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„Erschreckend, was Menschen von sich geben“ 
Algorithmen sollen gegen Hasskommentare helfen

Von Joachim Huber | Tagesspiegel

Ein Algorithmus gegen Hasskommentare wird bald kommen, sagt die Informationswissenschaftlerin Melanie Siegel. So blickt sie auf die Wut im Netz.


  • Melanie Siegel ist Professorin für Informationswissenschaft an der Hochschule Darmstadt.


Frau Siegel, Sie beschäftigen sich mit Hass und Hetze im Netz. Wie sehr ist Ihr Welt- und Menschenbild davon beeinflusst?

Manchmal ist es sehr erschreckend, was Menschen so von sich geben. Manchmal schüttelt man über so viel Dummheit auch nur den Kopf. Einige Tweets sind so absurd, dass man eigentlich nur darüber lachen kann – wobei einem das Lachen dann auch wieder im Hals stecken bleibt, wenn man sieht, dass es Menschen gibt, die das ernst nehmen und dann womöglich sogar Gewalt anwenden.

Dem allgemeinen Eindruck nach steigert sich der Anteil der Hassrede am öffentlichen Diskurs von Tag zu Tag. Was sagt die Empirie?

Wenn man beispielsweise zum Thema „Flüchtlinge“ oder gar zum Stichwort „Asylanten“ sucht, dann findet man wirklich sehr viel. Es gibt eine kleine Menge sehr aktiver Accounts, von denen immer wieder aggressive Tweets gepostet werden. Auf der Kurznachrichtenplattform Twitter verbreiten rund fünf Prozent der Teilnehmer Hassbotschaften. Aber es gibt natürlich eine ganz große Menge anderer Themen, die in Twitter diskutiert werden.

Welche Themenkreise liegen konstant vorne? Gibt es Konjunkturen?

Das Thema „Flüchtlinge“ liegt konstant vorn. Dazu kommen Angriffe auf öffentlich bekannte Personen aus dem Journalismus wie Georg Restle, Dunja Hayali und Namen aus der Politik.

Welcher Personenkreis schreibt die meisten Hasskommentare, welcher Personenkreis ist am meisten davon betroffen?

Ich kann leider nicht sagen, was für Personen (oder manchmal auch Bots) sich hinter den Accounts verbergen. Das ist auch nicht Ziel unserer Untersuchung. Man hat den Eindruck, dass Einzelne sehr viel Zeit damit verbringen, recht aggressiv auf Twitter zu schreiben, denn es gibt Accounts, von denen sehr viel Material zusammenkommt.

Wo beginnt der Hasskommentar, wo hört er auf?

Das ist eine sehr schwierige Frage, denn es gibt viele Grenzfälle. In unserem Forschungsprojekt haben meine KollegInnen und ich erst einmal Tweets von Hand klassifiziert, als Diskriminierung, Beleidigung, profane Äußerung oder nichts von allem. Es war gar nicht so einfach, dabei einen Konsens herzustellen. Natürlich gibt es ganz klare Fälle, aber auch viele, viele Grenzfälle.

Sie arbeiten als Computerlinguistin in verschiedenen Netzwerken mit Kolleginnen und Kollegen aus den Sprachwissenschaften und der Informatik zusammen. Ziel ist es, Algorithmen zu entwickeln, die Hasskommentare erkennen und filtern können. Alles noch im Entwicklungsstadium?

Die besten Systeme aus dem letzten Jahr haben fast 80 Prozent der Tweets richtig klassifiziert. Das ist schon recht gut, aber immer noch viel zu wenig, um eine Klassifikation einer Maschine vollständig zu überlassen. Wir werden in diesem Jahr sehen, ob die teilnehmenden Gruppen auf den Ergebnissen des letzten Jahres aufbauen und die Erkennungsrate weiter verbessern können.

Computerprogramme können Wörter erkennen, aber können sie auch das Gemeinte im Gesagten und Geschriebenen zweifelsfrei identifizieren?

Die Programme können Wörter schon auch in einem Kontext erkennen und damit dem Gemeinten (der Semantik) näherkommen. Von „zweifelsfrei identifizieren“ kann aber noch keine Rede sein.

Wie steht es um Sarkasmus und Ironie?

Sarkasmus und Ironie sind automatisch besonders schwer zu erkennen. Sie sind ja auch für Menschen oft nicht erkennbar. Es gibt dazu eigene Forschungsexperimente, das ist ein ganz besonders spannendes Forschungsgebiet. Man schaut auf Emojis, auf Hashtags wie #nicht oder auf Widersprüche zwischen positiven und negativen Ausdrücken im Satz. Häufig braucht man zum Verständnis aber sogenanntes Weltwissen, also Wissen über den außersprachlichen Kontext, in dem eine Äußerung steht.

Es gibt ja auch die Hassrede, die ohne aggressive Wörter und Begriffe auskommt.

Das haben wir bei der Analyse im letzten Jahr auch festgestellt und eine „Subtask“ daraus gemacht: offensive Tweets als explizit und implizit zu klassifizieren. Ein Beispiel für eine implizite Beleidigung (Rechtschreibung wie im Original): „Dem Kommentar entnehme ich das auch ihre Schaukel als Kind zu nahe an der Wand gestanden hat.“ Natürlich ist das extrem komplex, aber wir wollen ja wissenschaftlich weiterkommen und immer komplexere Aufgaben angehen.

Jeder Vorstoß gegen den Hass im Netz stößt auf den Vorwurf, absichtlich oder unabsichtlich Zensur zu befördern.

Zunächst mal sind es diejenigen, die versuchen, die sozialen Medien mit aggressiven Kommentaren zu fluten, die den freien Meinungsaustausch zerstören. Manche JournalistInnen und PolitikerInnen wissen mittlerweile genau, ob sie Bedrohungen und Beleidigungen fürchten müssen, wenn sie etwas in Twitter posten. Was ist mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung derjenigen, die bedroht werden? Dass diese Drohungen nicht immer verbal bleiben, das haben wir in der letzten Zeit erfahren müssen.

Wenn das Instrument zur Hasserkennung entwickelt ist, wem werden Sie es zur Verfügung stellen?

WissenschaftlerInnen werden nicht nur ein Instrument entwickeln, sondern mehrere. Der Software-Code der meisten entwickelten Methoden steht unter einer Open-Source-Lizenz frei zur Verfügung. Wir werden anschließend versuchen, Forschungskooperationen beispielsweise mit Medienunternehmen aufzubauen, in denen eine entwickelte Software an die speziellen Anforderungen und die Daten angepasst wird. Auch in den Kommentarspalten gibt es sehr viele Probleme, für die eine automatisierte Warnfunktion sicher sinnvoll wäre.

Abseits vom Algorithmus: Was kann die Lust am Hass tatsächlich eindämmen?

Vielleicht hilft es, wenn diejenigen mit der Lust auf das Leben nicht immer so zurückhaltend sind? Ich würde Diskriminierungen, Beleidigungen und Bedrohungen nicht einfach ignorieren, sondern reagieren. Die Trolle versuchen den Anschein zu erwecken, dass sie mehr sind. Das sollten wir nicht hinnehmen.

Lassen Sie den Trost zu, dass im internationalen Maßstab der Hassfaktor in Deutschland geringer ist als anderswo?

Auf jeden Fall! Es gibt Länder, in denen aggressive und diskriminierende Tweets direkt aus der Regierung kommen. Zum Glück haben wir eine gut funktionierende Demokratie, freie Medien und eine ausgeprägte Diskussionskultur.

