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last supper by leonardo

Leonardo da Vinci starb am 2. Mai vor 500 Jahren – Wer sein Meisterwerk im Original sehen möchte, der muss nach Mailand reisen.


ZU GAST BEI LEONARDOS ABENDMAHL

Da Vincis Gemälde »Das Abendmahl« befindet sich in der Mailänder Dominikanerkirche Santa Maria delle Grazie. Foto: Andreas Schnadwinkel - Repro



Von Andreas Schnadwinkel | WESTFALEN-BLATT

Ganz ehrlich? Das Mitleid hält sich in Grenzen. Auf dem Platz vor der Kirche Santa Maria delle Grazie steht eine Gruppe Touristen und ärgert sich. Offenbar haben sie gedacht, sie könnten mal so eben im Vorbeigehen das berühmteste Wandgemälde der Welt – und abgesehen von der »Mona Lisa« das bekannteste Gemälde überhaupt – im Original betrachten.

Einfach an der Kasse Eintrittskarten kaufen und Leonardo da Vincis »Abendmahl« sehen. Wer so naiv ist, hat es nicht besser verdient. Denn der Weg ins Refektorium der Mailänder Dominikanerkirche erfordert Vorbereitung und ist nicht ganz billig.

Wer eine Städtetour in die lombardische Modemetropole oder von einem der oberitalienischen Seen einen Tagesausflug nach Mailand plant und dabei das »Abendmahl« mit eigenen Augen betrachten möchte, sollte sich mindestens ein halbes Jahr vorher um Karten bemühen. Und selbst dann sind offene Zeitfenster rar.

Die Mailänder Doninikanerkirche Santa Maria delle Grazie.

Einzelpersonen kommen in der Regel nicht in den ehemaligen Speisesaal der Mönche. Man muss eine Führung buchen, und davon gibt es verschiedene. Die Angebote, zum Beispiel auf dem Portal getyourguide.de, reichen von 44 bis 85 Euro pro Person. Die günstigste Variante enthält ausschließlich das »Abendmahl« und dauert 30 Minuten, davon 15 Minuten vor dem Fresko.
Besucher vor dem "Abendmahl"

Besucher müssen auf teurere Angebot ausweichen

Weil diese Tour meistens ausgebucht ist, müssen Besucher auf teurere Angebote ausweichen, die einen historischen Stadtrundgang (68 Euro) oder den Blick von der Dachterrasse des Mailänder Doms (85 Euro) enthalten. Keine Frage: Mit Leonardo da Vincis Meisterwerk wird richtig Geld gemacht. Das »Abendmahl« wird professionell vermarktet. Ob sich Aufwand und Kosten lohnen? Ja.

Vor dem Eingang zum Dominikanerkloster Santa Maria delle Grazie, das zu Fuß etwa 20 Minuten vom Dom entfernt liegt, hat sich keine Schlange gebildet. Weil es keine Karten gibt. Einige Enttäuschte blättern in dem kleinen Foyer durch die Ansichtskarten, bevor sie zurück Richtung Dom gehen. Auf den Steinbänken an der Piazza warten die Leute, die eine geführte Tour gebucht haben, auf ihren Reiseleiter, leicht zu erkennen am Klemmbrett und am Logo der Agentur.

Viele sind viel zu früh, ihr Slot ist erst in einer Stunde. Wer sich diesen einzigartigen Besuch lange im Voraus organisiert hat, der riskiert auf den letzten Metern keine Verspätung. Der Guide hakt die Namen auf seiner Liste ab und fragt die Gäste, woher sie kommen. Italiener, Franzosen und Schweizer stellen die Mehrheit in der 25-köpfigen Gruppe.

Der Guide berichtet von Verschwörungstheorien rund um das Abendmahl.
Etwa 1000 Besucher pro Tag



Die zeitliche Taktung wird minutiös eingehalten. Etwa 1000 Besucher werden hier täglich durchs Refektorium geschleust. Um 13.30 Uhr beginnt der Sicherheitscheck. Taschen müssen weggeschlossen werden. Der Guide verteilt die Headsets und erklärt die Abläufe. Auf seinem Tablet zeigt er Details aus dem Gemälde, auf die zu achten sei. Ein bisschen so wie bei der Verfilmung von Dan Browns »Da Vinci Code« (»Sakrileg«).

Besonders aufmerksam nehmen nur wenige die Worte des Guides auf, weil die Spannung am Limit ist. In aller Ruhe erzählt er, dass Leonardo da Vinci das Wandbild von 1494 bis 1498 im Auftrag des Mailänder Herzogs Ludovico Sforza schuf und auch Goethe 1788 auf seiner Italienreise hier war.

Da Vinci war nicht der erste Künstler, der sich dem letzten gemeinsamen Abend von Jesus und seinen Jüngern widmete. »Das Abendmahl gehört in Italien, vor allem in der Toskana, seit dem 14. Jahrhundert zum Bildprogramm der Refektorien. Die tägliche Mahlzeit der Mönche soll Erinnerung und Nachfolge des heiligen Mahles sein«, schreibt der Kunsthistoriker Herbert von Einem in seiner Abhandlung »Das Abendmahl des Leonardo da Vinci«.

Mehrfach restauriert und perfekt ausgeleuchtet

Endlich: Pünktlich um 13.45 Uhr öffnet eine Mitarbeiterin des Sicherheitsdienstes die Türen zum Refektorium. Der Speisesaal ist groß, das Fresko auch. Dort ist es, an der Nordwand des Raums.
9 Meter breit und 4,20 Meter hoch. Das »Abendmahl« – über Jahrzehnte mehrfach restauriert und perfekt ausgeleuchtet. Welch ein Anblick. Bis auf drei Meter kommt man heran. Der Guide schweigt aus gutem Grund.

Jetzt werden Fotos, Selfies und Videos gemacht – das volle Programm. Wenn man diesen Moment nicht visuell festhält, welchen dann? Das Sicherheitspersonal muss nicht einschreiten, alles läuft einigermaßen zivilisiert. Man steht sich gegenseitig im Motiv, aber immerhin blitzt niemand.

