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Himmlers Dienstkalender


Notizen eines Massenmörders

Die Dienstkalender des SS-Chefs Heinrich Himmler wurden lange unter Verschluss gehalten. Die bürokratischen Eintragungen verraten viel über die Arbeitsweise und Gedankenwelt des Holocaust-Organisators.

Von Michael Wildt - im SPIEGEL

SS-Führer Himmler um 1943 - Walter Frentz / ULLSTEIN BILD



  • Michael Wildt, 65, zählt zu den führenden deutschen Holocaust-Experten. Er ist Professor am Institut für Geschichtswissenschaften der Berliner Humboldt-Universität.


Am 12. Februar 1943 schrieb Heinrich Himmler in seinen Tischkalender: "8.00 Uhr aufgestanden, 9.00 Uhr gearbeitet, 10.00 Uhr Abfahrt Hochwald". An diesem Tag flog er von seinem Hauptquartier in Ostpreußen nach Lublin im besetzten Polen. Der Dienstkalender hielt fest: "12.00 Uhr Landung Lublin; Abholung durch SS-Obergruppenführer Krüger und SS-Gruppenführer Globocnik; Essen im Flughafenhotel. 12.30 Uhr Start mit Wagen nach Cholm. 14.00 Uhr Start von Cholm mit Sonderzug zum SS-Sonderkommando. 15–16.00 Uhr Besichtigung des SS-Sonderkommandos."

Terminnotizen: "15–16.00 Uhr Besichtigung des SS-Sonderkommandos"

Hinter diesen kargen Eintragungen verbarg sich Himmlers Besuch des Vernichtungslagers Sobibór, das war eine der Massenmordstätten der "Aktion Reinhardt". Von April 1942 bis Oktober 1943 wurden hier bis zu eine Viertelmillion Menschen mit Gas ermordet. Da an diesem 12. Februar kein Deportationszug zu erwarten war, schleppte die SS 200 jüdische Mädchen und Frauen aus der Umgebung herbei, um dem Reichsführer SS die Effizienz des Mordens vorzuführen.

Tags darauf war Himmler in Hitlers Hauptquartier "Wolfsschanze": "16.00 Uhr Termin beim Führer". Obwohl sich die Unterredung in erster Linie um die Aufstellung neuer Waffen-SS-Divisionen drehte, dürfen wir annehmen, dass Himmler auch über seine Beobachtungen aus Sobibór berichtet hat.

Erst vor knapp vier Jahren wurde das Original des Dienstkalenders in Moskau gefunden. In einem Archiv hatten, über Jahrzehnte geheim gehalten, von der Roten Armee beschlagnahmte NS-Unterlagen gelagert. Jetzt erscheint die Edition des Kalenders für die Jahre 1943 bis 1945 (ab 6. April). Sie umfasst mehr als 1100 Seiten, auch Himmlers persönliche Aufzeichnungen aus seinem Tischkalender und die Notizen über seine Telefongespräche wurden aufgenommen. Kein Buch, das als Urlaubslektüre dienen könnte, vielmehr das Ergebnis einer immensen wissenschaftlichen Leistung. Wie das Beispiel des 12. Februar 1943 zeigt, können die nüchternen Terminangaben, die Himmlers Adjutant jeden Tag auf einem DIN-A4-Blatt zusammenstellte, nur durch historische Forschung zum Sprechen gebracht werden.

Die Geschichte des Holocaust muss nicht neu geschrieben werden. Doch ist nun - nach den Editionen von Himmlers Kalendern für die Jahre 1940 und 1941/42 - die Tätigkeit eines der wichtigsten Akteure des NS-Regimes im Krieg so vollständig und detailliert dokumentiert wie kaum eine andere. In den bürokratischen Eintragungen wird auf gespenstische Art die Arbeitsweise eines Topmanagers des NS-Regimes erkennbar.

Himmler leitete als Reichsführer SS nicht nur ein weitverzweigtes SS-Imperium, sondern war seit 1936 auch Chef der gesamten deutschen Polizei und seit 1939 oberster Siedlungskommissar. In den Jahren 1943/44 erreichte er den Zenit seiner Macht: Er wurde Reichsminister des Innern, Befehlshaber des Ersatzheeres und Chef des Kriegsgefangenenwesens. 1945 übernahm er sogar als militärischer Oberbefehlshaber die Heeresgruppe Weichsel.

Diese vielfältigen Kompetenzen spiegeln sich in den zahlreichen Besprechungsterminen mit unterschiedlichen Funktionsträgern der SS und des NS-Regimes wider. Die Herausgeber erläutern in Fußnoten und Kommentaren für jeden Tag den Kontext der Gesprächsinhalte. Himmler, das zeigt der Dienstkalender deutlich, hielt seinen Machtapparat weniger durch Aktenstudium zusammen, für das der Eintrag "gearbeitet" steht. Wichtiger waren persönliche Kontakte. Neben den täglichen Besprechungen unternahm er etliche Inspektionsreisen, um vor Ort mit Verantwortlichen zu reden. In diesem paternalistischen Verständnis von Menschenführung kümmerte sich Himmler selbst um persönliche Angelegenheiten von SS-Angehörigen. Er sei "sehr hart", so schilderte ihn ein SS-Führer 1944 in britischer Kriegsgefangenschaft. "Man kann sehr schnell etwas werden, man kann aber auch sehr schnell fallen."

