"

einer kam durch


gut - es können einem 
auch mal die pferde durchgehen - 
aber hier in meinem spruch 
ist die tatsache gemeint, 
dass jeder trampelpfad irgendwohin 
immer auch ein weg "durch" etwas ist, 
was man absolvieren muss 
und abklappert 
und hinter sich lässt - 
um anzukommen: 
"sie haben ihr ziel erreicht", 
wie dann die dame 
auf dem navi heutzutage vermeldet - 
oder eben die innere stimme 
meines inneren navis - 
einfach auch dieses gefühl, 
"angekommen" zu sein ... 

nach einer strecke 
von a nach b 
erreiche ich das ziel - 
und diese strecke 
kann es ja in sich haben: 
matschweg, glatteis, 
auf dem ich ausrutschen kann - 
die dinge "laufen" nicht so, 
wie es sein müsste - 
etwas, was aufhält, 
den weg sperrt, 
was sich in den weg stellt - 
was ich mit obacht 
umgehen oder umfahren muss - 
ab und zu habe ich ja 
vielleicht begleitung, 
gefährten an meiner seite, 
mit denen man sich 
abstimmen muss, 
den richtigen pfad zu finden

sinedi

Edvard Munch: Wenn der Schrei im Halse ... als Echo ins Herz fährt

Edvard Munchs „Der Schrei“ schreit gar nicht


Schrei oder Nicht-Schrei? Das British Museum hat eine langjährige Debatte um die Bedeutung von Edvard Munchs wohl berühmtestem Gemälde gelöst.


Von Philipp Kienzl | ze.tt/zeit

Auuaah! | Foto: moma.com


Der norwegische Maler Edvard Munchs schuf zwischen 1893 und 1910 vier Gemälde sowie eine Lithografie mit dem Namen Der Schrei. Das Motiv dürfte den meisten bekannt sein: Unter einem roten, bedrohlichen Himmel steht eine geschlechtslose Person auf einer Brücke. Ihre Hände liegen auf den Ohren, die Person reißt vor Entsetzen Augen und Mund weit auf. Ihr Kopf ist simpel gehalten, fast totenkopfähnlich. Es scheint, als würde ihr ein Schrei entweichen – so die bisherige Annahme.

Wie das British Museum bekannt gegeben hat, trifft diese Interpretation nicht zu. Die Figur auf dem Bild stoße keinen Schrei aus, sondern höre einen Schrei, der aus der Natur kommt. Die Figur würde bloß mit einem entsetzten Gesichtsausdruck darauf reagieren. In der neuen Ausstellung Edvard Munch: Love and Angst zeigt das Museum eine lithographische Version von Der Schrei. Am unteren Rand des Bildes steht der Satz „Ich fühlte das große Geschrei durch die Natur“.

Detail der deutschen Inschrift aus dem Jahr 1895 von The Scream/"Geschrei", die in der Sonderausstellung im British Museum zu sehen sein wird. Edvard Munch, der Schrei. Lithographie, 1895. 


„Diese seltene Version von Der Schrei verdeutlicht, dass Munchs bekanntestes Kunstwerk eine Person abbildet, die einen Schrei hört und nicht – wie viele es glauben – selbst schreit“, sagt Giulia Bartrum, Kuratorin der Ausstellung, zu The Telegraph.

Einem Tagebucheintrag von Munch ist zu entnehmen, dass der Satz am unteren Bildrand wohl auf einen seiner Spaziergänge entlang eines Fjordes vor Oslo verweist:
„Ich ging mit zwei Freunden die Straße hinab. Die Sonne ging unter – der Himmel wurde blutrot, und ich empfand einen Hauch von Wehmut. Ich stand still, war todmüde und lehnte am Geländer – über dem blauschwarzen Fjord und der Stadt lagen Blut und Feuerzungen. Meine Freunde gingen weiter – ich blieb zurück, zitternd vor Angst – ich fühlte den großen Schrei in der Natur. Ich malte dieses Bild – malte die Wolken wie wirkliches Blut – die Farben schrien.“
„Er versuchte, ein Gefühl zu einem bestimmten Zeitpunkt einzufangen“, erklärt Kuratorin Bartrum. „Er schrieb den Satz ganz bewusst auf diese Version, um zu beschreiben, dass die Inspiration für dieses Bild von einer plötzlichen Panikattacke stammte.“ Ob Munch nun tatsächlich einen Schrei in der Natur hörte oder nur in seinem eigenen Kopf hörte, könne sie natürlich nicht wissen.

Die Diskussion über die Bedeutung von Der Schrei besteht seit Jahrzehnten. Selbst der ehemaliger Direktor des Munch-Museums in Oslo, Gunnar Soerensen, war bisher der Meinung, dass die Bedeutung des Bildes eine Frage der Interpretation sei. Sein Nachfolger Stein Olav Henrichsen gab dem British Museum nun aber recht: „Es gibt viele Anmerkungen zu dem Bild, aber wir haben Munchs eigene Worte. Sie belegen, dass jemand seine Ohren hält, weil er die Natur schreien hört.“

Pastellversion von 1895 - Foto: Moma

Der Schrei (die Pastellversion von 1895) gilt bis heute als eines der teuersten Gemälde weltweit. Es wurde im Mai 2012 um knapp 120 Millionen US-Dollar versteigert. Für viele steht das Bild für den Beginn einer neuen Stilrichtung: den Expressionismus. „Der Schrei“ hat es mittlerweile auch in unsere Handys geschafft, nämlich in Form von Emojis. Und wie es aussieht, haben wir sie bisher falsch benutzt. Denn laut der globalen Emoji-Datenbank und Mitglied des Unicode Consortiums Emojipedia stellen sie „gelbe, vor Angst schreiende Gesichter“ dar und sollen tatsächlich an Munchs Gemälde erinnern.
😱

















Mumifizierte Figur aus Chachapoya, Peru, 9.-15. Jahrhundert.

Zu sehen im Musée de L'Homme, Paris. Foto: Francois Guillot / AFP / Getty Images.

Die Haltung des schreienden Kopfes mit umschlossenen Händen könnte von der Erinnerung Munchs an eine hohläugige, peruanische Mumie inspiriert worden sein, die 1889 in Paris im Musée d'Ethnographie du Trocadéro ausgestellt wurde. Foto: The British Museum




"geschrei" ist ja der original von munch auf deutsch gewählte titel der drucklithographie - mit dem zusatz: "ich fühlte das große geschrei durch die natur"... : eine akustische vision in oder um edvard munch, die aber ausdrücklich nicht von ihm "gehört" sondern eher "gefühlt" wird - empfunden wird... und die er dann in verschiedenen versionen und visionen zu papier und auf die leinwand bringt.

und "geschrei" ist für mich ja etwas anderes als "der schrei": "geschrei" ist für mich eine spur passiver und "empfangender" - geschrei kann ich hören und wahrnehmen - während "der schrei" für mich wenigstens deutlich aktiver ist: der moment, wo der protagonist unwillkürlich einen schrei ausstößt und den schrei "erzeugt" - vor erschrecken und erstarrung ...

aber auch die hände, die wie zwei kopfhörer die ohren zuhalten, um nach innen zu lauschen - bzw. die geräusche von außen abzuschirmen vor dem eindringen...

ein "geschrei" - oder auch nur einen ton empfinden - "durch die natur" oder im eigenen körper: eduard mörike dichtet in seinem frühlingsgedicht auch ein akustisches phänomen für eine empfindung "durch die natur" - wenn auch wesentlich zarter und aufkeimender: "horch, von ferne ein leiser harfenton" ... - was sich dann aber bis zum abend - zur bitteren neige - durchaus in einen blut- und feuerroten sonnenuntergang im inneren psycho-orchester zu einem wahrhaftigen crescendo ausweiten und verwandeln kann wie im rausch - zumal wenn angstgefühle dabei mit ausgelöst werden. 

