"
Posts mit dem Label remonstranten werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label remonstranten werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

alles in allem - immer wieder neu



Ostern – Karfreitag – Karsamstag: 
„Der ohnmächtige Gott der Liebe“

Von Prof. Wilhelm Gräb und
 Christian Modehn

Ostern – Karfreitag – Karsamstag: Ein Interview mit Prof. Wilhelm Gräb, Humboldt Universität zu Berlin.

Die Fragen stellt Christian Modehn. 


Das Osterfest wird in der christlichen Tradition als Ereignis der Auferstehung Jesu begangen. Wie kann die Erfahrung der ersten Christen „Jesus ist lebendig über den Tod hinaus“ heute im Blick auf Jesus selbst verstanden werden. Und welche Bedeutung hat dieser Auferstehungsglaube für die religiösen Menschen heute?

Sie formulieren ja selbst schon so, dass das Missverständnis vermieden wird, die Auferstehung Jesus sei ein beobachtbares Faktum gewesen, in dem Sinne, dass der zuvor gekreuzigte Jesus am Ostermorgen seinen Jüngern und Jüngerinnen erschienen und das Grab, in das man den Leichnam gelegt hatte, leer gewesen sei. Es mag sogar alles tatsächlich so gewesen sein wie die neutestamentlichen Texte berichten. Die Behauptung der Tatsächlichkeit des Geschehens sagt aber über dessen religiöse Bedeutung gar nichts aus. Darauf machen die neutestamentlichen Texte selbst aufmerksam, insbesondere Paulus. Das Neue Testament ist im Wesentlichen eine Sammlung von Deutungen des Todes und der Auferstehung Jesu. Nie geben sich die Texte mit der Behauptung des Faktischen zufrieden, immer geht es ihnen um die existentiell-religiöse Bedeutung der Worte und Taten, des Lebens und Sterbens Jesu.

Entscheidend für das Verständnis des Auferstehungsglaubens scheint mir eben diese Unterscheidung zwischen dem Ereignis und seiner Deutung zu sein. Indem Sie, lieber Herr Modehn, davon sprechen, dass es die „Erfahrung der ersten Christen“ war, dass Jesus „über den Tod hinaus lebendig“ sei, nehmen sie diese Unterscheidung ebenfalls vor. Die Überzeugung, die sich den Jüngern und Jüngerinnen Jesu in der Begegnung mit dem irdischen Jesus gebildet hat, war die: Dieser Mensch ist unzertrennbar mit Gott verbunden. Er kann und wird aus dieser Verbundenheit nicht herausfallen. In der Lebensgemeinschaft mit ihm, als die an ihn Glaubenden, kann auch uns nichts von der Liebe Gottes trennen. So die Interpretation des Kreuzes Jesu, explizit durch Paulus: „Ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben… kann uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn“ (Röm 8, 38f.)

Der Glaube an die Auferstehung Jesu ist kein Fürwahrhalten eines Wunders, eines Mirakels, also der Wiederbelebung eines Leichnams. Sondern es ist eine persönliche Überzeugung, die ihren biblischen Anhalt an dieser Deutung des Kreuzestodes Jesus hat. Wer zu der Überzeugung kommt, zu der die ersten Jünger und Jüngerinnen und seither viele Christen gefunden haben, dass Jesus lebt, ja, dass er mit seiner Hoffnungsbotschaft in uns selbst lebendig ist, in dem keimt dann möglicherweise auch die Hoffnung auf die eigene Auferstehung. Dann setze ich darauf (was kein Wissen ist und niemals sein kann), dass es nicht unsere menschliche Bestimmung ist, letztlich nur eine „Krankheit zum Tode“ zu sein, sondern Gott uns ewig in seinen „Händen“ hält.

Vor der Auferstehung gedenken Christen am Karfreitag der Kreuzigung und des Todes Jesu. Welchen Sinn hat es heute noch zu sagen: Durch Jesu Blut wurden wir erlöst? Gibt es zugänglichere Aussagen, die andeuten: Dieser Tod hat eine große Bedeutung, weil er auf einen bedeutenden, vielleicht einmaligen Menschen bezogen bleibt?