Vor lauter Fotografieren gerät aus dem Blick, was der Maler hier eigentlich zeigt – und welchen Moment des Abendmahls er festhält. Man sieht Jesus und seine zwölf Jünger, wie sie das traditionelle jüdische Pessachmahl beenden. Doch es herrscht keine besinnliche Stimmung, wie sie dem Anlass angemessen wäre.

Die Jünger sind aufgebracht und gestikulieren wild

Vielmehr sind die Jünger, sechs zur Rechten und sechs zur Linken Jesu, aufgebracht und gestikulieren wild. Kunsthistoriker sind sich relativ einig, dass Leonardo den Betrachter in dieser Szene zum Zeugen machen will – und zwar des Moments, in dem Jesus den Satz sagt: »Wahrlich, ich sage euch, einer unter euch, der mit mir isst, wird mich verraten.«

Und weiter heißt es im Johannes-Evangelium: »Da sahen die Jünger einander an, weil sie nicht wussten, vom wem er rede. Einer von seinen Jüngern lag an der Brust Jesu, der, den Jesus liebte. Diesem winkte Simon Petrus und sagte zu ihm: Sprich, wer ist es, von dem er redet?«

Auf der Barriere vor dem Wandbild ist eine Legende angebracht: mit den Namen der Jünger von links nach rechts. Wo ist Judas, der Verräter? Da Vinci hat ihn zwischen Petrus und Johannes platziert, er fühlt sich ertappt und hält den Geldbeutel mit den 30 Silberlingen fest.

Nichts ohne Absicht arrangiert

»Ist das Thema für Leonardo nur Vorwand zur Behandlung darstellerischer oder psychologischer Probleme, die mit dem Hauptthema nichts oder wenig mehr zu tun haben?«, fragt der Kunsthistoriker Herbert von Einem. Klar ist, dass das Genie auf diesem Bild nichts ohne Absicht arrangierte. Der Dominikanermönch Matteo Bandello, ein Zeitgenosse da Vincis, berichtete über dessen Arbeitsweise: »Doch mochte er eine Stunde oder zwei vor seinem Bilde sitzen, die Figuren anstarren und über sie nachdenken.«

Das würden die meisten der 25 Besucher im Refektorium am liebsten auch. Aber um 13.58 Uhr weisen die Sicherheitskräfte auf das nahende Ende der Besichtigung hin. Ein letztes Foto. Und noch ein allerletztes, als der Saal frei von Menschen ist. Das war’s. Und jetzt? Zum Dom? Oder erst die Fotos in alle Welt schicken?



also erst heute - am 02. mai - ist tatsächlich den 500. todestag von leonardo da vinci - und da hat uns ein redakteur vom "westfalen-blatt" einen sehr lebendigen authentischen bericht mitgebracht von einer exkursion nach mailand - zum "abendmahl"-fresko von leonardo.

vor 500 jahren war die gestaltung eines freskos in den maßen 9 x 4,20 m sicherlich schon ein logistisches meisterwerk. und leonardo ging ja sogar noch ein schritt weiter: er "bildete" nicht etwa eine damals übliche zeitgenössische ikonopraphische abendmahls-darstellung einfach "ab" ... - sondern er "inszenierte" eine bestimmte überlieferte begebenheit bei diesem "letzten abendmahl" in einer besonderen dynamik - wie ein filmregisseur - und schuf damit gleichzeitig eine neugestaltete "ikonographie" für dieses mahl, die dann oft einfloß in neue werke und diese beeinflusste.

dazu gehörte ja auch eine große portion menschenkenntnis, psychologisches einfühlungsvermögen und kenntnisse des nachvollziehens einer damals vorhandenen "gruppendynamischen" und irgendwie traumatischen ausnahmesituation, wie man das wohl heutzutage bezeichnen würde.

leonardo da vinci ist bereits 500 jahre tot - aber er machte bereits sich "einen kopf", als wäre er ein zeitgenosse von uns.

schade - dass er noch keine filme drehen konnte - er hat bestimmt jedes jahr "oscar"-mäßig ordentlich abgeräumt ...

nix für ungut - und chuat choan - und click here ...


nicht anhaften - 500. todestag von leonardo da vinci



Ehrung für da Vinci

Verona. Der Renaissancekünstler und -wissenschaftler Leonardo da Vinci (1452-1519) gilt als Universalgenie. Unehelich geboren im toskanischen Dorf Vinci bei Florenz, wirkte er vor allem in Mailand, im Rom der Päpste und im Umkreis des französischen Königs an der Loire. Malerei, Architektur und Ingenieurskunst gehörten ebenso zu seinen Disziplinen wie Naturwissenschaften, Kartografie, Geologie und Anatomie. Heute vor 500 starb das Genie. In einem Acker bei Verona hat der Landwirt und Künstler Dario Gambarin in einer achtstündigen Performance mit Traktor und Pflug ein Porträt da Vincis „gezeichnet“... (s. YouTube-Video von euronews)

Grabplatte in der Schlosskapelle Saint Hubert in Frankreich - Foto: NW | DPA

Eine Lilie für den Unvollendeten

500. Todestag: Leonardo da Vinci, der gemeinhin als Uomo Universale gilt, war irgendwie auch ein schlampiges Talent. Gerade das begründet seinen Mythos

Von Welf Grombacher

Es muss ein Spektakel gewesen sein. Zwei der größten Künstler ihrer Zeit lieferten sich einen Wettstreit. Während Leonardo im Palazzo Vecchio an seiner „Schlacht von Anghiari“ arbeitete, malte sein Konkurrent Michelangelo 1504 an der gegenüberliegenden Wand seine „Schlacht von Cascina“.

Ganz Florenz zerriss sich das Maul, welches der Schlachtengemälde das bessere sei. Ein Jahr allein soll Leonardo am Karton gearbeitet haben, bevor er anfing, seine Skizze auf die Wand zu übertragen. Er experimentierte mit Grundierungen und Farben, wurde immer unruhiger, weil das Bild nachdunkelte und schon während des Malens Risse auftraten. Als die Vorschüsse der Stadt in
Höhe von 600 Gulden zu drei Viertel aufgebraucht waren, brach Leonardo seine Arbeit schließlich ab und floh nach Mailand.