Anfang 1943 war der Großteil der europäischen Juden bereits ermordet. Himmler hatte im Sommer des Vorjahrs die Führung des Reichssicherheitshauptamts übernommen und den Massenmord forciert. Das Warschauer Getto ließ er im Frühjahr 1943 restlos zerstören. Als die Wehrmacht nach dem Sturz Benito Mussolinis im September 1943 weite Teile Italiens besetzte, deportierte die SS die italienischen Juden nach Auschwitz. Im Frühjahr 1944 sorgten SS-Kommandos unter der Leitung Adolf Eichmanns für die Deportation von 437.000 ungarischen Juden. Himmler kümmerte sich persönlich über einen Sonderemissär - dessen zahlreiche Treffen mit Himmler der Dienstkalender dokumentiert - um die räuberische Übernahme von Metallfabriken in jüdischem Besitz.

Da zeichnete sich Deutschlands Niederlage bereits ab, 1943 war das Jahr der Kriegswende. Nach der Kapitulation der 6. Armee in Stalingrad lebte überall in Europa der Widerstand gegen die Besatzung auf. Hitler übertrug die "Bandenbekämpfung" Himmlers SS, deren Einheiten zusammen mit der Wehrmacht in Osteuropa die Zivilbevölkerung ganzer Landstriche ausrotteten und "tote Zonen" schufen. Ebenfalls fielen in West- und Nordeuropa zahlreiche Zivilisten "Strafaktionen" zum Opfer.

Im August 1943 avancierte Himmler zum Reichsinnenminister, um mit Terror die deutsche Kriegsgesellschaft unter Kontrolle zu halten. Das KZ-System weitete sich enorm aus. Waren Anfang 1943 etwa 123.000 Menschen inhaftiert, so stieg deren Zahl bis zur Jahreswende 1944/45 auf 718.000 an. Die meisten waren ausländische Häftlinge, die zur Zwangsarbeit in der Rüstungsproduktion wie der Herstellung der V2 verschleppt worden waren. Himmler genehmigte persönlich medizinische Menschenversuche an Häftlingen.

Vor allem aber bedeutete die Kriegswende 1943, dass nun dringend neue Soldaten benötigt wurden, um den Krieg fortführen zu können. 168 Treffen zwischen Hitler und Himmler führt der Dienstkalender für die Zeit von Januar 1943 bis März 1945 auf, das heißt, dass sich beide durchschnittlich etwa sechsmal im Monat trafen. Dabei ging es in erster Linie um die Aufstellung neuer Waffen-SS-Divisionen. Ende 1942 umfasste die Waffen-SS annähernd 250.000 Mann, ein Jahr später hatte sich deren Stärke verdoppelt, Mitte 1944 stieg sie auf etwa 600.000 Soldaten. Dazu zählten sogar muslimische Einheiten wie die 13. SS-Division "Handschar" aus Bosnien. Dank Himmlers geschickter Propaganda galt die Waffen-SS als besonders kampfentschlossene und ideologisch zuverlässige Truppe - alles Eigenschaften, die Hitler als entscheidend für den Krieg ansah.

Zwar konnten auch die Waffen-SS-Einheiten den Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte an der Ostfront im Sommer 1944 nicht verhindern, aber Himmlers Nimbus strahlte bei seinem Oberbefehlshaber dennoch hell genug, dass Hitler ihn nach dem Attentat vom 20. Juli zum Befehlshaber des Ersatzheeres ernannte und ihm damit die Gesamtrekrutierung neuer Soldaten übertrug.

Tatsächlich war Himmlers militärische Kompetenz gering. Seine Berufung als Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Weichsel Ende Januar 1945 endete im Desaster. Hitler beschuldigte ihn, für die schwere Niederlage der deutschen Truppen in Pommern verantwortlich zu sein, und berief ihn Mitte März von seinem Posten ab.

Privates taucht im Dienstkalender nur schemenhaft auf. Gelegentlich schaute sich Himmler Spielfilme an. Der Dienstkalender vermerkt am 16. Oktober 1943 einen gemeinsamen Filmabend in der "Wolfsschanze" mit Hitler sowie Wilhelm Keitel, Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, und Karl Dönitz, Oberbefehlshaber der Kriegsmarine. Gezeigt wurde die "Feuerzangenbowle". Doch solche Abende blieben Ausnahmen. Häufiger gab es "Doppelkopf"-Runden mit Angehörigen seines Stabes.

Beim Filmabend mit Hitler 
in der »Wolfsschanze« 
wurde die »Feuerzangenbowle« gezeigt.