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das kommt davon: früher konnte man sich "um kopf und kragen reden" - heute juckt das kaum noch ...: jeder kann machen was er will: der kopf bleibt dran, denn sonst hätte der hass-algorithmus diese passage längst geschwärzt ...

und auch die meinungs- und kommentarforen in den tageszeitungen haben ihre prüf-redakteure soweit ausgedünnt oder ab 17 uhr in den "zentral-großredaktions-kooperierenden news-room" integriert, dass da so mancher klops einfach wenigstens zunächst einmal durchgeht.

es scheint auch nach persönlichen politisch ausgerichteten präferenzen zu gehen.

ja - man fordert sogar den "werten leser" auf, den "pöbler" zu denunzieren und die hasskommentare "unverzüglich" anzuzeigen.

dabei steht fast auf jedem kommentar-mail-formular der hinweis: "erst wenn ihr beitrag geprüft wurde, wird er freigeschaltet"...

aber wer prüft da was in welchem zusammenhang und wie? und womit? und welche marschroute wird da wohl morgens und dann mittags und dann frühabends beim redaktions-besprechungs-rapport ausgegeben, wenn der volontär aus dem vertrieb die neuesten zahlen von abo-abbestellungen aktuell vorgestellt hat - und vergleiche herangezogen wurden - und wenn man die "absoluten" tabuthemen hinausgefiltert hat.

die bösen worte - wie 
  • hitler, 
  • hakenkreuz, 
  • jude, 
  • judenhasser, 
  • auschwitz, 
  • zitteranfall,
  • akk,
  • scheiße, 
  • ficken, 
  • arschloch usw. 

löscht sicher bereits ein digitaler alt-algorithmus aus den 90-er jahren - aber auch an dem wird schon ein kleines schräubchen eingebaut sein, an der je nach auflagenentwicklung und drohender finanzspritze oder feindlicher übernahme aus dem in- oder ausland je nach ursprungsland "gedreht" werden darf - natürlich nur nach absprache mit der chefetage und dem chef vom dienst - wenn die denn just gerade "bereits im hause" sind ...

aber vielleicht ist der neue noch zu verfeinernde und selbstlernende algorithmus aus silikon-valley in bezug auf hasskommentare dann einfach endlich   d e r    selbstläufer, der auch hemisphärische globale nuancen je nach daumen hoch oder daumen runter gnadenlos herausfiltern kann: 
  • ... steck dir doch deinen allerwertesten algorithmus sonstwo hin
wobei er das wörtchen "sonstwo" wahrscheinlich rot ankringeln wird... = als eine "unbekannte lokale beschreibung"...


BON IVER iMi

rot grün . sinedi.photography

red-green

die bakterien waren zuerst da - wir kamen erst viel später

Stressforscher Cryan: 

»Die Patienten können selbst etwas beitragen zu ihrer seelischen Gesundung«

SPIEGEL-Gespräch  

Der irische Neurowissenschaftler John Cryan über den Einfluss der Darmmikroben auf das menschliche Gehirn und den Zusammenhang zwischen Ernährung und psychischen Erkrankungen

Neurowissenschaftler im Interview

So hängen Darm und Psyche zusammen

Darmbakterien beeinflussen das Gehirn und psychische Erkrankungen, sagt der irische Forscher John Cryan. Dieses Wissen lässt sich gezielt nutzen. 

Von Johann Grolle | SPIEGEL +


Prof. Cryan - Video-Still




  • Cryan, 46, gilt als einer der führenden Experten für den Zusammenhang zwischen Mikrobiom, Gehirn und Psyche. Er lehrt Neurowissenschaft am University College Cork in Irland.

SPIEGEL: Herr Professor Cryan, was wissen Sie über Ihren Darm?

Cryan: Wenig, wie ich gestehen muss. Ich habe bisher der Versuchung widerstanden, meine eigene Darmflora zu analysieren. Natürlich weiß ich, dass dort eine vielfältige Gemeinschaft von Mikroben wohnt. Aber ich bin eher der Typ Hausbesitzer, der seine Mieter, solange es ihnen gut zu gehen scheint, nicht ständig überwacht.

SPIEGEL: Sind Sie nicht neugierig? Das Mikrobiom, die Gesamtheit der uns besiedelnden Mikroben, ist schließlich Ihr Forschungsgebiet.

Cryan: Es mag Sie erstaunen, aber es ist gar nicht so klar, was ich mit den Informationen über mein Mikrobiom eigentlich anfangen könnte. Das gibt Ihnen einen Eindruck davon, wo dieses Forschungsfeld steht: Es gibt viel Aufregung. Es wird immer klarer, dass die Darmmikroben eine wesentliche Rolle sowohl für unsere Gesundheit wie auch in vielen Krankheitsprozessen spielen. Aber wirklich verstanden haben wir diese Rolle noch nicht.

SPIEGEL: Sie haben ein Buch über das Mikrobiom veröffentlicht. Sie beschreiben es darin als unerhört komplexes Gefüge, das in ständigem Austausch mit unserem Darmgewebe, mit unserem Immunsystem und unserem Gehirn steht. Wie soll man sich das vorstellen: Ist das Mikrobiom ein weiteres Organ, das von der Medizin nur lange Zeit übersehen wurde?

Cryan: Ja, einige Leute sprechen von einem Organ. In meinen Augen ist das Mikrobiom sogar noch etwas viel Größeres. Denn vergessen Sie nicht: Die Bakterien waren zuerst da, wir kamen erst viel später. Wir neigen dazu, uns vorzustellen, die Mikroben hätten sich in unserem Körper eingerichtet. Aber in Wirklichkeit ist es genau umgekehrt: Wir haben uns in ihrer Welt eingerichtet.

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Weiterlesen: SPIEGEL Nr. 33/2019, S. 94 - und hier

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ich bin seit jahren geradezu fasziniert von den an die interessierte öffentlichkeit dringenden forschungsergebnissen zum umfassenden phänomen des darms und des ihn besiedelnden mikrobioms, das sich in jedem menschen tummelt. ob es sich dabei tatsächlich um ein "zweites gehirn" handelt sei mal dahingestellt - auf alle fälle beeinflusst der darm und seine "bewohner" unser gehirn, unser denken und unsere gefühle, besonders aber auch unser immunsystem.
  • schon vor 5 jahren habe ich mich in meinem alten inzwischen geschlossenen blog in 3 umfassenden posts damit beschäftigt (nachzulesen im rss sinedi2-archiv hier und hier (und dort auf den seiten jeweils scrollen und mit text-keywörtern suchen ...)
hier im neuesten spiegel-interview mit professor cryan finde ich besonders diese aussage hochinteressant:
  • "In meinen Augen ist das Mikrobiom sogar noch etwas viel Größeres. Denn vergessen Sie nicht: Die Bakterien waren zuerst da, wir kamen erst viel später. Wir neigen dazu, uns vorzustellen, die Mikroben hätten sich in unserem Körper eingerichtet. Aber in Wirklichkeit ist es genau umgekehrt: Wir haben uns in ihrer Welt eingerichtet."
das kann ja eine regelrechte "revolution" (cryans neuestes buch heißt: "the psychobiotic revolution") in der denke und in den einschlägigen wissenschaften auslösen - zumindest ein größeres paradigmen-beben. der mensch hat sich in der welt der kleinstlebewesen eingeschlichen und sie haben ihn für sich nutzbar gemacht - das mikrobiom hat sich des menschen bemächtigt - um selbst zu (über)leben - und hält damit menschliches leben von exemplar zu exemplar von "gene"ration zu "gene"ration am leben, von "mikrobioration" zu "mikrobioration" (oder so ähnlich) - immer weiter ...

