Astronomen warnen vor zu vielen Satelliten
Von Simon Sachseder | WELT.de
Kennen künftige Generationen die Sternbilder nur noch aus Anekdoten? Astronomen warnen: Wo heute am Firmament die Sterne funkeln, werden künftig nur noch Satelliten zu sehen sein. Es geht um weit mehr als romantische Himmelsbeobachtungen.
Etwa 5000 funktionsfähige und ausgediente Satelliten fliegen derzeit auf verschiedenen Umlaufbahnen über der Erde. Manche sind nur wenige Zentimeter groß und gehören einer Universität, andere sind riesig – wie das US-Abhörmonster „NROL-32“ , dessen Antenne einen Durchmesser von 100 Metern haben soll.
Bald könnten es mehr Satelliten werden – sehr viel mehr. Das wurde spätestens Ende Mai klar, als Elon Musks Raketenfirma SpaceX für ihr geplantes weltumspannendes Internet-Netz 60 Satelliten in den Orbit schoss. Die Satelliten gehören zum Projekt Starlink, das in den kommenden Jahren aus bis zu 12.000 Satelliten bestehen könnte.
Das erdumspannende Netz soll künftig auch entlegene Erdregionen mit schnellem Internet versorgen. Astronomen befürchten aber, dass die vielen Objekte den Nachthimmel verschmutzen – ihre schiere Zahl könnte Sternbeobachtungen dann deutlich erschweren.
Mit SpaceX vervielfacht sich die Zahl der Satelliten
Allein die Pläne von SpaceX würden die Zahl der am Himmel schwirrenden Satelliten vervielfachen – und auch andere Betreiber haben ambitionierte Ideen. Staaten, Forschungseinrichtungen und Firmen planen inzwischen Minisatelliten von Tennisball- bis Kühlschrankgröße, die in der Summe „eine hohe Anzahl“ ergeben können, wie es beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) heißt.
Die Vereinigung der Sternfreunde (VdS) in Heppenheim hat die Sorge, dass der Nachthimmel irreparabel entstellt werden könnte: „Mit Zehntausenden zusätzlichen Objekten in der Erdumlaufbahn ist es kein unrealistisches Szenario mehr, dass am Nachthimmel mehr über das Firmament ziehende Satelliten als Sterne zu sehen sind“, mahnt die Organisation. „Dies könnte unser Bild des Nachthimmels, der die Menschheit seit Anbeginn begleitet, für immer verändern.“ Ähnlich äußerte sich die Präsidentin der American Astronomical Society (AAS), Megan Donahue.
Besorgt ist auch die Internationale Astronomische Union (IAU), ein weltweiter Zusammenschluss von Astronomen mit Sitz in Paris. Denn selbst wenn viele Satelliten mit bloßem Auge nicht sichtbar wären, so könnten doch die großen, zum Teil gerade im Bau befindlichen Teleskope empfindlich gestört werden. Das gelte nicht nur für Licht, sondern auch für Radiofrequenzen. Laut IAU war das im April veröffentlichte erste Bild eines Schwarzen Loches nur möglich, weil die störenden Funkstrahlen von Satelliten nicht zu stark waren – das könnte sich mit Starlink und Co ändern.
Neben SpaceX plant auch das Kommunikationsunternehmen Oneweb zusammen mit Airbus sogenannte Satellitenkonstellationen – also Anordnungen von Satelliten für ein gemeinsames Ziel. Im Februar hatte eine Sojus-Rakete die ersten 6 von letztlich mehr als 600 Oneweb-Satelliten ins All befördert. Auch Amazon tüftelt an einem eigenen Projekt.
Das DLR sieht bei Satelliten im erdnahen Orbit einen „signifikanten Wachstumsmarkt“. In Deutschland gebe es zwar keine Firma, die ähnlich wie SpaceX ein Internet aus dem All plant. „Um eine Megakonstellation wie von SpaceX propagiert zu starten, benötigt man eine große Summe Eigenkapital und ein gutes Geschäftsmodell“, antwortet das DLR auf Anfrage. Es gebe aber mögliche deutsche Zulieferer. So entwickle die baden-württembergische Firma Tesat kleine Laserterminals, über die Satelliten miteinander kommunizieren können. Bei der optischen Freiraum-Kommunikation im Weltraum sei Deutschland weltweit führend.
John Stanmeyer/ VII/ National Geographic - world press photo award 2014 |
Mehr Satelliten bedeuten aber nicht nur mögliche Einschränkungen für Sternbeobachter, sondern auch mehr Weltraumschrott. Die Europäische Weltraumorganisation (Esa) geht schon jetzt von 934.000 Fremdkörpern aus, die um die Erde schwirren und größer als ein Zentimeter sind. Satelliten in niedrigen Umlaufbahnen fliegen teils mit 28.000 Kilometern pro Stunde. „Bei diesen Geschwindigkeiten kann der Einschlag eines – selbst kleinen – Partikels auf den Satelliten eine unglaubliche Zerstörungswucht entfalten“, sagt der Leiter des Esa-Büros für Raumfahrtrückstände, Holger Krag.