Selbstporträt (Spiegel.de)
Es war nicht das einzige Mal, dass der Ausnahmekünstler seine Auftraggeber verärgerte. Schon sein Biograf Giorgio Vasari begründet in seinen 1550 erstmals erschienenen „Viten“ den Mythos vom schlampigen Genie, das „durch all zu großes Streben gehindert“ wurde. „Er würde in Gelehrsamkeit und Kenntnis der Wissenschaften Großes geleistet haben, wenn er einen minder unbeständigen und wandelbaren Geist gehabt hätte“, ist da zu lesen, und bis heute trägt diese Eigenschaft zur Legendenbildung bei.

Leonardo da Vinci ist mehr Mythos als Mensch. Gerade weil er nicht perfekt ist, ist er so sympathisch. Obwohl Experten ihm nur ein gutes Dutzend (oft unvollendeter) Gemälde zusprechen, gilt er als einer der bedeutendsten Maler der Renaissance und als Uomo Universale (Universalmensch). Das Prinzip des Hubschraubers hat er ebenso erfunden wie ein mit Spiralfeder angetriebenes Auto oder einen Vorläufer des Panzers.

Es gibt unzählige Bücher über ihn und zu seinem 500. Todestag am 2. Mai erscheinen noch ein paar mehr. „Leonardo, schon zu Lebzeiten der Weltbürger unter den Renaissancekünstlern“, schreibt Boris von Brauchitsch in seiner Biografie, „ist endgültig und im wahrsten Sinne des Wortes zum Weltkulturerbe geworden“.

450 Mio. für "Salvator Mundi" - und nur aus
der "Schule" des Meisters
Seine Proportionsstudie des Menschen ist die berühmteste Zeichnung der Welt, sein für 450 Millionen Dollar 2017 bei Christies versteigerter „Salvator Mundi“ das teuerste Gemälde. Marcel Duchamp, Fernando Botero und Bansky haben seine „Mona Lisa“ kopiert.

Eine Firma für Luftabwehrtechnik trägt ebenso seinen Namen wie ein Programm für berufliche Bildung. Dan Brown schrieb einen „Da-Vinci-Code“ und sogar eine der Ninja-Turtles ist nach Leonardo benannt.

Gerade im Internetzeitalter, in dem alles in Bewegung und nichts definitiv ist, erscheint Leonardos Weltsicht aktuell wie nie, glaubte er doch, alles sei im Fluss. Es gibt sogar Kunsthistoriker, die behaupten, er habe bewusst seine Gemälde nicht fertig gestellt. Seine Kunst ist eine Kunst der sanften Übergänge, sein „Sfumato“ ein Grund dafür, warum seine Bilder so geheimnisvoll anmuten.

Autoritäten erkannte er nicht an. Alles stellte er in Frage. Mit Leichen von Verbrechern fertigte er anatomische Studien. Der Religion trat er mit Skepsis gegenüber. Seine Schriften verfasste er in Spiegelschrift. Er war Vegetarier und galt auch sonst als kauzig.

Schon seine Geburt am 15. April 1452 im Örtchen Anchiano in der Nähe von Vinci ist Ausdruck für seinen unangepassten Geist. Kommt er doch als uneheliches Kind eines adligen Anwalts und eines Bauernmädchens zur Welt. Bei den Großeltern väterlicherseits wächst er auf, bis der Vater ihn in Florenz bei Andrea del Verrocchio in die Lehre gibt. Als er auf einer „Taufe Christi“ einen Engel
malen darf, der alle anderen Figuren in den Schatten stellt, soll sein Meister Verrocchio so schockiert gewesen sein, weil „ein Kind“ besser male als er, dass er nie wieder einen Pinsel anrührte.

An einer Fassung seiner „Felsengrottenmadonna“ malte Leonardo 25 Jahre. Auch bei seinem „Letzten Abendmahl“ fand er kein Ende. Der Prior des Klosters beschwerte sich schon beim Herzog, dass der Maler halbe Tage vor dem Fresco verbringe, ohne einen Strich zu malen. Leonardo entgegnete nur kess, „dass erhabene Geister bisweilen am meisten Schaffen, wenn sie am wenigsten
arbeiten, nämlich in der Zeit wo sie erfinden und vollkommene Ideen ausbilden“. Schon bevor das Bild fertig war, verblasste es der unkonventionellen Farbmischung wegen. Bis heute beschäftigt es die Konservatoren.

Die idealen Proportionen des Menschen nach Leonardo - mit der berühmten Spiegelschrift - Bild: zeno.org



Ein Reiterstandbild für Lodovico Sforza plante Leonardo mit 7,20 Metern Höhe so gewaltig, dass es sich nie realisieren ließ. Und selbst an der Mona Lisa soll er vier Jahre gemalt haben. Es heißt, er ließ bei der Porträtsitzung Witze erzählen, damit das Lächeln der Gioconda nicht einfriere. Sogar mit nach Frankreich nahm Leonardo die unfertige Gioconda als er 1517 in die Dienste des Königs Franz I. trat.

Dort starb er nach zwei Schlaganfällen am 2. Mai 1519 auf Schloss Clos Lucé.

Text: NEUE WESTFÄLISCHE, 30.4.2019, Seite 1 und Kultur

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ich kann mir das gut vorstellen - 500 jahre nach seinem ableben - wie dieser unruhige geist voller unrast überall aneckte - und wie er selbst "seine" zeit und jeweilige weile bestimmte. während seine zeitgenossen ihn bestimmt als "schwierig" einstuften, konnten sie sein "genie" gar nicht recht erfassen - und vielleicht würde er auch heutzutage als Mensch eher mit dem "asperger-syndrom" dignostiziert: etwas weltabgewandt und "kauzig" - aber hochbegabt und mit einer superraschen auffassungsgabe.

es wäre kaum auszuhalten, leonardo sich heutzutage an einem guten pc vorzustellen - vor allen dingen wüsste man gar nicht, ob das für ihn oder die allgemeinheit zum "fluch" oder zum "segen" gereichen würde.

was mir besonders an ihm gefällt, ist seine frei entwickelte "universalität" ohne einengendes universitätsstudium. er war ja in den meisten seiner arbeiten und überlegungen purer autodidakt - und er hatte durch seine anatomischen studien ja bald mehr kenntnisse vom körperaufbau des menschen, von knochen, sehnen und nervenbahnen, als jeder chirurg seiner zeit.