und der mensch kommt erst allmählich diesen lebensspendern auf die spur, mit denen er durchaus eher eine partnerschaftliche face-to-face-ebene anstreben sollte, denn die chemische massenausrottung dieser spezies hat die medizinische und pharmakologische wissenschaft ja bisher zu genüge betrieben - aus sogenannten "prophylaxe"-und "gesundungs"- bzw. "hygiene"-bestrebungen heraus.

okay - der mensch wird immer "gesunder" und widerstandsfähiger und älter an lebensjahren - wenigstens in der westlich industriellen hemisphäre - aber er schleppt dafür eine vielzahl von rätselhaften unverträglichkeiten und minivergiftungen mit sich herum, die diese neu erworbene lebens"qualität" oft negativ beeinflussen.

was der mensch erst einmal nicht kennt, bekämpft er - und mit der bekämpfung krankmachender kleinstlebewesen im mikrobiom hatte er da sicherlich auch zunächst "recht" - und damit wurde ja zum beispiel das alte "kindbettfieber" besiegt, das von den ärzten übertragen wurde, die sich erst nach der operation oder der geburtshilfe die hände säuberten - doch ist der mensch insgesamt da ziemlich holzschnittartig und hemdsärmelig aus purer unwissenheit und "blindheit" ans werk gegangen und hat die gutartigen und lebenswichtigen mikrobiom-stämme gleich mit entsorgt - was dann in der summe beispielsweise zu allerhand allergien, krankenhauskeimen und im schlimmsten falle zur sepsis und zu bösartigen tumoren führen kann - eben weil das bio-"gleichgewicht" einseitig gestört wurde - und auf einer immer schiefer werdenden ebene gibt es irgendwann keinen halt mehr ...

diese neuartigeren entdeckungen zum mikrobiom und den milliarden kleinstlebewesen in unserem darmtrakt (ja - wir sind tatsächlich viele ...) sind für mich auch so spannend, weil sie ja vielleicht viele fragen zur homöopathie und naturheilkunde - vielleicht als anstachelung und als futterköder für einzelne kleinstlebewesen - löst - und weil überhaupt einige grenzen zu "esoterischen" beobachtungen hierin eine "erklärung" finden könnten.

zum beispiel wenn jesus im neuen testament in der alten antiken bildersprache die "bösen geister" austreibt - und in der bekannten geschichte von der "heilung des besessenen von gerasa" (z.b.: mk 5, 1-20) auf einen mann trifft, der auf die frage: "wie heißt du?" antwortet mit: "mein Name ist 'legion'; denn wir sind viele". und diese "dämonen", diese "vielen" (oder waren es bestimmte mikrobiomstämme) schlugen jesus einen 'deal' vor: "lass uns doch in die schweine hineinfahren" (die in der nähe futter suchten). jesus stimmte dem zu, und darauf verließen die 'unreinen geister' den menschen und fuhren in die schweine und die herde stürzte sich den abhang hinab in den see. ...

sind nicht diese "dämonen- und teufelaustreibungen", diese formen von exorzismus, vielleicht ja unchemische magneto-hypnotische beeinflussungen und umprogrammierungen negativ wirkender kleinstlebewesen, die sich von jesus oder dem schamanen oder dem medizinmann oder dem heilpraktiker "erspüren" und beeinflussen lassen...?

okay - vielleicht geht da ein wenig mit mir meine fantasie durch - aber das im interview mit professor cryan angeschnittene weltbild bietet vielen "unwissenschaftlichen" phänomenen mit einem schlag vielleicht neue erklärungsmuster, die bisher als absurd galten. zumindest unsere begrifflichkeiten von "sauberkeit" und "sterilität" - und damit auch die wissenschaftlichen grundfeste von "richtig" und "falsch" - müssen ja ganz neu überdacht und viel defiziler durchdekliniert werden und sicher auch die chemotherapie-torturen bei einigen krebs-erkrankungen oder nur einem krebs-verdacht.

eine ganze reihe von ethischen fragen zu leben und tod und wohlverhalten werden da angerissen: mit dem tod des menschen stirbt "beileibe" nicht seine mikrobiom-zusammensetzung und all die kleinstlebewesen, die ihn besiedeln: sie ziehen in einem anderen "wirt" ein oder verteilen sich auf andere "wirte": das erbteil im leben besteht also nicht mehr nur aus dem genetischen fingerabdruck und eventuell dem spar- und grundbuch, sondern auch aus dem, was wir von unseren altvorderen immer wieder zurückreichend über jahrmillionen aber auch direkt im geburtskanal unserer mütter als mikrobiom individuell zusammengestellt eingesiedelt bekommen - und was uns abwehrkräfte und gesundheit, aber auch bestimmte schwächen und "ererbte" krankheiten mitgeben kann - was wir aber mit einer vielleicht ausgeklügelten diät beeinflussen können: schon jetzt formuliert cryan ja den begriff "psychobiotika" statt "psychopharmaka", was genau in diese richtung weist.

aber auch für die hier schon oft andiskutierten phänomene zur existenz und dem mischleppen und zum offenmachen von familiengeheimnissen und dem transgenerationalen erb"gut" ergeben sich ganz neue aspekte.  

einfach fantastisch - 

und dazu sei noch - in allem übermut - eine kleine passage aus dem "friedensevangelium der essener" zitiert, angeblich teil einer schriftrolle aus qumran am toten meer, das wohl heute im vatikan gehortet wird, in der übersetzung von dr. edmond bordeaux székely, verlag bruno martin - 12. auflage verlag neue erde, 2015:

...und Jesus sprach:
..."Sucht nicht das GESETZ in den Schriften, denn das GESETZ ist LEBEN, während die Schrift tot ist. 
Wahrlich, ich sage Euch, Moses erhielt die GESETZE nicht aufgeschrieben von GOTT, sondern durch das LEBENDIGE WORT. 
DAS GESETZ IST DAS LEBENDIGE WORT DES LEBENDIGEN GOTTES AN LEBENDIGE PROPHETEN FÜR LEBENDIGE MENSCHEN.
IN ALLEM LEBENDIGEN IST DAS GESETZ.
Ihr findet es im Gras, im Baum, im Fluss, im Berg, in den Vögeln des Himmels, in den Fischen des Meeres; doch sucht es hauptsächlich in Euch selbst. Denn wahrlich, ich sage Euch, alle LEBENDIGEN DINGE sind GOTT näher als die Schrift, die ohne LEBEN ist. So machte GOTT DAS LEBEN und alle LEBENDIGE DINGE, dass sie durch das EWIGE WORT die GESETZE des WAHREN GOTTES den Menschen lehren können. GOTT schrieb die GESETZE nicht auf Buchseiten, sondern in Eure HERZEN und Euren GEIST. Sie sind in Eurem Atem, Eurem Blut, Euren Knochen, in Eurem Fleisch, Euren Eingeweiden, Euren Augen und Ohren und in jedem kleinsten Teil Eures Körpers. Sie sind gegenwärtig in der Luft, im Wasser, in der Erde, in den Pflanzen, in den Sonnenstrahlen, in den Tiefen und Höhen. Sie sprechen alle zu Euch, damit  Ihr die SPRACHE und den WILLEN des LEBENDIGEN GOTTES verstehen könnt..." 