Die Vorstellung vom erlösenden Opferblut Jesu sollten wir in der Tat ablegen. Sie entspricht auch nicht dem Grundsinn der Deutung des Todes Jesu, die das Neue Testament gibt. Dieser geht selbst dort, wo die Opfervorstellung angesprochen wird, dahin, in Jesu Gang ans Kreuz das Ende aller Opfer zu sehen. Jesus wurde ja nicht zum Opfer gemacht, sondern er hat sein Leben gegeben, sein Leben zum Einsatz gebracht – damit alle, die darauf schauen, das ewige Leben haben.

Diese Bedeutung des Todes Jesu geht aus seinem Leben hervor. Mit seinem Leben hat Jesus gezeigt, was unbedingt wichtig ist und dieser Welt eine gute Zukunft eröffnet: Dass dies die Gottes- und Nächstenliebe ist, dass nur die Liebe zählt, die vorbehaltlose Verbundenheit mit Gott und der Menschen untereinander – unbedingt und radikal, über alles uns Trennende hinweg, unabhängig von unseren religiösen, nationalen, kulturellen Zugehörigkeiten, unserer Hautfarbe und unserem Geschlecht. Diese universale Gottes- und Menschenliebe hat Jesus gelebt. Sie aber vertrug sich nicht mit den Gesetzen und Herrschaftsinteressen in dieser Welt. Sie tut es bis heute nicht. Deshalb musste Jesus sterben. Die Bedeutung seines Todes liegt insofern darin, dass wir die Unbedingtheit seiner liebenden Selbsthingabe erkennen. Sie war für ihn selbst nicht ohne Schmerzen, nicht ohne den tiefsten Schmerz der Gottverlassenheit.

Zwischen Karfreitag und Ostersonntag liegt der „Karsamstag“, ein traditioneller kirchlicher Feiertag, dessen Bedeutung so schwer zu fassen ist. Hegel hat ja in seiner Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phie so eine Art Karsamstagsphilosophie angedeutet, indem er auf den alten Liedvers (von 1628) verwies: „O große Not, Gott selbst ist tot“. Ist also der Karsamstag das Fest des – zumindest vorübergehend – toten Gottes?

Blicken wir auf den Menschen Jesus, dann erkennen wir die Bedeutung seines Lebens und seines Sterbens darin, dass er die völlige Verbundenheit mit Gott und der Menschen untereinander gelebt hat, ja, dass er an dieser Verbundenheit festgehalten hat, auch noch als ihn in der Stunde seines Todes das Gefühl überkam, jetzt doch von Gott und aller Welt verlassen zu sein. Gerade im Lichte des Schreis der Gottverlassenheit am Kreuz kann – von Gott aus betrachtet – der Tod des die Einheit mit Gott lebenden Jesus auch als der Tod Gottes gedeutet werden. Das meinte Hegel mit dem „spekulativen Karfreitag“, dass Gott, der das Leben, lebendiger Geist ist, in sein Gegenteil eingeht. Doch nicht um in der bloßen Negativität zu verharren, sondern um sie ihrerseits zu negieren, den Tod in den ihn überwindenden absoluten Geist, in das ewige, alles einigende Leben der Liebe aufzuheben.

So ist Jesus derjenige, der Gott uns als den bekannt gemacht hat, der mit hineingeht in unsere menschliche Situation, auch noch in unser Sterben und unseren Tod, der sogar die Verzweiflung der Gottverlassenheit mit erleidet. Doch nicht, um uns darin allein zu lassen, sondern mit der Hoffnung auf den Sieg der Liebe über den Tod zu erfüllen. Der Gott, der am Kreuz stirbt, ist Gott der Allmächtige. Der Gott, der seit Ostern der Grund unserer Hoffnung ist, ist der ohnmächtige Gott der Liebe, der Gott, der in den Schwachen mächtig ist und den wir in der Kraft eines unwahrscheinlichen Lebensmutes jetzt schon in uns wirksam fühlen. Dieser Gott lässt uns nicht allein, auch wenn wir sterben müssen.

Copyright: Prof. Wihelm Gräb und Religionsphilosophischer Salon Berlin

_______________________________________

Wir erkennen und glauben, 
dass wir unsere Ruhe nicht in der Sicherheit dessen finden, was wir bekennen, 
sondern im Erstaunen über das, was uns zufällt und geschenkt wird. 
Dass wir unsere Bestimmung nicht finden in Gleichgültigkeit und in Habgier, 
sondern in der Wachheit und Verbundenheit mit allem, was lebt. 
Dass unser Dasein nicht seine Vollendung findet in dem, was wir sehen und was wir haben, 
sondern durch das, was unendlich größer ist als unser Begreifen. 