panik: ein geschrei gellt blutrot durch die natur: da - gleich - im moment - spritzt förmlich das blut, da fährt etwas von mord und totschlag durch die luft mitten hinein in den betrachter: ein greller blitz mit gleichzeitigem theaterdonner auf dem geräuscheblech...

und ich hätte noch einen schwarzen drohend krächzenden raben ins spiel gebracht und ins motiv gesetzt, mit geöffnetem schnabel als wolle er zuschnappen ...

ich habe hier eine partitur von einem musikstück von john cage - wo auch er musik, also etwas akustisches, nicht mit den eigentlich üblichen noten ausdrückt, sondern eine eigene universelle bild- und zeichensprache dafür einsetzt, die bis heute von interpreten umgesetzt und abgespielt wird.

bei munch ist das in seinem "geschrei" ja ähnlich: die betrachter fühlen ja diese plötzliche beklemmung, dieses plötzliche luft-weg-bleiben im donnergroll und im blutgespritz - im erstickenden geschrei der natur zur nacht...

am besten - wir warten gemeinsam auf die "spusi" - auf die "spurensicherung" - und mal sehen, was diese beamten mit ihren spürhunden dabei herausbekommen ...


und heute ist WELTWASSERTAG: bilder sagen mehr als 1000 worte




STATT VIELER WORTE:
HEUTE IST WELTWASSERTAG

SKY

click here

da badet die fliege im milchtropfen - zum weltpoesie-tag am 21.03.








(ohne jegliche betonung
in gleichbleibender
tonhöhe - 
ohne modulation zu lesen:)

die tür zumachen - von innen
und abschließen
sie sollen mich endlich 
endlich in ruhe lassen

da badet eine fliege 
im milchtropfen
auf dem esstisch

doch dann rufen sie an:
der bluttest auf trisomie 21 sei
jetzt in belgien kostenlos
und 13, 16, 18 werden gleich mit
abgehandelt - ein abwasch
sozusagen

das telefon einfach
läuten lassen
die anrufe auf dem smartphone
einfach wegdrücken

und dazu jetzt 
was ethisch wertvolles 
formulieren

in plattitüden flüchten
zack - und weg
unmoralischer
morast



auskreisung aus der "zeit" vom 21.03.2019 - S. 33

der frau 
mit dem down-syndrom-baby
auf dem arm 
freundlich zunicken
das gehört sich einfach

schokolade schenken
das kann falsch 
aufgefasst werden
schon wegen der
ökobilanz

gar keine kinder 
in die welt zu setzen
schont die umwelt
o herr - verhüte uns

den schlüssel umdrehen 
und niemanden hereinlassen

sterben schont 
die umwelt 
noch mehr

ein kind mit down-syndrom
benötigt nicht mehr 
umwelt-ressourcen
das ist eine milchtropfen-
rechnung

und was ist mit den welpen
oder den zwergkaninchen
den meerschweinchen

ja - was ist eigentlich mit 
den meerschweinchen ???

und darf man 
laut örtlicher 
friedhofs-satzung
in einem friedwald
auch das lieblingspferd
einer verstorbenen springreiterin
gleich nebenan mitbestatten

wie lautet dazu die ökobilanz -
pro jahr werden hunderttausend
lebensfähige embryonen 
ohne jegliche trisomie
mit vorsatz
ohne friedwaldbestattung

vielleicht schon allein
wegen der ökobilanz

mein bauch gehört mir
auch:
zur nutzung überlassen


sinedi

heute ist weltglückstag

Kolumne Psycho

🍀Glück ist heute und samstags

Am Mittwoch ist Weltglückstag 🍀. Aber was ist eigentlich Glück, habe ich meine Freunde gefragt. Spoiler: Sex kam in keiner Antwort vor.

KOLUMNE VON
FRANZISKA SEYBOLDT
taz.de-Redakteurin

glück 🍀 ist, wenn hinterm nebel oder im diesel-feinstaub-dunst doch noch die sonne hervorlugt ... - foto: sinedi

Glück 🍀 ist der erste Löffelhieb in die harte Schicht einer Crème Brulée. Jedenfalls für mich – aber wie ist das bei den anderen? Aus Neugierde habe ich diese Frage meinen Freundinnen und Freunden auf Facebook gestellt, in der Hoffnung, eine Art Glücksformel zu finden, etwas, das sich wie ein roter Faden durch alle Antworten hindurchzieht. Tja, was soll ich sagen. Wenn es so einfach wäre, wäre ich längst reich. Interessant sind die Antworten dennoch.

Zusammengefasst lässt sich nämlich folgendes feststellen: Glück ist heute und samstags, Glück ist morgen und manchmal in der 95. Minute, Glück ist Essen und Trinken, Glück ist ein kalter See und eine heiße Dusche, Glück sind erste Male und Dinge, die täglich geschehen, Glück sind Menschen und Tiere, Natur und Musik, Glück ist Alleinsein und Zusammensein, Glück ist frisch gewaschene Bettwäsche, einen Lauf haben und sicher landen, Glück ist das Glück im Unglück und das Fernbleiben von Leid.

Nicht nur kann man an den meisten Antworten ganz deutlich die verschiedenen Lebenssituationen
und Sehnsüchte ablesen, man kann auch zusammenfassen, dass man Glück nicht zusammenfassen kann. Vielleicht liegt genau darin der Reiz. Und weil die Antworten so schön waren, habe ich mich entschieden, sie hier aufzulisten. Als Hilfestellung an Tagen, die derart mies sind, dass man nicht mal mehr eine Vorstellung davon hat, was Glück eigentlich sein kann.

Spoiler: Sex kommt nicht vor, kein einziges Mal. Dafür kam kurz vor Redaktionsschluss noch eine vorerst letzte Antwort: Liebe.

Was macht dich glücklich?

1. Das erste Bier im Frühling, wenn nach dem Feierabend noch die Sonne scheint.

2. Die erste halbe Wassermelone des Jahres auslöffeln. Alleine.

3. Die erste Dusche nach dem Festival.

4. Ruhe. Und ein Glas Rotwein. Und dazu ein, zwei Freunde und ein gutes Gespräch und eine Zigarette. Dann ist wieder nix mit der Ruhe. Ich stehe mir selbst im Weg. Und bin trotzdem glücklich.

5. Glück ist Vanillepudding ohne Haut.

6. Wenn man sich ein belegtes Brötchen kauft und direkt aus der Bäckertüte heraus isst. Dann ist es fertig und man hat irgendwie immer noch ein bisschen Hunger … und dann fällt einem auf, dass lauter Käse- und Avocado- (oder Wurst- und Gurke-) Stückchen in die Tüte hineingefallen sind. Diese kann man sich dann in die offene Hand schütten und hat noch mal einen Bissen nur vom allerleckersten Teil des Brötchens.

7. Nach einer heißen Dusche schön auf dem Sofa lümmeln und einen Kaffee trinken – ohne Zeitdruck.

8. Sich in frisch gewaschene (noch besser: frisch gemangelte) Bettwäsche legen.

9. Glück ist aus Fleisch und aus Blut.

10. Kinderhände im Gesicht.

11. Der Hund, der sich in deiner Kniekehle zusammenrollt.

12. Unter Wasser kopfüber in einem kalten See abhängen.

13. Der perfekte Moment während eines Konzerts, wenn man eins ist mit der Band und dem Publikum.

14. Wenn der Bass einsetzt.

15. Wenn's funktioniert.

16. „All doors in park.“

17. Auch das Glück im Unglück ist noch Glück.

18. Komplett anspruchslos: Das Fernbleiben von Leid.

19. Glück ist das Jetzt, nicht das Gestern und das Morgen.

20. „Das Glück ist immer erst für den nächsten Tag.“ (Französisches Sprichwort)

Ein unverdienter Sieg in der 95. Minute.

