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völliger quatsch



Kunstexperte Magnus Resch

"Das Gerede von guter Kunst ist völliger Quatsch"

Magnus Resch will Künstler in Geldfragen beraten - und mag steile Thesen: Ein Kunststudium, sagt der Wirtschaftsmann, führt in die Arbeitslosigkeit. Und Selbstvermarktung ist wichtiger als Qualität.

Ein Interview von Sebastian Späth | SPIEGEL



Maurizio Cattelans Bananen-Installation "Comedian" wurde auf der Art Basel irgendwann vor den Augen der Besucher verspeist - RHONA WISE/ EPA-EFE/ REX / SPIEGEL


  • Magnus Resch, 35, ist Kunstexperte. Er schrieb Bestseller wie "Management von Kunstgalerien" und hält Vorlesungen an der Yale University. Sein neues Projekt heißt "MagnusClass". Das Online-Seminar für Künstler ist gewissermaßen eine Kampfansage an alle traditionellen Kunsthochschulen: Resch legt darin den Schwerpunkt auf die wirtschaftliche Seite des Betriebs. In bisher 55 Unterrichtseinheiten erklärt Resch etwa, wie Künstler eine Galerie für sich gewinnen, Journalisten dazu bringen, über sie zu berichten - und vor allem, wie sie mit Kunst Geld verdienen.


SPIEGEL: Herr Resch, Sie haben eine Online-Kunstakademie gegründet. Produzieren die Hochschulen in Deutschland nicht schon genug erfolglose Künstler?

Magnus Resch: Die Ausbildung an Kunsthochschulen ist einseitig. Dort wird konsequent vermieden, über Geld zu sprechen oder über den Kunstmarkt. Jeder Künstler ist Selbstunternehmer, aber übers Unternehmersein wird nichts unterrichtet. Auch Künstler müssen Miete bezahlen, und das geht nur, wenn sie ihre Kunst verkaufen. In diese Lücke gehe ich mit meinen Onlinekursen. Besonders in Deutschland gibt es große Vorbehalte gegen eine marktorientierte und realitätsnahe Ausbildung, was absurd ist. Es scheint, dass es für Künstler erstrebenswerter ist, arm und erfolglos zu sein, als Geld zu verdienen. Das Kunststudium führt in die Arbeitslosigkeit.

SPIEGEL: Eine steile These - vor allem, weil Sie selbst nie an einer Kunsthochschule studiert haben.

Resch: Ein Professor für Unternehmensführung muss auch nicht Amazon gegründet haben. Ich arbeite seit 15 Jahren im Kunstmarkt und habe viele Künstlerfreunde. Ich erlebe hautnah, wie schwer es ist, von Kunst zu leben und bekomme täglich E-Mails von Künstlern. Die häufigste Frage lautet: "Magnus, wie werde ich erfolgreich?"

SPIEGEL: Ihr Kurs richtet sich an die Brotlosen. Also an 80 Prozent aller Künstler, wie Sie selbst in einem ihrer Lehrvideos behaupten. Die meisten werden sich schon die 300 Dollar allein für das Basispaket nicht leisten können.

Resch: Der Preis ist vielleicht sogar zu niedrig. Die vom Sotheby's Institute kosten das Achtfache.

SPIEGEL: Sie sind promovierter BWLer, Start-up-Investor und Bestsellerautor. Ihre unternehmerischen Erfolge will ich gar nicht kleinreden. Aber was sollen Künstler von Ihnen lernen können?

Resch: Ich bin kein Künstler, das stimmt, und ich will das auch gar nicht sein. In anderen Kursen geht es um Pinselstriche, Farbe und Impressionismus. Bei mir geht es ums Geld. Und da kenne ich mich aus: Mit 20 habe ich bereits eine Galerie geführt, meine Doktorarbeit habe ich über das Geschäftsmodell von Kunstgalerien geschrieben.

SPIEGEL: Einer der Tipps in ihrem Kurs lautet: "Lass nicht einen Sammler entscheiden, welches Kunstwerk er kauft. Er weiß es eh nicht. Sag ihm, du hättest da ein Bild, das wunderbar an seine Wand passt." Mit anderen Worten: Künstler sollen Sammlern ihre Kunst aufschwatzen?