(aus: "Das Friedensevangelium der Essener", Teil der Schriftrollen von Qumran am Toten Meer, heute im Vatikan, in der Übersetzung von Dr. Edmond Bordeaux Székely, Verlag Bruno Martin)


ein äußerst sehenswertes video dazu von "arte" : "der kluge bauch - unser zweites gehirn" findest du dazu hier zum preis von 9,99 - oder zum kostenlosen ansehen vielleicht als prime-kunde von amazon 

... und diese videos habe ich auch noch dazu für dich entdeckt:





zeichen setzen - website slogan

click here





vielleicht schaffe ich es mal, mit meinem website-logo endlich ein konstanteres zeichen zu setzen.

als ausgebildeter schriftsetzer spiele ich gerne mit buchstaben bzw. lettern, text und mit bildern und mit slogans ...

und gerade vom schrift setzen her fiel mir dann eines morgens im halbschlaf dieser begriff

"zeichen setzen"

unter die augenlider und dann in den wacher werdenden sinn: 
das ist ja eine meiner ambitionen, website und blogs zu gestalten, nämlich 
zeichen zu setzen


lass dich also von diesen meinen "gesetzen zeichen" berühren und anrühren ...
immer wieder neu ...

und große vorbilder bzw. mitbewerber haben ja auch oft ein motto als innere 
und sinnleitende selbstverpflichtung in ihren verlagshäusern an die wand geprangt:

beim "spiegel" heißt das z.b.:


und im axel-springer-hochhaus in berlin stehen auf einer
gedenktafel u.a. die hehren worte:

und die beste und größte zeitung der  welt - die "new york times" formuliert ihr slogan mit:

zu deutsch etwa: „alle nachrichten, die es wert sind, gedruckt zu werden“







Da plätschert der Bach aus Ölfässern

foto: sinedi
Sa 10.08.2019 | 17 Uhr |Rendsburg | Büdelsdorf, NordArt

The Big Bach

Renegades Steel Orchestra
Desmond Waithe, Leitung


click here - ndr


Bach-Hits mit Calypso-Zauber

Bach ist universal und hat Künstler durch alle Jahrhunderte dazu angeregt, sich schöpferisch mit ihm auseinanderzusetzen. Das SHMF begibt sich auf eine spannende Erkundungsreise durch das Laboratorium der kreativen Prozesse.



»Nicht Bach, sondern Meer sollte er heißen«, 
soll Beethoven gesagt haben, und Robert Schumann konstatierte: »Bach’en ist meiner Ueberzeugung überhaupt nicht beizukommen; er ist incommensurabel«. Der »alte« Bach« war spätestens seit Beginn des 19. Jahrhunderts immer auch der große Bach.

Heute wird er so viel gespielt, dass es schwer ist, ihn noch mal neu zu entdecken. Genau das versucht
der rahmen für den olfässer-bach: die nordart-kunstwerke
(sinedi-foto)
das SHMF mit seiner Konzertreihe »The Big Bach«. Hauptdarsteller sind dabei nicht die Stars der Alte-Musik-Szene, sondern eine Steel Band aus Trinidad und Tobago, die einige der beliebtesten Bach-Stücke auf ungewöhnlichem Instrumentarium präsentiert.

Eine besondere Rolle spielt zudem der ungewöhnliche Ort, das Kunstwerk Carlshütte, eine stillgelegte Eisengießerei mit ihrer monumentalen Fabrikarchitektur. Diese Fabrikhalle bildet den architektonischen Rahmen für eine Neubegegnung mit der Musik Bachs in einem nicht durch »Hörtraditionen« vordefinierten Raum. Der Zuhörer wird durch die Präsentationsform wieder für die Kunst Bachs sensibilisiert, indem er im vermeintlich Altbekannten neue Hörerlebnisse geboten bekommt. (NDR)

Und das Renegades Steel Orchestra ist eine der ältesten und erfolgreichsten Steelbands der Welt: Die Formation, 1948 gegründet, hat bereits elf Mal den alljährlich in Trinidad und Tobago ausgetragenen Steelband-wettbewerb „Panorama“gewonnen – in den Jahren 1995, 1996, 1997 in Folge.

Zum festen Kern der Band zählen etwa 16 Musiker, während des karibischen Karnevals in Port of Spain auf Trinidad kann die Zahl der Musiker aber auch auf gut 120 anwachsen. (Lübecker Nachrichten)


ist das nicht toll ??? - ich war vor ort - und habe u.a. bach's berühmte "toccata und fuge d-moll . bwv 565" auf ölfässern intoniert tatsächlich genießen dürfen. ich habe es als eine flirrende und doch kunstvolle metallen-röhrende "orgel"-musik wahrgenommen - eingerahmt war die gesamte etwas skurill wirkende szene von den dazu manchmal etwas makaber wirkenden kunstwerken der "nordart" in rendsburg-büdelsdorf.


für mich war es ein großartiges erlebnis - und auch die anschließende steel-drum session des "renegades steel orchestra" taten dem kein abbruch -obwohl der altmeister desmond waithe sich dazu diskret in den hintergrund verabschiedete.

das publikum jedenfalls schien nach dem genuss der klssischen bach-werke auf ölfässerm nun wie losgelöst und ging geradezu enthusiastisch mit den karibischen urlaubs-rhythmen mit.

ein tolles rhythmisches nacheinander: erst der jazzige aber wohlgesetzte altmeister bach - und danach dann über mehrere minuten bei "standing ovation": "no woman - no cry": nein frau - weine nicht ... von bob marley ...: eine gelungene zusammenstellung - aber die frage warf sich für mich auf: warum steht niemnd bei bachs musik auf - und wiegt sich im rhythmus mit - wie das ja bei den trinidad-tobago-rhythmen selbstverständlich schien ...


der olle "batsy" bach hätte bestimmt nichts dagegen - auch wenn er etwas befremdlich aus der wäsche schauen würde ...


ein leben lang selbst schwanger - ob mann oder frau

Paarberater über negative Selbstbilder

So verscheuchen Sie die Gespenster Ihrer Kindheit

In unseren ersten Jahren entscheidet sich, wie wir die Welt wahrnehmen. Hier erklärt der Paarberater Michael Mary, warum negative Erfahrungen unser Leben belasten - und was dagegen hilft. 

Von Marianne Wellershoff  | SPIEGEL+


Foto: Alex Linch | GettyImage




SPIEGEL: Herr Mary, wann meldet sich das Innere Kind bei Ihnen?

Mary: Wenn ich mich ärgere, weil ich keinen Parkplatz finde oder meine Freundin keine Zeit hat. Da flammen in einem Moment der Konfusion Gefühle auf und verlöschen dann wieder.

SPIEGEL: Hat jeder Mensch ein Inneres Kind?

Mary: Ja. Das Innere Kind ist ein Begriff, ein Bild für die ganz individuelle, in der frühen Kindheit geprägte Art und Weise, wie man die Welt wahrnimmt und interpretiert. Diese Deutung zeigt sich dann als Emotion und als Körpergefühl.

SPIEGEL: Können Sie das bitte an einem Beispiel erklären?

Mary: Die Ehefrau sieht, wie der Partner eine andere Frau in den Arm nimmt, und hat plötzlich so ein komisches Gefühl im Bauch. Weil sie die Situation deutet: Der will etwas von ihr, sie will etwas von ihm, vielleicht ist er unzufrieden mit unserer Beziehung, vielleicht bin ich ihm langweilig. Und dann entsteht ein Gefühl der Angst. Dabei hat die Umarmung vielleicht einen ganz anderen Grund, der Mann gratuliert möglicherweise einer guten Freundin einfach nur zum Geburtstag.

SPIEGEL: Sie haben gerade ein Buch veröffentlicht mit dem Titel "Frieden schließen mit dem Kind in uns". Sind wir denn zerstritten mit unserem Inneren Kind?