22. Aufwachen und es ist Samstag.

23. Liebe.


glück ist für mich auch, wenn ich auf meine alten tage noch etwas hinzulerne: in der taz-kolumne oben kommt zweimal das wort: "spoiler" vor - immer in verbindung mit "sex" (hab ich rot gekennzeichnet) - und mit diesem "spoiler" konnte ich so gar nichts anfangen - wenigstens nicht in diesem text und in diesem zusammenhang. 

bei "spoiler" denke ich an ein altes amerikanisches sportschlitten-straßenkreuzer-auto, bei dem man die karosse tiefergelegt hat und hinten am heck befinden sich dann die heckspoiler: "ein" - wie wikipedia meldet - "die aerodynamischen verhältnisse günstig beeinflussendes blech- oder kunststoffteil an kraftfahrzeugen, das durch beeinflussung der luftströmung z. b. eine bessere bodenhaftung bewirkt" - oder eine "klappe an der oberseite eines tragflügels, die eine verminderung des auftriebs bewirkt" - oder auch beim ski die "verlängerung des skistiefels am schaft als stütze bei der rücklage" ... - na ja - "glücklich" machten mich diese spoiler-definitionen nun alle nicht - aber ganz zum schluss - beim zu-ende-googeln in wikipedia fand ich endlich das hier:
Spoiler (Medien) 
Ein Spoiler (englisch to spoil, „verderben“) ist eine Information, die wesentliche Handlungselemente eines belletristischen Werks, eines Films, eines Videospiels, eines Hörbuchs, eines Sportereignisses oder Folgen einer Fernsehserie zusammenfasst und dadurch dazu geeignet ist, den Genuss am vollständigen Werk bzw. dessen Ausgang zu verderben. 
In einigen Medien hat es sich eingebürgert, dass einer Erläuterung wichtiger Elemente der Handlung von Büchern, Filmen oder Computerspielen sogenannte Spoilerwarnungen vorausgeschickt werden. Dies ist vor allem in einschlägigen Fan- und Diskussionsforen sowie im Usenet üblich. Auch in der weltweit größten Filmdatenbank (IMDb) sind Spoilerwarnungen für alle Rezensenten verpflichtend  ... 
Außerhalb bestimmter Internet-Communitys konnten sich Spoilerwarnungen bisher nicht dauerhaft etablieren.
auf der einen seite bin ich echt düpiert, dass ich als 10 lange jahre in die tasten hackernder blogger zu allen möglichen und unmöglichen themen - nach ca. 2.500 posts, die in der regel immerhin jeweils von ca. 50 - 100 usern gelesen werden - diesen begriff bisher überhaupt nie und nicht auf dem schirm hatte ...

auf der anderen seite freue ich mich und bin regelrecht glücklich, am weltglückstag endlich diese wissens(g)lücke mit der obigen kolumne über das glück aufgefüllt zu haben.

und ich kann jetzt wieder lockerer "ein wörtchen mitreden" - und mal so ganz nonchalance im gespräch fallen lassen: "also - zu der geschichte insgesamt will ich dir aber auch vorab schon mal als spoiler mitteilen: .... - oder so ähnlich muss ich wahrscheinlich als user & blogger locker und ganz selbstverständlich und selbstbewusst das zukünftig mal mit einfließen lassen - um mich als insider mit dem nötigen insider-wissen zu outen - aber: nicht zu oft - sonst denken die gesprächspartner nämlich: der hat 'nen schuss im spoiler ...

wenn ich diesen leonard-cohen-song höre - und dazu dann diese photographic erstelle ... - das ist mein glück 🍀🍀🍀

danke - franziska - du hast mich echt glücklich gemacht! mal sehen, was morgen für ein gedenktag ist?: ach ja - ich glaube morgen ist "welt-poesie-tag" - das trifft sich ...

träume sind schäume

nichts wird so heiß gegessen - wie es gekocht wird ... | S!|kitchen|photography

vergessen & erinnern


Haltung ist alles: „Liebespaare ohne Köpfe“ von Hans Peter Feldmann. Bild: Michael Imhof Verlag

AUSSTELLUNG „VERGESSEN“ 

Das Findelkind aus dem Wald

VON TILMAN SPRECKELSEN - faz.net


Erinnern als Kehrseite des Vergessens: Das Historische Museum Frankfurt stellt momentan im Rahmen der Ausstellung „Vergessen“ acht Stationen zur Nachkriegszeit zur Schau.

Als ihr Vater 2005 gestorben war, sammelte seine Tochter in seiner Wohnung Hunderte von Zetteln ein. „Augenarzt. Wo in Bonn? Wo sind Unterlagen? Brille im Etui?“ steht auf einem. „Wir Deutsche oder wir Deutschen? Was ist richtig?“ und „Schmonzette = Kitschiges Machwerk“ heißt es auf weiteren Zetteln. Drei Jahre lang hielt der Vater fest, was er nicht vergessen wollte, was er sich offenbar mühsam ins Gedächtnis gerufen hatte oder was ihm unklar war. Dass er dieses Hilfsmittel inzwischen benötigte, wusste er. Sein Zustand beschäftigte ihn. Auf einem Zettel fragt er: „Daheim oder ins Heim?“

Das Historische Museum Frankfurt zeigt die Zettel nun im Rahmen der Ausstellung „Vergessen“ in einer eigenen Vitrine. Die Schau ist reich an Objekten, so wie das Ausstellungsthema auch facettenreich ist – es geht um Erinnern als Kehrseite des Vergessens, um die Auswahl dessen, was im Gedächtnis bleibt, um technische und mentale Hilfsmittel und um das kollektive deutsche Vergessen in der Nachkriegszeit.

Aufbereitet wird das in acht Stationen, die sich thematisch mitunter berühren und überlagern, was es dem Besucher umso leichter macht, das Gezeigte miteinander zu verknüpfen: Wo erinnert wird, indem Fotos von Angehörigen und Reisen ins Album geklebt werden, da kann auch das Vergessen forciert werden, indem bestimmte Personen aus Gruppenbildern ausgemerzt werden. Und wo zum Gedächtnis Büsten angefertigt werden, da wirkt es umso bitterer, wenn eine Schar von ihnen aus dem Depot des Museums gezeigt wird, die keinem Menschen mehr zugeordnet werden kann – die Züge bleiben, die Person ist vergessen.

Eine Vitrine voller Medikamente

Gezeigt werden Aufnahmegeräte ebenso wie Werkzeuge, deren genaue Funktion niemand mehr kennt, oder Fragmente von zerstörten Häusern, die keiner zuordnen kann. Ein Hitler-Bild wird übermalt, das eines seiner Anhänger mit Dolchstichen bestraft. Da sind Filme, aufgenommen von Migranten für die daheimgebliebenen Angehörigen, und ein filmisches Doppelporträt zeigt albanische Erwachsene, die zur Aufnahme eines singenden Kleinkinds im westlichen Exil ihrerseits dasselbe Volkslied singen und dabei das gefilmte Kind aufmunternd begleiten. Und da ist eine Installation, die berührendste von allen, die Originalbilder von Kindern zeigt, die nach 1945 ihre Eltern suchen, begleitet von Beschreibungen: „Namenloses Findelkind“ steht unter einem Foto eines Pausbäckigen mit leeren Augen und bis oben zugeknöpftem Hemd, „geb. etwa 1944, genannt Detlef. Anfang 1945 in einem Walde bei Freudenthal/ Ostsudetenland aufgefunden.“

Eine Abteilung widmet sich dem Vergessen im Rahmen von Demenz, den Strategien, die dagegen entwickelt wurden – eine Vitrine ist Medikamenten gewidmet, die anfangs wohl vor allem die Stimmung des Patienten aufhellen sollten –, und auch den Forschungen, die Krankheit überhaupt zu ergründen. Immer wieder aber stößt man auf Zeugnisse derer, die sich trotz Krankheit nicht mit dem Vergessen abfinden wollen. „Gehaltsabrechnungen Dez/Jan vergleichen“ steht auf einem der Zettel des dementen Vaters. Was für eine Leistung das ist, leuchtet sofort ein.