wenn heutzutage - 500 jahre nach dem ableben des leonardo - der fdp-lindner meint, die umweltpolitik solle man lieber den "experten" überlassen, als dass nun schon unausgebildete schülerinnen und schüler jeden freitag für ihre bessere zukünftige umwelt demonstrieren - so sollte er sich vielleicht mal an leonardo ein beispiel nehmen, inwieweit ein "laie" durch haargenaue "beobachtung" und objektuntersuchung vor 500 jahren schon kommen konnte - und alle "experten" seiner zeit in den schatten stellte ...

auch wenn man leonardo in seiner rastlosigkeit sicherlich als einen "vorübergehenden" bezeichnen könnte - im sinne des logion 42 im "evangelium des thomas", wie es jesus dort zu seinen jüngern sagt. 

jesus spricht damit das aus, was unser wesen, wie das wesen des kosmos insgesamt, in seiner ganzen tiefe und größe ausmacht: das fließende, das in bewegung sein, die veränderung, das leben also… - und der buddha sagte dazu im gleichen ansinnen: 

  • Haftet nicht an, an nichts und niemandem. Versteht doch bitte, dass jede Statik und Beständigkeit zwar ein verständliches Begehren von euch ist, zugleich aber doch nur eine Illusion des Geistes, der sich irgendwo anlehnen und einen Moment zur Ruhe kommen will.

in der wanderschaft nämlich, im unterwegssein zeigt sich unsere prägendste seite als kinder einer universalen und nichts ausschließenden bewegung. von einer tiefen seelenstimme erweckt und einer unsichtbaren hand gezogen und geführt, verlassen wir so in der geschichte unserer gattung fortwährend gerade erworbene sicherheiten und beständigkeiten. wir suchen nach schöpferischen wegen in das neuartigere und das in unseren augen bessere ... (zitat aus dem blog: "interbeing.de" - prof. dr. claus eurich).

diese prämisse - diesen so verstandenen jesuanischen auftrag - hat leonardo da vinci vor 500 jahren sicherlich schon voll erfüllt.



kunst ist auch nur arbeitsteilung


Nicht ohne meine Helfer

Der einsame Maler? Eine Legende. Der Alltag im Künstleratelier war Arbeit im Kollektiv

Von Elke Linda Buchholz | Tagesspiegel

Picasso stellen wir uns als Einzelkämpfer vor: nur er und die Leinwand. Auch Rembrandt inszenierte sich als einsames Genie im Atelier und schon Dürer sieht man förmlich allein die Alpen überwinden, immer Venedig im Sinn. Aber die Kunstgeschichte hatte die Maler im Nachhinein oft einsamer gemacht als sie in Wirklichkeit waren.

In Picassos südfranzösischem Domizil gingen Druckgrafiker, Töpfer und Metallbildhauer ein und aus. Unter Rembrandts Aufsicht werkelten diverse Mitarbeiter, die seine immense Produktion erst ermöglichten. Und Dürer vernetzte sich, kaum in Venedig eingetroffen, dort mit den tonangebenden Akteuren: Giovanni Bellini wurde sein Ansprechpartner. Dessen Familienclan hielt über zwei Generationen eine Spitzenposition auf dem lukrativen Markt der Lagunenstadt, immer in Konkurrenz zu den Vivarini, die ebenfalls als Familienwerkstatt agierten - denn das brachte Vorteile. In der Renaissance war kein Maler allein wettbewerbsfähig. Eine Bottega, eine Werkstatt zu leiten, Fachkräfte anzuwerben, den Betrieb zu beaufsichtigen und Aufträge zu akquirieren, gehörte ebenso zum Alltag wie die kreative Konzentration auf Pinselspitze oder Silberstift. Kein Kunde erwartete, dass ein namhafter Werkstattchef seine großflächigen Wandfresken komplett im Alleingang ausführte oder alle Madonnenbilder für die private Andacht ohne Helfer zustande brachte. Eigenhändigkeit wurde zwar geschätzt und in Verträgen angemahnt, kostete aber extra. Oft reichte es, wenn der kreative Kopf einer Werkstatt die Qualität der Produktion überwachte, Entwurfszeichnungen bereitstellte und zum Schluss für das perfekte Finish sorgte.

Durchgepaust für die Werkstatt. Folie mit der Umrisszeichnung von Andrea Mantegnas „Darbringung im Tempel“ von 1454 über Giovanni Bellinis „Darbringung“, ca. 1470/72, Venedig, Fondazione Querini Stampalia. Bellini nutzte das Bild seines Schwagers als Vorlage für ein eigenes, neues Werk.
Foto: ©Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie, Babette Hartwieg


Kunst war eben nicht nur Geistesblitz und Soloshow, sondern auch Materialbeherrschung und mühselige Handwerksroutine. Es brauchte Hände, die zurichten, aufspannen, schnitzen, grundieren, vergolden, ausmalen, lasieren, firnissen. Allein schon das Anreiben der Farbpigmente war eine Geduldsarbeit, die der Meister gern delegierte. Oft sieht man im Hintergrund von Atelierdarstellungen einen Gesellen über den Reibstein gebeugt. Den Statussprung vom schnöden Handwerk in die gehobene Liga der freien Künste schafften die Maler und Bildhauer erst im späten Mittelalter, zuerst in Italien. Nun wurde stolz signiert, und die Legendenbildung um die großen Namen begann. Aber der geniale Giotto hätte sein Pensum an Freskenzyklen niemals allein bewerkstelligen können. Er ging mit einer organisierten Belegschaft an den Start, etwa in der Arenakapelle in Padua. Gut 150 Jahre später stand der junge Mantegna bewundernd davor. Der um 1431 geborene Tischlersohn trat mit elf Jahren in die Lehre bei Francesco Squarcione ein. Dieser mittelmäßige, aber geschäftstüchtige Meister adoptierte gern seine begabten Schüler. So ließen sich die Zunftvorschriften zur Höchstzahl der Werkstattmitarbeiter umgehen.

