"

Okay - Rezo - ich habe verstanden: mehr auf die kette kriegen

Hype: Rezo hat mit seinem millionenfach abgerufenen Kritikvideo „Die Zerstörung der CDU“ heftigen Wirbel ausgelöst. Manchmal neigt er mit seinen Angriffen arg zum Populismus.
sinedi-grafik nach einem Foto von dpa




Rezos Rat an die Rentner

Meinungsstark: Der Youtuber erzählt, warum ihm
Politiker und Journalisten manchmal auf die Nerven
gehen. Ältere Leute könnten ruhig „mehr auf die Kette
kriegen“


Düsseldorf. Es traut sich niemand. Haben die jungen Leute im
Publikum denn wirklich keine Fragen an Rezo? Vorne links geht doch
noch eine Hand hoch – Klassikerfrage: „Wie wird man so erfolgreich
bei Youtube?“ Glück gehöre schon dazu, sagt Rezo, „aber auch viel
Arbeit“ – seine Empfehlung: „grundsätzlich einfach ballern“.

Rezo ballert durch – er rackert Tage, Wochen, Monate. Ohne Urlaub.
So sagt er es im Düsseldorfer Rathaus. Der Evangelische Kirchenkreis
hat am „Tag der Bildung“ in den holzvertäfelten Plenarsaal
eingeladen, und Rezo hockt nun etwas verloren zwischen fünf
Männern, die über den Medienkonsum junger Menschen
fachsimpeln. Der Pädagoge Andreas Mertin bescheinigt ihm „eine
protestantische Haltung par excellence“.

„Knackig kurz statt tiefgründig? Bildung in Zeiten von Youtube
Gaming & Co.“, lautet der Titel der Veranstaltung. Kurz und knackig
sei sie ja nun nicht gerade gewesen, die „Zerstörung der CDU“, sagt
Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD). Das
millionenfach abgerufene Kritikvideo, mit dem Rezo die
Regierungsparteien und vor allem die CDU angegriffen hat, sei im
Gegenteil recht lang geworden und zwischendurch „sogar
tiefgründig“.

Rezo fragt, ob er seine Kappe abnehmen soll. Gehört sich so, findet
er und lüftet seinen blau gefärbten Schopf. Er habe seine Haare am
Morgen weder gewaschen noch gestylt, sagt der Produzent und
Musiker. Den Jungs und Mädchen in den Tischreihen ist’s egal. Einige
haben sich Autogrammkarten geholt, nach den Vorträgen stehen sie
für Selfies an.

Youtube ist längst 
ein Leitmedium 
der Jugendlichen

Wie waren nun die Monate nach dem Video? Die erste Phase sei
schon „ein bisschen stressig“ gewesen, sagt der 27-jährige Influencer.
In der Zeit habe er noch mehr geballert als sonst. Er habe aber gerne
die Gelegenheit genutzt, aus seiner Informationsblase
herauszutreten. Er treffe inzwischen „Leute aus der Politik-Bubble
oder aus der Presse-Bubble“, von denen er einige „mega, mega
feiert“. Es gebe aber auch die, die noch nie geballert hätten, die „ihre
Arbeit nicht richtig machen – die nerven mich hart“. Der Paul gehört
zu denen, die Rezo hart nerven. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak
hat kurz nach der Veröffentlichung des Videos zunächst wild
zurückgeschlagen. Rezo tue so, „als gäbe es nur eine einzige richtige
Meinung, nämlich seine“, sagte Ziemiak. Das sei „gefährlich“.

Einige sahen in dem Video sogar Gründe dafür, dass die Union bei
jungen Europawählern schlecht abgeschnitten hat. Ziemiak bot
schließlich ein Treffen an, sie schrieben hin und her – ohne Ergebnis.

Monatelang habe er auf den Paul gewartet, sagt Rezo. Die CDU habe
es versäumt, mit einer klaren Fragestellung an ihn heranzutreten.

So richtig stringent läuft es auch im Rathaus nur vorübergehend.
Rezo erzählt von seiner Mediennutzung, beim „Alltagszeug“ sei
Twitter „das Hauptding“. Da stoße er auf Artikel der klassischen
Zeitungsredaktionen. Sonst lese er Studien – „wie man das
wissenschaftlich eben ordentlich macht“.

Auf dem Podium ordnet man noch mal den Hype um Rezo ein. Bernd
Beuscher, Professor für Praktische Theologie, konstatiert, das „Volk“
habe in Rezo für einen Moment „seinen Propheten gefunden“. Zumal
diese jungen Leute häufig in Verantwortungsscheue erstarrten, in
einem geistigen Phlegma. Internet sei „kein Ponyhof“, floskelt
Beuscher in paternalistischem Ton, es fehle der Mut zur Haltung in
„Digitalien“.

Youtube ist nach einer Studie des Rates für kulturelle Bildung längst
ein Leitmedium der Jugend. 86 Prozent der befragten zwölf- bis 19-
Jährigen nutzen die Plattform. Häufig suchten sie gezielt nach
Themen und ließen sich von originellen Videos „kulturell anregen“.
WhatsApp liegt bei den Nutzungswerten der digitalen Kanäle mit 92
Prozent vorne, Facebook und Instagram teilen sich den dritten Platz
(61 Prozent).