Mary: Es gibt fröhliche Kinder, und es gibt traurige Kinder. Und die traurigen, zornigen, ängstlichen, unglücklichen sind es, die sich bemerkbar machen. Wenn man mit sich selbst nicht mehr klarkommt, wenn es Probleme bei der Arbeit oder in der Partnerschaft gibt, dann ist es Zeit, sich mit den Mechanismen zu befassen, die hier wirken.

SPIEGEL: Was sind das für Mechanismen?

Mary: Unser Verhalten wird von unseren tiefen inneren Überzeugungen, unseren individuellen Wahrheiten gesteuert. Halte ich es für wahr, dass ich mich im Leben anstrengen muss? Dass ich mich unbedingt durchsetzen muss? Dass ich immer den Kürzeren ziehe? Wenn ja, dann muss ich entsprechend reagieren. Diese scheinbaren Wahrheiten sind aber lediglich Kindheitserfahrungen, die ins Erwachsenenleben hinein wirken.

SPIEGEL: Muss man sich dafür präzise an Ereignisse aus der eigenen Kindheit zurückerinnern?

Mary: Nein, es geht nicht darum, in der Erinnerung nach konkreten Situationen zu graben. Sondern darum, die damals erworbenen Überzeugungen aufzudecken, die einen zu einem bestimmten Verhalten treiben. Und diese Überzeugungen sind ja heute noch da.

SPIEGEL: Das klingt nach Tiefenpsychologie. Wie lernt man denn das Innere Kind besser kennen?

Mary: Indem man die Frage stellt: Was ist meine Überzeugung, aus der heraus das, was ich tue, einen Sinn ergibt? Ein Beispiel: Vor Kurzem habe ich einen 74 Jahre alten Herrn getroffen, der gerade 300.000 Euro geerbt hatte. Er hat mir gesagt, er wolle seinen Teilzeitjob weitermachen, mit dem er bis dahin seine Rente aufgebessert hatte. "Ich will doch nicht am Hungertuch nagen", war seine Begründung. Was für ein absurdes Verhalten! Er wird in seinem Alter doch eher Schwierigkeiten haben, die 300.000 Euro überhaupt auszugeben. Verständlich wird seine Aussage erst, wenn man weiß, dass sich durch sein ganzes Leben ein Gefühl der Unsicherheit gezogen hat.

SPIEGEL: Kommen wir mit einem Inneren Kind zur Welt?

Mary: Diese psychischen Strukturen, diese Deutungen entwickeln sich im Wesentlichen in den ersten Lebensjahren, und sie helfen dem Kind dabei, seine Welt zu ordnen und sich in ihr zurechtzufinden. Dabei spielen verschiedene Einflüsse eine Rolle wie konkrete Erlebnisse, Reaktionsmuster der Eltern, es gibt aber auch körperliche Faktoren. Kinder von alkoholabhängigen Müttern haben beispielsweise oft eine höhere Angstbereitschaft. Ich bin auch davon überzeugt, dass es eine Rolle spielen kann, wie die Geburt verlaufen ist. Eine sehr schwere Geburt kann dazu führen, dass ein Mensch sich fremd fühlt in dieser Welt.

SPIEGEL: Wirklich? Alle Menschen haben eine infantile Amnesie, sie können sich daher gar nicht an ihre Geburt erinnern.

Mary: Richtig, es gibt keine bewusste Erinnerung daran. Aber eine körperliche, und diese findet sich dann in den Grundüberzeugungen des Menschen wieder. Entscheidend ist also: Sind es positive oder negative Erfahrungen? Je nachdem resultieren daraus helle oder dunkle Innere Kinder.

SPIEGEL: Helle oder dunkle? Was meinen Sie damit?

Mary: Ein helles Kind fühlt sich geliebt und geborgen. Es traut sich viel zu, und es weiß, es wird auch dann geliebt, wenn es Fehler macht. Das dunkle Kind muss um die Liebe kämpfen, es muss sich Anerkennung über Leistung holen oder über Anpassung. Und wenn es hier versagt, wird es isoliert, geschnitten, nicht geliebt. Das macht das Kind traurig, wütend, verzweifelt. Das helle Kind wird von seinen Eltern unterstützt, und diese geben ihm Raum. Das dunkle Kind muss die Erwartungen der Eltern erfüllen, es soll sich nach deren Vorstellungen entwickeln.

SPIEGEL: Und wie stellt man fest, ob man ein helles oder dunkles Kind in sich trägt?

Mary: Ganz einfach: Das helle Kind macht keine Probleme, es ist mit sich und der Welt im Einklang. Das dunkle Kind ist am Werk, wenn es im Leben nicht gut läuft, wenn man belastet ist, wenn man Dinge tut, zu denen man sich gezwungen fühlt. Warum muss ich mit 74 Jahren und großem Erbe noch einen Tag pro Woche arbeiten? Warum muss ich unbedingt die Karriereleiter immer weiter nach oben klettern, obwohl ich eigentlich total erschöpft bin?

SPIEGEL: Das dunkle Kind kann den Erwachsenen bis zum Burn-out treiben?

Mary: Ja, hinter einem Burn-out steht oft die Überzeugung, immer noch mehr leisten zu müssen, um etwas wert zu sein. Meist geht man mit sich selbst genau so um, wie die Eltern es früher getan haben. Wenn die Eltern gesagt haben, "jetzt stell dich nicht so an", dann wird man auch hart mit sich selbst sein und vermutlich auch mit dem Partner oder der Partnerin. Das führt irgendwann dazu, dass die anderen diesem Menschen aus dem Weg gehen, dass er verlassen wird.

SPIEGEL: Und wie kommt man aus dieser Falle heraus? Wie heilt man das Innere Kind?

Mary: Das Innere Kind ist ja nicht krank, daher kann es auch nicht geheilt werden. Es agiert auf Basis seiner Erfahrungen sinnvoll, weil Selbstkritik, Leistungsanspruch, Bockigkeit oder Panik in der Kindheit zur automatisierten Reaktion geworden sind. Man muss die Haltung zu sich selbst verändern. Stellen Sie sich die Schlüsselfrage: Warum glaube ich, mich so verhalten zu müssen? Welche Überzeugung erzwingt dieses Verhalten? So dringt man zu den scheinbaren, zu den inneren Wahrheiten vor.

SPIEGEL: Das klingt sehr einfach und rational: Ich reflektiere über mich, erkenne mein Problem und ändere mein Verhalten. So simpel funktioniert das doch nicht.

Mary: Im Prinzip schon. Das Innere Kind ist eine Konstruktion. Man gibt dem Problem eine Identität, man kann es beschreiben: Mein Inneres Kind hat Angst, von anderen abgelehnt zu werden. Deshalb passt es sich übermäßig an. Und dann versucht man, in Kontakt mit diesem Kind zu kommen, eine emotionale Beziehung zu entwickeln. Und schließlich verhält man sich gegenüber diesem Kind wie gute Eltern, die dieses Kind lieben. Man sagt ihm: Ich liebe dich genau so, wie du bist. Du musst keine Erwartungen erfüllen. Mir ist es wichtig, dass es dir gut geht.

SPIEGEL: Möglicherweise geht das am besten, wenn man tatsächlich eine gute Mutter oder ein guter Vater ist?

Mary: Ich habe schon oft Klienten, die mit sich sehr hart sind, die Frage gestellt: Würden Sie zu Ihrer fünfjährigen Tochter sagen, sie soll jetzt mal die Zähne zusammenbeißen? Da bekomme ich jedes Mal die empörte Antwort, dass sie das nie tun würden und dass sie diesen Erziehungsstil ablehnten. Ich antworte dann, dass sie bitte auch mit sich selbst umgehen sollen wie mit ihren Kindern.