Resch: Sie sollen Verkaufstechniken lernen. Ich empfehle zum Beispiel auch: "Sag den Preis… und dann nichts mehr. Entschuldige dich vor allem nicht!" Das erlebe ich nämlich häufig: Ich frage nach einem Preis für ein Werk, dann drucksen die rum. Besonders in Deutschland gehen Künstler und Galeristen extrem verkrampft mit Geld um. Natürlich müssen sie nicht ständig über Geld reden, aber sie sollten simple unternehmerische Prinzipien beherzigen. Es ist nicht schlimm, wenn man nach außen das Klischee des Verträumten gibt. Entscheidend ist aber, was hinter verschlossener Tür passiert.

SPIEGEL: Sie benannten einst eine Handy-App nach sich, Ihre Online-Kunsthochschule trägt auch wieder Ihren Namen: "MagnusClass". Ist das nicht nur ein weiterer Self-Marketing-Coup?

Resch: Ihre Frage ist typisch deutsch, in den USA fragt mich das niemand. Die David Zwirner Gallery heißt auch wie ihr Besitzer. Wenn Sie sich meine Onlinekurse ansehen, merken Sie, dass der Schwerpunkt auf den Inhalten liegt. Ist doch klar, dass ich nicht Künstlern predigen kann, wie wichtig Selfbranding ist, und es dann nicht selbst anwende. Um als Künstler Erfolg zu haben, muss man eine Marke sein. In meinem Kurs erkläre ich, wie man das schafft.

SPIEGEL: Warum nehmen Sie Eigenwerbung so wichtig? Glauben Sie nicht, dass sich künstlerische Qualität am Ende durchsetzt?

Resch: Darauf kann ich ihnen eine datenbasierte Antwort geben. Meine Studie, die ich letztes Jahr im Wissenschaftsmagazin Science herausgebracht habe, zeigt, dass der Erfolg eines Künstlers nicht von seiner Kunst abhängt, sondern von seinem Netzwerk. Wenn Sie als junger Mensch die Option hätten, in einer Kunstgalerie in New York zu arbeiten oder dort Assistent eines berühmten Künstlers zu werden, würde ich das dem Studium an der Kunstakademie Karlsruhe in jedem Fall vorziehen. Denn in New York lernt man die wichtigeren Leute kennen. Die Ausbildung ist nicht relevant, um ein erfolgreicher Künstler zu werden.

SPIEGEL: Ist es heute also gar nicht mehr wichtig, gute Kunst zu machen?

Resch: Das Gerede von guter Kunst ist völliger Quatsch. Aktuell ist gute Kunst, was eine kleine Gruppe einflussreicher, alter weißer Männer festlegt. Frauen, Afroamerikaner, Mitglieder der LGBTQ-Community werden dadurch stark benachteiligt. Heute muss gute Kunst vor allem eins sein: teuer. Der Inhalt zählt nicht. Die Banane von Maurizio Catellan, die er auf der Art Basel Miami Beach für 120.000 Dollar verkauft hat, zeigte das kürzlich.

SPIEGEL: Aber Sie selbst argumentieren ja auch ohne inhaltlichen Bezug zum Werk: Solange die PR stimmt, könnte ich auch ein Bild von einem Dreijährigen für Millionen verkaufen. Haben Sie wirklich überhaupt keine Kriterien, was gute Kunst ausmacht?

Resch: Das Problem ist: Viele tolle Künstler werden nicht fair entlohnt, weil sie nie gelernt haben, ihre Kunst richtig zu erklären. Deshalb gebe ich in meinem Kurs auch Anleitungen für ein perfektes Artist's Statement.

 SPIEGEL: Nehmen wir an, Sie würden irgendwann Direktor einer Kunstakademie werden. Was würden Sie als erstes ändern?

Resch: Ich würde sie sofort schließen.