„Vergessen“. Bis zum 14. Juli im Historischen Museum Frankfurt. Der Katalog kostet 30 Euro.

________________________________________________


click here


Aus dem Text zur Ausstellung:
::::::
„Digitale Amnesie“ beschreibt die zunehmende Auslagerung von Informationen. Vor 20 Jahren konnte jeder von uns noch Telefonnummern auswendig. Heute wählt unser Smartphone für uns diese Nummern. Vergessen wir aber wirklich mehr als Generationen vor uns? Wahrscheinlich nicht, aber unser Vergessen und Erinnern verändert sich mit dem technischem Wandel. Heute halten wir unzählige Momente unseres Lebens mit der Kamera fest. Doch erinnern wir uns deswegen an mehr oder lässt uns die Flut der Fotos mehr vergessen als früher?

Wie das Vergessen funktioniert, erforschten Wissenschaftler schon im 19. Jahrhundert. Die in der Ausstellung gezeigten Instrumente und Modelle aus dem 19. und 20. Jahrhundert führen von den Ursprüngen bis zur heutigen Vergessens-Forschung in der Psychologie und in den Neurowissenschaften.

Ist meine Vergesslichkeit noch normal? Bin ich noch gesund oder schon krank? Das sind Fragen oder Ängste, die uns mit dem Älterwerden beschäftigen. Die Ausstellung vermittelt einen Blick darauf, wie wir als Gesellschaft mit Betroffenen umgehen können, ohne ihre Persönlichkeit aus den Augen zu verlieren, auch wenn diese sich durch die Krankheit stark verändert.

Johann Vincent Cissarz, Porträt: Adolf Hitler 1940, übermalt nach 1945 - ©HMF Horst Ziegenfusz




Ein weiterer Aspekt des „zu viel“-Vergessens präsentiert die Ausstellung mit der kollektiven Amnesie des Holocaust im Nachkriegsdeutschland. Viele unserer Eltern, Groß- und Urgroßeltern schwiegen über den Holocaust, verschwiegen ihre eigene Rolle im Dritten Reich. Die Exponate zeigen die Strategien der Abwehr der eigenen Schuld, aber auch den Widerstand gegen das Schweigen, der in die Wiedergründung des Sigmund-Freud-Instituts in Frankfurt mündete.

::::::

Auch zeitgenössische Kunstwerke nehmen in der Ausstellung eine zentrale Rolle ein. Sie sind hierbei keine Illustrationen kultur- oder lebenswissenschaftlicher Thesen, sondern eigenständige Erkundungen der Dynamik von Vergessen und Erinnern.


Beteiligte Künstlerinnen und Künstler:

Kader Attia, Christian Boltanski, Jake & Dinos Chapman, Daniela Comani, Tacita Dean, Mark Dion, Sam Durant, Hans-Peter Feldmann, Robert Filliou, Jochen Gerz, Martin Honert, Ilya Kabakov, Christina Kubisch, Boris Lurie, Arwed Messmer, Jana Müller, Adrian Paci, Regis Perray, Maya Schweizer, Tino Sehgal, Sigrid Sigurdsson

Quelle: Vergessen|Historische Museum Frankfurt HMF - click here



wer etwas wichtiges vergessen hat - muss eben erinnert werden: und die erinnerungsvehikel sind merkzettel, knoten im taschentuch, notizen in der zuständigen smartphone-app, fotos usw. - da hat jeder seine ihm eigenen techniken entwickelt, wenigstens die real erlebten dinge irgendwie für sich auch festzuhalten, wenn sie sein leben bereichert und beeinflusst haben.

manche erinnerungen verknoten sich aber auch allmählich zu albträumen, bevor man sie dann für sich loszuwerden und abzuschütteln versucht.

oft reicht der speicherplatz im oberstübchen nicht hin, um alles minutiös und reproduzierbar festzuhalten und abzuspeichern - und womöglich noch mit irgendeinem internen system wieder auffindbar zu archivieren und bei bedarf aus dem gedächtnis abzurufen.

für einige sachen bleibt aber gerade das unabdingbar, um sich grundständig zu orientieren in zeit & raum ...

etwas anderes ist auch noch einmal die "philosophische (zugehörigkeits-)verortung": wo komme ich her - wo gehe ich hin - wo ordne ich mich ein - und was ist "mein ding" - meine message ...

es ist eine im wahrsten sinne des wortes "nach-denk-würdige" idee, all diese orientierungsfragen auch für das eigene innere navi in einer vielschichtigen ausstellung versuchen anzureißen - jeder muss dann für sich sein "merk-würdiges" system dazu entwickeln - und dazu gibt ihm diese frankfurter ausstellung die nötigen anregungen.

und gerade heutzutage, wo der afd-höcke so denk- (nicht merk-)würdige sätze verlauten lässt wie: 

  • "wir deutschen, also unser volk, sind das einzige volk der welt, das sich ein "denkmal der schande in das herz seiner hauptstadt gepflanzt hat (gemeint ist das 'holocaust'-denkmal). -
  • und bis heute sind wir nicht in der lage, unsere eigenen opfer zu betrauern (wobei herr höcke scheinbar "vergisst", dass die meisten holocaust- und 'euthanasie'-opfer ganz normale deutsche reichsbürger waren). -
  • wir brauchen nichts anderes als eine erinnerungspolitische wende um 180 grad"... 

vogelschiss
da ist eine derartige ausstellung tatsächlich vonnöten und einfach überlebensnotwendig für alle menschen, die sich nicht einlullen lassen wollen durch solch ein unqualifiziertes dahergequatsche - einer partei, deren vorsitzender gauland ja auch die nazi-zeit als "vogelschiss" der deutschen geschichte abtun will und nicht mal mehr zu den akten legt, sondern am liebsten gleich ganz ausmisten will ...

ich möchte deshalb anregen, dass diese ausstellung durch ganz deutschland "wandert" von museum zu museum ...

nein - nein - nein - so leicht kommt dieser wiedererstarkte braune sumpf uns nicht davon: solcherart mentale aufgepfropfte verdrängungen ziehen auch zumeist immense psychosomatische störungen nach sich ...