Als Mantegna merkte, dass er vom Chef ausgenutzt wurde, ließ er seine Adoption aufheben und machte sich mit 17 Jahren selbstständig: ein Selfmademan mit Ideen, den man rasch überregional wahrnahm. Projektbezogen kooperierte Mantegna mit dem befreundeten Niccolò Pizzolo, der ihn mit dem berühmten Donatello aus Florenz in Kontakt brachte. Der Bildhauer war mit seiner Bottega für ein Jahrzehnt nach Padua übergesiedelt, um aufsehenerregende Großprojekte, wie das bronzene Reiterstandbild des Feldherrn Gattamelata, zu realisieren.

Mobilität war unabdingbar, wenn man für innovationsfreudige Mäzene tätig sein wollte. Wer sich dagegen als Hofmaler verdingte, wie Mantegna später bei den Gonzaga in Mantua, hatte eine sichere Stellung, aber oft auch eine Fülle lästiger Nebenarbeiten an der Backe - vom Festdekor bis zur Schildermalerei.

Der Bellini-Clan in der Fernhandelsmetropole Venedig arbeitete für den freien Markt oder im Staatsauftrag der Republik. Familienpatriarch Jacopo Bellini muss schon früh auf den jungen Mantegna im nur 40 Kilometer oder wenige Bootsstunden entfernten Padua aufmerksam geworden sein. Als Schwiegersohn band er ihn ein: 1453 war die Heirat seiner Tochter Nicolosia Bellini mit dem hochbegabten Newcomer perfekt. Seine eigenen Söhne, den älteren Gentile Bellini und dessen Halbbruder Giovanni Bellini, hatte Jacopo in seiner Werkstatt ausgebildet: „L´ gran Giovanni e l´ buon Gentil Bellini“ nennt ein zeitgenössisches Sonett die beiden künstlerisch grundverschiedenen Charaktere. Der Neffe Leonardo Bellini brachte sein Spezialtalent ebenfalls ein. Er übernahm nach zwölfjähriger Lehrzeit beim Onkel den Geschäftsbereich Buchmalerei.

Gerade in der Vielseitigkeit der Bellinis lag ihre Stärke. Während Giovanni ein außergewöhnliches Gespür für Farbe, Lichtstimmungen und Atmosphäre besaß, brillierte Gentile mit Detailschärfe. Als er 1479 in diplomatischer Kunstmission ins Osmanische Reich geschickt wurde, beaufsichtigte sein Bruder Giovanni daheim den Fortgang der Arbeiten im Großen Ratssaal des Dogenpalasts. Schon zwanzig Jahre zuvor hatten Vater und Söhne ein vielteiliges Altarwerk in Padua gemeinschaftlich signiert. Auch der kollegiale Austausch mit Schwager Mantegna lässt sich an ihren Werken ablesen: Die Ausstellung in der Gemäldegalerie ermöglicht die spannende Spurensuche nach Konkurrenz, Inspiration und Eigensinn. Da werden einzelne Figurenmotive aufgegriffen, Details abgekupfert, ganze Bildkompositionen variiert. Auch in technischen Finessen blitzt der Austausch auf: Bellini wie Mantegna pinselten mit Goldstaub in der „oro macinato“-Technik Glanzlichter als feinen Goldschimmer auf Gewandfalten oder das Haupt Christi.

Materialien in erstrangiger Qualität waren in der Handelsmetropole Venedig verfügbar. Aus Afghanistan etwa kam der Lapislazuli für das leuchtend blaue Ultramarin. Dürer griff zu: Er nahm sich aus Venedig Farbpigmente für 100 rheinische Gulden mit. Er fachsimpelte mit den Kollegen vielleicht auch über die Vorteile der Leinwandmalerei gegenüber dem traditionellen Holztafelgrund, gerade im feuchten Klima Venedigs. Oft wurde Werkstattwissen allerdings eifersüchtig gehortet. Den kostbaren Besitz der Bellini-Dynastie bildeten dicke Zeichnungsbände, die Vater Jacopo seinen Söhnen vererbte, ein unerschöpflicher Ideenschatz. Wer Entwurfszeichnungen aus der Hand gab, musste hingegen damit rechnen, dass sein Urheberrecht missachtet und Ideen von Konkurrenten kopiert wurden.

Da war es besser, den Markt selbst zu beliefern. Botticelli in Florenz perfektionierte das rationelle Werkstattwesen, indem er 1:1-Schablonen und Entwurfskartons erstellte. Damit konnten auch weniger begabte Mitarbeiter effektiv arbeiten. Der Meister selbst konzentrierte sich derweil auf die wirklich spannenden Aufgaben. Michelangelo dagegen hätte trotz seiner Neigung zu gewaltigen Projekten am liebsten alles allein gestemmt. Ob mit Hammer und Meißel am Marmorblock, oder mit dem Pinsel vor großflächigen Freskoprojekten: Auch er kam ohne Gehilfen und Zuarbeiter nicht aus.


tja - das ist dann wohl auch die lösung zu allen spekulationen um das zur zeit teuerste gemälde der welt (450 mio.), das aber irgendwie derzeitig "verschollen" ist - und nirgendwo zugänglich: leonardos "salvator mundi". 

und natürlich stand auch da nicht der meister selbst an der leinwand, um dieses bild zu malen. er lieferte sicherlich auch dazu die gestaltungsidee und die vorlagen - vielleicht auch als schablonen - und die komposition und ließ sich das werk seiner schüler und gehilfen zeigen - und korrigierte hier und da himself ...

und das war ja auch damals gar nichts besonderes, es war eher eine ganz gewöhnliche form der bildproduktion in arbeitsteilung im kleinen kreis - und nur gegen horrende aufpreise legte der chef eben selbst hand an ...

und beim "salvator mundi" ist es sogar so, dass die leonardo typischen und einzigartigen verschwommenen lichtspuren, die "sfumato", die heute das bild so "echt" wirken lassen und dermaßen in die unmittelbare nähe von leonardo da vinci katapultieren, von der überragenden restauratorin hineininterpretiert wurden: sie hat alles gegeben ...