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tja - als "das" beispiel einer echt zu vermarktenden "kunst" - "ohne inhalt", führt herr resch diese skandal-banane an, die da neulich auf einer kunstmesse in new york so großes aufsehen erregte: mit klebeband an die wand gepeppt - für 120.000 von jetzt auf gleich als "conzept-art" verhökert - und dann glattweg in einer weiteren "kunst-aktion" von einem (abgesprochen oder nicht ???) kollegen vor ("zufällig???") laufender video-kamera in aller seelenruhe aufgepellt und aufgegessen, wie man das mit einer normalen banane so macht - und diese "bana"lität in alle welt als video verkauft.

und fast entschuldigend meinten der käufer und der galerist dann - es kame bei dieser art "kunst" ja nicht etwa auf diese banane an, die sowieso immer wieder ausgetauscht werden müsse: es wäre halt die "idee" hinter der banane - also quasi das "pappende" - oder so ...

also - liebe kunstbanausen - aufgepasst: wer bei sich zuhause mit etwas breiterem  grauem tesa-klebeband aus plastik etwa eine banane an die wand klebt, kann wegen "copyright"-verletzungen dann sicherlich belangt werden - und ein paar nicht ganz ausgelastete rechtsanwälte und kanzleien warten ja nur auf solche gewinnbringenden auseinandersetzungen - und der alte spruch: "von nix kommt nix" wird einfach mit solchem schmarren ad absurdum geführt - so generiert sich knete aus einer fast schwarzen banane...

und auch der street-art-graffiti-"banksy" scheint bei herrn rasche in die lehre gegangen zu sein, denn auch von ihm kommen zu strategisch wichtigen zeitpunkten und begebenheiten pünktlich seine beiträge zur scene - die ihm dann regelmäßig eine gute presse bringen - die dann auch den marktwert seiner arbeiten, fotos und abzüge ausmachen - echt chanz doll...

nur der tatsächlich teuerste lebende künstler auf diesem erdenrund, der olle gerhard richter, tut sich mit seinem marketing oftmals schwer und so schrecklich wenig "professionell" und irgendwie "introvertiert"... - aber verdient auch ohne resch seine kohle, die es ihm erlaubt, auch werke als dauerleihgabe der bundesregierung zur verfügung zu stellen.

und um seine vermaktungs-ebene zu erreichen, bedarf es schon einem gewissen "können", aus dem dann die "kunst" erwächst.

ohne substanz, nur mit dem mund angepriesen - oder nur mal als "idee" in den raum gestellt, lässt es sich zwar gut labern - aber längst noch nicht verkaufen.

und auch das, was ich da als marktstrategie des herrn resch wahrnehme und instinktmäßig meine zu erspüren, ist deutlich mehr lametta, als etwa eine darunterliegende seriöse echte handfeste weihnachtsnordmanntanne - ungespritzt und wie gewachsen, aus holz: da ist vielleicht viel idee und strategie und marktwissen, aber wenn die ware faul ist, kommt sie eben schnurstracks als remittenden-sendung zurück: return to sender ... - idee hin, concept her ...

ich rate jedem künstler ganz schlicht, neben einem handfesten seriösen beruf seine "kunst" am markt vorbei ohne rücksicht auf den "mainstream" zu "produzieren", zu schaffen, zu werkeln - einfach aus spaß an der freud...

auch die allergrößten längst verflossenen spitzenkünstler hatten ihre agenten und galeristen, schüler oder gespiel(inn)en für das geschäftliche und für die akquise, und schrappten oft zumindest vorübergehend am prekariat entlang ... das waren oft "typen", die einen agenten wie herrn resch rasch aus dem atelier geschmissen hätten... - aber ein(e) jede(r) muss glücklich werden nach seiner/ihrer "facon" ...

und chuat choan - wird schon wieder - und auf ein gutes neues jahrzehnt

der kunstmarkt - das bist du & ich...

Kunstmarkt

Schluss mit dem Kult der Exklusivität!

Die Kunstwelt muss endlich demokratisch werden. Ein Aufruf zum Neuanfang – für Künstler und Betrachter

Ein Gastbeitrag von Stefan Heidenreich und Magnus Resch

DIE AUTOREN
  • Stefan Heidenreich unterrichtet Medientheorie an der Universität Basel und lebt in Berlin.
  • Magnus Resch ist Gründer der Magnus-App, Professor für Kulturmanagement und lebt in New York .

