werk selbst ist nicht soooo wichtig (stichwort: "das kann mein vierjähriger auch" ...)
bei gerhard richter ist es nun so, dass der oft übermalte photographien zur unverwechselbaren kunst kreiert, die auch seinen "stil" mit ausmachen. und natürlich "verwirft" der künstler auch entwürfe, die ihm nicht "gelungen" erscheinen - er verwirft sie nach gutdünken - und genauso erhebt er andere - für den außenstehenden fast verwechselbare gleiche exemplare - zu seiner "kunst", durch seine signatur und nimmt sie in sein werkverzeichnis auf (s. abb. hier...)
und den schäbigen rest legt er in die abfallkiste, die dann irgendwann ein entsorgungsbetrieb abholt und (hoffentlich) gewissenhaft vernichtet.
also: kunst / keine kunst - signatur / keine signatur ...
und bei dem streetart-künstler banksy wird das ganze prozedere noch komplizierter: der schuf den abzug eines bildes auf leinen aus einer seiner unverwechselbaren genial gestalteten schablonen - hier mit dem titel: "the girl with balloon", das er sonst als graffiti an hauswände drappiert - er signiert das bild dann als echten "banksy" - liefert es in einem von ihm selbst mechanisch präparierten rahmen in ein auktionshaus ein - und just, als sich der auktionshammer nach dem gebot von 1,2 mio. gesenkt hat, zerschreddert die vom künstler eingebrachte mechanik im bildrahmen das werk in streifen - aber nur bis zur hälfte ...- was eine panne darstellte, denn banksy wollte es ganz zerstören und so gegen den kunstmarkt-wahnsinn protestieren.
die käuferin ist eine "europäische sammlerin und langjährige kundin von sotheby's", teilt nun das auktionshaus mit - und nehme es auch zerschreddert an: dies sei das "erste kunstwerk der geschichte, das während einer auktion live entstanden" sei - so ein sprecher dazu von "sotheby's".
die käuferin ersteht also nun das bis zur hälfte zerschnittene bild trotzdem - eben zum aufgerufenen auktionspreis - und flugs steigen die werte nochmal - nun für diesen bildtorso - und selbst das ehrwürdige burda-museum ist sich nicht zu schade, diesen kunstfetzen nun anzupreisen und auszustellen ...
"love is in the bin§ |
und diesen banksy-akt insgesamt nun mit dem restefund von richter zu vergleichen zeigt ja auch, wie schwer es ist, kunst-(aktionen) tatsächlich richterlich zu bewerten - das ist juristisch sicherlich ein drahtseilakt.
denn da geht es doch nur noch um die reine sache: wer hat wann wem zu welchem zweck etwas "übereignet"... - und sogar unverdorbene speisereste aus dem müllcontainer eines discounters werden ja als "diebstahl" geahndet...
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