SPIEGEL: Und was passiert dann?

Mary: Manchmal nehmen die Klienten in der Therapie eine Puppe auf den Schoß, die das Innere Kind symbolisiert. Ich fordere sie auf, einen Satz zu suchen, der sie emotional berührt. Diesen sollen sie dann zu der Puppe sagen, also beispielsweise: "Du darfst auch schwach sein." Da kommen dann oft die Tränen, weil die alten, destruktiven Wahrheiten infrage gestellt werden. In diesem sehr emotionalen Moment erkennen die Klienten, dass sie ganz andere Wahrnehmungs- und Lebensmöglichkeiten haben. Sie treten sich selbst liebevoll gegenüber, so wie sie mit einem realen Kind, das sie sehr lieben, umgehen.








Michael Mary: Frieden schließen mit dem Kind in 
uns: Wie wir uns von Einflüssen der Vergangenheit befreien
Piper Verlag, München; 224 Seiten; 16 Euro



SPIEGEL: Das Bonmot stimmt also: Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit.

Mary: Schön formuliert, aber die Kindheit bleibt, wie sie war. Die Deutungen, die man auf Basis des Erlebten entwickelt hat, die kann man verändern. Diese Deutungen können ja übrigens auch ganz falsch sein. Nehmen wir mal an, jemand hat seinen Vater nie kennengelernt, und die Mutter hat dem Kind immer gesagt: "Der wollte dich nicht und ist abgehauen." Dann fühlt sich dieser Mensch sein Leben lang als Halbwaise und ist überzeugt, er sei auch nur halb geliebt worden. Als er 50 ist, trifft er seinen alten Vater, und der sagt: "Ich habe dich jahrelang gesucht, aber deine Mutter hat den Kontakt verhindert."

SPIEGEL: Das ist die Chance zur Umdeutung?

Mary: Genau. Jemand ist 50 Jahre lang mit einem Loch im Bauch durchs Leben gelaufen, und plötzlich steht da der Vater und zeigt Emotionen: Ich habe dich vermisst. Daraus ergibt sich von selbst eine Umdeutung in Richtung: Ich bin doch liebenswert.

SPIEGEL: Braucht man für so einen Prozess der Neuinterpretation einen Psychotherapeuten?

Mary: Das kommt auf die Fähigkeit an, Kontakt zu sich selbst aufzunehmen und seine Gefühle mit Abstand zu betrachten. Wenn jemandem diese Fähigkeit fehlt oder wenn jemand in einer schweren Lebenskrise ist, kann er oder sie nicht die Frage beantworten, was diese Gefühle ausgelöst hat, warum das Innere Kind so unglaublich wütend oder traurig ist. Da braucht man jemanden, der die Distanz und damit den Blick von außen hat.

SPIEGEL: Alle anderen könnten selbst in den Dialog treten? Besteht da nicht die Gefahr, dass das Innere Kind Antworten gibt, die eine Krise erst auslösen?

Mary: Sie wollen andeuten, der Dialog mit dem Inneren Kind könnte gefährlich sein, wenn kein Therapeut danebensitzt? Das klingt wie eine Argumentation von Psychotherapeuten, die eine Kassenzulassung besitzen und Kompetenz und Zuständigkeit für alles behaupten. Ich sage: Nein, bei normalen Lebensproblemen sollen sie sich raushalten, die haben sie im Zweifelsfall selbst und nehmen dafür auch keine Unterstützung in Anspruch. An denen kann jeder selbst arbeiten. Das Gespräch mit dem Inneren Kind ist eine Methode der Selbstregulation, mit der die meisten Menschen sehr gut allein zurechtkommen.


  • Zum Umgang mit dem Inneren Kind bietet der Paarberater Michael Mary auch Videokurse an. Anhand von praktischen Beispielen erläutert er, wie man in den Dialog mit sich selbst und den in der Kindheit gelernten Überzeugungen tritt. 
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ich habe hier im blog aber auch auf der website schon oft beiträge zu den themen: "familiengeheimnisse" und "transgenerationales erbe" weitergegeben, eben weil ich glaube, dass das zu einer gesunden und reifen aufarbeitung unserer vergangenheit auch über generationen hinweg vonnöten sein kann.

das hier im beitrag beschriebene system vom umgang mit dem eigenen "inneren kind" ist dazu eine ergänzung, denn das kleinkind wächst ja mit seinen sensiblen antennen auf, für etwas, was vielleicht in der familie "nicht stimmt" - und warum opa immer so "mürrisch" ist - oder auch ganz vernarrt in seinen enkel und ihn mit geschenken überschüttet.

der erste adressat für solche mängelerlebnisse oder solch ein "overprotection" sind die kinder selbst - und oft fragt man sich erst später als erwachsener, welche "botschaften" uns damals direkt oder indirekt "mitgeteilt" wurden. oder auch wenn immer gesagt wird: "dein vater hatte es als kind auch ganz schwer" - oder: "unser oma schleppt da noch einiges mit von zuhause"...

dann sollten wir hellhörig werden und anfangen zu forschen und zu graben in der eigenen familienarchäologie. und die ersten anhaltspunke sind dann oft die eigenen "macken" oder "blinden flecke", denen man auf den grund gehen kann, indem man sein eigenes "inneres kind" in sich aufsucht - und die licht- und schattenseiten davon betrachtet und erarbeitet, indem man in sich hineinhört und in den inneren "dialog" tritt.

übrigens halte ich die durchaus in der psychologie (z.b. c.g.jung) verwendeten begriffe von "licht & schatten" für weniger semantisch belastet als das "helle" und "dunkle" kind in einem, was dann schnell assoziationen zu hautfarben auslösen kann.


nicht lesen kann




ERST WENN
DER LETZTE TEXT KOSTENPFLICHTIG
DIE LETZTE NEUIGKEIT EIN FAKE
DER LETZTE BEITRAG GESPONSERT IST -
WERDET IHR FESTSTELLEN,
DASS MAN KATZEN- (oder Häschen-)VIDEOS
NICHT LESEN KANN ...


G. KLAUT VON DER TAZ

touris schauen sich die touris an ...


Feuilleton
Greenwashing

Die Kunst der Scheinheiligkeit

Natürlich ist die Kulturwelt ganz entschieden für den Klimaschutz – und produziert doch Treibhausgase in gigantischem Ausmaß. Ist das der Preis der Weltläufigkeit?

Von Hanno Rauterberg

DIE ZEIT Nr. 32/2019, 1. August 2019

Touris, die auf Touris starren: Performance im litauischen Pavillon auf der Biennale in Venedig © Gianni Cipria/​The New York Times/​Redux/​laif


Kaum ein anderes Thema beschäftigt die Künstler gerade mehr als die Klimakatastrophe. Sie protestieren gegen Plastikmüll und Treibhausgase, beklagen verseuchte Meere und vergiftete Bienen, fragen nach der Zukunft von Packeis, Artenvielfalt und Regenwald. Mit all dieser Klimakunst ließe sich bequem ein eigenes großes Museum bestücken, ein Schauhaus der Trauer und Mahnung.

Doch bringt das irgendetwas? Kann eine Kunst, die das Gute und Richtige propagiert, mehr sein als ästhetischer Ablasshandel?