ZDF - Ausstellung über Vergessen - Eine Ausstellung im Historischen Museum Frankfurt will zeigen, wie wichtig das Vergessen ist . Und was sich lohnt zu behalten und zu erinnern. Was wir vergessen – das ist auch eine gesellschaftliche Frage. CLICK HERE



greta thunberg & logion 9 - einfach wunderbar

faksimile thomas-evangelium - simple-pedia



Aus Logion 9 - im sogenannten "Thomas-Evangelium" -

einer im Dezember 1945 in Oberägypten in Nag Hammadi von einem Fellachen in einem Tonkrug gefundenen koptischen Schrift - über die Entstehungszeit und Authentizität streiten sich seitdem die Experten:
Jesus sagt: der Sämann kam heraus und füllte seine Hand und streute aus. Einiges fiel auf den Weg, die Vögel kamen und pickten es auf. Anderes fiel auf den Felsen, trieb keine Wurzeln in die Erde, hob auch keine Äste zum Himmel. Und wieder Anderes fiel in die Dornen. Sie erstickten die Saat und die Würmer fraßen sie auf. Anderes aber fiel auf gutes Land, das brachte gute Frucht. Es trug sechzig je Scheffel und einhundertzwanzig je Scheffel.
Repro aus: EVANGELIUM NACH THOMAS, Leiden, E.J. Brill, 1959 - S. 6 u. 7

Das kennen wir doch - das Gleichnis vom Sämann. Dies ist eines der Originalstücke, die dem Evangelium der Christen überleben halfen. Aber vergessen wir die Bibelgestalt und wenden uns der Urgestalt zu. Erstens: bei Jesus ist nichts zufällig und nichts "einfach so" gesagt. Also auch nicht die Sache mit den Vögeln, den Dornen und den Felsen. All das soll nicht nur illustrieren, was mit der Saat geschieht, sondern auch, auf welche Weise. Zunächst einmal streut der Sämann aus - es interessiert ihn nicht, wohin die Saat fällt, er streut, während er weitergeht. Kein Landstrich wird ausgelassen, es gibt keine Voraussetzungen, nichts da mit "wer da glaubt und getauft wird". Die Arbeit des Sämannes ist nicht, aufzupassen wohin seine Saat fällt, sondern zu säen. Wohin es fällt, fällt es. Aber die Wirkung ist unterschiedlich; was die Vögel fressen, nährt sie immerhin. Und was auf den Felsen fällt - es findet keinen Nährboden, aber es ist niemand "schuld" wenn es nicht aufgeht. Was unter die Dornen fällt - die Eigenschaft dieses Gewächses ist, daß es neben sich nichts aufkommen läßt, weil es allem den Nährstoff entzieht. Das ist dann schon eine etwas andere Situation, denn hier lebt etwas auf Kosten eines anderen und durch Gestrüpp wird menschliche Nahrung vernichtet. Immerhin aber - die Würmer nährt sie doch noch, aber sie nehmen es wie andere Nahrung auch. Aber wo es in den Acker fällt - sechzig und hundertzwanzig sind nicht nur Synonyme für "doppelt und dreifach", sondern sind populäre Glückszahlen von universaler Dimension.

Das heißt - gegeben wird ohne Voraussetzung, aber um sich zu entwickeln braucht das Gegebene Voraussetzungen und je besser die sind, um so besser der Erfolg. Es nährt das Gewürm und die Vögel, aber die finden allenfalls andere Nahrung - der Mensch aber braucht Brot. Er kann Gras nicht essen. Und Brotgetreide wächst nur auf einem gut gehaltenen Acker, weder auf dem Weg noch auf den Felsen noch in Gemeinschaft mit Dornen. Wenn die Lehre Jesu in die Menschenherzen fällt, fällt sie auf unterschiedliches Land. Ein Herz ist ein Weg - alles trampelt drüber, er ist notwendig, aber ehe etwas in dieser harten Erde einwurzeln kann, sind schon die allzeit hungrigen Vögel da, die Ausflüchte und Sachzwänge und es wird von ihnen weggefressen, aufgelöst. Ein anderes Herz ist aus Stein - da kann nichts Wurzeln schlagen, und wenn nichts Wurzeln schlagen kann, kann auch nichts "Äste gen Himmel recken". Es bleibt liegen und vertrocknet. Und es gibt die Dornenherzen - voll Gestrüpp, vorgefaßten Meinungen, verknöcherten Lebenskonzepten, angelernten, nie durchdachten Verhaltensweisen - da ist zwar Boden, aber wenn etwas darauf wachsen will, hat es keine Chance, es wird erstickt und das Aas nehmen sich die Würmer, die alles Aas annehmen und beseitigen.

Und was ist das gute Land? Ein lockeres, sauberes, leeres Feld. Das Leben hat es auf vielfache Weise vorbereitet - es ist umgestochen worden, es wurde durchgepflügt und durchgeharkt, es wurde mit Nährstoffen versehen - und dann wurde es liegen gelassen für die Saat. All das haben Andere getan, nicht der Sämann. Der Mensch, dessen Herz gutes Land ist, hat all das geschehen lassen, geduldig wie die Erde, und er hat sich offen gelassen für das, was kommen mag. Er hat sich weder festtreten lassen noch hat er zugelassen, daß sich Unkraut in seinem Herzen ansiedelt. Er wartet er auf den Funken, der ihn entzündet - ohne daß er weiß, welches dieser Funken sein wird oder sein soll. Aber er nimmt etwas andres nun nicht mehr an, sondern wartet auf die Saat, auf nichts sonst.

Dabei fühlt er sich oft leer und kahl - ein bracher Acker ist leer und kahl. Was er kann, wird man erst sehen, wenn die Saat darauf gefallen ist. Es ist aber damit auch gesagt: macht euch keine Sorgen, wohin die Lehre fällt - seid wie der Sämann, der nicht zusieht, ob er die Saat auf den Acker bringt oder sonstwohin. Streut nur aus, bemüht euch nicht, es richtig zu machen. Es wird nur dort aufgehen, wo das Menschenherz auch bereit ist, überall sonst wird es verpuffen. Die Vögel kritisieren den Sämann nicht und die Würmer auch nicht, sondern sie sind dann wenigstens satt. Es gibt dann zwar kein Brot, aber die Saat, die auf den Acker fällt, macht solchen Verlust mehr als wett.

aus: THOMAS-Comment AG Gnosis Juliane Intkaes-Bobrowski



tja - dieses etwas ungewöhnliche gleichnis vom sämann - ganz außerbiblisch - in einem alten tonkrug aufbewahrt in einem felsversteck in oberägypten - und "zufällig" aufgefunden von einem fellachen, einem bauern, der das was er da gefunden hatte, gar nicht einordnen und wertschätzen konnte. 

aber inzwischen hat man all die "schriften von nag hammadi" zusammengepuzzelt und entziffert und übersetzt.

und es sind zumeist gnostische erbauungsschriften und "evangelien", im 2. bis 3. jahrhundert entstanden - und eben hier das wohl ältere sogenannte "thomas-evangelium", das benannt wurde nach jenem "ungläubigen" thomas-apostel, der nach dem ableben jesu der legende nach in indien missioniert hat und dort auch anscheinend verstorben ist.

er soll von jesus selbst den auftrag gekommen haben, diese leitsätze aufzuschreiben und quasi als quintessenz der originalen jesu-lehre dann auch weiterzugeben: da wo thomas draufsteht ist vielleicht nach meinung einiger der echte jesus noch drin ...

da diese kernsätze mit dem späteren paulinischen "christentum" nur recht wenig und bruchstückhaft kompatibel waren, hat die frühe kirche dieses durchaus schon viele jahrhunderte vor den nag-hammadi-funden 1945 bekannte exzerpt des thomas aber regelrecht unterdrückt und vielleicht in die geheimarchive im vatikan in die allerletzte ecke verbannt - auf alle fälle eben nicht mit in die kanonisierten evangelien und schriften des "neuen testaments" eingefügt.

wohl aber eben das "johannes-evangelium", was textmäßig ebenso "aus der reihe schlägt", aber mit den grundsätzen der eigentlichen "christlichen" religionsgründer um den "apostel" paulus von tarsus und später dann in rom auf den konzilien noch in etwa in einklang zu bringen war.

so gammelte also das sogenannte "thomas-evangelium" eben all die jahrhunderte vor sich hin - und wurde in einigen geheimzirkeln verbreitet, vielleicht mündlich weitergegeben bei den sogenannten "thomas-christen" in indien und der heutigen türkei und eben in gnostischen sekten im vorderen orient, die dann auch den tonkrug in den sand von nag-hammadi ablegten.

soweit knapp die spannende geschichte des äußeren textes - nun aber zum inhalt des logion 9; das ähnlichkeiten mit dem "gleichnis vom sämann" aus den kanonischen bibel-evangelien aufweist.