Oft telefonierte er mit seiner Tochter Gudrun, die zusammen mit ihrer Mutter in Gmund am Tegernsee lebte. An dem Bild einer intakten Familie hielt er unbeirrt fest, obwohl er seit 1938 ein Verhältnis mit seiner damaligen Privatsekretärin Hedwig Potthast hatte. Die beiden hatten zwei Kinder. Die Besuche bei seiner Geliebten, deutlich öfter als bei seiner Familie, erscheinen im Dienstkalender nur mit kryptisch-verdrucksten Vermerken wie "unterwegs".

Die Herausgeber schildern Himmler als einen "intriganten, kleinlichen, pedantischen, nachtragenden, schulmeisterhaften, verbissenen und mitunter skurrilen Bürokraten". Aber er war auch ein erfolgreicher Organisator der SS, der im NS-Herrschaftssystem geschickt agierte und seinen Machtbereich stetig vergrößerte. Sein Fixpunkt war Adolf Hitler, dem er seine Karriere verdankte und dessen rassistische und antisemitische Weltanschauung er bedingungslos teilte.

Himmlers Fall ging mit seinem Irrglauben in den letzten Kriegswochen einher, er könnte von den Alliierten als Verhandlungsführer eines Nach-Hitler-Deutschlands für einen Separatfrieden akzeptiert werden. Geheim aufgenommene Kontakte wie zum schwedischen Roten Kreuz, die selbstredend nicht im Dienstkalender notiert sind, nutzten die ausländischen Verhandler aus: Mit Himmlers "Angebot", KZ-Häftlinge freizulassen, brachten sie möglichst viele Menschen in Sicherheit. Als Hitler von Himmlers Aktivitäten erfuhr, entließ er ihn wutentbrannt als Reichsführer SS und stieß ihn aus der NSDAP aus.

Auch Admiral Dönitz als Hitlers Nachfolger mochte mit Himmler nichts mehr zu tun haben und entließ ihn am 6. Mai 1945 aus allen Ämtern. Der einst zweitmächtigste Mann des NS-Regimes und einer der größten Massenverbrecher des 20. Jahrhunderts hielt es noch ein paar Tage in Flensburg aus. Dann versuchte er, mit gefälschten Ausweispapieren nach Süddeutschland zu fliehen. Im Raum Lüneburg fiel er dem britischen Militär in die Hände; am 23. Mai 1945 nahm sich Himmler mit einer Giftkapsel das Leben.
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Historiker über Himmler-Tagebücher

"Einer der schlimmsten Massenmörder der Geschichte"

SS-Chef Himmler war Hitlers mächtigster Vollstrecker. Nun veröffentlicht ein Historikerteam seine Diensttagebücher aus den letzten Kriegsjahren. Matthias Uhl erklärt die Hintergründe zu dem Fund.

Ein Interview von Klaus Wiegrefe - im SPIEGEL

Heinrich Himmler war ein Mann ohne Gnade. Bei einem Besuch hinter der Ostfront 1941 fiel ihm ein russischer Gefangener auf, weil dieser blonde Haare hatte. Folgender Dialog ist überliefert:

Himmler: "Sind Sie Jude?"
Gefangener: "Ja."
Himmler: "Sind Ihre beiden Eltern Juden?"
Gefangener: "Ja."
Himmler: "Haben Sie irgendwelche Vorfahren, die keine Juden waren?"
Gefangener: "Nein."
Himmler: "Dann kann ich Ihnen auch nicht helfen."

Der Gefangene wurde erschossen.

So war Himmler, der Radikalste unter Hitlers Radikalen, ein unermüdlicher Antreiber des Todes, dessen Name auf ewig mit dem Holocaust verbunden bleibt. In einem russischen Archiv ist sein Dienstkalender aus den Jahren 1943 bis 1945 aufgetaucht.

Aufgefunden hat den Kalender der Historiker Matthias Uhl vom Deutschen Historischen Institut Moskau. Gemeinsam mit Kollegen hat er ihn nun veröffentlicht.

SPIEGEL: Wo haben Sie den Dienstkalender gefunden?

Matthias Uhl: Im Archiv des russischen Verteidigungsministeriums in Podolsk, einer Großstadt südlich von Moskau. Das Archiv dort ist in einer ehemaligen Kaserne aus den Dreißigerjahren untergebracht. In einem Gebäude im zweiten Stock lagern die sogenannten deutschen "Trophäenakten", wie die Russen sie nennen. Darunter ein Bestand mit der Bezeichnung "Akten der Waffen-SS und Polizei" samt Himmlers Dienstkalender aus den letzten Kriegsjahren.

SPIEGEL: Wie muss man sich das vorstellen?

Uhl: Das sind zwei dicke Mappen, da liegen die Blätter für jeden Tag drin, allerdings durcheinander.

SPIEGEL: Was sind das für Blätter?

Uhl: Himmlers Adjutant Werner Grothmann hat dem SS-Chef jeden Tag die anstehenden Termine aufgeschrieben.

SPIEGEL: Was ist daran interessant?