Die Kunst ist in einer Sackgasse. Seit Jahren wächst die Abhängigkeit vom Markt und von den großen Sammlern. Und so bleiben im Grunde nur zwei Alternativen: Entweder die Kunst verliert sich in einem Kult leerer Exklusivität – oder aber sie wendet sich dem Publikum zu.



Damien Hirsts berühmter Diamantenschädel mit dem Titel "For the Love of God" © Reuters - ZEIT


Die Stimme der Betrachter ist in den letzten Jahrzehnten überall stärker geworden. Mittlerweile sind es alle gewohnt, sich den eigenen Kulturgebrauch jederzeit nach eigenen Vorlieben zusammenzustellen. Dass die vielen Stimmen sich äußern und wahrgenommen werden, hat viel mit sozialen Medien und Online-Plattformen zu tun. Wie nie zuvor wird kommentiert, bebildert, gelikt und geteilt.

Nur in der Kunst ist die neue Souveränität der Betrachter noch nicht angekommen. Sie lebt weiter in ihrer alten Welt, nach wie vor entscheiden allein Kuratoren, was in den Ausstellungen gezeigt wird. Wenn es hoch kommt, zählt man die Besucher. Ihre Ansichten interessieren nicht.

Hinzu kommt, dass die meisten Ausstellungen heute auf die Unterstützung von Galerien und von Sammlern angewiesen sind, sodass öffentliche Institutionen und Großevents wie Biennalen vieles von dem zeigen, was der Geldelite gefällt und von dieser gekauft wird. Manchmal kann es einem vorkommen, als seien die Museen zu einer Dauerwerbesendung für den Kult der großen Preise verkommen.

Dabei wäre es nicht schwierig, dem Publikum mehr Mitsprache einzuräumen. Sobald die Betrachter erst merken, dass sie nicht nur die Vermögenswerte anderer bestaunen sollen, sondern mit ihrer Stimme entscheiden können, was sie für sehenswert halten und was gezeigt werden soll, werden sie die Kunst wieder als ihr eigenes Anliegen wahrnehmen. Als eine Kulturform, an der sie selbst beteiligt sind, für die sie sprechen können, die auf ihre Stimme hört und die umgekehrt auch für sie spricht.

Unternehmen wir also den Versuch, die öffentlichen Institutionen der Kunst demokratischer zu gestalten. Wir fordern:

Besucher, wählt aus, was sehenswert ist! 
Der erste Aufruf richtet sich an alle, die gerne Kunst anschauen und gemeinsam entscheiden wollen, was ausgestellt wird. Sucht Gleichgesinnte, und entscheidet mit, was ihr für sehenswert haltet! Die Demokratie der Kunst muss nicht auf eine Diktatur der Mehrheit hinauslaufen. Wir können viele verschiedene Kunstformen von vielen verschiedenen Betrachtern auswählen lassen. Nur so wird Kunst wieder zu etwas, das nicht dem Markt dient, sondern unsere eigenen Interessen abbildet und wiedergibt. 
Künstler, mobilisiert eure Fans! 
Der zweite Aufruf geht an die Künstler: Verlasst die Sackgasse des Marktes. Verweigert dem Kult der Exklusivität euren Dienst. Wartet nicht darauf, "entdeckt" zu werden. Wendet euch den Betrachtern zu. Löst euch von den Formzwängen der Moderne: Wir brauchen keine Werke, die es nur einmal gibt. Vergesst die Aura, diese jämmerliche Marketing-Lüge des Exklusiven. Macht Kopien, ahmt nach, mischt neu, sampelt. All das, was in der Musik längst geht, steht auch Künstlern frei. Nutzt die Freiheiten der Kunst! Sie sind ein Recht, das es zu verteidigen gilt. 
Kuratoren, belebt eure leeren weißen Kuben! 
Werdet Teil eines institutionellen Ökosystems, in dem Betrachter der Kunst Bedeutung geben. Belebt wird Kunst nicht durch Vermittler, Experten und Sammler, sondern durch die vielen Stimmen, die dazu etwas sagen wollen. Hört auf sie! Gebt ihnen ein Echo! Gebt ihnen Raum! 
Käufer, erwerbt, was euch gefällt, nicht, was sich lohnt! 
Die große Menge möglicher Käufer wird vom Kult des Exklusiven vor den Kopf gestoßen. Und um diese vielen kleinen Sammler können sich die Galeristen in ihrem nomadischen Gehetze von Messe zu Messe nicht kümmern. Diese Kunstliebhaber, die Kunst nicht als Investment, sondern aus Begeisterung kaufen, müssen wir erreichen, an neuen Orten, mit Apps und Plattformen. Kunst ist keine Geldanlage, Kunst ist erschwinglich. Wir brauchen einen Kunstmarkt für die vielen und nicht nur für einige wenige.
Ob das der Kunst guttut? Aus Sicht der herrschenden Experten wohl kaum, denn das Urteil der vielen wird mit ihrem eigenen nicht unbedingt übereinstimmen. Zu Recht fürchten sich Künstler, die Jahrzehnte in Netzwerke von Sammlern und Kuratoren investiert haben, vor dem Publikum. Kuratoren schrecken vor dem Kontrollverlust zurück, wenn in ihren Räumen plötzlich Betrachter mitreden sollen.