und mir fiel das logion 9 wieder ein, als ich meine "taz" las - und die ja fast ebenso "wundersamen" begebenheiten einer saatvermehrung um die 16-jährige greta thunberg vor augen hatte, die anfangs ja ganz "mutterseelenallein" vor dem schwedischen parlamentsgebäude in stockholm saß mit ihrem selbstgemalten pappschild: „skolstrejk för klimatet“ - und deren bittersüße "saat" nun dermaßen aufgegangen ist, dass mittlerweise hunderttausende von schülern, auch eltern und lehrer und wissenschaftler, es ihr regelmäßig an jedem "friday for future" in über 100 staaten der welt gleichtun - und für eine bessere umwelt und zukunft "strejken": nicht zur schule gehen - nicht in die labore, institute und an die arbeitsplätze - nicht in die hochschulen und universitäten: ein weltweiter streik für eine bessere umwelt - ausgegangen von der sicherlich hier und da gewöhnungsbedürftigen greta, die einfach stur ihren kopf durchsetzte.

und bei der geschichte um ihren asperger-autismus mit vorübergehenden hungerstreik-attacken und ihrem knallharten entschluss "so - und nicht anders" - ganz auf sich allein gestellt - musste ich auch an jesus denken, der auch vor 2000 jahren seinen kopf durchsetzte mit damals zunächst für die jüdische tempelaristokratie - und seine familie - zunächst einmal "wirren" ideen ... seine familie bezeichnete ihn als "irregeleitet" und war schon losgezogen, um ihn wieder einzusammeln:

das älteste markus-evangelium (ca. 70 n. chr.) erzählt nahezu zu beginn von jesu wirken, dass jesu mutter und brüder „losgehen, um ihn zu greifen“, als sie hören, wie viele menschen ihm folgen, denn sie sagen: „er ist von sinnen“ (mk 3,20f). markus kennt also keine wunderbare weihnachtsgeschichte von der geburt und kindheit jesu. bewusst stellt der evangelist jesu mutter maria und brüder in die nähe der schriftgelehrten, die jesus vorwerfen, er sei von dämonen besessen.

und ähnliche angriffe muss greta thunberg ja heutzutage auch über sich ergehen lassen, wenn z.b. unser fdp-"experte" für alles lindner meint, greta und schüler und "kinder" hätten natürlich "keine ahnung" von umweltschutz - und dass solle man mal den "experten" überlassen ...

ich will hier nicht den hype um greta thunberg überhöhen und sie mit diesen zeilen etwa auch noch in die nähe jesu rücken - ich möchte nur auf die gesellschaftlich gleichen phänomene hinweisen - vor 2000 jahren und heute - und diese äußeren parallelen ziehen - und ich möchte auf die grundaussagen von logion 9 im thomas-evangelium hinweisen: manche samenkörner oder eben auch ideen und grundsätze und parolen fallen auf weniger fruchtbaren grund und boden - und manche sind so fruchtbar und wichtig und für viele einsehbar, dass aus einer einsamen schulstreikerin in stockholm ohne "management" und "zentraler organisation" und ohne finanziellen eigennutz innerhalb von ein paar monaten eine weltweite bewegung anwachsen und hochsprießen kann: viele hunderttausend menschen "je scheffel" ...

also: wunder gibt es immer wieder - und das tröstliche ist: es gibt sie noch ... - es soll uns mut machen ...

greta thunberg - graphische bearbeitung: sinedi



„Fridays for Future“ weltweit

Greta global

Am Freitag wollen Hunderttausende junge Menschen für eine bessere Klimapolitik protestieren. Die Bewegung hat einen Star: Greta Thunberg. Wer ist sie?

Von Anett Selle | taz

taz | Sie steckt fest, es geht nicht weiter. Presse und Fans füllen die Straße, wedeln mit Kameras und Handys. Einige versuchen, die Kette aus Menschen zu durchbrechen, die mühsam einen Sicherheitsabstand aufrechterhält. Erst als die Polizei dazukommt, beruhigt sich die Situation etwas. Kinder und Jugendliche gehen nebenher, einige rufen, um ihr Vorbild auf sich aufmerksam zu machen. Es ist Freitag, wenn sie nicht gerade feststeckt, zieht die Schulstreikdemo durch die Stadt: Und Greta Thunberg läuft mitten drin.

An diesem Tag Anfang März ziehen bis zu 10.000 junge Menschen durch Hamburg, mehr als zehnmal so viele wie in der Vorwoche. Wo Thunberg auftaucht, wird es voll: Anfang Januar war sie beim Schulstreik in Brüssel zu Gast, da beteiligten sich bis zu 100.000 Menschen.

Ganz allein hat die heute 16-jährige Schwedin ihren Schulstreik für mehr Klimaschutz im August vorigen Jahres begonnen. Allein ist sie damit inzwischen gewiss nicht mehr. Demonstriert wird in Australien und Japan, in Kanada, Brasilien und den USA, in Nigeria und Südafrika, und in nahezu jedem Land Europas.

Eltern haben sich solidarisiert als Parents for Future, Wissenschaftler*innen sind als Scientists for Future dabei. Diesen Freitag nähert sich die Bewegung ihrem bisherigen Höhepunkt: Am 15. März soll rund um die Welt gestreikt werden. Der letzte Stand: 1.650 Orte in 105 Ländern.

Greta Thunberg, ein Vorbild für Zehntausende

Die Fridays-for-Future-Bewegung organisiert sich lokal und unabhängig. Eine Hierarchie oder zentrale Struktur gibt es nicht. Aber ein Zentrum: Greta Thunberg. Viele der jungen Demonstrant*innen in Hamburg sagen, sie hätten nicht gewusst, was sie angesichts des Klimawandels tun könnten, und niemanden gehabt, zu dem sie aufschauen konnten. Thunberg habe das geändert.

Auf der Bühne richten die Schüler*innen Lilli und Gustav sich direkt an sie. „Wir danken dir, dass du damit angefangen hast, für das Klima zu streiken. Für uns und für viele bist du ein Vorbild. Wir lieben dich für das, was du tust. Für deinen Mut, Dinge zu sagen, die Erwachsene nicht wahrhaben wollen. Für dein Durchhaltevermögen. Und dafür, dass du uns eine Stimme gibst.“

Mit ihrem Schulstreik hat Thunberg die Klimakrise zu einer Angelegenheit der Jugend weltweit gemacht. Eine junge Frau, die von sich sagt, sie sei ihr ganzes Leben lang das „unsichtbare Mädchen“ gewesen, das hinten sitzt und nichts sagt: Heute ist sie eine, der andere danken, weil sie ihnen eine Stimme gibt. Als Kind habe sie die Bilder nicht mehr aus dem Kopf bekommen aus Filmen über den Klimawandel, sagt sie. Thunberg hat die Diagnose Asperger, sie sagt, sie könne Sorgen nicht verdrängen.

Krank, klein unsichtbar. Und jetzt dauerpräsent

Mit elf Jahren erkrankte sie an Depression, konnte zeitweise nicht mehr zur Schule gehen, nicht mehr essen, sprach kaum noch. Dann begann sie, sich selbst zu ermächtigen, zuerst gegenüber ihren Eltern. Die überzeugte Greta Thunberg, kein Fleisch mehr zu essen, vegan zu werden, nicht mehr zu fliegen.

Thunbergs Mutter ist die Opernsängerin Malena Ernman, die Schweden 2009 beim Eurovision Song Contest vertrat. Dass Ernman nicht mehr flog, fiel der schwedischen Öffentlichkeit auf. Dann schrieben Ernman und ihr Mann Svante Thunberg ein Buch darüber, wie ihre Tochter sie verändert hatte. Und schließlich setzte sich Greta Thunberg allein vor das schwedische Parlament mit ihrem Schild:, Schulstreik für das Klima. Anfangs täglich, dann jeden Freitag. Es folgten: Schüler*innen weltweit, die die Idee aufgriffen, eine Einladung zur UN-Klimakonferenz und ins schweizerische Davos, zum Weltwirtschaftsforum.