der 450-mio. teure "salvator mundi": links vor der
restaurierung - ohne leonardo-"schmelz" - rechts
im heutigen zustand ...
gerade dort, wo das bild am stärksten nachgebessert wurde, ist dieser "sfumato" und damit die suggestive lichtführung des "salvator mundi" am überzeugendsten gestaltet. das gilt für die modellierung großer teile des gesichts und der kristallkugel in der linken hand. ebendiese "sfumato"-effekte verdankt das gemälde zu einem guten teil den restauratorischen überarbeitungen, die sich wie ein zweites gesicht auf das antlitz legen: meisterhaft gemalt, aber nicht von leonardo, sondern von der kongenialen restauratorin dianne modestini aus new york!

also man kann sagen, nach ca. 520 jahren "vollendet" eine ganz späte "gehilfin" und leonardos "schülerin" dieses werk aus des meisters werkstatt - oder verleiht ihm erst den rechten glanz, den es vielleicht zuvor nie gehabt hat: eine arbeitsteilung über ein halbes jahrtausend hinweg - aber die experten streiten nun darüber, ob es sich bei der restauration ab 2007 um eine "verbesserung" bzw. "schadensausbesserung" oder um eine "verschlimmbesserung" gehandelt hat ...


der erlöser der welt - salvator mundi

"Salvator Mundi"

Der teuerste Flop der Welt?

450 Millionen Dollar wurden für dieses Gemälde von Leonardo gezahlt – doch hat er es überhaupt gemalt? Dafür spricht so gut wie nichts.

Von Frank Zöllner | DIE ZEIT

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts traf Leonardo da Vinci die bis heute folgenreiche Entscheidung, seine Bildideen nicht immer selbst auszuführen. Viele seiner Werke malten Schüler und Gehilfen, das ist durch Schriftquellen und Gemälde der Leonardo-Werkstatt gut belegt, beispielsweise durch die Madonna mit der Spindel oder durch die Leda mit dem Schwan. Ebenfalls in die Reihe der Werkstattarbeiten gehört der Salvator Mundi, ein Bild, das Jesus den Erlöser zeigt. Leonardo hat das Werk nicht selbst gemalt, er lieferte lediglich den Gesamtentwurf und einige Detailstudien, seine Schüler verwendeten seine Ideen.





Der "Salvator Mundi", links in der unrestaurierten Fassung, noch ohne Leonardo-Schmelz © Robert Simon (l.); Christie's/dpa (r.)


Das alles wäre kaum der Rede wert, wenn der 2011 erstmals einer breiten Öffentlichkeit präsentierte Salvator Mundi nicht innerhalb kürzester Zeit sehr hohe Preise erzielt hätte, ja sogar zum teuersten Kunstwerk aufstieg, das je bei einer Auktion verkauft wurde. Schon im Jahr 2012 wechselte das Gemälde für rund 82 Millionen Dollar den Besitzer, kurz darauf wurde es erneut verkauft, für etwa 127 Millionen, und schließlich am 15. November 2017 auf einer New Yorker Versteigerung des Auktionshauses Christie’s für die Rekordsumme von 450,3 Millionen Dollar erworben. Als Käufer gilt der saudische Prinz Badr bin Abdullah. Zunächst hieß es, der Prinz habe im Auftrag des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman gehandelt (der mit der Ermordung des Journalisten Jamal Kashoggi in Verbindung gebracht wird). Dann wurde gemeldet, dass Prinz Badr den Salvator im Auftrag des Ministeriums für Kultur und Tourismus von Abu Dhabi ersteigert habe – quasi als ultimative Trophäe für die Kulturpolitik des benachbarten Emirats. Im Louvre Abu Dhabi sollte das Gemälde dann im September dieses Jahres feierlich präsentiert werden. Ohne Nennung von Gründen wurde der Termin jedoch abgesagt. Den Hintergrund der Absage kennen wir nicht. Wir wissen nicht einmal, wo sich das Gemälde derzeit befindet und ob die 450 Millionen je gezahlt wurden.

Eigentlich ist es selbstverständlich, dass für die endgültige Beurteilung eines Gemäldes dessen Geschichte restlos geklärt sein muss. Das sollte erst recht für teure Kunstmarkttrophäen wie den Salvator Mundi gelten. Die Provenienzlücken sind jedoch gewaltig. Bereits für das 16. Jahrhundert fehlt jede Nachricht über das Bild. Hinweise auf die Existenz eines Salvators von der Hand Leonardos gibt es erst seit dem 17. Jahrhundert. Doch ob sich diese Belege auf das in New York versteigerte Bild beziehen, ist mehr als ungewiss. Die frühesten zuverlässigen Nachweise für das Gemälde finden sich erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts! Um 1900 gelangte es in den Besitz des britischen Künstlers Sir Francis Cook. In dem 1913 publizierten Bestandskatalog seiner Sammlung heißt es, der Salvator als Werk stamme "aus dem Umkreis" Leonardos, also nicht vom Künstler selbst. Im Besitz der Familie Cook verbleibt das Gemälde bis zu seiner Versteigerung am 25. Juni 1958 durch das Londoner Auktionshaus Sotheby’s, wo es für 45 Pfund Sterling von einem gewissen "Kuntz" erworben wird. Jahrelang spekulierten die Experten darüber, ob es sich dabei um ein Pseudonym handle oder eine ironische Anspielung auf das deutsche Wort "Kunst". Im Frühjahr 2005 schließlich wechselt das Bild bei einer lokalen Auktion in New Orleans erneut seinen Besitzer, angeblich für 10.000 Dollar.

Erstaunlich ist nicht nur, dass der Salvator Mundi trotz seiner dürftigen Provenienz bei mehrfachen Besitzerwechseln in kürzester Zeit riesige Summen "erlösen" konnte (in keinem anderen legal betriebenen Geschäftsfeld dieser Welt würden solche Summen ohne genaue Herkunftsnachweise eines Objekts gezahlt!). Beinahe ebenso erstaunlich ist auch der fehlende Ehrgeiz maßgeblicher Akteure, die Provenienz des Gemäldes wenigstens für die Zeit zwischen 1958 und 2005 restlos zu klären. Von all jenen, die Leonardo für den alleinigen Urheber des Bildes halten, prüfte keiner, wer wohl jener ominöse "Kuntz" war, der den Salvator 1958 ersteigerte, und wie er in die Auktion von 2005 gelangte. Diese Fragen haben kürzlich drei Journalisten des Wall Street Journal beantwortet.