Wir werden eine ganz andere Kunst bekommen, weil sie sich an ganz andere Bedürfnisse richtet und ihre Anerkennung im Publikum sucht. Sollte es gelingen, die Kunst demokratisch neu zu beleben, werden am Ende alle etwas davon haben. Die Betrachter, die mit den Werken wieder etwas anfangen können. Die Künstler, die wieder Anerkennung finden, auch außerhalb der kleinen Szene, auf die sie jetzt zurückgeworfen sind. Die Sammler, die wieder Dinge von Bedeutung erwerben können. Wir glauben an die Kraft der Kunst. Befreien wir sie vom Kult des Exklusiven und öffnen sie den vielen, die Kunst lieben.

Quelle: click here 

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Kunstmarkt

Kunst für alle? Ja, aber nicht so!

Eine Erwiderung

Ein Kommentar von Christian Kaspar Schwarm


  • CHRISTIAN KASPAR SCHWARM ist Gründer der Online-Plattform Independent Collectors und wurde dafür 2019 mit dem Art Cologne-Preis für Kunstvermittlung ausgezeichnet. Er lebt in Berlin.

Vorige Woche erschien in diesem Feuilleton ein Appell: Unter dem Titel "Schluss mit dem Kult der Exklusivität!" riefen Stefan Heidenreich und Magnus Resch die Kunstwelt dazu auf, "endlich demokratisch" zu werden. Ich entgegne: Unbedingt, aber nicht so!



Die Kunstwelt hat sich doch längst auf Publikumswünsche eingestellt. Zum Beispiel mit Werken von Olafur Eliasson. © Timothy A. Clary/​AFP/​Getty Images - ZEIT

Die beiden Autoren beschreiben einen Kunstmarkt, der immer abhängiger wird von sehr wenigen Sammlern, Händlern und Strippenziehern. Und es stimmt, der globale Kunstmarkt befindet sich in einer unguten Konzentrationsbewegung, immer mehr Macht bündelt sich in den Händen immer weniger Akteure. Doch was folgt daraus?

Resch und Heidenreich fordern, das Publikum solle künftig auswählen, was in den Museen gezeigt wird. Keine Elitenkunst mehr, dafür das, was die "eigenen Interessen abbildet und wiedergibt". Diese Forderung ist schon deshalb erstaunlich, weil sie vielerorts längst umgesetzt wird: Kaum ein Museum erlaubt sich heute noch, Ausstellungen zu konzipieren, ohne auf die erwarteten und tatsächlich erzielten Besucherzahlen zu schielen. Im Fernsehen nennt man das "die Quote", und die allgemeine Quotenhörigkeit hat keineswegs dazu geführt, dass das TV-Programm in den letzten Jahrzehnten besser wurde. Es ist, ganz im Gegenteil, so fad, dass sich innovative Streamingdienste wie zum Beispiel Netflix den größten Teil der jungen Zielgruppe wegschnappen – durch inhaltliche Qualität.

Auch die Forderung, die Künstler sollten endlich das große Publikum für sich erschließen – "Wendet euch den Betrachtern zu" –, kommt mir einigermaßen absurd vor. Wer wartet denn heute noch im stillen Kämmerlein darauf, "entdeckt" zu werden. Fast alle Künstler präsentieren sich auf eigenen Websites und in den sozialen Medien. Auch hier nicht nur mit guten Folgen, schließlich weist die Anzahl der erzielten Likes nicht zwingend den Weg zu einer erfolgreichen Kunstproduktion.