Das Treffen in Davos ist die alljährliche Begegnung der Politik- und Wirtschaftselite. Als Thunberg Ende Januar nach anderthalb Tagen Zugfahrt von Schweden in dem verschneiten Alpenstädtchen ankommt, warten Dutzende Journalist*innen am Bahnsteig. Der Andrang ist größer als bei manchem Staatsgast. Im Ortszentrum ist für die Klimaaktivistin eine Pressekonferenz organisiert, davor drängeln Kamerateams. Aufpasser bahnen Thunberg eine Gasse.

Christine Lagarde, die Chefin des Internationalen Währungsfonds, begrüßt Thunberg mit Handschlag und widmet ihr ein paar Minuten. Lagarde ist eine der einflussreichsten Politikerinnen weltweit, sie überlegt sich genau, mit wem sie sich vor die Kameras stellt. Aber die beiden scheinen nicht recht zu wissen, was sie miteinander anfangen sollen. Thunbergs Gesichtsausdruck ist angespannt. Später wird sie einem Raum voller Politik- und Wirtschaftseliten sagen, diese hätten ihren finanziellen Erfolg auf Kosten des ganzen Planeten erreicht: Das Video ihrer Rede wird um die Welt gehen.

Thunberg bleibt wie ist ist: unangepasst

Thunberg, die von ihrem Vater in Davos begleitet wird, sagt leise: „Ich mag es eigentlich nicht, vor Leuten zu reden.“ Mit dem hohen Stuhl, auf dem sie sitzen soll, kommt sie nicht zurecht. Sie bleibt stehen. Was andere von ihr denken, scheint Thunberg nicht zu kümmern: Sie ist ein Mensch der Gegensätze, sie polarisiert. Man stimmt ihr zu, oder ist dagegen. So oder so, wenn Thunberg spricht, wird zugehört. Wenigen ist sie egal. Das liegt an dem, was sie sagt und zu wem – und wie.

„Ich will, dass ihr handelt, als würde euer Haus brennen. Denn das tut es.“

„Erwachsene sagen immer wieder: Wir sind es den jungen Leuten schuldig, ihnen Hoffnung zu geben. Aber ich will eure Hoffnung nicht.“


„Ich will, dass ihr in Panik geratet, dass ihr die Angst spürt, die ich jeden Tag spüre.“


„Es gibt keine Grauzonen, wenn es ums Überleben geht.“


Dass Thunberg schwarz-weiß malt, ist ein häufiger Kritikpunkt. Zwar sind die Konsequenzen der Erderwärmung Konsens in der Wissenschaft: Naturkatastrophen, Wassermangel, Hungersnöte, saure Meere, das Aussterben von Tierarten. Kritik an Thunbergs Aussagen bezieht sich aber meist gar nicht auf den menschengemachten Klimawandel an sich oder die Untätigkeit, die Thunberg anprangert, sondern auf ihre absoluten Formulierungen.

Kritik an Thunbergs Aussagen
bezieht sich meist gar nicht
auf den Klimawandel an sich
oder die Untätigkeit,
die Thunberg anprangert,
sondern auf ihre
absoluten Formulierungen

Denn es gibt sie ja doch, die Grauzonen im Überleben: Auch mit einer Erwärmung um 4 Grad und mehr wäre menschliches Leben auf der Erde höchstwahrscheinlich möglich. Nur eben nicht an allen Orten, an denen es heute stattfindet. Einige wären höchstwahrscheinlich zu heiß, andere lägen unter Wasser. Aber eben nicht alle.

Was Thunberg und die Schüler*innen der Fridays for Future von der Politik fordern, ist die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens. 196 Länder haben damit 2016 zur Staatsaufgabe erklärt, die menschengemachte Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen. Ob das reicht, um das unumkehrbare Kippen des Klimas zu vermeiden, ist in der Wissenschaft umstritten.

Ist Klimawandel „nur eine Sache für Profis“?

Für manche ist Thunberg ein Kind, trotz ihrer 16 Jahre. Ein kleines Mädchen mit zwei langen Zöpfen, einer Wollmütze und wenig Ahnung von wirtschaftlichen Realitäten. Dass Thunberg recht klein ist, liegt an ihrer Depression: Als sie nicht mehr aß, hörte sie auf zu wachsen. So wirkt sie auf viele kindlich, trotz ihres Alters. Die Jugendlichkeit machen manche Kritiker*innen nicht nur ihr, sondern der ganzen Bewegung Fridays for Future zum Vorwurf, so wie etwa FDP-Chef Christian Lindner: „Von Kindern und Jugendlichen kann man nicht erwarten, dass sie bereits globale Zusammenhänge, das technisch Sinnvolle und das ökonomisch Machbare sehen. Das ist eine Sache für Profis.“

Die Fridays-for-Future-Bewegung hat eine Diskussion ausgelöst – nicht darüber, ob die Menschheit in Zukunft leben wird, sondern wie. Der Weg dorthin war schrittweise Eskalation. Erst der Boykott der Schule für mehr Klimaschutz durch Thunberg. Das schuf Aufmerksamkeit. Dann, dass Schüler*innen einstiegen, die Bewegung sich international ausbreitete und Menschen hinzukamen, die nicht mehr zur Schule gehen. Parents for Future, Scientists for Future, Interessierte. Nun folgt diesen Freitag die maximale Eskalation: Protest weltweit. Auf der einen Seite ist das ein Erfolg für die Bewegung. Auf der anderen Seite eröffnet es die Frage, wie es weitergehen soll.

Was tun, wenn eine Strategie an ihrer obersten Eskalationsstufe angelangt ist: Weitermachen, Neues ausprobieren, aufhören? Schüler*innen in Hamburg geben sich entschlossen, immer und immer weiter zu streiken – bis die Politik Maßnahmen ergreift, um das Zwei-Grad-Ziel zu erfüllen. „Wir werden schulstreiken, bis sie handeln“, sagt auch Thunberg auf der Bühne. Einige Zeit könne vergehen, bis sich Erfolg zeige. „Aber wir werden geduldig sein und wir werden weitermachen. Denn das ist unsere Zukunft und unsere Entscheidung.“ Es scheint also darauf hinauszulaufen, wer den längeren Atem hat.

Thunberg macht es vor: Wenn am Freitag an über 1.000 Orten gestreikt wird, wird sie nirgendwo zu Gast sein. Sie wird vor dem schwedischen Parlament sitzen. Wie im August, als alles begann. Nur mit mehr Gesellschaft.

Mitarbeit: Hannes Koch


mutterseelenallein - graphische bearbeitung: sinedi





Wie tickt Greta Thunberg? - und wie tickst du und ich ... ???

Mit Leonhard Schilbach vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München spricht Friederike Haupt - über das Phänomen Greta Thunberg.

Sie selbst sagt, sie sieht die Welt schwarz und weiß. Ein Psychiater erklärt, wie das mit ihrem Autismus zusammenhängt. Und findet: Wir können davon was lernen.

Greta im Rampenlicht - Foto: welt.de


Sie sagen, wir können etwas von Greta Thunberg lernen. Was denn?

Die Fähigkeit, etwas inhaltlich zu analysieren ohne Rücksicht auf die Befindlichkeit der relevanten Akteure. Dazu sind Autisten wie Greta Thunberg in der Lage, weil für sie soziale Konventionen nicht intuitiv plausibel und wichtig sind. Das kann Debatten versachlichen.