"Hitler sah in Himmler
 einen potenziellen Nachfolger"

Uhl: Himmler war einer der schlimmsten Massenmörder der Geschichte. Aus dem Kalender geht hervor, wie unerbittlich er den Holocaust vorantrieb. Er besuchte Vernichtungslager, inspizierte Gettos und beklagte sich darüber, dass das Morden nicht schnell genug gehe. Man muss den Kalender im Zusammenhang lesen mit Himmlers sonstiger Korrespondenz, also den täglichen Weisungen und Befehlen. Auch diese haben wir daher in unser Buch aufgenommen. Alles zusammen ergibt das Bild eines Mannes, den nur zwei Dinge wirklich interessierten: der Holocaust und der Ausbau seiner Macht. Hitler sah in ihm einen potenziellen Nachfolger.

SPIEGEL: Privates findet man also nicht im Kalender?

Uhl: Doch, er verzeichnet penibel die Besuche bei seiner Geliebten und den beiden gemeinsamen Kindern, die er häufiger als seine Ehefrau und die eheliche Tochter Gudrun sah.

SPIEGEL: Wie ist der Kalender nach Moskau gekommen?

Uhl: Die SS hatte das Schloss Wölfelsdorf im damals deutschen Niederschlesien, heute Polen, angemietet. Himmler hatte nach alliierten Luftangriffen auf Hamburg und Berlin 1943 befohlen, Dokumente auszulagern, damit sie nicht zerstört wurden. Der Dienstkalender kam wohl Anfang 1945 nach Wölfelsdorf und fiel im Mai der Roten Armee in die Hände.

SPIEGEL: Nur der Dienstkalender?

Uhl: Nein, die Russen haben allein von dort insgesamt mehr als 2600 Kisten mit Akten abtransportiert.

SPIEGEL: Was wollte der damalige Kremlchef Josef Stalin mit diesen Papiermengen?

Uhl: Die Sowjets suchten nach Material zur Aufklärung deutscher Kriegsverbrechen. Und dann war es damals üblich, Archive als Beutegut zu betrachten. Da unterschied sich Stalin nicht von Hitler oder auch Napoleon. Kurioserweise nahm die Rote Armee in großem Stile auch Unterlagen mit, welche die Deutschen zuvor Franzosen und Polen geraubt hatten.

SPIEGEL: Wie ging es weiter mit Himmlers Kalender?

Uhl: Die Beuteakten wurden beim sowjetischen Innenministerium gelagert. 1954 übernahm der Geheimdienst KGB die Unterlagen. Er hat sie nach Personen verschlagwortet, offenkundig auch, um belastende Unterlagen aus der Nazizeit für Kampagnen gegen westdeutsche Politiker zu nutzen.

SPIEGEL: Aber Himmler hatte sich 1945 das Leben genommen.

Uhl: Deswegen hat sich auch niemand für den Kalender interessiert. Ende der Fünfzigerjahre wurde er mit anderen Papieren dem sowjetischen Militär übergeben und landete in Podolsk. Dort blieb alles bis vor wenigen Jahren weggeschlossen.

"Es gab beim sowjetischen Militär 
eine Tradition der Geheimhaltung, 
die ins Absurde reichte"

SPIEGEL: Warum die Geheimniskrämerei?

Uhl: Es gab beim sowjetischen Militär eine Tradition der Geheimhaltung, die ins Absurde reichte. Ihre Folgen sind auch im heutigen Russland noch zu spüren. Zudem sprechen viele Archivare kein Deutsch und trauen sich nicht, Papiere herauszugeben, deren Inhalt sie nicht einschätzen können.

SPIEGEL: Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 haben sich die russischen Archive doch zunächst geöffnet.

Uhl: Podolsk war für Ausländer immer unzugänglich. Umso bedeutender, dass die russische Seite heute mit dem Deutschen Historischen Institut Moskau kooperiert. Wir haben knapp 15.000 Beuteakten - überwiegend der Wehrmacht sowie aus Reichsministerien - gemeinsam mit dem russischen Verteidigungsministerium im Netz veröffentlicht. Eine ähnliche Menge soll noch publiziert werden. Irgendwann werden dann auch die Himmler-Dokumente dort zu finden sein.

SPIEGEL: Erwarten Sie weitere Funde zu Himmler?

Uhl: Wir suchen seine Diensttagebücher aus den Jahren 1939 und 1940. Auch wissen wir, dass Himmler zeitweise Besprechungsnotizen gefertigt hat. Gut möglich, dass da noch Neues auftaucht.
Zur Person
  • Historiker Matthias Uhl (Jahrgang 1970) ist seit 2005 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Historischen Institut Moskau. Er forscht vor allem zur Geschichte des Kalten Krieges sowie zur sowjetischen Militär- und Sicherheitspolitik.