Klein heißt hier tatsächlich winzig: Bereits staubkorngroße Objekte können auf der Außenhülle eines Satelliten sichtbare Krater schlagen. Schon ab einem Millimeter Größe wird es gefährlich. „Besonders empfindliche Teile könnten dabei bereits kaputtgehen“, sagt Krag, der in Darmstadt arbeitet. Ab einer Größe von einem Zentimeter kann man davon ausgehen, dass der Satellit nach dem Zusammenstoß nicht mehr funktioniert. „Die Energie, die dabei freigesetzt wird, entspricht ungefähr der Wirkung einer explodierenden Handgranate.“ Ist das Schrottteil mehr als zehn Zentimeter groß, wird der getroffene Satellit zertrümmert – und verschmutzt den Orbit mit weiteren Teilen.
„Wir gehen jetzt schon von einer Kollision alle fünf Jahre aus“, sagt der Esa-Experte. Dabei meint Krag einen großen Zusammenstoß, bei dem tausend oder mehr Trümmerteile freigesetzt werden. Solche Teile bleiben ebenfalls im All und können wiederum neue Kollisionen auslösen – solche Kaskaden wurden bereits in den 70er Jahren als Kessler-Syndrom beschrieben.
Die Internationale Raumstation ISS musste bereits mehrfach Weltraumschrott durch Kursmanöver ausweichen – und einmal durchschlug ein Splitter ein Sonnensegel. Die Esa betreibt 20 Satelliten – und hat mit mehreren hundert Kollisionswarnungen pro Tag zu kämpfen. „Wenn jetzt einer mehrere tausend Satelliten betreibt“, sagt Krag mit Blick auf Starlink und Co, „dann ist das aus meinen Augen ein nicht mehr überschaubarer Aufwand.“ Derzeit entscheiden noch Menschen über jedes Ausweichmanöver – künftig müsste das automatisiert passieren.
Die Esa schätzt, dass – wenn die Raumfahrt weiter so unbedarft betrieben wird wie heute – es in hundert Jahren jedes Jahr eine große Kollision geben könnte. „Wir müssen dafür sorgen, dass dieses Kessler-Syndrom nicht noch weiter angeheizt wird“, mahnt Krag.
Dazu verfolgt die Esa drei Ansätze: Zum einen sollen herumfliegende Objekte genauer verfolgt werden. Bereits jetzt werden etwa 20.000 Objekte vom Boden aus beobachtet, samt Berechnung ihrer voraussichtlichen Flugbahn.
Außerdem will die Esa Satelliten mit besserer Technik ausrüsten, damit sie nach ihrer Nutzung möglichst schnell in die Atmosphäre absinken und verglühen. Heutzutage sind lediglich 60 Prozent der Satelliten 25 Jahre nach ihrem Einsatz verschwunden. „Selbst 90 Prozent wären zu wenig“, meint der Esa-Experte Krag.
Drittens erforscht die Esa die aktive Entfernung von Weltraumschrott: Ein mit einem Fangmechanismus ausgestatteter Satellit soll ein Schrottteil gezielt ansteuern, greifen und abbremsen, so dass es in die Erdatmosphäre absinkt und zumindest teilweise verglüht. Schrottobjekte mit hitzeresistenten Bauteilen wie etwa Treibstofftanks könnte man ebenfalls kontrolliert auf die Erde stürzen lassen – zum Beispiel in den Südpazifik.
Da zumindest bei größeren Objekten für jede Entfernung eigens ein „Müllabfuhr-Satellit“ ins All geschossen werden muss, wäre der Einsatz sehr teuer. Deshalb würde man das nur bei besonders großen oder kritischen Objekten tun, die bereits im All sind, heißt es von der Esa. Die Weltraumagentur sieht hier Potenzial für einen neuen Markt. Sollten Staaten ihre Vorgaben verschärfen, könnten Satellitenbetreiber irgendwann gezwungen sein, ihre Satelliten, die sie nicht selbst aus dem All bekommen, mit einem Aufräumservice zu beseitigen. Neben der Esa erforschen auch andere Weltraumorganisationen Verfahren, um Rückstände aus dem All zu entfernen. Die japanische Jaxa (Japan Aerospace Exploration Agency) begann bereits 2014 mit einem Testlauf im All.
Die Starlink-Satelliten von SpaceX sind dabei noch ein kleineres Problem. Elon Musks Satelliten fliegen auf etwas mehr als 500 Kilometern Höhe – also vergleichsweise tief. Hier ist noch Restatmosphäre vorhanden, die ausgediente und kaputte Objekte automatisch abbremst, sodass sie irgendwann in der Atmosphäre verglühen. Problematisch könnte aber ihre schiere Zahl von bis zu 12.000 werden. Damit dürfte auch die Zahl jener Satelliten steigen, die etwa nach einem Steuerungsausfall zur Gefahr für andere Objekte im Orbit werden könnten.