Ähnliches gilt für die Kuratoren, auch sie verschließen sich nicht in elitären Zirkeln, sondern suchen das große Echo: Ich entdecke auf meinen Reisen immer mehr interaktive Formate und ausgesprochen zugängliche Formen der Kunstvermittlung.

Wenn man sich also in der Kunstwelt umschaut, erkennt man rasch, dass sie keineswegs so selbstbezogen ist, wie Heidenreich und Resch es darstellen. Im Gegenteil, sie versucht das Publikum einzubinden, Partizipation wird in den meisten Museen groß geschrieben. Die Frage ist nur, was das eigentlich bringt.

Leider wird ja die Kunst kein bisschen demokratischer, wenn wir ihre Inhalte verallgemeinern. Sie wird nur eines: flacher. Übertragen auf unser Bildungssystem, hieße das, was Heidenreich und Resch planen, einfach die Bildungsstandards radikal zu senken, um endlich mehr Menschen ein Abitur oder einen Hochschulabschluss zu ermöglichen. Das aber sähe nur vordergründig nach mehr Demokratie aus, denn die Wohlhabenden einer Gesellschaft fänden gewiss immer Wege, sich weiterhin hochklassig auszubilden. Statt die Kluft zwischen den unterschiedlichen Milieus zu verkleinern, wäre sie am Ende nur noch größer – und noch zementierter.

Das Gleiche droht, wenn wir den Vorschlägen von Heidenreich und Resch für die Kunstwelt folgen. Es würde gerade nicht dazu führen, dass die Masse der Kunstmarkt-Elite eine wie auch immer geartete, "volksnähere" Kunst aufzwingen könnte. Vielmehr würden sich die Ungleichheiten noch verstärken.

In der Bildung wie in der Kunst muss die Lösung darin liegen, mehr und mehr Menschen für die lohnende Herausforderung zu begeistern, sich auch mit anspruchsvolleren Inhalten auseinanderzusetzen. Aktive, persönliche Beschäftigung mit Kunst darf dabei nicht – wie von Resch und Heidenreich getan – auf reines Konsumverhalten heruntergebrochen werden. Sie gleicht vielmehr dem Erlernen eines Instruments: Die Freude entsteht beim Spielen. Und es ist doch das Neue, das Unbekannte, das noch Ungelernte, das uns Menschen wachsen lässt. Das ist es, was wir all jenen erzählen müssen, die noch gar nicht ahnen, was gute Kunst mit ihrem Seelenleben anstellen kann. Ich fürchte, Stefan Heidenreich und Magnus Resch zählen dazu.

Quelle: click here 


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ach - wer bin ich denn, dass ich mich hier mit diesem thema zum schiedsichter aufplustern würde. das ist so wie der volksmund sagt: die einen sagen so, die anderen sagen so: resch & heidenreich sagen so, und schwarm sagt so - und beide parteien betreiben eine "app" oder eine "online-plattform" und schreiben sicherlich auch zu diesem thema, um sich clicks abzuholen - also nur bedingt selbstlos... - und unrecht haben ja beide nicht.

insofern sind beide aufsätze sicherlich auch "ein stück weit" pr-arbeit in eigener sache...

ich war vor ein paar tagen in münster im dortigen lwl-museum, und habe mir nach dem obligatorischen geduldsfaden in der warteschlange die dortige turner-ausstellung angeschaut: joseph mallord william turner (1775-1851) "horror and delight", mit seinen flauschig-wattigen licht-schatten-landschaften wie auf schwülstig-alten theater-bühnenbildern, wie extra betonte kulisse: oftmals "riesen-schinken" - aber dann auch wieder kleine exquisite aquarelle unter gedämpfter beleuchtung - eine ausstellung in kooperation mit der "tate"-gallery im brexit-erwartungsland.