Matthias Uhl, Martin Holler, Jean-Luc Leleu (Hrsg.)
Die Organisation des Terrors - Der Dienstkalender Heinrich Himmlers 1943-1945
Herausgeber: Piper
Seitenzahl: 1152
Für 48,00 € kaufen













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in einer rezension dieses buches über himmler in der süddeutschen zeitung steht der erschreckende background dieser massenmorde: himmler handelte zwar ziemlich einsam in seiner erbarmungslos grausamkeit - aber er benötigte
zu seinem perfiden mörderischen tun ein team von hilfswilligen - und für dieses "geschäft" fanden sich genügend handlanger an seinem rocksaum ein.

die süddeutsche schreibt: Erst durch diese akribische Dokumentation und Einordnung der Kalenderblätter der fünf Historiker gewinnen diese Konturen, die sich für den Leser zu einem facettenreichen Bild des Managers des Terrors und zu einer nuancierten Darstellung des arbeitsteilig und bürokratisch organisierten Verbrechens zusammenfügen.

Es waren keine irren Monster, die die Vernichtung des europäischen Judentums planen und durchführen ließen, sondern Männer einer durch die Kriegsniederlage von 1918, die missratene Revolution und den verbiesterten Frieden von Versailles geprägte, akademisch gebildete Generation.

Diese orientierte sich mental und emotional an Ideen, die auf nationalistisch-völkisch-militaristischen Ressentiments beruhten. Deren ideologische Basis bildete der hetzerische Dualismus von Freund und Feind, der nach der Wirtschaftskrise von 1929 das Weltbild der bürgerlichen Eliten total und fast der Mehrheit der deutschen Bevölkerung vergiftete.

ja - und diese handlanger und stiefellecker waren nicht etwa irgendwelche tumben hurra-schreier, sondern zum großteil eben auch eine "akademisch gebildete generation" und lehrende "elite" - und eben "keine irren monster" von einem anderen stern. das war kein science-fiction... - sondern schreckliche wirklichkeit - in unseren familien und vor der tür und in der nachbarschaft unserer altvorderen.

das passiert ja oft im nachhinein in der aufarbeitung hier, dass man von "ns-deutschland" spricht, von "nazi-deutschland", von den "nazis" usw., wo man implizit so tut, als sei das eine mörderische und grausame aber überschaubare extra-truppe gewesen - eben in gewisser weise der "abschaum", die "monster" des bösen - und die "anderen" - und gleichzeitig soll das ja suggerieren, als stünde man da außen vor, und wäre in keinster weise mit "solchem pack" irgendwie verstrickt "gewesen".

aber das ist ein trugschluss: hitler, himmler und konsorten waren
karrieretypen mitten aus dem "volk", geduldet von kirche, der "intelligenz", den medien - und auch der wirtschaft, die mit rüstungsaufträgen bei laune gehalten wurde - und die deshalb diese "führungsriege" auch mithätschelte und mittätschelte - und wo man nach dem krieg vielen der schergen einen sicheren unterschlupf bot, wo sie gesellschaftlich abgesichert ihren lebensabend verbringen konnten.

überhaupt sagt ja die umschreibung der "arbeitsteilig und bürokratisch organisierten verbrechen", dass diese massenmorde eben nicht durch eine handvoll massenmörder hinterrücks begangen wurden, sondern dass es neben den "vollstreckern" auch eine ganze reihe auch von schreibtisch-mittätern und mitwissern geben musste, eben auch mitten aus dem "volk", in diesem bürokratisch penibel durchorganisierten staat, der alles notierte und tonnen von papier produzierte, die zum teil noch immer unsortiert und ungelesen in den archiven mitschlummern und vergilben.

da ist zum beispiel der schreiber und chefadjutant himmlers, werner grothmann (1915-2002), der zumindest die täglichen terminplanungen für himmler zusammenstellte (s. abb. oben) - und der folglich im wahrsten sinne des wortes minutiös wusste, wo sich himmler aufhielt und was dessen sinnen und trachten war. aber wikipedia schreibt:
Während der Nürnberger Prozesse wurde Grothmann von 1946 bis 1948 mehrfach als Zeuge vernommen. Obwohl die Anklage ihn in Nürnberg mit belastenden Dokumenten konfrontierte, wurde er nicht angeklagt. Er behauptete, als Adjutant lediglich Sachbearbeiter ohne fachliche Zuständigkeit gewesen zu sein und erst im Herbst 1944 vom Holocaust erfahren zu haben. 
Ab Juli 1948 war Grothmann im Internierungslager Dachau inhaftiert und wurde am 15. September 1948 als „Hauptschuldiger“ von der Lagerspruchkammer zu vier Jahren Haft verurteilt, unter anderem, weil er die Abstellung von KZ-Häftlingen für medizinische Versuche genehmigt hatte. Er legte Einspruch ein, wurde am 29. September 1948 aus Dachau entlassen, zunächst von der Berufungskammer für Oberbayern als „Minderbelasteter“ eingestuft und schließlich im Juli 1950 von der Hauptkammer München als „Mitläufer“ entnazifiziert.In der Bundesrepublik Deutschland mied Grothmann die Öffentlichkeit, stand aber in engem Kontakt zu SS-Kreisen und der Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Angehörigen der ehemaligen Waffen-SS. 
1961 wurde er im Verfahren gegen Karl Wolff als Zeuge geladen. Aufgrund von belastenden Dokumenten wurde ein Verfahren gegen ihn wegen Mordes eröffnet. Zwar konnte ihm sein Wissen um die Aktion Reinhard, aber keine individuelle Schuld nachgewiesen werden, so dass das Verfahren am 7. Januar 1966 eingestellt wurde.
und daneben gab es eben ein ganzes heer von mord-vollstreckern vor ort, sicherlich vornehmlich aus der ss, aber eben auch aus der "normalen wehrmacht", denn so wurde ja jüngst noch einmal bewusst gemacht, dass, um nur ein beispiel zu nennen, die leitung und verantwortung des berüchtigten gefangenen-stammlagers 326 (VI-K) in stukenbrock-senne mit seinen ca. 65.000 (i.w.: fünfundsechzigtausend) opfern unter den russischen kriegsgefangenen bei der "wehrmacht" lag. wo doch immer wieder so getan wird (diskussion um die "wehrmachts-ausstellungen" von philipp reemtsma seinerzeit), als habe man dort nur brav "befehle" im "kampf für's vaterland" befolgt.