„Ich bin weit weg von euch“, sagt Rezo in die Runde, „von Ihnen!
Entschuldigung.“ Natürlich seien junge Leute mutig und kreativ im
Internet. Er habe sich bei Tiktok angemeldet und sei „weggeflasht“
gewesen vor fantasievollem Informationsgehalt.

Mit den Schülern 
freitags auf die Straße

„Wenn hier jemand wenig auf die Kette kriegt, sind das eher die Alten als die Jungen.“ Ältere Leute „könnten doch auch mal ’ne Story ins Internet stellen“, sagt Rezo. Oder sich engagieren, „wenn Schüler freitags auf der Straße für ein Ziel einstehen. In der Rente hat man doch Zeit“
Text: NEUE WESTFÄLISCHE, Montag, den 16.09.2019, S. 5: Zwischen Weser & Rhein

___________________

danke, rezo, dass du mich aus meinem dornröschen-schlaf "prophetisch" wachgeküsst hast, damit ich endlich endlich merke, was die stunde geschlagen hat...

danke, dass du mir sagst, ich müsste mit meinen alten tauben knochen mal wieder so "richtig losballern" - so wie ich das ja um die 68er-80er-90er jahre noch so gut & gerne und mit großem einsatz für die "richtige sache" gemacht habe.

und ich bewundere seit wochen, wie dich die tagesschau-kamera oder die kamera der "aktuellen stunde" mit deinem unverwechselbaren blauen haarschopf unter dem mützchen aus den tausenden und abertausenden "friday-for-future"-demonstranten und -protestierern jeweils immer wieder herausfischt - wo du doch treu zur sache immer wieder gern mitmischst und dich ganz selbstlos immer wieder zu wort meldest - gleich neben oder hinter(?) greta (herself), wenn sie denn mit von der partie ist - und da ist...

ich bewundere das - und hatte immer ein schlechtes gewissen, dass ich alter grauer sack da gar nicht mitgetan habe - einfach auch, weil ich gar nicht weiß, ob die jungen über mein selbstgepinseltes transparent: "oldy for future" lachen würden - und nur noch aus beflissener höflichkeit heraus beifall klatschen, wenn ich da mal gerade wieder so richtig "losballern" würde.

nee - die freitags-demos sind nämlich beileibe auch kein "ponyhof" ... - ich verstehe das - und ich teile deinen ärger mit den parteien der großen koalition und besonders - ja ganz besonders - auch der cdu ...

du hast mir seinerzeit - als dein youtube-text so durch die medien geballert wurde - so beinhart echt aus der tiefsten seele gesprochen - und so selbstlos und absichtslos - einfach nur fantastisch. 

allerdings - mal ganz ehrlich - wirken bei dir eher das lametta und all die glitzerkugeln als der baum dadrunter, an dem der ganze flitter hängt... - und von dieser oberfläche lassen sich die kids bis zum blinzeln blenden - und dann muss man ja auch nicht mehr sooo genau hingucken.

achte mal drauf, wie oft die kids diese zusatzfloskel "-...oder so" - "...oder so ähnlich" hinter eine aussage setzen, um nicht präzise sein zu müssen oder sie die unsicherheit einholt...

entschuldige also, rezo, für meine diesbezügliche derzeitige noch-abstinenz - aber ich habe mich doch nur mit längst verflossenen aber immer noch aktuellen dingen das letzte jahrzehnt beschäftigt, die über deine generation und die generation nach dir bis jetzt so gänzlich spurlos und ohne viel interesse halt sang- & klanglos hinweggefegt ist: aber niemand kann aus seiner haut... 

ich habe da eben mit meinen wohl nicht ad acta zu legenden befindlichkeiten immer noch was auf- und abzuklären - und ich bin tatsächlich von "den jungen" insgeheim etwas enttäuscht, denen meine "aufräumarbeiten" scheinbar so was von am "arm" vorbeigehen.

wenigstens clicken vielleicht gerade 3-9 young-user weltweit im monat (!) meinen extra für dieses jüngere semester konzipierten memorial-blog zum mordprotokoll für meine tante erna kronshage, die 1944 mit erst knapp 21 jahren ein opfer der ns-euthanasie wurde - und die vorher auch noch zwangssterilisiert wurde.

das interessiert scheinbar nicht so sehr - aber man darf sich ja auch nicht verzetteln - ich muss das wohl verstehen lernen: man blickt halt eher angstvoll und besorgt in die zukunft - und interessiert sich nur noch peripher dafür, was opa*oma oder uropa*uroma vor 80 jahren gemacht und getan und gedacht haben ...

und erst neulich las ich sogar in der taz einen kommentar, wo von schülern die rede war, die doch glattweg meinten: "wir wollen nicht von grauhaarigen alten noch etwas von der nazi-zeit oder dem holocaust hören und erklärt bekommen - von diesen sogenannten zeitzeugen - es reicht ..."

also pardon - 
und trotzdem, werter rezo, schreib ich dir nun diese mail - und wenn ich jemals eine antwort dazu von dir erhalte, wird dieses blog darüber schnurstracks berichten - in echt jetzt - versprochen:



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen