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der ahnungslose nolde-"rentner"

Emil Noldes „Rentner“ von 1920. Foto: Philipp Ottendoerfer | NW



Nolde-Bild kehrt nach Bielefeld zurück

Die Nazis hatten das Werk „Rentner“ 1937 als „entartet“ beschlagnahmt und verkauft.

Von Stefan Brams | Neue Westfälische

Vor 100 Jahren hat Ernst Nolde sein Bild „Rentner“ gemalt. Ein visionäres Werk, das das Altsein imaginiert. Eine Arbeit, in der der Künstler seine eigene Physiognomie spiegelt und ein allgemeinmenschliches Thema eindrucksvoll und berührend umgesetzt hat.

Ein Kunstwerk, das von 1929 bis zum Jahr 1937 im Kunsthaus Bielefeld, dem Vorläufer der Bielefelder Kunsthalle zu sehen war. Dessen Leiter Heinrich Becker hatte es für die eigene Sammlung aus einer dort gezeigten Nolde-Ausstellung heraus angekauft. Doch am 23. August 1937 wurde es zusammen mit 135 weiteren Werken, die den Nazis als „entartet“ galten, beschlagnahmt, nach Berlin gebracht und als „international verwertbares“ Kunstwerk verkauft.

Doch nun kehrt das Bild zurück in die Kunsthalle Bielefeld. Denn dieser ist es gelungen, das Werk, das 2018 aus Privatbesitz wieder auf dem Kunstmarkt auftauchte, für die die eigene Sammlung zurückzukaufen. Laut Mitteilung der Kunsthalle gelang dies „dank Fördermitteln der Kulturstiftung der Länder und dank der Unterstützung Brigitte und Arend Oetkers sowie anderer privater Geldgeber und unter Beteiligung der Stadt Bielefeld“. Letztere machte 45.000 Euro frei für den Rückkauf.

Über die genaue Rückkaufsumme wurde gestern nichts mitgeteilt. Angeboten worden war das Bild im Jahr 2018 auf dem Kunstmarkt zum Preis von 680.000 Euro.

Die Kunsthalle äußerte gestern, „glücklich zu sein“ über die Rückkehr des Bildes. Es ist nach dem Bild „Sämann“ von Christian Rohlfs das zweite 1937 beschlagnahmte Hauptwerk, das seinen Weg zurück in die Sammlung findet.

Die Kunsthalle besitzt neben dem „Rentner“ zwei weitere Werke von Nolde – „Männerköpfe“ aus dem Jahr 1912, das 1961 erworben wurde, und „Tropenwald“ (1914), das der Kunsthalle von der Firma Dr.. Oetker 1951 geschenkt wurde. Noldes „Rentner“ füge sich kongenial in den Sammlungsschwerpunkt „Klassische Moderne“ ein, so die Kunsthalle.

Text und Bild: Neue Westfälische, Donnerstag, 13.2.2020, S.22 Kultur/Medien

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KOMMENTAR: Richtig so 
Es mutet schon befremdlich an, dass die Kunsthalle Bielefeld für den Rückkauf eines Bildes, das ihr bis zur Beschlagnahmung durch die Nazis gehörte, nun erneut zahlen muss. Wieso kann der Verkauf aus dem Willkürakt von 1937 eigentlich legal sein, so dass jetzt 680.000 Euro fließen müssen, um das Bild zurückzukaufen? Dennoch war es richtig, Noldes Werk wieder für die Sammlung zu erwerben. Gut, dass sich die Kunsthalle dafür erfolgreich stark gemacht und Partner gefunden hat. 
stefan.brams@ihr-kommentar.de
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obwohl noldes werk an sich wenigstens in der zeitungs-reproduktion im ersten moment etwas "hingehuscht" wirkt, besticht ja bei näherer betrachtung diese leuchtkraft um stirn, augen und nasenflügel - und dieser feste und doch auch irgendwie bittende frontale blick face to face - und der "expressionismus", so sagt der name ja schon, steht für "ausdruckskraft" - mit dem aus-druck gleichzeitig das innerpsychische und den willen und die anspannung nach außen pressen - und dadurch auch einblick zu gewähren: eine äußerliche antwort auf die frage: "und - wie geht es dir?...".

ja - und "befremdlich" ist wohl der richtige ausdruck für diesen deal, der ja anscheinend aus direkten oder indirekten steuermitteln und aus stifter- und spendengeldern für wohl ca. 680.000 uro getätigt wurde...

und der kommentar fragt ja auch brav: "Wieso kann der Verkauf aus dem Willkürakt von 1937 eigentlich legal sein, so dass jetzt 680.000 Euro fließen müssen, um das Bild zurückzukaufen?" 
- um dann jedoch abrupt diese frage gar nicht ernsthaft weiter abzuklären - sondern quasi mit einem "schulterzucken" auszurufen: "Dennoch war es richtig... -  Gut, dass sich die Kunsthalle dafür erfolgreich stark gemacht und Partner gefunden hat."

nun bin ich ja in sachen provenienz-forschung für die in der ns-zeit beschlagnahmten kunstwerke, die als "ent-artet" deklariert und "beschlagnahmt" wurden, ein totaler laie, aber mir fallen dann diese dubiosen machenschaften um diese "gurlitt"-depots ein, wo man 2013 "zwischen saftkartons und konservendosen" (sz) in einer schwabinger wohnung eine riesige sammlung an nazi-raubkunst entdeckt hatte, mit denen seinerzeit der kunsthändler hildebrand gurlitt geschäfte gemacht hat. 

als der sohn cornelius gurlitt mal wieder eines der werke aus diesem fundus "unter dem mantel" etwas dubios veräußern wollte, fand sich dieses umfangreiche "kunst-depot" dort in schwabing und wohl auch in einer wohnung in salzburg mit insgesamt 1.500 werken. 

im zuge dieses "gurlitt-depot"-fundes wurde nun auch das besitz- und veräußerungs- und vererbungs-recht hin und her gebeugt, wem denn nun diese raubkunststücke letztlich gehören - und der "freistaat bayern" machte dabei nicht immer die souveränste figur.

ich weiß nun gar nicht, ob noldes "rentner" mit teil dieses gurlitt-fundes war, aber ich wundere mich schon, dass ich über das "woher" dieses werkes so wenig erfahre, aber anscheinend mit vereinten pekuniären kräften diese kaufsumme gestemmt wird - für ein 1937 "beschlagnahmtes" bild.

wo war es also von 1937 bis 2018, als es wohl plötzlich "im kunsthandel" wieder "angeboten" wurde, und bis dahin als "verschollen" galt???

und inwieweit war in diesem ganzen deal die "lost art-datenbank" eingebunden, die ja der erfassung von kulturgütern dient, die infolge der nationalsozialistischen gewaltherrschaft verbracht, verlagert oder verfolgungsbedingt entzogen wurden. sie wird vom "deutschen zentrum kulturgutverluste" in magdeburg betrieben, die ja sicherlich auch aus steuermitteln unterhalten wird.

okay - sie kümmert sich wohl hauptsächlich um kunstwerke, die im jüdischen besitz waren und nun an die rechtmäßigen erben zurückgegeben werden sollen/müssen ...

aber gilt gleiches nicht auch für beschlagnahmte kunst in den museen und galerien, die als als "entartet" eingezogen wurden, und zur aufbesserung der kriegskasse vom handlanger hildebrand gurlitt und anderen auf dunklen wegen für die ns-machthaber weiterveräußert wurden.

gibt es dafür nicht auch einen anspruch auf "rückgabe" - und müssen tatsächlich zur wiederherstellung der ursprünglichen besitzverhältnisse hier "starke partner" und steuermittel in nicht geringem umfang eingesetzt werden?

auch kriminelle kunsträuber handeln ja schlicht mit der gleichen blaupause: man entwendet ein bedeutendes werk aus einem museum, lagert dieses werk in einem bankschließfach ein paar jahre oder jahrzehnte ein - und bietet es dann auf dunklen wegen oft über einen rechtsanwalt oder notariat dem "kunsthandel" oder dem geschädigten museum zum rückkauf an - was leider auch allzuoft fast reibungslos gelingt.

und gehässigerweise sei noch angemerkt, dass ja auch der gesamte "legale" kunstmarkt mit seinen oft spektakulären auktionen sich letztlich diesem simplen "wertsteigerungs-prinzip" verschrieben hat: 
  • beschaffen und vom markt nehmen - 
  • liegenlassen und einlagern - 
  • nach jahren anbieten und mit oft sagenhaften gewinnmargen weiterveräußern - 
eine besondere form einer simplen einfachen aber lukrativen gelddruckmaschine. 

also - ich bin wohl damit einverstanden, dass der "rentner" nun nach 83 jahren wieder auf seinen angestammten und für mich auch als rechtmäßig empfundenen platz an der wand in der kunsthalle bielefeld zurückkehrt - auch wenn ja ein damals beschlagnahmtes "entartetes" werk vom inzwischen posthum überführten enthusiastischen mit-nazi emil nolde auch heutzutage irgendwie ein "gschmäckle" hat. aber über das wie und warum und weshalb hätte ich doch gern etws mehr erfahren.

insofern kann ich nicht dazu einfach "richtig so!" ausrufen.

gute künstler sind nicht unbedingt auch gute menschen

Ausstellung im Israel-Museum
Werke aus der Gurlitt-Sammlung in Jerusalem

Bei der Suche nach NS-Raubkunst spielt Israel seit Jahren eine aktive Rolle. In Jerusalem wird nun erstmals ein Teil des Gurlitt-Funds ausgestellt. Die dort gezeigten Werke speziell stehen aber nicht unter Raubkunstverdacht.

Mehr als 80 Werke aus dem Erbe des deutschen Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt (1895-1956) sind nun von Dienstag an erstmals in Israel zu sehen. Die Ausstellung mit dem Titel «Fateful choices» (etwa: Schicksalsentscheidungen) im Israel-Museum in Jerusalem zeigt Werke bekannter Künstler, darunter Otto Dix, Max Ernst, Erich Heckel, George Grosz, Pierre-Auguste Renoir, Claude Monet und Emil Nolde. Sie befasst sich auch mit der komplexen Figur Gurlitt, der einer der wichtigsten Kunsthändler der Nationalsozialisten war.


Im Besitz von Gurlitts Sohn Cornelius waren 2012 rund 1500 Werke, viele auf Papier, entdeckt worden. Große Teile der Sammlung standen im Verdacht, jüdischen Besitzern während der Nazi-Zeit geraubt worden zu sein. Bisher haben sich aber erst sieben der Kunstwerke eindeutig als NS-Raubkunst erwiesen. Cornelius Gurlitt starb 2014. Er vermachte die ganze Sammlung dem Kunstmuseum Bern. (aus: WESTFALEN-BLATT/dpa)

Direktor des Israel-Museums 

„Die Geschichte dieser Bilder wurde sehr gut erforscht“

Von Anja Reich

Als Kulturstaatsministerin Monika Grütters vor einem Jahr zu Regierungskonsultationen in Jerusalem war, vereinbarte sie mit dem israelischen Kulturministerium, die Gurlitt-Ausstellung nach Israel zu bringen. Nun ist es so weit. Im Israel-Museum in Jerusalem wird seit Mittwoch eine Auswahl der Werke gezeigt, die Cornelius Gurlitt, Sohn des Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt, in seiner Münchner Wohnung aufbewahrte. Die Ausstellung heißt „Schicksalswahlen“ und ist bis zum 24. Januar 2020 zu sehen. Mit Ido Bruno, dem Direktor des Israel-Museums, sprachen wir am Abend der Eröffnung.

Was bedeutet es Ihnen, diese Ausstellung hier in Jerusalem zu zeigen?

Wir sind ein Kunstmuseum und einfach sehr froh, diese wunderbaren Werke zeigen zu können. Da sind ein paar wirklich sehr schöne Stücke dabei.

Welches ist Ihr Lieblingsbild? 

Schwierige Frage. Von den zeitgenössischen Werken vielleicht die von Emil Nolde. Außerdem mag ich die Bilder von Cornelia Gurlitt, der Schwester von Hildebrand Gurlitt.

Emil Nolde - Mann und Weibchen, Holzschnitt 1912 - eins der Exponate in der Jerusalem-Ausstellung


Emil Nolde, ausgerechnet? 
Ich finde, er war ein sehr guter Künstler. 
Stört Sie nicht, dass er Antisemit war? 
Das hat mit seiner Kunst nichts zu tun.

In Deutschland wird diese Frage heftig diskutiert. Die deutsche Kanzlerin hat zwei Noldes abgehängt. 
Was Sie ansprechen, ist eine sehr große Frage, die nicht nur Nolde betrifft und die viele andere Fragen nach sich zieht: Müssen wir einen Künstler boykottieren, nur weil wir seine Einstellungen problematisch finden? Nach welchen Kriterien entscheiden wir, ob ein Künstler tragbar ist oder nicht? Wer legt diese Kriterien fest? Wer entscheidet, wer hält Gericht? 
Haben Sie Antworten darauf? 
Ich glaube, wenn wir uns einmal auf diese Diskussion einlassen, werden wir schnell feststellen, dass wir kaum noch auf die Kunst achten, sondern viel Zeit damit verbringen, Urteile über Künstler zu fällen und dass Politiker aus allen möglichen Richtungen sich diese Diskussion zu nutzen machen, um Kunst zu verhindern. Womöglich völlig ungerechtfertigt. Das ist ein sehr gefährliches Spiel, und deshalb finde ich, jeder sollte für sich selbst entscheiden, was er sich ansieht und was nicht. Wenn jemand meint, Nolde war ein Antisemit oder sogar aktiver Nazi und aus diesem Grund seine Kunst nicht sehen will, ist das zu akzeptieren.
Gibt es Künstler, die Sie in Ihrem Museum nicht zeigen würden?

Darüber habe ich noch nie nachgedacht.

Ist das eine sehr deutsche Diskussion?

In gewisser Weise schon. Aber sie wird auch hier geführt, im Bereich der Musik zum Beispiel.

Sie meinen, die Diskussion darüber, ob in Israel Richard-Wagner-Kompositionen gespielt werden dürfen oder nicht.


Genau. Die Diskussion über Komponisten, die von den Nazis bewundert wurden. Es geht um dieselbe Frage, und es ging eine Weile heiß her. Ob das bei Nolde auch so sein wird, weiß ich nicht.
Wenn Adolf Eichmann ein sehr guter Maler gewesen wäre, hätten wir seine Werke sicher nicht gezeigt. Oder wir würden sie gerade deshalb zeigen. Um den Riss zwischen Künstler und Person darzustellen und darüber zu diskutieren, warum gute Künstler nicht unbedingt gute Menschen sind.

Was haben Sie gedacht, als Sie das erste Mal vom Fall Gurlitt gehört haben?

Ich dachte, das ist eine ziemlich typische Geschichte, eine, die in diese Zeit passt. Aber diese hat einen besonderen Reiz, weil sie wie ein Kriminalfall ist, ein guter Kriminalfall.

Typisch inwiefern?

In dem Sinn, dass es viel Raubkunst in Nazideutschland gab und Kunsthändler, die das ausgenutzt haben. Wir im Israel-Museum hatten hier alleine zwei Ausstellungen dazu.

Wie bekannt ist der Fall Gurlitt in der israelischen Gesellschaft?

Er ist kaum bekannt. In Kunstkreisen natürlich schon. Unsere Kuratorin für europäische Kunst Schlomit Steinberg war Mitglied der Taskforce, die nach den ursprünglichen Besitzern der Gurlitt-Bilder geforscht hat. Aber für einen Großteil der Leute hier in Israel ist das alles sehr weit weg.

Obwohl es Teil der jüdischen Geschichte ist?

Nicht alle Israelis haben die gleiche Verbindung zu jedem Teil der jüdischen Geschichte. Natürlich hat jeder hier vom Holocaust gehört. Aber es gibt dabei so viele Nebengeschichten, und Raubkunst ist eine sehr kleine Nebengeschichte.

Wie sind die Reaktionen auf die Ausstellung?

Das müssen Sie mich in einer Woche noch einmal fragen.

Was erwarten Sie?

Ich denke, im Unterschied zu Europa können wir die Diskussion ein bisschen mehr öffnen. Wir sind freier, denn es ist nicht hier passiert und uns belastet keine Schuld.

Sind unter den sechs Familien, die bisher Werke rückerstattet bekamen, auch israelische?

Nein, davon ist mir nichts bekannt.

Könnte es passieren, dass Besucher durch die Ausstellung gehen und sagen: Guck mal, das Bild hing doch bei unserer Oma in Berlin?

Natürlich kann es sein, dass jemand im Familienalbum der Großmutter ein Foto findet, wie sie im Salon sitzt, und hinter ihr hängt ein Bild, das nun hier in der Ausstellung zu sehen ist. Sehr wahrscheinlich ist das jedoch nicht. Die Geschichte dieser Bilder wurde sehr gut erforscht.

Warum ist die Ausstellung so klein? Sie zeigen nur 100 von mehr als 1500 Werken.

Wir möchten die Geschichte auf einfache und klare Art erzählen, in vier Kapitel unterteilt, leicht zugänglich. Die Qualität der Kunstwerke ist sehr unterschiedlich. Wir haben uns vor allem für hochwertige Bilder entschieden. Außerdem ist es generell so, dass die meisten Besucher kleine Ausstellungen mehr schätzen als große. Sie fühlen sich weniger überfordert.

Waren Hildebrand oder Cornelius Gurlitt jemals in Israel?

Soweit ich weiß, nein.

Ist es möglich, dass es noch mehr versteckte Kunstsammlungen wie die von Gurlitt gibt? Irgendwo auf der Welt?

Klar, warum nicht? Wir wissen nur, was wir wissen, nicht, was wir nicht wissen. Niemand von uns hat mit einem Mann gerechnet, der in seiner Wohnung in München mehr als tausend Kunstwerke versteckt. Aber dass es Kunsthändler gab in der Nazi-Zeit, die zwielichtige Geschäfte betrieben, das wussten wir. Und die gesamte Kunstwelt stellt sich die Frage: Warum haben wir nicht schon vor 20 oder 50 Jahren nach dem Verbleib dieser Bilder geforscht?

Ido Bruno, 1963 in Jerusalem geboren, hat 25 Jahre lang an der Jerusalemer Bezalel Academy of Arts&Design unterrichtet, an der er selbst studiert hat, und eine Design-Firma geleitet. Zudem hat er zahlreiche Ausstellungen in Israel und international kuratiert. Seit November 2017 ist er Direktor des Israel-Museums. 
Das Israel-Museum in Jerusalem ist eines der größten Museen des Landes. Es beherbergt rund 500.000 Objekte, darunter die Schriftrollen vom Toten Meer.

Berliner Zeitung - click



da muss ausgerechnet der direktor des jerusalem-museums, professor bruno, zeigen, wie man die kunst vom künstler getrennt sehen sollte - aber dass das eine individuelle persönliche entscheidung ist.

ich habe in diesem blog schon einmal gesagt, dass emil nolde nun kein schlechterer künstler geworden ist, weil seine aktive nsdap-mitgliedschaft und -sympathie inzwischen auch von der nolde-stiftung offen kommuniziert wird - und der lack des sogenannten "deutschstunde"-nolde, den meine generation in der nachkriegszeit noch vom frühen fernsehen eingeimpft bekam, nun endgültig abgeplatzt ist (nach dem roman "deutschstunde" von siegfried lenz, der wohl unwissentlich nolde darin etwas zu sehr glorifiziert und ihm ein verfälschendes image verpasst hat in der hauptfigur nansen dort).

es ist schwierig, sich hierzu untadelig gerade mit einem deutschen personalausweis in der tasche zu verhalten - da ist man aufgrund der sogenannten "trangenerationalen traumaweitergabe" hin- und hergerissen: einerseits von noldes expressionistischer meisterschaft und andererseits von seiner nazi-anbiederei und seiner geschichtsklitterung nach dem krieg, obwohl das ja auch bei richtern, beamten und ärzten z.b. durchaus ein übliches verfahren der spurenöschung und des §neuanfangs" war.

da ist es gerade gut, wenn ein junger jüdischer museums-direktor hier seinen klaren standpunkt vertritt: die kunst kommt vor der moral des künstlers.

die me-too-bewegung hätte mit picasso heutzutage sicherlich auch ihre probleme - und wenn die deutsche elite aus politik und kultur jedes jahr auf den grünen hügel nach bayreuth zu den wagner-festspielen eilt,  dann hat das ja im hinblick auf wagners aktive empathie für die nazis zumindest auch insgesamt ein "gschmäckle".

dass frau merkel nun nach dem abhängen ihrer nolde-bilder aus dem büro nun auch nicht mehr nach bayreuth fährt, hab ich nun noch nicht gehört.

anselm kiefer: dein goldenes haar margarethe
(zeile aus der 'todesfuge' von celan)
und professor bruno schränkt ja auch ein, ob man gegebenenfalls gemälde von adolf eichmann präsentiert hätte - fügt dann aber an: vielleicht gerade - um deutlich zu machen: ein guter künstler muss nicht zwangsläufig auch ein guter mensch sein...

schon 1996 habe ich im jerusalem-museum werke von anselm kiefer hängen sehen, der mit seinen motivbearbeitungen zur "teutschen" mythenwelt auch oft in eine rechte ecke gedrängt wurde und noch wird. und auch heute kennt ihn das ausland insgesamt wesentlich besser und vorurteilsloser als seine landsleute hier...

aber bei kiefer muss man konstatieren, dass seine motive zu gedichtzeilen vom rumänien-deutschen juden paul celan (z.b. "todesfuge") den nachkriegsdeutschen genauso schwer im magen lagen wie ein etwaiges goutieren der diametral gegenüberstehenden seite alten national(sozial)istischen mythenkults...
...scham - schuld - schlechtes gewissen - und es ging den (west-)deutschen doch tatsächlich "unverdient" gut als "tätervolk" nach dem krieg, ver- und gekauft und finanziell gepuckert von den alliierten...
es ist ein typisch deutsches phänomen: dass wir künstler und kunst kaum voneinander unterscheiden wollen und können: auch weil wir immer etwas "hineininterpretieren" und hineigeheimnissen" wollen und fast zwanghaft müssen: und was soll das sein? - und was bringt mir das? - was will mir der künstler damit sagen - als seine persönliche unverbrüchliche botschaft. doch wir müssen lernen auf dem internationalen parkett im globalen dorf: manchem künstler ging und geht es um bloße ästhetik oder gefühlsduselei und meditation und manchmal nur um klamauk und knete.

am anfang war nämlich lediglich das wort ...

noldes gartenhäuschen - sinedi|photography




Deutscher Expressionismus und Nationalsozialismus 
Es wird Zeit für einen genaueren Blick

Von Nicola Kuhn | Tagesspiegel

Emil Nolde, die „Brücke“ und der Nationalsozialismus: Ein Berliner Kolloquium wirft einen neuen Blick auf den deutschen Expressionismus.

Die Emil-Nolde-Ausstellung im Hamburger Bahnhof und ihre neuen Erkenntnisse über die Nähe des Künstlers zum Nationalsozialismus haben ein Beben ausgelöst. In Berlin hängte die Bundeskanzlerin das bislang geliebte Gemälde „Brecher“ von 1936 im Bundeskanzleramt endgültig ab, es wird nach Ausstellungsende nicht wieder in ihr Büro zurückkehren. In New York sagte Ronald Lauder, der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, die geplante Nolde-Schau für sein Museum „Neue Galerie“ öffentlichkeitswirksam ab.

Eine der populärsten Figuren der Moderne, bislang Inbegriff der Widerständigkeit gegen das NS-Regime, ist zumindest aktuell zur Persona non grata geworden. Der bislang florierende Verkauf seiner Bilder dürfte eine Delle erhalten, die Angebote in den Auktionshäusern lassen bereits nach. Aber wie geht es weiter? Welche Folgen beschert auch die Bestandsaufnahme der Brücke-Künstler im Dahlemer Brücke-Museum für die Jahre 1933 bis 1945, vor allem ihre Rezeption in der Nachkriegszeit?

„Unbewältigt?“, so war das dreitägige Kolloquium in Hamburger Bahnhof und Brücke-Museum überschrieben, das nicht nur herauszufinden versuchte, was hinter den trügerischen Narrationen der Nachkriegszeit stand, die bis heute ihre Wirkung im Kunstbetrieb entfalten, sondern auch neue Formen der Vermittlung forderte – bis hin zur kritischen Präsentation von NS-Kunst in den Museen, die bislang als ein Tabu galt.

Verfemte Kunst = widerständiger Künstler?

Organisiert von den Machern beider Ausstellungen – Dieter Scholz von der Neuen Nationalgalerie und Meike Hoffmann von der FU-Forschungsstelle „Entartete Kunst“ - und ihren Kuratoren Bernhard Fulda und Aya Soika wurde nicht zuletzt der Bogen zu einem Kolloquium gespannt, das zwanzig Jahre zuvor am gleichen Ort stattfand und erstmals das Verhältnis „Ästhetische Moderne und Nationalsozialismus“ analysierte.

Nur fand die damals erstmals vorgetragene Kritik an der gängigen Gleichung „Verfemte Kunst = widerständiger Künstler“ kaum Resonanz in der großen Öffentlichkeit. An die heilige Kuh Moderne ging zwar die Forschung ran, in den Institutionen aber hielt man sich zurück. Die Auseinandersetzung blieb intern. Erst die umstrittene Restitution des Berliner Kirchner-Bildes, noch mehr die Entdeckung der Sammlung des NS-Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt in München lenkten die Aufmerksamkeit auf eines der letzten großen Kapitel deutscher Vergangenheitsbewältigung. Jahrzehntelang glaubte man sich beim Wahren, Guten, Schönen auf der sicheren Seite.

Das hat sich geändert. Heute werden Zeitfenster-Tickets für die leseintensive Nolde-Schau im Hamburger Bahnhof benötigt, so gefragt wie sie ist. Die Besucher der aktuellen Ausstellung im Brücke-Museum studieren zwar immer noch hingebungsvoll ihren Schmidt-Rottluff, Heckel und Pechstein, zeigen sich aber ebenso interessiert an den Entstehungsgeschichten ihrer Bilder. Auch daran, was ihre damalige und heutige Lesart über die jeweiligen Zeitumstände aussagt und warum die Ausstellungsmacher und Museumsdirektoren der bundesrepublikanischen Gründerjahre ihre Augen vor den Verstrickungen mit dem NS-System schlossen. „Provenancial turn“ nannte Christoph Zuschlag von der Universität Bonn, seit dem vergangenen Jahr erster ordentlicher Professor für Provenienzforschung, im Festvortrag diesen neuen Trend.

nolde: selfportrait - foto: sinedi|photography


Nolde machte Hitler Vorschläge zur "Entjudung"

Gewiss, dass Emil Nolde seine eigene Legendenbildung vom verkannten Genie betrieb, Siegfried Lenz’ Roman „Die Deutschstunde“ seinem Selbstbild als verfolgter Künstler zupass kam, konnte man spätestens seit der Retrospektive im Frankfurter Städel vor fünf Jahren wissen. Wie weit seine Sympathien für die Nationalsozialisten reichten, dass er Hitler brieflich Vorschläge zur „Entjudung“ des Kulturbetriebs machte, brachte ein Forschungsprojekt erst in den letzten Jahren zutage. „Kognitive Dissonanz“ vermutete Bernhard Fulda, der das Archiv in Niebüll erstmals vollständig sichtete, als Begründung für das Denk- und Forschungsverbot in Seebüll, dessen langjähriger Stiftungsdirektor 2013 abgelöst wurde. Was nicht sein konnte, durfte es nicht geben. Die Quellen schlummerten.

Auch im Berliner Brücke-Museum huldigte man bis vor Kurzem noch vornehmlich dem autonomen Werk, dem „Unmittelbaren und Unverfälschten“, wie es im Manifest der Künstlergruppe heißt, zu der vorübergehend auch Nolde gehörte. Das Haus am Rande des Grunewalds befand sich im Bann des übermächtigen Gründungsdirektors Leopold Reidemeister, der die bewundernde Würdigung der Moderne als Akt der Wiedergutmachung verstand. Auch das zweite Narrativ vom vermeintlichen Widerstand der Brücke-Künstler im „Dritten Reich“, das die Ausstellungsmacher nach 1945 auf diese Weise gerne bis zu ihrer eigenen Person verlängerten, demontieren heute junge Kunsthistoriker. Christina Rothenhäusler vom Münchner Institut für Zeitgeschichte, machte in ihrem „Heldenmacher“ überschriebenen Referat deutlich, was sich hinter dieser Selbststilisierung als Opfer verbirgt: Die eigene Teilhabe am System sollte auf diese Weise ausgeblendet werden.



Die BRD rehabilitierte den Expressionismus

Nachdem der Kunsthandel in den letzten Jahren Rückschau auf seine „guten Geschäfte“ während des Nationalsozialismus verordnet bekam, wird nun den Herolden der Moderne auf den Finger geschaut. Allerdings habe kein Kartell, eher eine Bruderschaft eng verknüpfter Kunsthistoriker bis in die sechziger Jahre hinein gewirkt, die nach dem Aderlass durch die Emigration jüdischer Kollegen verblieben war, so der ehemalige Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, Klaus Schrenk, aus dem Publikum. Zugleich brach er eine Lanze für ihre Durchsetzung des Expressionismus an deutschen Museen, schließlich auch international.

Aber selbst dieses Verdienst unterzog Dorothea Schöne vom Kunsthaus Dahlem einer kritischen Revision. Die Auslandsausstellungen deutscher Kunst hatten vor allem die Funktion, sich im kulturdiplomatischen Wettlauf zu positionieren. Während die DDR Käthe Kollwitz auf Reisen schickte, versuchte die Bundesrepublik vor allem durch eine Rehabilitierung des Expressionismus zu punkten. Zwölf Jahre NS-Diktatur blieben 1957 in der Ausstellung „German Art in the 20th Century“ im Museum of Modern Art in New York freilich ausgeblendet. Der ausdrückliche Wunsch der Gastgeber nach zeitgenössischer deutscher Kunst wurde ignoriert. Statt „Experimente“ gab es Klassiker zu sehen.

Alte Dichotomien gelten nicht mehr

Erst jetzt kommt in den Ausstellungshäusern an, was zwischen 1933 und 1945 in der Kunst geschah. Die „Neue Galerie“ im Hamburger Bahnhof versteht sich hier als eine Experimentierbühne für die Neue Nationalgalerie nach ihrer Sanierung. „Die Schwarzen Jahre“ oder auch die Retrospektive des Bildhauers Rudolf Belling demonstrierten einen veränderten Zugriff auf die Kunst, in der die Zeitgeschichte eine größere Rolle spielt. Joachim Jäger, Leiter des Mies van der Rohe-Baus, gab allerdings in der Abschlussdiskussion zu verstehen, dass solche historischen Tiefenbohrungen, wie sie in der Nolde-Ausstellungen gerade vorgeführt werden, am Kulturforum nur punktuell zu sehen sein werden. Auch an anderen Fronten müssten sich die Museen heute erklären und Farbe bekennen: wie sie es mit der Gender-Frage halten, welchen kunsthistorischen Kanon in einer globalisierten Welt sie überhaupt noch verfolgen, worin das Nationale in einer Nationalgalerie besteht.

Zur wichtigsten, wenn auch nicht neuesten Erkenntnis des „Unbewältigt?“-Kolloquiums gehört, dass die alten Dichotomien keine Gültigkeit mehr besitzen: hier die guten, verfolgten Künstler, die 1937 in der Münchner Ausstellung „Entartete Kunst“ zu sehen waren, dort die bösen. Über ein halbes Jahrhundert nach dem Ende des „Dritten Reiches“ wird es Zeit für einen genaueren Blick, zu dem nicht zuletzt späte Entdeckungen in den Archiven auffordern.

Schon Paul Klee war großzügig mit Nolde

So sorgte ein Hakenkreuz auf einem Entwurf Max Pechsteins für eine Wandmalerei für eine Schrecksekunde. Pechstein also auch? Aya Soika gab Entwarnung und forderte Differenzierung. Der Entwurf reiche nicht aus, ihn als NS-Künstler einzuordnen. Im Vergleich zum Großverdiener Emil Nolde habe Pechstein nur ein geringes Einkommen gehabt und damals versucht, seinen Platz in der Künstlergemeinschaft zu finden. Auch Bernhard Fulda plädierte dafür, nicht den Stab über die Künstler zu brechen. Stattdessen mahnte er, verschiedene Lesarten anzubieten. Der heutige Ausstellungsbesucher solle sich selber ein Bild machen können. Es sei Zeit, sich von liebgewordenen Mythen und kunsthistorischen Schemata zu verabschieden, hatte zu Beginn Christoph Zuschlag mit seinem Vortrag gefordert.

Mehr zum Thema: click here

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okay - ich habe verstanden ... meine bisherige aufgesogene "kunstgeschichte" um den deutschen expressionismus war reineweg getürkt. 

mir fällt zu solcher problematik immer der alte slogan ein: "wess' brot ich ess, dess' lied ich sing" - der schon - bezeichnend - mindestens seit dem jahr 1000 in latein bekannt ist ... gerade für "arme künstler" hatte dieser spruch immer seine "über-lebens-bewandtnis", hatten sie doch meist keine ausfallzeit- oder alters- oder krankenversicherung - und lebten viel zu oft von der hand in den mund. 

und da mussten sie sich - wenn sie von ihrer kunst leben wollten - eben auch jeweils dem zeitgeist anbiedern: rembrandt malte das conterfei von honorigen amsterdamer ratsherren in die "nachtwache" - der alte leonardo da vinci holte sich - neben seinen alltäglichen "spinnereien" - seine aufträge von den örtlichen amtsdiözesen ein - machte eine skizze und einen entwurf - und ließ dann malen ... - gerhard richter meditiert malend zu "auschwitz" und gibt dazu vier werke als "dauer-leihgabe" an den bundestagspräsidenten.

und auch jetzt zeigen die neuesten digitalen kunstspielereien, die mit röntgen- und elektronischen argusaugen den jeweiligen museums-kunstwerken zu leibe rücken, wes geistes kind sie eigentlich sind - und wie oft der künstler - je nach kundschaft - z.b. einen nackten po auch wieder per übermalung "bekleidete" ...: eben auch nur:"wess' brot ich ess, dess' lied ich sing"...

ich will hier nicht etwa das die bewussten biografie-fälschungen eines emil nolde oder auch weiterer deutscher expressionisten "entschuldigen". 

nein - ich muss lernen, neben dem jeweiligen blauäugig betrachteten und mit geschichten ausgeschmückten werk auch den künstler mit zu sehen und zu bewerten - und auch den werdegang und die provenienz seines werkes (siehe dazu z.b. das "geschredderte" ballonmädchen-bild von banksy - oder das angeblich von leonardo stammende - bis jetzt teuerste bild der kunstgeschichte überhaupt: "salvator mundi", das jetzt nach seiner ersteigerung für die öffentlichkeit "in der versenkung verschwunden" bleibt - und das erst vor ein paar jahren von einer der weltbesten restauratorinnen mit dem berühmten "unverwechselbaren" leonardo-sfumato "originalgetreu" ausgestattet wurde...

vorwürfe erhebe ich gegen die kultur-experten und kultur-historiker, die die jeweilige "geschichte" zu den einzelnen künstlern und kunstwerken schon lange kannten und kennen - und diese "provenienzen" und tatsachen jeweils in ihren herzen bewegen oder aus pekuniären auktions- oder museums-erlös-überlegungen heraus einfach "verschweigen" und gar mit ins grab nehmen...

und nachdem an der berliner-sozialpädagogik-hochschule das eugen-gomringer-gedicht übertüncht wurde aus genderpolitischen überlegungen, und hier und da bereits "anzügliche" oder voyeuristische werke abgehängt wurden, steht uns in der gender-problematik und im rassismus und im interreligiösen streit da noch einiges bevor: aber neue erkenntnisse und einsichten können nicht jeweils die entstehungsgeschichten der kulturellen erzeugnisse ganzer epochen neu unterpflügen wollen: am anfang war nämlich lediglich das wort ...

bilderstreit um nolde

Emil Noldes "Blumengarten - Thersens Haus" von 1915 – eben hing das Bild noch im Kanzleramt, jetzt musste es weichen - Abb. nach: © Jörg P. Anders/Nationalgalerie, SMB/bpk Nolde Stiftung Seebüll

  • ein "konkretes" poesie-gedicht von eugen gomringer  wird - über 50 jahre nach seiner fertigstellung - an der fassade einer berliner hochschule plötzlich übertüncht, weil eine handvoll schülerinnen dieser hochschule sich plötzlich und neuerdings in ihrer weiblichkeit diskriminiert fühlen und einen im text ganz zum schluss benannten "bewunderer" (in spanischer sprache) als "übergriffig" ausmachen.
  • songs der pop-ikone michael jackson werden von einigen radiosendern weltweit aktuell nicht mehr gespielt, weil zwei einstige "gespielen" nun nach jahrzehnten - angeblich "glaubhaft" behaupten, von jackson sexuell missbraucht worden zu sein: bei einem ähnlich gelagerten prozess traten beide "opfer" noch zu lebzeiten des künstlers erfolgreich als seine entlastungszeugen auf. eine derzeitig laufende mit fördermitteln finanzierte michael-jackson-ausstellung der deutschen bundeskunsthalle zu bonn - mit viel klimbim und kitsch um seine person - wurde deshalb auch stark kritisiert. - übrigens - jacksons "earth-song" wird sicherlich auf manchen "friday-for-future"-demos - hoffentlich - abgespielt ...
  • und das bundeskanzleramt wird für ein nolde-gemälde aus dem arbeitszimmer der kanzlerin zur leihgabe angefragt - für eine ausstellung in berlin, die die verstrickung emil noldes mit den nazis belegen soll: die kanzlerin will deshalb schnurstracks ein zweites nolde-werk aus diesem für sie vorübergehend (!) zur nutzung überlassenen arbeitszimmer an einer anderen gegenüberliegenden wand gleich mit loswerden. nach einigem hin und her bleiben nun die wände zunächst weiß - ohne kunstbehang - weil auch der "ersatz"-künstler, karl schmidt-rottluff, den die stiftung preußischer kulturbesitz daraufhin aus dem reichhaltigen magazin ziehen wollte und anbot, sich mal irgendwann zu jener zeit "antisemitisch" geäußert habe ...
  • bei anderen kunstwerken wird die "provenienz" - die "herkunftsgeschichte" - irgendwie in unterschiedlicher hinsicht infrage gestellt - und so weiter und so fort ...
Noldes Bild "Brecher" (1936) hing bis vor kurzem im Arbeitszimmer von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Es zeigt eine riesige Welle unter einer blutroten Wolke. Das Bild wurde von den Leihgebern der Staatlichen Museen zurück erbeten, um eine aktuelle Nolde-Schau in Berlin zu bestücken, in der es um Noldes Verstrickungen in der NS-Zeit gehen wird. Zurückkehren wird der "Brecher" wohl nicht mehr ins Kanzleramt. bearbeitet nach © tollebild.com - und einer Vorlage mit Frau Merkel im Vordergrund von picture alliance/dpa DW:
also - der derzeit herrschende zeitgeist hat es verlernt, das einzelne kunstwerk als solches zu "sehen", zu interpretieren, zu deuten, es weiterzuspinnen für die eigene kreativität: der künstler dahinter wird überinterpretiert - was sich ja auch im normalen auktionsbetrieb der internationalen galerien abzeichnet... 

sinedi: unser kopf ist rund...
"unser kopf ist rund - damit das denken die richtung wechseln kann", hat der ebenfalls-künstler picabia seinerzeit formuliert. 
auch ein kunstwerk kann also - bei jedem menschen - egal welchen geschlechts, welcher herkunft, welchen alters, welcher hautfarbe, welcher sexuellen orientierung auch immer, den kopf zur richtungsänderung in der denke bewegen. und dabei spielt die "provenienz" des werkes und der lebenslauf und der werdegang des jeweiligen kunstschaffenden dahinter nur eine sehr marginale bedeutung. nur die schaffe an sich - die kunst - heißt es zu bewerten - sicherlich unter einbeziehung der bedingungen seiner schaffens- und entstehungszeit und der zuordnung zu den gängigen kunststilen und -epochen.

denn in den den einzelnen künstlerbiografien wird es immer auch irgendwelche brüche und verirrungen und irrtümer geben - oder gar verzweiflung und suizid. wir müssen die künstlerpersönlichkeiten ja auch nicht liebhaben oder gar mit dem kunstwerk mitheiraten - der künstler ist lediglich der produzent eines werkes, einer besonderen "ware", die er an die frau - an den mann - bringen will, für die er käuferschichten und sein publikum ansprechen will.

nolde selbstbild, 1917
wenn also ein künstler - wie z.b. emil nolde - von seiner kunst leben will und "publicity" machen muss und die werbetrommel rühren, dann muss er sich als kind seiner jeweiligen zeit dem herrschenden kunstbetrieb anpassen, sonst geht er einfach baden und wird nicht berücksichtigt. nolde sah nun - biografisch bedingt - die aufgabe, sich als person - gebürtig aus dem ländlich-bäuerischen friesisch-dänisch-deutschen grenzgebiet - dem finanzkräftigen deutschen "mainstream"-kunstmarkt anzubiedern - und hatte ja auch glück dabei: eine südseereise trat er im oktober 1913 gemeinsam mit seiner frau ada an - nämlich eine staatlich geförderte forschungsreise der „medizinisch-demographischen deutsch-neuguinea-expedition" des berliner reichskolonialamtes - mit den porträts vieler indigener "models". zuvor hatte er sich bereits im völkerkundemuseum in zahlreichen studien mit der kunst außereuropäischer völker auseinandergesetzt.

und damals war es nun mal "üblich", "fremde" menschen als "exoten" zu betrachten und zu beschreiben: eigentlich als spezies aus einer "anderen welt" - wissenschaftlich anthropologisch "rassistisch" eben - und weniger als "bruder oder schwester", als mit-mensch.

und diese zeit ging dann nach dem ersten weltkrieg allmählich über in diese tiefbraun verrückte nazi-zeit - die aber eben nicht "vom anderen stern" kam und dem "deutschen volk" von außen her übergestülpt worden wäre: sondern der mit pauken und trompeten verlorene erste weltkrieg, der zusammenbruch der monarchie, die allgemeine industrialisierung und die machenschaften und spekulationen der finanzwirtschaft streuten mitten in deutschland eine saat aus, die nun national, und zum teil auch über die grenzen hinaus, ertragreich aufging in diesen braunen "zeitgeist", der nun auch global und international je nach gusto bemüßigt wurde. um in dieser zeit zu leben und zu "über"leben - musste sich ein künstler versuchen anzubiedern, anzupassen, und diesem zeitgeist zu genügen. 

doch nun eckte nolde mit seinem expressionistischen "ausdrucks"starken und innerpsychisch entlarvend sensiblen malstil an: seine künstlerische schaffe passte plötzlich im deutschen sprachraum nicht mehr zur allgemeinen gesellschaftlichen denke. und natürlich musste man nun "bettelbriefe" schreiben, um "offiziell" weiter mit "von der partie" ...beziehungsweise...mit in der partei zu sein.

nolde-brief an goebbels


nolde hat schon frühzeitig gelernt, als randständiger "fischkopp- und bauernfriese" sich gut als künstler zu vermarkten: als postkartenmaler, dann eben in der "expedition" - und so kam er allmählich zu den großen galerien und museen und baute kontakte zu den agenten im damaligen kunstbetrieb auf - was alles allmählich undifferenziert mit in diesen "braunen" zeitgeist aufging - oder eben rechtzeitig ab ins ausland emigrierte.

nolde: die anbetung der könige - 1933 - das blonde jesuskind
als "halb-däne vom land" war nolde immer darauf erpicht, ein echter "deutscher" zu sein - und so wuchs er auch innerpsychisch allmählich mit in dieses fatale deutschtum hinein und ging darin auf - auch mit seinem künstlerischen "geschäft" liebäugelnd - was aber nun "von ganz oben" als "entartet" und "undeutsch" gegeißelt wurde.

und da bekam nolde natürlich zusätzlich "schwitzehändchen" und existenzängste - und er verstand die welt nicht mehr: der stets bewusst "deutsch" denkende und fühlende ehemalige expeditionsmaler des "reichskolonialamts" stand trotz nsdap-mitgliedschaft nun plötzlich im abseits und bekam angeblich sogar "malverbot" erteilt - ein umstand allerdings, der sich inzwischen in der aktuellen erforschung seiner biografie und der provenienzen seines geamtwerkes kaum mehr aufrecht erhalten lässt - und zu den fein gesponnenen "fake news" der bewusst eingesetzten geschönten "copyright identity" und des public-relations des künstlers selbst und später nach seinem tod der ersten gralshüter in der nolde-stiftung gehören - und dabei hatte er doch den "jesus" auf seinen religiösen bildern nie als "juden", sondern immer als blonden oder rothaarigen arisch einwandfreien heiland auf die leinwand gesetzt...

ich bin mein lebenlang ein "fan" von nordfriesland und damit eben auch von emil nolde, der hier zur landschaft gehört wie die wolken und das meer und dessen stiftung seebüll ich bestimmt schon 20-30-mal besucht und seine werke bewundert habe.

zuerst natürlich im namen des "deutschstunde"-mythos, wie er uns von siegfried lenz über nolde erzählt wurde - und wie ich sie zu meiner bildungsreifeprüfung - auch zur aufarbeitung der allseits verschwiegenen deutschen vergangenheit - bearbeitet habe.

allmählich dann aber mit der sich immer stärker verdichtenden gewissheit hin zum "nazi"-nolde, der nicht verstand, warum man seine so für ihn "ursprüngliche" deutsche kunst mit all den nordischen geistern und mythen und dem blonden jesus-kindlein im derben rustikalen pinselstrich des expressionismus in berlin als entartete undeutsche kunst brandmarkte und auch damals - wie heutzutage im kanzleramt - seine kunst abhängte und in den magazinen verschwinden ließ. sicherlich sehe ich sein oeuvre heute mit anderen augen als zu meiner "deutschstunden"-zeit: - aber seiner virtuosen farbgebung und seiner einzigartigen auch dekorativen umweltwahrnehmung und seinen fast surrealistisch-mystischen werknotizen und ausbrüchen tut das keinerlei abbruch ...

noch einmal zum mitschreiben: das kunstwerk, die jeweilige künstlerische arbeit, steht im mittelpunkt des betrachtens und des sich angerührtfühlens - oder eben die ablehnung ... - nicht die biografie und politische linientreue des künstlers - und so will ich es auch weiterhin mit emil nolde halten, der für mich einer der bedeutendsten künstler ist - und bleibt ... - und auf dieser linie akzeptieren ja sogar all die global aktiven #metoo-frauen auch einen pablo picasso.

ohne noldes nun feststehenden antisemitus und seine nazi-gesinnung in irgendeiner weise ent-schuldigen zu wollen, muss ich doch das ambivalente material gelebten lebens mit in meine gedankenfiguren von rückbesinnungen einzelner miteinbeziehen: lebensbrüche, ent-täuschungen sind in wohl jeder biographie enthalten, wenn sie denn tatsächlich "gelebt" wurde: das leben verläuft nicht "glatt" - oft ist es die pure not oder der zeitgeist rundherum, der re-aktionen auslöst... und passt das ambivalente Material gelebten Lebens in diese Gedankenfigur ein.


nolde: abendmahl - jesus mit rotem haarschopf


und eins wüsste ich: eine arbeit zum beispiel von mir - sollte sie jemals aus irgendeinem grunde an prominenter stelle im www.-internet eingestellt sein - würde mit blick auf meine links-grün-versiffte "68-er" durchgangszeit und meine kriegsdienstverweigerung während des grundwehrdienstes und meiner anschließenden berufstätigkeit "im sozialen" - und der jetzigen forschungs- und dokumentationsarbeit hinsichtlich der "euthanasie"-ermordung meiner tante - eine solche arbeit würde sicherlich von "rechtsrum" denkenden menschen ebenso gnadenlos gelöscht werden: egal, was das "motiv" sein würde ...