Bergen-Belsen: Zunahme provokanter Besucher-Fragen
In der Gedenkstätte Bergen-Belsen stellen Besucher zunehmend provokante Fragen. Das hat der Geschäftsführer der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, Jens-Christian Wagner, der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (HAZ) gesagt. So zweifelten Schüler mitunter die Zahlen der NS-Opfer an. Wagner geht davon aus, dass die Jugendlichen "von Lehrern oder anderen gewissermaßen angespitzt worden sind". Seit mehreren Jahren beobachte er, dass sich "die Grenzen des Sagbaren" nach rechts verschieben. Zwar habe es auch früher solche Provokationen gegeben, aber nicht in diesem Ausmaß. Wagner führt dies auf das Erstarken der AfD und rechtsextreme Gedanken zurück.
Lehrerin von Schülerfragen irritiert
Wagner berichtete von einer Schulklasse, die jüngst beim Besuch der Gedenkstätte kritische und provokante Fragen gestellt habe. Davon sei auch die Lehrerin irritiert gewesen. Es habe sich herausgestellt, dass sie für einen Kollegen eingesprungen ist, der AfD-Mitglied sei, so Wagner. "Der hat die Jugendlichen offenbar angestachelt, mit bestimmten Fragen zu provozieren." In dem damaligen Konzentrationslager Bergen-Belsen waren von 1943 bis 1945 mehr als 100.000 Männer, Frauen und Kinder inhaftiert. Mehr als 52.000 von ihnen starben nach Angaben der Gedenkstätte - unter ihnen auch Anne Frank, deren Tagebücher später weltbekannt wurden.
"Geschichte geschieht nicht, sondern wird von vielen gemacht"
Wagner hält es für notwendig, die Gedenkstättenarbeit zu modernisieren. Auch wenn im Mittelpunkt des Gedenkens weiterhin die Opfer stehen sollten, müsse man "sehr viel stärker auch nach Tätern, Mittätern und Profiteuren fragen und damit nach der Funktionsweise der von den Nazis propagierten Volksgemeinschaft", sagte er der HAZ. Zudem sollte bei den Besuchern die Erkenntnis wachsen, "dass Geschichte nicht einfach geschieht, sondern von vielen gemacht wird".
Im Konzentrationslager starben nach Angaben der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten rund 52.000 Menschen - auch Anne Frank und ihre Schwester.
Textquelle: NDR
wenn ich schulklassen von der ns-euthanasie-ermordung meiner tante erna kronshage erzählte, waren sie von ihren lehrern dazu oftmals in keinster weise vorbereitet worden, und mucksmäuschenstill lauschten sie oft ohne reaktion und ohne ablesbarem interesse meinem beitrag - manche vergaßen gar zu nicken oder mit dem kopf zu schütteln. ihre "vorbereitung" zum thema war wohl oft nur ein kurz und bündiger fünfzeiler in einem "geschichts"-lehrbuch, als beitrag zu den wohl rund 300.000 euthanasie-morden - wenigstens haben sie mir den mal so gezeigt.
insofern ist es schon spannend, wenn nun die schüler wenigstens mit fragen in die gedenkstätte bergen-belsen kommen, auch wenn diese eventuell von der "falschen seite" provokant mit auf den weg gegeben werden.
nach 80 jahren muss man auch als gedenkstätten-leiter sicherlich mit solchen unbedarften und provokanten beiträgen von der (groß-)enkelgeneration der aktiven zeitzeugen von damals rechnen.
und kritische fragen zu stellen ist ja kein verbrechen.
die grassierende "political correctness" darf nun bitteschön nicht so weit gehen, dass sie in bergen-belsen nur noch andächtige und abgerichtet vor sich hin starrende und von trauer übermannte und überfraute jugendliche als angemessen akzeptiert.
das kann und darf es nicht sein.
und wenn man etwas von dem oben (hier im beitrag aus youtube) eingestellten filmmaterial zu den damaligen ausmaßen des lagers und den funktionen der einzelnen abschnitte - oder eben auch die dokumentaraufnahmen der englischen streitkräfte bei der befreiung beim auffinden der zum skelett abgemagerten letzten überlebenden oder den offenen massengräbern des kz's aus dem fundus den schülern gezeigt hätte, hätte es gar nicht vieler worte und zurückweisungen bedurft, um diesen vielleicht von ihrem afd-lehrer "angepieksten" schülern in aller deutlichkeit und klar und wahr zu begegnen.
ich hatte bei meinen vorträgen zu erna kronshage, bei denen ich mir jedesmal mehr beteiligung und diskussion gewünscht hätte, eher mal "kritische" anmerkungen aus einer anderen ecke, nämlich wenn ich die zweifelhafte rolle der ns-psychiatrie-ärzte ansprach, und eine sehr selbstbewusste arzttochter und angehende medizinstudentin sich diese kritik an der "ärzteschaft" überhaupt verbat und pauschal zurückwies. und seitdem werde ich in diese schule auch nicht mehr eingeladen...
aber auch da ist es ja die fehlende information zu den gesamtzusammenhängen in diesem "deutschen volk" vor 80 jahren, von führern und verführten, von tätern und opfern und mitläufern - und ebenfalls der großen einfach schweigenden vor sich hin brütenden mehrheit - fast ebenso wie heutzutage - wo es auch die wenigen aktiven und sich informierenden gesellschaftsteile gibt - und diejenigen, denen das alles nichts angeht und die sich aus dem gesellschaftlichen diskurs einfach heraushalten.
denen ist das zu kompliziert und die daddeln lieber auf ihrer spielkonsole herum, anstatt sich mal dafür zu interessieren, wie (ur-)opa und -oma vielleicht von 1933-1945 gelebt und überlebt haben und in welcher funktion.
die ns-morde waren ja umfassende industriell durchorganisierte kleinteilige ketten-liquidationen, bei denen die einzelnen stationen und funktionen sich den staffelstab jeweils zusteckten und weitergaben: das begann oft mit dem nachbarn oder sogar einem familienmitglied als denunzianten, der ns-fürsorgerin, dem amtsarzt und seinen helferinnen, dem polizeiposten des ortes, der verwaltung, dem zugpersonal und dem lokführer des deportations-transportes mit der reichsbahn, dem wachpersonal und der kommandatur des lagers und schließlich dem liquidationskommando und den mitarbeitern am verbrennungsofen der ermordeten leichen.
und das waren - so schätzen experten - alles in allem ca. 30 beteiligte menschen pro opfer - die fast alle nach dem krieg unbehelligt durch diese zeit schlitterten und in ihren familien behaupteten, sie hätten "von nichts gewusst" ...
die deutsche gesellschaft von 1933 - 1945 war täter- u n d opfergemeinschaft - und das war nicht etwa der kleine abwaschbare "vogelschiss", wie herr gauland das heute abtun will.
und es ist auch noch nicht wieder "in ordnung - nach so langer zeit" oder "nun lassen wir's mal gut sein" ...
verdrängte schuld und verdrängtes trauma sind der nährboden vieler psychosomatischer auffälligkeiten und oftmals schlechter träume und belastungen (stichwort: transgenerationale traumavererbung).
wir alle müssten das persönlich mit allen verstrickungen "bis ins 3. und 4. glied" aufarbeiten, also mindestens bis in die 4. generation hinein: und eine generation währt ca. eine epoche von rund 30 jahren - und das wäre von 1945 an - + 120 jahre = also ca. anno 2065 ...
und wer ohren hat zu hören - der höre ...