licht und farbe (goethes farblehre) -
der morgen nach der sintflut -
mose schreibt das buch genesis -
j.m.w. turner, 1843 . (handyfoto von sinedi in münster)
von daher war es schon auch etwas besonderes, hier auf dem europäischen festland diese kunst zu schauen - wer weiß wann und ob das wieder einmal geht.

und als kunstbanause hätte ich mir vor allem bei den "see-stücken" oft einen vergleich gewünscht - ein gegenüber - vielleicht mit dem hier in ungnade gefallenen expressionisten emil nolde, der hier im norden deutschlands 100 jahre später mit wesentlich kräftigerer palette und grober und abgehackter sein innerstes expressionistisch auf die leinwand bannte.

und während der "romantiker" turner schon von jugend auf mit der "royal academy" auf du und du stand, musste nolde ja 100 jahre später immer um die gunst der jeweils auch regional "herrschenden" und des publikums rundherum buhlen - und musste sich dazu anbiedern und seine biographie je nach gusto verknoten und verschränken...

in der ländlichen heimatgegend von nordfriesland und süddänemark gab es
emil nolde: brecher, 1936 - das abgehängte bild aus dem
kanzlerin-büro
nach kunst von haubarg zu haubarg wenig nachfrage - und deshalb suchte nolde anschluss an die salons und galerien in berlin und hamburg.


und doch haben beide künstler immer auf ihre art und weise landschaft und (un)wetter und sturm und sonnenuntergang und sonnaufgang prachtvoll festgehalten - jeder auf seine "art" - jeder in seiner "kunst"...

ja - warum will ich die beiden gegenüberstellen: mir ging es in der turner-ausstellung zu "schön" und zu "geleckt" zu, alles war fast photographisch korrekt in gedeckten farben und ganz hauchzart hingetupft und wie in einem bebilderten tagebuch festgehalten. hinzu kamen zwar auch ein paar "ungegenständliche" nuancen oder wirbel und strömungen, die wohl eher der psyche des mr. turner geschuldet waren, vielleicht war es aber auch schon zu der zeit sein "verkaufs-gag", seine "marke", die er setzte.

nolde hatte da ja eher einen groben pastös grellen farbaufstrich - und trotz seiner
sinedi.art: venedig
anbiederei an den nationalsozialismus geriet er damit auf das abstellgleis und wurde als "entartet" aussortiert - und bekam auch vielleicht tatsächlich ein "malverbot" aufgebrummt - vielleicht war das aber auch nur eine "vertelleken" für die verkaufserlöse nach dem krieg und der nazi-zeit gut ausgedacht...


in der diskussion von oben war turner wohl eher der publikumsabgehobene, darüber hinwegschwebende selbstbezogene "royal-academy"-künstler, mit verbindungen zur "national-gallery" und den feinen top-museen - während noldes kunstproduktion wohl eher bodenständig ja mit kleinen postkarten anfing und dem dazugehörenden "klinkenputzen" vor ort - und dann rasch da oben im norden für das rauhe nordseeklima seinen unverwechselbaren stil entwickelte, aus dem noch kräftig die ölfarben nachdampften - und der die kunstsammler in den metropolen verblüffte mit seiner holzschnittartigen farbigkeit.


sinedi.art: eine lese meiner "werke" (= jeder ist künstler)
click here
wie gesagt - die diskussion oben, wie man heute "kunst" am besten und am zeitgemäßesten etabliert, damit das publikum davon auch etwas hat, ist für mich einfach "unentscheidbar"... - "jeder nach seiner facon"... - und noldes kraft-protz-bilder bilden sich in mir eher ab als turners photo-wisch im gewitter-blitz, wie ein kurzes blitzlicht - und dann wieder dunkelheit und grollen...

am besten aber geht es mir damit, wenn ich selber kreativ werde nach der methode "beuys": "jeder ist künstler" - "alles ist kunst"... - dann brauch ich kein museum, keine agentur, keinen kurator dann muss ich auch nicht auf preise schielen, dann entscheidet ganz still der betrachter in meiner sinedi-gallery vorm pc oder auf dem smartphone was er mag oder nicht mag - was er herunterlädt für seine wand oder weiterverschickt an freunde und bekannte...

und "barrierefrei" und "kostenlos" sind auch ein hohes gut in dieser zeit: ganz natürlich und urmenschlich...