Niemand, der die Biennale in Venedig besucht, die gerade ganz im Zeichen des Klimawandels steht, muss erst davon überzeugt werden, dass Plastik im Meer nichts zu suchen hat. Niemand, dem man die Schädlichkeit der allgemeinen Reisegeilheit erst erklären muss und der die Apathie der Gegenwart nicht ähnlich kritisch sieht wie etwa der litauische Pavillon mit seiner preisgekrönten Performance (unser Bild).

Wenn sich aber Künstler und Publikum so wunderbar einig sind, entwickelt die Kunst weniger eine aufklärende als eine besänftigende Wirkung. Der Besucher investiert Geld und Zeit, um die Werke zu betrachten, und bekommt im Gegenzug das gute Gefühl vermittelt, selbst keiner der geschmähten Touristen zu sein, sondern etwas ganz anderes, etwas Besseres: ein Reisender in Sachen Kultur, der garantiert auf der richtigen Seite steht. Gerade dieses Wohlgefühl ist natürlich die beste Voraussetzung dafür, dass alles schön beim Alten bleibt.

Wie wirkungslos eine sozial und politisch gepolte Kunst in der Regel ist, zeigt sich bereits daran, dass Künstler-Appelle grundsätzlich nur die anderen meinen. Diese anderen sind es, nicht die Künstler selbst, auch nicht die Museen, Theater oder Filmstudios, die sich ganz dringend ändern sollen. Es gilt die alte Regel: Je moralisierender das Pathos der Kunst, desto schwächer die Bereitschaft zur Selbstkritik.

So wird auf Theaterbühnen mit Verve gegen den ausbeuterischen Neoliberalismus gewettert, während kaum eine Branche ausbeuterischer mit dem eigenen Personal umgeht als eben die Theater. So kämpft man auf der Kinoleinwand für Diversität und Geschlechtergerechtigkeit, nur damit am Ende doch wieder die wichtigsten Oscars an weiße Männer verliehen werden. Und auch die üppig blühende Klimakunst hat keineswegs zur Folge, dass Großausstellungen schrumpfen und Künstler ihre oft ausufernden Materialschlachten eindämmen würden.

Die Kulturwelt insgesamt, vor allem aber der Kunstbetrieb produziert einen ökologischen Fußabdruck, der ähnlich maßlos ist wie der Geltungsdrang der Branche. Es gilt als Selbstverständlichkeit, dass Kuratoren für einen kleinen Atelierbesuch um die halbe Welt jetten, dass immerzu Kunstwerke per Flugexpress versandt werden und bei den Messen in Miami oder Basel die Flughäfen nachgerade verstopft sind, weil so viele Sammler mit einem Learjet anreisen. Ein Künstler wie Ólafur Elíasson erzählte schon vor Jahren, dass er fast ununterbrochen mit dem Flugzeug unterwegs sei, um alle Ausstellungen betreuen, alle Auftraggeber sprechen zu können oder auch mal 122 Tonnen Grönlandeis nach London verschiffen zu lassen, wo sie als Kunstaktion pittoresk vor sich hin tauten. Auch sonst übrigens wirbt Elíasson mit einigem Elan für mehr Umweltbewusstsein.

Die Kunsthalle in Hamburg verschlingt fast drei Millionen Kilowattstunden pro Jahr

Über die Jahre haben viele in der Kulturwelt diese Doppelmoral derart verinnerlicht, dass sie hellauf erstaunt waren, als vor ein paar Tagen die Tate in London den Klimanotstand ausrief – und das tatsächlich auf sich selbst, auf die eigene Arbeit als Museum bezog. Mit grünem Strom, mehr veganen Gerichten auf der Speisekarte und neuen Reiserichtlinien für die Mitarbeiter will man dort bis 2023 den CO₂-Ausstoß um mindestens zehn Prozent reduzieren. Das hört sich nicht sonderlich ehrgeizig an, und überhaupt wirkt die Initiative nicht unbedingt wie eine Pioniertat. Und doch, sie ist es, jedenfalls gemessen an der Ignoranz der restlichen Branche.

Kein anderes großes Museum, Theater oder Kino hat bislang die eigene Klimabilanz durchleuchtet und öffentlich hinterfragt. Dabei ist der Energieverbrauch vieler Häuser gigantisch. Die Kunsthalle in Hamburg zum Beispiel verschlingt für Heizung, Kühlung, Lüftung und Beleuchtung fast drei Millionen Kilowattstunden pro Jahr und zahlt dafür eine halbe Million Euro. Zwar versucht das Museum schon seit Jahren seinen Energiebedarf einzuschränken, durch bessere Lampen oder Klimageräte. Der Verbrauch ist allerdings stets derselbe geblieben, weil immer neue Stromfresser hinzukamen: durch mehr Depots, mehr Ausstellungssäle, mehr Außenbeleuchtung.

Ähnlich in der Tate Modern in London: Hätte sie nicht vor drei Jahren einen riesigen neuen Flügel errichtet, das Switch House, sähe die Ökobilanz heute viel besser aus. Nichts aber lag den Direktoren ferner, als die Erweiterung aus ökologischen Gründen infrage zu stellen. Denn es machen ja alle so: Expansion ist Ziel und Zweck und im Grunde der letzte Seinsgrund der Kulturwelt. Nur wer noch mehr Besucher anlockt, noch höhere Einnahmen hat, noch kühnere, tollere Werke vorweisen kann, gilt als erfolgreich und wird von der Kulturpolitik in Ruhe gelassen.

So dient die Klimakunst zuallererst dem Greenwashing. Sie soll ablenken von der kapitalistischen und letztlich umweltschädlichen Steigerungslogik, der die meisten Museen, Konzerthäuser und Theaterfestivals gehorchen. Längst ist die Kultur kein Selbstzweck mehr, sie soll Touristen anlocken, das städtische Image zum Funkeln bringen, die Kreativen aus aller Welt anziehen. Sie soll, mit einem Wort, das Wachstum ankurbeln. Und kein Dorf ist zu einsam, keine Landschaft zu entlegen, um nicht irgendein Rock- und Elektrospektakel, eine Land-Art-Ausstellung, eine Lese- und Vortragsreihe aufzubieten und damit ebenfalls die Selbstvermarktung voranzutreiben.

Dass Kultur auch Konsum bedeutet, ist nun keine ganz frische Erkenntnis, sie gewinnt jedoch durch die Klimadebatte erheblich an Brisanz. Denn ganz gleich, wie viel Strom ein Museum wie die Tate in Zukunft einspart, egal, wie viele Veganer sie verköstigt – in der Gesamtbilanz wird ihr ökologischer Fußabdruck nur dann wirklich schrumpfen, wenn sie sich dem Wachstumszwang verweigert. Und das heißt: wenn sie emsig daran arbeitet, dass künftig weniger Besucher kommen.

Fast sechs Millionen waren es 2018, und klar, man ist stolz darauf, einmal mehr die Vorjahresmarke zu überbieten. Nun fliegen nicht alle Besucher, nicht alle kommen nach London, einzig um die Tate zu besuchen. Doch legt es ein Museum dieser Größe natürlich darauf an, seinen globalen Einfluss zu mehren und möglichst die ganze Welt nach London zu ziehen, damit auch wirklich alle begreifen, wie machtvoll es selbst und wie wichtig die Kunst ist.

Das Museum muss auch gar nicht viel dafür tun, die Besucher kommen ganz von allein, seitdem der Kulturtourismus boomt. Die billigen Flüge machen’s möglich, mal kurz nach London, Rom oder Budapest zu reisen. Und überdies gehört es im kognitiven Kapitalismus fast schon zwingend dazu, sich überall ein wenig auszukennen und selbstverständlich die wichtigen Kulturstätten aufzusuchen. Der Mensch der Gegenwart soll so polyglott wie irgend möglich leben, ein Connaisseur des Pluralen und Diversen, der sich für maurische Fliesen ebenso interessiert wie für Skulpturen der Inuit oder die jüngste Performance von Anne Imhof.