nein - das ganze deutsche volk war nicht nur opfer des krieges, sondern eben in jener zeit auch mit in der täter- und mittäterschaft involviert - und der "zeitgeist", gespeist aus der niederlage im 1. weltkrieg und aus der dominanz aus kleinstaatlich "nationalistisch-völkisch-militaristischem" fühlen und denken und der daraus erwachsenen "rassenheilkunde" und dem begriff eines "gesunden volkskörpers" rührte da diesen unsäglich tödlichen sud an, aus dem in diesen rund 25 jahren (ca. 1925 - 1950) "gelebt" wurde - und der heutige generationen noch nachhaltig beschäftigt und beeinflusst - zum guten und zum schlechten...


vernutzung - das ist bitter



Kritik an digitalem Führerbunker

Virtuelle Realität: Entwickler wollen mit einer Doku anschaulich machen, warum nichts an den „jämmerlichen“ letzten Tagen der NS-Führung zum Mythos taugt

Von Björn Vahle

Warum sollte man einen Ort erlebbar machen, an dem Menschen unvorstellbare Ängste litten? Und genauso unvorstellbare Gräueltaten begingen? Mit „Führerbunker VR“ soll genau das möglich werden. Das Virtual-Reality-Projekt soll eine am Computer begehbare, historisch authentische Dokumentation werden. Kann das funktionieren?

Die erste Frage an den Macher lautet entsprechend: Was soll das? Martin Schwiezer muss sie wiederholen, scheint aufrichtig überrascht: „Was das soll? Es geht uns um die Aufarbeitung eines Stücks Geschichte, das es verdient, entmystifiziert zu werden,“ sagt der Projektleiter beim Entwickler NordVR. Soll heißen: Nichts an den den letzten Tagen des Nazi-Regimes taugt „auch nur im
Entferntesten“ zur Glorifizierung. „Die haben in Miniräumen zehn Meter unter der Erde gesessen, bei flackerndem Licht und Artilleriebeschuss. Und irgendwann erst ihre Hunde, dann die Kinder, und zuletzt sich selbst umgebracht.“

Die Software-Entwickler aus Hannover kommen in Teilen aus der Games-Branche. Auch Schwiezer, 47, hat früher Spiele entwickelt. „Führerbunker VR“ sei aber keineswegs so konzipiert, das ist ihm wichtig. Das Prinzip ist simpel: Mit der VR-Brille auf dem Kopf soll man als Besucher die Gänge und Räume des Luftschutzbunkers unter der Reichskanzlei erkunden. In hochauflösender Grafik und
historisch möglichst authentisch bauen die Entwickler den Komplex nach, SS-Poster und Notizblock Hitlers inklusive. Auch die Geräuschkulisse mit Artilleriebeschuss und Resten von Gefechtslärm soll im fertigen Produkt zu hören sein.

»Mit Virtual Reality 
wird Geschichte 
nicht erfahrbar«

Das Büro des „Führers“ ist dabei, wo Hitler sein Leben und das von Eva Braun beendete. Auch das Familienzimmer, in dem Magda Goebbels ihre Kinder umbrachte, lässt sich erkunden. An Interaktionspunkten kann dann der dokumentarische Teil des Projektesausgelöst werden. Aktiviert man einen von ihnen, beginnt ein Erzähler, die Geschichte, die einen im jeweiligen Raum umgibt, zu
berichten.