In diesem Bewusstsein glauben wir an Gottes Geist, 
der alles, was Menschen trennt, übersteigt, 
der sie begeistert für das, was heilig und gut ist. 
Damit die Menschen dann singend und schweigend, 
betend und handelnd Gott ehren und dienen. 

Wir glauben an Jesus, einen vom Geist erfüllten Menschen, 
das Antlitz Gottes, das uns ansieht und beunruhigt. 
Er hatte die Menschen lieb und wurde gekreuzigt, 
aber er lebt, sein eigener Tod und unser Tod sind vorüber. 
Er ist uns ein heiliges Vorbild für Weisheit und Mut, 
er bringt Gottes ewige Liebe ganz dicht zu uns. 

Wir glauben an Gott, den Ewigen, 
der unergründliche Liebe ist, 
der Grund unseres Daseins, 
der uns den Weg zu Freiheit und Gerechtigkeit weist 
und uns ruft zu einer Zukunft in Frieden. 

Wir glauben, dass wir selbst, 
so schwach und fehlerhaft wir auch sind, 
gerufen wurden, um mit Christus und allen Gläubigen 
zusammen Kirche zu sein im Zeichen der Hoffnung. 

Denn wir glauben an die Zukunft Gottes und seiner Welt, 
an eine göttliche Geduld, 
die Zeit schenkt, 
um zu leben und zu sterben 
und um dann aufzuerstehen in das Königreich, 
das da ist und kommen wird, 
wo Gott auf ewig sein wird: 
Alles in allem. 

Gott sei Lob und Ehre in Zeit und Ewigkeit. 

Amen. 

Aus dem Niederländischen übersetzt von Christian Modehn

Dieser Text stammt von der Webseite https://www.publik-forum.de/Publik-Forum-15-2006/das-neue-glaubensbekenntnis-der-remonstranten





in paris ist das große nationalheiligtum, die "notre-dame"-kathedrale, ausgebrannt - und binnen 48 stunden wurden fast 1 milliarde uros an spenden zugesagt. das zeigt europäische solidarität - aber auch eine einstimmung auf den europa-wahlkampf - und das ist glaubensmäßig ja fast ein wunder in dieser kirchfernen zeit und im noch kirchferneren frankreich und all den unappetitlichen dingen, die im zusammenhang mit kirchen weltweit an gewalt und vergewaltigung geschehen und geschehen sind.

da spendet man im überfluss für eine menge steine, von denen man meint, dass sie zum jetzigen leben irgendwie dazugehören - während man tagelang braucht, um für ein schiff voller gestrandeter afrikanischer menschen, die verzweifelt eine bessere bleibe für sich suchen, einen anlegeplatz in einem sicheren mittelmeerhafen zu finden - nach zähen internationalen geheimverhandlungen.

und dabei weiß man ja als atheist längst - und auch bei aufgeklärten christen hat es sich auch herumgesprochen: gott wohnt nicht in kathedralen oder kirchen oder mauern: gott ist "alles in allem" ..., also ostern schlechthin, in dem sich aller tod immer wieder neu in pures leben verwandelt.

und heute wurden im fernsehen passanten auf der straße gefragt, was denn karfreitag für sie sei: und eine frau meinte, diese "alten feiertage" könnten heutzutage die jungen menschen gar nicht mehr erreichen, die wüssten da nichts mehr mit anzufangen. und warum der krafreitag "ein stiller feiertag" sei vom ordnungrecht her, sei doch völlig unverständlich.

da frage ich mich schon, warum man dann nicht für die abschaffung dieser "kirchlichen" - dieser "alten feiertage" auch konsequent plädiert - und warum andere junge leute aus dem karfreitag einen "car"freitag machen mit unangemeldeten verabredungen zu wilden autorennen auf den normalen straßen ...

um da mal vielleicht ein paar dinge mit gerade zu rücken habe ich mich getraut, hier die gedanken der remonstranten näherzubringen, einer hauptsächlich in den niederlanden aktiven christlichen kirche, die ganz undogmatisch und frei zu einem glauben des "mit-denkens" einlädt ...