Das Gemälde stammt demnach aus dem Besitz des 2004 verstorbenen Basil C. Hendry Sr. aus Baton Rouge in Louisiana, der es im Jahr 1987 von seiner Tante Minnie Stanfill Kuntz geerbt hatte. Minnie war die Gattin jenes ominösen "Kuntz" aus dem Jahr 1958. Wir kennen nun auch seinen vollen Namen, Warren E. Kuntz, und seinen Beruf, Möbelhändler. Er hatte den Salvator übrigens 1958 nicht als Trophäe erworben, sondern als religiöses Bild.

Das alles mag auf den ersten Blick trivial erscheinen. Aber es birgt eine Menge Zündstoff. Man muss sich fragen, warum erst drei Journalisten und nicht schon die Profis von Christie’s in New York den Käufer des Gemäldes von 1958 und dessen Verkäufer von 2005 ausfindig gemacht haben. Diese Frage ist umso berechtigter, als die Erben von Basil C. Hendry Sr. bereits im Jahr 2004 zwei Auktionshäuser kontaktiert hatten, Christie’s in New York (!) und die St. Charles Gallery in New Orleans, die den Nachlass schließlich am 9. und 10. April 2005 versteigerte. Christie’s in New York hatte den Salvator Mundi also zweimal vor der Nase, sowohl 2004 als auch 2017. Beim ersten Mal hielt man ihn dort offenbar für nicht so wertvoll, dass man ihn unbedingt hätte versteigern wollen. Beim zweiten Mal wurde daraus ein Riesengeschäft.

Man ahnt jetzt, warum das New Yorker Auktionshaus im Jahr 2017 keinen Ehrgeiz entwickelte, die Provenienz des Salvators genau zu prüfen: Die Experten wären dann nämlich auf die unangenehme Erkenntnis gestoßen, im Jahr 2005 einen Original-Leonardo verkannt zu haben. Umgekehrt hätte Christie’s sich dem Vorwurf aussetzen müssen, seinen Kunden im November 2017 ein Bild angeboten zu haben, dessen Urheberschaft keineswegs so eindeutig ist, wie manche nun behaupteten.

Tatsächlich zeigt sich nun, dass erst durch die tief greifenden Restaurierungen der Jahre 2005 bis 2017 der Salvator zu einem "Leonardo" gemacht worden war. Aus einer Bildruine wurde ein Spitzenstück.

Meisterhaft gemalt, aber nicht von Leonardo

In unrestauriertem Zustand hätten auch die größten Kenner nicht vermutet, dass es sich um ein Werk von der Hand des Meisters handeln könnte. Das zeigte sich etwa auf der Versteigerung der Sammlung von Sir Francis Cook 1958. Die Sammlung galt als eine der bedeutendsten privaten Altmeistersammlungen des 19. Jahrhunderts in Europa, daher waren bei der Auktion die entsprechenden Experten anwesend, unter ihnen Ellis Waterhouse. Der britische Kunsthistoriker vermerkte in seinem Exemplar des Bestandskataloges der Cook-Sammlung die Bieter und die Zuschlagspreise der Versteigerung, darunter auch den in Kunstmarktkreisen unbekannten "Kuntz" und dessen Verkauf. Man kann sich schwer vorstellen, dass ein Altmeisterexperte wie Waterhouse auf dem Cook Sale ein Originalgemälde Leonardos übersehen hätte.

Doch damit nicht genug: Zu den von Waterhouse notierten Bietern der Auktion gehörte auch Sir Kenneth Clark, wohl der beste Leonardo-Kenner seiner Generation. Clark, der auf dem Cook Sale ebenfalls mehrere Gemälde erwarb, hatte zuvor umfassend zu Leonardo publiziert, auch zu dessen Vorzeichnungen zum Salvator Mundi. Er war also, anders als "Kuntz", kein naiver Laie, sondern ein bestens informierter Spezialist. Daher ist auch im Fall von Lord Clark kaum vorstellbar, dass er auf dem Cook Sale ein authentisches Leonardo-Gemälde übersehen und es einem "Kuntz" aus den USA überlassen hätte.

Detailvergrößerung aus den beiden gegenübergestellten Reproduktionsfotos von oben


Um die Echtheit des Bildes heute beurteilen zu können, müsste endlich geklärt sein, wie gut es erhalten war und was genau daran restauriert und retuschiert wurde. Ein ausführlicher Bericht ist jedoch trotz mehrfacher Ankündigung nicht erschienen. Immerhin gibt es einige Fotos zu den unterschiedlichen Zuständen des Bildes in den Jahren zwischen 2004 und 2017, darunter auch eine Aufnahme vom April 2005, die der sogenannte Entdecker des Bildes, Robert Simon, großzügig zur Verfügung gestellt hat. Diese Fotografie könnte ein Ausgangspunkt für die Bewertung des Gemäldes sein.

Vor einer kennerschaftlichen Beurteilung des New Yorker Salvator Mundi muss man sich klarmachen, dass Leonardos Ruhm als Maler eng mit seiner langjährigen akribischen Beobachtung der Natur zusammenhängt. Noch im Jahrzehnt vor seinem Tod hat er unermüdlich nach geeigneten Techniken gesucht, seine Beobachtungen perfekt und wirkungsvoll in Malerei umzusetzen. An diesem Anspruch Leonardos muss sich auch der Salvator Mundi messen lassen. Einige Details wie die Modellierung der Segenshand Christi und der Kristallkugel oder die Gestaltung der filigranen Stickmuster unterhalb des Brustausschnitts reichen zumindest an diesen Anspruch heran. Auch die mit feiner Schattierung konturierten Fingernägel erinnern an Originalgemälde Leonardos. Allerdings weist der Salvator Mundi auch Schwächen auf. So wirkt die Hautfarbe der Segenshand, das Inkarnat, ähnlich wächsern wie auf etlichen Werkstattgemälden. Viel zu schematisch gestaltet sind zudem die "Korkenzieherlocken" Christi auf der rechten Seite und damit in einem Bereich des Bildes, das relativ gut konserviert war. Ausgerechnet der am besten erhaltene Teil der originalen Maloberfläche erinnert also an Arbeiten aus der Werkstatt Leonardos!