Erst dann bevölkert sich der Bunker. Grundsätzlich trifft man hier erst einmal niemanden. Erst an den Interaktionspunkten erscheinen dann holographische Abbilder der Personen, die am jeweiligen Ort gehaust haben. So soll, wenn Schwiezers Plan aufgeht, jederzeit der dokumentarische Charakter der Erfahrung im Vordergrund stehen. „Ich glaube, wenn man das hautnah erlebt, dann bleibt einem das Erbärmliche, das Grausame, das Menschenverachtende in Erinnerung.“

Die Mystifizierung, glaubt er, rührt eher von Unkenntnis. „Da kann man am besten gegen angehen, indem man darüber aufklärt.“ Das Wort Führerbunker suggeriere eine pompöse Anlage, „doch das genaue Gegenteil ist ja der Fall“, sagt Schwiezer. Deshalb hält er, der mit NordVR sonst interaktive Showrooms und VR-Simulationen für Industriekunden entwickelt, die virtuelle Realität auch für
das richtige Medium für diese Doku.
Das sieht allerdings nicht jeder so. Michael Wildt ist Professor für Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert mit Schwerpunkt im Nationalsozialismus an der Humboldt-Universität Berlin. Er sagt: „Virtual Reality ist für Spiele sicher klasse, aber Geschichte wird mit ihr nicht erfahrbar.“ Wildt will nicht verhehlen, dass „ich als Wissenschaftler ein Projekt, das den Führerbunker erlebbar machen will, ablehne“. Geschichte sei eben vergangen. Außerdem bezweifelt er, dass eine historisch korrekte Darstellung überhaupt möglich ist. 
„Wir haben nur wenige Dokumente zu dem, was in der Vergangenheit geschehen ist, die, je nach Fragestellung, stets einen nur begrenzten Blick auf das Vergangene möglich machen.“
Ähnlich äußert sich auch der Münchner Historiker Sven Keller. Er ist Leiter der Dokumentation Obersalzberg, dem Museum in Hitlers Feriendomizil und zweitem Regierungssitz der Nazis. Er sei „ein bisschen entsetzt“, sagt er, wobei man seiner Stimme anhört, dass das „bisschen“ wohl der Höflichkeit geschuldet ist. Eigentlich sei es natürlich ein gutes Ansinnen, das Thema zu beleuchten.
Aber eine Geschichtsvermittlung mit VR-Brille sei „für dieses Thema denkbar ungeeignet“ und komme eigentlich nicht in Frage. Das Problem, sagt er, liege in der Emotionalisierung. „Man versetzt Menschen in die Situation, sich an diesem Ort bewegen zu können.“ Da stehe der Gruselfaktor und die Faszination für Hitler der Inhaltsvermittlung im Weg, es bestehe die Gefahr, dass der Benutzer
überwältigt werde. Dass die Entwickler sich auf Augenzeugenberichte beziehen wollen: auch keine gute Idee. „Die sind hochproblematisch, weil notorisch unzuverlässig.“

Der Druck für die Entwickler wird also nicht kleiner. Denn in gewisser Hinsicht hat sogar der Steuerzahler ein Interesse daran, dass aus der Arbeit in Hannover etwas Vorzeigbares hervorgeht. Immerhin unterstützt die Medien-Förderung Nordmedia, zu drei Vierteln in der Hand der Bundesländer Niedersachsen und Bremen, das Projekt – mit 60.000 Euro. Schwiezer versteht das eher als Signal, dass sein Team auf dem richtigen Weg ist. Denn: „Denen war natürlich wichtig, dass das keine Hobby-Interpretation ist, sondern historisch fundiert.“

Schwiezer kann die Kritik der Historiker in Teilen nachvollziehen. Der Schrecken der NS-Zeit soll aber nicht dazu dienen, aus seinem Projekt eine Art „Nazi-Geisterbahn“ zu machen. Die virtuelle Realität sorge gerade durch die Erlebbarkeit dafür, die Gesamteindringlichkeit des Themas zu veranschaulichen. Dennoch ist ihm klar: „Wenn das ganze Thema in auch nur einer Disziplin –
technische Umsetzung, mediale Inszenierung oder historische Authentizität – die gesetzten hohen Ansprüche nicht erfüllt, dann hat das ganze Projekt sein Ziel verfehlt.“

Die Dokumentation „Führerbunker VR“ soll spätestens Anfang 2020 erscheinen und lässt sich sowohl mit als auch ohne VirtualReality-Brille am Computer starten.

Hintergrund 
„Tatsächlich ist das Wissen über den Aufbau des Bunkers öffentlich zugänglich, wenn auch teilweise sehr fragmentiert, so dass man Details und Widersprüche selbst durchleuchten muss. Hierzu arbeiten wir mit Historikern zusammen“, erklärt Entwickler Martin Schwiezer. Die sollen die Arbeit von NordVR penibel kontrollieren und auf mögliche Probleme hinweisen. Das Team hat außerdem bekannte Augenzeugenberichte, beispielsweise von Hitlers Sekretärin Traudl Junge, Fotos der Alliierten und vor der Sprengung des Bunkers ausgewertet.
Text und Bild: NEUE WESTFÄLISCHE - Dienstag, 5.Februar 2019 - Kultur/Medien