Keine belehrende Biennale-Kunst mehr

Entsprechend beginnen viele Museen ihr Selbstverständnis zu wandeln: Endlich weitet sich der Blick, endlich befasst man sich auch mit nicht westlichen Künstlern. Und so wird auch die kommende Documenta von einem Künstlerkollektiv aus Indonesien kuratiert werden.

Die Abgründe dieser Transnationalisierung liegen dabei offen zutage und werden dennoch sorgsam beschwiegen. Schon die vorige Documenta produzierte Treibhausgase in kaum vorstellbarer Menge, da die Ausstellung in Kassel und ebenso in Athen stattfand, mit der Folge, dass Künstler, Kuratoren, Kritiker permanent hin- und herflogen und dasselbe auch ihrem Publikum nahelegten. Damit aber nicht genug: Die Globalisierung des Blicks, so lehrreich er sein mag, weckt in vielen Menschen den überaus verständlichen Wunsch, der Kunst und den Künstlern hinterherzureisen. Sie möchten sich selbst ein Bild machen, wollen eintauchen in jene Kulturen, die ihnen das Museum nahebringt. Und verfallen so der ökologischen Unvernunft, die der Kulturbetrieb ihnen vorlebt.

Ein finsteres Dilemma: Die Grand Tour des 19. Jahrhunderts, dieser obligatorische Bildungsausflug für die gehobenen Kreise, ist über die Jahre zur Greatest Tour geworden, zu einer nie endenden Tournee, an der mehr Menschen denn je ihr Vergnügen finden. Die Kultur hat sich demokratisiert, die Bereitschaft zur kosmopolitischen Kunstschau ist allgemein geworden, doch hat diese Form der Weltneugier ihren Preis, und den zahlen: erstens die Umwelt und zweitens der ärmere Teil der Menschheit.

Bekanntlich schaden vor allem die Wohlhabenden und Superreichen dem Klima, denn selbst wenn sie sich fleischlos ernähren und gern mal mit dem Fahrrad fahren, fällt ihr Konsum insgesamt deutlich üppiger aus, und zu diesem Konsum gehört nicht zuletzt der regelmäßige Kultur- und Städtetrip. Die böse Pointe des Dilemmas besteht also darin, dass sich die Kulturwelt zwar mit verstärkter Neugier den einst kolonial Unterdrückten und sozial Deklassierten zuwendet – gerade diese aber unter den Folgen der entfachten Neugier leiden. Am meisten wird der Klimawandel ja jenen zusetzen, die ohnehin schon arm sind und in Gegenden wohnen, die hoffnungslos verdorren oder hinweggeschwemmt werden. Die kulturelle Anerkennung der Kosmopoliten dürfte ihnen spätestens dann herzlich egal sein.

Wohl dem, der immer schon lieber nach Helgoland als nach Bali fuhr. Der lesend die schönsten Exkursionen unternahm, weltläufig im Geiste. Er ist der wahre Avantgardist, ein Meister umweltschonender Trägheit. Während der Rest der Menschheit hektisch nach einem besseren Selbst sucht und inständig hofft, es in unbereister Fremde zu finden, sitzt der Avantgardist emissionsarm auf dem Sofa und erfreut sich seiner Imagination. Alle zirkulieren, Waren, Daten, Leiber. Er hält die Füße still.

Es wird gewiss nicht leicht für die Kulturwelt, sich an diesem neuen Typ von Avantgarde ein Beispiel zu nehmen. Künftig wären die gewohnten guten Nachrichten – Wieder mehr Verlage auf der Buchmesse in Frankfurt! Noch ein Museum für Berlin! – vor allem Grund zur Sorge, dass aus dem Nullwachstum wieder nichts werden könnte. Künftig müsste man den eigenen Tatendrang drosseln. Anderseits, wie angenehm könnte das sein! Dem alten Erfolgsdruck entkommen! Endlich mal erproben, was ein neuer Regionalismus für die Kultur bedeuten würde und ob sich der Sinn fürs Fremde nicht überaus belebt, wenn man die lokalen Eigenheiten in den Blick nimmt.

Provinziell wäre diese Zukunft, doch man würde es als Lob verstehen. Keine Sicherheitsschleusen mehr, keine drittklassigen Hotels in Singapur oder New York. Und ja, auch keine belehrende Biennale-Kunst mehr. Käme es so, man müsste der Klimakrise dankbar sein.


wer geht, hinterlässt spuren - warum, woher und wohin auch immer
ähhh - ich meine: ist das hier jetzt der aufruf für eine neue "kulturscham": die scham nämlich, kultur "im original vor ort" zu genießen: nicht mehr zu großen festvals zu fahren und zu fliegen, die biennalen allerorten zukünftig zu meiden und natürlich auch den besuch der documenta und der großen museen ...

okay - aber muss man dann auch die bundesliga mit den vielen "auswärts-spielen", die euro-championsleague etc. pp. erst recht, die olympischen spiele, den kirchentag alle 2 jahre usw. usf. nicht auch mal in dieser richtung kritisch hinterfragen: könnten das nicht auch aus umweltschutz-gründen alles studio-veranstaltungen ohne viel publikum übertragen von medien sein ???

nun gut - als stubenhocker verbrauchen wir weniger energie - und ich persönlich schaue viel "kultur" auf meinem desktop-pc und meinem smartphone und dem tolino - auch mit ausländischen "culture"-sites ... aber jetzt in meinem urlaub - so lange der noch erlaubt ist - besuche ich ganz ökologisch ein konzert des schleswig-holsteinischen musikfestivals, weil das justement mit auf dem weg in meiner aufenthaltszeit dort liegt ...

du siehst - ich tue schon mein möglichstes: aber als rentner - man gönnt sich ja sonst nichts - werde ich auch mal für eine ausstellung oder kunstmesse von bielefeld nach basel reisen oder nach amsterdam - oder an die belgische küste - wer weiß, was kommt - ich lass mich da von den kulturnachrichten - auch in der "zeit" - ganz einfach treiben.

aber vor lauter "shamings" darf man nun auch nicht die mobilität gänzlich kaputtreden: so lange das für die "konsumenten" "sinnvoll" ist ... natürlich sollte man dann für die anreise, für die unterbringung, für die auswahl der musentempel usw. wieder sein ökologisches gewissen einschalten für die einzelentscheidungen - aber so "dicke" habe ich es auch nicht, das mir so etwas gänzlich egal wäre - koste es mir und der umwelt, was es wolle ...

für mich spiegelt der artikel aber auch die crux wider: wer eindrücklich über kunst und kultur all die vielfältigen sünden an der umwelt durch unsere antrainierten lebensgewohnheiten darstellen und dem publikum näherbringen will, produziert selbst bei diesem prozess sooooviel an umweltbelastungen zusätzlich, dass man es wohl in dieser schulmeisterlichen art lassen sollte ... - 

vielleicht nimmt man stattdessen an der nordsee einfach mal an einer wattwanderung teil - oder schmeißt bei "mc donalds" die aufwändige einzel- in dreifach-verpackung und die plastikgäbelchen und entsorgt sie in einer spontanen "kunstaktion" direkt noch vor dem bedienungsthresen: dann hätte dieser unsinn dort vielleicht wenigstens bald ein ende ...