🔵 FRANK ZÖLLNER
ist Professor für Kunstgeschichte an der Universität Leipzig und gilt als einer der weltweit besten Leonardo-Kenner.

Genau umgekehrt verhält es sich mit den schadhafteren Bereichen des Bildes. Gerade dort, wo das Bild nachgebessert wurde, ist der "Sfumato" und damit die suggestive Lichtführung des Salvator Mundi am überzeugendsten gestaltet. Das gilt für die Modellierung großer Teile des Gesichts und der Kristallkugel in der linken Hand Christi. Ebendiese "Sfumato"-Effekte verdankt das Gemälde zu einem guten Teil den restauratorischen Überarbeitungen, die sich wie ein zweites Gesicht auf das Antlitz des Erlösers legen.

Meisterhaft gemalt, aber nicht von Leonardo, sondern von der kongenialen Restauratorin Dianne Modestini aus New York!

Und das lässt nur einen radikalen Schluss zu: Alle bisherigen Restaurierungen müssten rückgängig gemacht werden, besonders die der letzten Jahre, um eine erneute Echtheitsprüfung des Bildes zu ermöglichen. Aber wer wird sich noch einmal an ein 450-Millionen-Gemälde herantrauen? Wer wird den Fall ergebnisoffen prüfen dürfen? Und wer wird zugeben, dass so viel Geld sich irren konnte?
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Text und Bild: DIE ZEIT Nr. 2, 3. Januar 2019, Feuilleton, S. 45 

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auch oben - im "opener" des neuen "zeit"-artikels steht wieder: "... ein bild, das jesus den erlöser zeigt" ... 

ja - da ist immer von einem "jesus-porträt" die rede - und dabei handelt es sich doch um ein fantasie-gebilde des leonardo bzw. seiner werkstatt und seiner schüler: wie sie sich eben diesen "jesus" 1500 jahre nach dessen ableben vorstellten - als "heiland/erlöser der welt" (als "salvator mundi"), zu dem ihn in der zwischenzeit vor allen dingen die auf paulus eingeschworene kirche in rom mit "unfehlbaren" dogmen theologisch hochstilisiert hatte - denn er war ja nach den biblischen berichten zunächst ein einfacher handwerksbursche und tagelöhner und dann ein wanderprediger, der das damals verkrustete judentum revolutionieren bzw. reformieren wollte - und der seinen nahen vielleicht "inneren" gott seinen "abba" - seinen "papa" - nannte...

das wird heute oft vergessen: jesus von nazareth war nie "christ" und auch nicht "begründer" einer kirche, sondern ein jude, der predigend nur ein paar jahre durch das kleine galiläa zog, mit einer kleinen gruppe von frauen und zotteligen männern, die mit ihm zogen: nicht mehr und nicht weniger - alles andere ist theologie und fantasie und "meditation" - und eben "selbstgebastelte religion", über die ich erst neulich berichtete ...

ja - und 450 millionen dollar sind relativ viel - aber fußballspieler neymar war ja seinem jetzigen "besitzer" (moderner sklavenhandel) immerhin auch schon 222 millionen wert - also alles ist relativ...

das umstrittene kunstwerk selbst strahlt trotz aller von skeptikern beanstandeten ungenauigkeiten eine faszinierende ruhe auf mich aus - und ist in seiner derzeitigen wirkung sicherlich ein spitzenwerk in der weltkunst: entstehung hin - provenienz her ...

für mich ist eben die frage, ob erst mit einer lückenlosen provenienz des bildes - also zurück-recherchieren: bis zum tatsächlichen pinselstrich des meisters leonardo selbst, am besten mit der angabe von zeit und stunde und der größe und beschaffenheit der pinselborsten - ob das bild erst so seinen "wert" erlangt - oder ob wir es in seinem sosein trotz aller restaurierungsauffrischungen der letzten jahrhunderte oder auch gegenüber dem original missglückten restaurierungsabwertungen sein sosein im hier & jetzt bewerten dürfen - und in einem höheren sinne "schätzen" lernen dürfen.

ob das nun angeblich einem muslimischen prinzen aus den vereinigten arabischen emiraten (wahrscheinlich prinz badr bin abdullah bin mohammed bin farhan al saud) 450.312.500 us-dollar wert sein musste - immerhin für ein "jesus"-porträt - gedacht zur ausstellung in einem staatsmuseum in einem muslimischen land - oder ob das irgendein bis heute uns undurchsichtiger deal mit irgendeinem "höheren ziel" war - bleibt im ungewissen, denn im neuen louvre-museum in abu dhabi - wo es präsentiert werden sollte -  taucht es bis heute entgegen aller ankündigungen nicht auf ...

und ob es jetzt durch all diese bewertungen und umwidmungen auch im nachhinein zur auktion noch jemals eine ähnliche spekulations-summe erzielen könnte, ist fraglich - aber fraglich bleibt ja auch, ob der deal überhaupt jemals über die bühne gegangen ist - und die 450 millionen bei irgendeinem bankhaus in der welt eingegangen sind mit der zweckbestimmung: "für salvator mundi" ...

das restaurierte und ersteigerte werk - das aber zur zeit "verschollen" ist ...




die meinetwegen auch weiterhin fiktive auktionssumme zeigt aber auch den stand der allgemeinen inflation zumindest auf dem kunstspekulationsmarkt an ... - und zeigt, dass die schere zwischen den gesellschaftlichen schichten allen unkenrufen zum trotz immer weiter auseinanderklafft: eine upperclass, die sich jetzt eine weitere trophäe in den safe legen kann - auf nimmerwiedersehen - aber so wird die allgemeinheit nichts davon haben: ein jesus für reiche - vielleicht sogar für muslimische multimilliardäre aus dem königshaus der emirate - eingebunkert vor sich hinschlummernd - und von wegen "heiland der welt"... 

na - dann "salem aleikum" - "friede sei mit dir" ...

nix für ungut - und chuat choan ...

p.s. dieses ist eine leicht modifizierte stellungnahme zu anderen "salvator mundi" posts auf diesem blog [click]...