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Die fiktionale Vernutzung des Holocausts wird zunehmen. Dem muss die Gesellschaft mit kritischem Geschichtsbewusstsein entgegentreten. (Quelle)
eine "fiktionale vernutzung" hat norbert frei, professor für neuere und neueste geschichte an der universität jena, das genannt, was nun verstärkt auf uns zu kommen wird: die vermarktung des nazi-regimes als ruck-zuck-"event" im internet - und mit ihr einhergehend ein aufweichen der gedenk- und erinnerungskultur zu einer vorübergehenden augenblicksaktion - ohne jede nachhaltigkeit und ohne tiefgang.

von einer durch smartphones und internet-games "verseuchten" und abgerichteten jugend kann man aber vielleicht auch gar nichts anderes mehr erwarten. so "lernt" sie ja auch: in kleinen unzusammenhängenden auswendiggelernten und nur bis zur nächsten klassenarbeit reproduzierbaren kleinst-portiönchen, möglichst noch im multiple-choice-verfahren ... und so wird sie ja auch unwillkürlich in der werbung zu willigen konsumenten herangezogen. 

die dann "für das leben" fit gemacht werden für irgendeinen kurzzeitigen augenblicks-"job" oder gleich nach der hochschule zu solch einem förderungswürdigen "start-up"-gedöns - wo sie dann - abgeschieden und abgespalten von dem, was einstmals "persönliche authentizität" genannt wurde - ohne jede "persönlichtkeits"-entwicklung - nur noch halbherzig "auf arbeit" fährt bis zum nächsten freizeit-event am abend und am wochenende - oder bis zum click auf den 3-d-führerbunker...: alles wird als vorübergehend ("es geht alles vorüber - es geht alles vorbei ...") vermittelt - wie auch ebenso häppchenweise die "news" - eben wie alle derzeitigen "ereignis-' und 'trend'säue', die durch's globale dorf getrieben werden",  um im nächsten moment platz zu machen für die dann nachfolgende 'sau' usw. -  in dieser unserer neoliberalen turbokapitalistischen völlig von (a)sozialen netzwerken zum andauernden konsum gestalteten zeit...

da ist es schwer, wirkliche im kern "berührende" fakten zu vermitteln - und "geschichte" erfahrbar zu gestalten ... - aber zu einer echten authentischen "wahr"nehmung gehört ja auch wirklich etwas als "richtig" einzuordnen und als bleibende "erfahrung" richtungsweisend auf dem eigenen internen "navi" abzuspeichern. 

mit einem vorüberrauschenden geisterbahn-besuch im virtuellen führerbunker als bespaßung wird man die geschichte von 1933 - 1945 nicht be- oder aufarbeiten können - dort will man ja nur damit "spielen" ...

man wird sich mit solchen virtuell begehbaren "events" vielleicht die inzwischen leider schon obligatorisch gewordene klassenfahrt nach auschwitz aus kostengründen ersparen wollen: aber auch zu auschwitz haben inzwischen ja schüler die erwartungshaltung entwickelt, endlich mal "krass" und "voll geil" selbst zu sehen - "äeei - was da wirklich los war" ...

aber diesen derzeitigen bewusstheits-status darf man wohl nicht nur den (a)sozialen netzwerken allein anlasten, diesen zustand muss man auch den ohnmächtig vor sich hin taumelnden elternhäusern mit in die schuhe schieben, die sich ja, um eigenen "fehlern" aus persönlicher unsicherheit aus dem weg zu gehen, die "erziehung" ab dem 2./3. lebensjahr des kindes überhaupt dem tv und dem internet und den medien und der kita und dann der schule überhaupt überlassen und übergeben haben, damit die eigene "karriere" entwickelt werden kann und das häuschen und das wohnmobil auch fristgerecht und kostengünstig abbezahlt werden können.

ein "virtueller führerbunker" wird dann rasch eine innermoralische umkehrung bei manchen wenig gefestigten menschen auslösen: viele konsumenten dieses events werden plötzlich zutiefst mitleid empfinden für den "führer" und seinem schicksal oder mit der familie goebbels ... - ja - "endlich zeigt man auch mal, was die zu ertragen hatten" - das wird das resümee sein: und die pseudo- und echten rechten werden diese neuen pilgerstätte im netz für sich vereinnahmen und entsprechend downloaden - und werden ihre schwarze krawatte zurechtrücken vor mitleid und falscher empathie: solche virtuellen nachstellungen wird der afd-höcke vielleicht gemeint haben, als er von der "180°- kehrtwendung der erinnerungskultur" schwadronierte ...

und wie war das doch neulich schon bei einer zeitzeugin, die vor einer schulklasse von der über-nacht-deportation in den tod einer jüdischen nachbarsfamilie berichtete - und deren hunden, mit denen sie seinerzeit als kleines mädchen gespielt hatte - als die schüler dann nur voller mitleid fragten: " ... und was ist aus den beiden armen hunden geworden ???" ...

kritisch zu dem artikel will ich aber auch bemerken: 
dass er meiner meinung nach doch auch alle kriterien zu einem "viralen marketing" erfüllt ... (s.d.)
und nix für ungut - und chuat choan