Pläne anderer Firmen sind problematischer – denn deren Satelliten sollen mitunter in höheren Orbits kreisen. Die Satelliten von Oneweb sind für eine Höhe von rund 1200 Kilometern geplant – hier ist die Bremswirkung durch die Atmosphäre praktisch inexistent. „Ist da ein Objekt außer Funktion, platzt da ein Objekt auf und zerlegt sich in Trümmer, bleiben die Teile mehr oder weniger für alle Ewigkeit im All“, sagt Krag. Satelliten sollten also in der Lage sein, auch nach langer Betriebszeit aktiv zu bremsen und die Umlaufbahn zuverlässig zu verlassen.
Hier hat die Esa Zweifel, da Satelliten zu dem Zeitpunkt, wo sie ein solches komplexes Entsorgungsmanöver starten müssen, bereits sehr alt sind. Außerdem habe es die bisherige, meist staatliche Raumfahrt schon nicht besonders gut geschafft, Weltraumschrott zu vermeiden. „Warum sollte dann ein kommerzieller Betreiber, der unter Konkurrenz- und Kostendruck steht, das besser schaffen?“, fragt Krag. Skepsis sei angebracht.
Die Betreiber scheinen die diversen Probleme zumindest zu sehen: Elon Musk schrieb beim Kurznachrichtendienst Twitter, er habe seine Mitarbeiter angewiesen, dafür zu sorgen, dass die Satelliten künftig weniger hell seien. „Wir werden sicherstellen, dass Starlink keine Auswirkungen auf Entdeckungen in der Astronomie hat. Die Wissenschaft ist uns sehr wichtig.“ Und auf der Oneweb-Homepage leuchtet groß ein Zitat des Unternehmensgründers Greg Wyler: „Auf meinem Grabstein soll ,Hat die Welt verbunden’ stehen, nicht ,Hat Weltraumschrott erzeugt’.“
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also bilder von all dem weltraumschrott, der da um unsere schöne erde - unseren "blauen planeten" - kreiselt und taumelt - erinnern mich immer an die ungezügelte plastikverschmutzung in den weltmeeren.
viele hunde kratzen sogar mit den hinterpfoten oft ihr häuflein zu - und frauchen oder herrchen lassen sich (immer öfter) ein beseitigungs-setting einfallen, wenn das "geschäft" verrichtet ist, und man tritt auch ganz selten in katzenscheiße...: der mensch aber frohlockt über seinen lebensfortschritt und seine leistungen - und vergisst dabei die "letzte runde" zu planen und zu installieren: all den fabrizierten weltraumschrott ganz gezielt zurückzuführen und spurlos zu receyceln.
und das ist auch mit verankert im forderungskatalog der "fridays-for-future"-generation an die wissenschaft und an den technischen bzw. digitalen "fortschritt": räumt den mist weg, den ihr verzapft habt - und der nun veraltet ist und nicht mehr gebraucht wird.
ehe man bis 2030 nun wieder mal auf diesen staubigen und toten mond fliegen will oder gar zum mars, um gegebenenfalls edel-erden dort zu suchen und zu schürfen in großem stil - sammelt doch erst einmal zwingend die bahn frei und erfindet dafür dringend ein funktionierendes know-how.
denn sonst ist eines tages eine weltraumkatastrophe mit irgendeinem irrlichternden plastikschrott dort oben vorprogrammiert - da muss ich überhaupt kein fachmann sein und kein experte, herr lindner, um das mit sicherheit vorauszusagen.
und zukünftig sollten nur noch satelliten starten dürfen, deren vollständige weltraum- " e n t n a h m e " nach ihrem dienst auch gewährleistet ist, das muss im forschungsvorhaben bereits fest und verbindlich verankert werden. und eine solche "entnahme" wird ja achselzuckend bei der jagd auf wölfen und auf waschbären lauthals gefordert, wenn deren zahl angeblich umweltunverträglich "überhand" nimmt und "über alle maßen" schäfchen gerissen werden und vogelnester geplündert...
aber zum weltraumschrott kommt mir auch eine kühne idee: vielleicht sind alle sterne und planeten und herumschwirrenden kometen um uns herum der olle weltraum"schrott" irgendwelcher höheren aber ganz anders tickenden "außerirdischen" intelligenzen von früher oder später: denn von soooooviel kollisionen und blitzexplosionen sieht man ja an unseren teleskopen hier unten nun auch nicht übermäßig viel - und wer weiß: die sogenannte "dunkle materie" und die "schwarzen löcher" sind vielleicht nur die notwendigen "staubsauger"-effekte für alles wie auch immer geartetes leben im tiefen und weiten all ... - weiß man's ???
und trotzdem - chuat choan und nix für ungut ...
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