Die Klimadebatte scheint mir gerade nicht besonders sachlich: Greta Thunberg selbst ruft zu Schulstreiks auf und wird dafür von den einen als Heldin verehrt, ist jetzt sogar vorgeschlagen für den Friedensnobelpreis; von den anderen wird sie wüst beschimpft als unzurechnungsfähig, hysterisch, paranoid.

Das stimmt. Viele gehen gleich wieder auf die Beziehungsebene und reagieren emotional auf die unangepasste Art von Frau Thunberg, statt sich mit den Fakten zum Klimawandel auseinanderzusetzen, über die sie spricht.

Greta Thunberg sagt, sie habe das Asperger-Syndrom, eine leichte Form des Autismus. Sehen Sie in ihrem Auftreten Hinweise darauf?

Man sollte sich vor Ferndiagnosen hüten. Aber man kann schon sagen: Menschen mit Autismus beschäftigen sich gern intensiv mit einem Thema. Sie wollen sich auskennen, weil ihnen das ein Gefühl der Vorhersagbarkeit und somit Sicherheit gibt. Das scheint bei Greta Thunberg der Fall zu sein. Der andere Punkt, der auffällt, ist, dass sie wenig beeindruckt zu sein scheint von dem öffentlichen Interesse an ihr. Autisten interessieren sich weniger für die soziale Umwelt. Sie können deshalb leichter inhaltliche Positionen durchhalten, weil sie nicht so abgelenkt sind von Fragen wie „Wie fühle ich mich selbst?“ oder „Was denken die anderen?“.

Greta Thunberg wirkt aber durchaus so, als achte sie auf das Publikum. Ich habe ein Video von ihr gesehen, da steht sie auf einer Bühne. An einer Stelle setzt sie eine Pointe, die Leute lachen, und sie hält inne und lächelt, als habe sie mit dem Applaus gerechnet und genieße ihn nun. Das wirkt doch abgeklärt.

Das Verhalten, das Sie beschreiben, widerspricht nicht der Diagnose. Die Mehrheit der Autisten hat normale oder überdurchschnittliche intellektuelle Fähigkeiten. Sie können Dinge lernen und dann auch ein Stück weit auf soziale Anforderungen reagieren.

Wie lernen sie so etwas?

Im Gegensatz zu Nicht-Autisten nicht intuitiv. Sie gehen es eher an wie eine Rechenaufgabe. Ein gutes Beispiel ist Blickkontakt. Nicht-Autisten suchen den intuitiv von Geburt an. Bei den meisten Menschen mit Autismus ist das nicht der Fall, und sie bekommen die Rückmeldung, dass das bei der Mehrheit der Gesellschaft schlecht ankommt. Sie merken dann: Für mich ist das nicht sinnvoll, ich brauche es nicht, aber es kann mir helfen, um negative Reaktionen zu vermeiden. Ein Patient hat einmal zu mir gesagt: Ich kann anderen schon in die Augen schauen. Aber das Einzige, was es mir bringt, ist, dass ich dann weiß, welche Augenfarbe die Person hat. Übrigens wird bei vielen Autisten die Diagnose erst im Erwachsenenalter gestellt, weil sie viele Jahre lang versuchen, sich anzupassen.

Also hat Thunberg gelernt, was uns gefällt, und macht es jetzt, weil es sie weiterbringt?

Es geht Frau Thunberg – so wäre meine Vermutung – weniger um ihr eigenes Fortkommen, sondern um die Sache. Aber sie hat sicherlich im Laufe der Zeit soziale Kompetenzen erworben, allerdings anders, als das Nicht-Autisten tun. Mir ist zum Beispiel ihr Blickverhalten aufgefallen. Das ist schon etwa so, wie es sein soll, aber in Nuancen doch anders. Der Blick wird zu lange gehalten. Vielen Autisten ist unklar, wann sie aufhören sollen zu schauen. Um in der sozialen Welt zurechtzukommen, sind Autisten oft kreativ: Eine Frau erzählte mir, sie wisse nie so genau, ob ihr Partner gerade gut drauf ist oder schlecht. Sie fing dann an, mitzuzählen, wie viele Wörter der Partner pro Minute spricht. Das war der empirische Indikator für die Stimmung. Wenn er viel redet, ist er gut drauf, wenn er wenig sagt, schlecht.

Aber Thunberg wirkt insgesamt doch wenig angepasst. Eher radikal.

Greta Thunberg radikal zu nennen ist die nicht-autistische Perspektive auf sie.

Na ja, gut, das ist ja die Perspektive der allermeisten. Das weiß Thunberg selbst, in einem Interview sagte sie, dass sie eine andere Weltsicht hat, „schwarz und weiß“.

Ja, sie hat etwas Unerbittliches in ihrer Klarheit. Das ist typisch für Autisten. Sie ist nicht geneigt zu sagen: Ja, gut, an dem Versuch, die Erderwärmung aufzuhalten, sind halt Menschen beteiligt, und die bemühen sich, aber es reicht nicht, schade. Da sagt der Autist: Ja, aber es ändert ja nichts daran, was mit dem Klima passiert.

Das klingt ja sehr vernünftig. Aber Sie sagen auch, dass die Probleme, die Autisten oft in ihrem sozialen Umfeld haben, zu Depressionen und Angststörungen führen können. Wirkt Greta Thunbergs Angst vor dem Klimawandel – sie sagt, eigentlich dürfte es kein anderes Thema mehr geben als das –
nicht unvernünftig, übertrieben auf Sie?

Zunächst einmal ist Angst ein Gefühl, das für das Überleben und Lernen wichtig ist. Insofern ist Angst in Maßen hilfreich; ein Übermaß kann aber das Leben stark einschränken. Mein Eindruck ist, dass die Menschen eher zu wenig Angst vor dem Klimawandel gehabt haben, weil es sich um ein komplexes Phänomen handelt, das nur schwierig persönlich erfahrbar wird und deshalb wenig Einfluss auf das Verhalten hat. Wenn man die wissenschaftlichen Analysen ernst nimmt, gibt es ja großen Anlass zur Sorge. Bei Autisten ist es außerdem so, dass sie die Beschäftigung mit wichtigen Themen oft nicht abbrechen können. Wir beide können uns aufregen über den Klimawandel oder das Plastik in den Weltmeeren, und fünf Minuten später packen wir unsere Tasche und fahren zum Sport, ganz unbelastet.

Wie stark leidet Thunberg darunter, dass sie es anscheinend nicht kann?

Das kann ich nicht sagen, ohne mit ihr gesprochen zu haben. Ich habe aber nicht den Eindruck, dass das Leid überwiegt. Viele Autisten erleben die ausdauernde Beschäftigung mit einem Thema eher als Beruhigung.

Unterstützt wird Thunberg jetzt von der Bewegung „Scientists for future“. Das sind rund 23000 Wissenschaftler, die sagen, Thunberg und die anderen demonstrierenden Schüler haben recht mit ihrem Anliegen.

Ja. Und bestimmte Inhalte der Klimaschutzdebatte sind seit zwanzig oder dreißig Jahren bekannt. Wenn man damals schon Schlussfolgerungen gezogen hätte, könnte man heute ganz woanders sein. Die geringe Durchschlagkraft von Politik in manchen Bereichen führt auch zu Frustration, nicht nur beim Klima, dann heißt es: Wir müssen das System zerschlagen, Europa muss weg, was auch immer – Positionen, die mir überhaupt nicht attraktiv erscheinen, die aber trotz ihrer Inhaltsleere psychologisch offenbar als Gegenentwurf wahrgenommen werden.

Aber gemeinsam haben sie mit Thunbergs Position, dass sie Politiker pauschal kritisieren: Ihr Mächtigen lasst uns im Stich. Sehr bequem.

Da müsste man aber schon auch fragen, warum jemand so etwas sagt und mit welcher Motivation. Da würde man sehr große Unterschiede zwischen Rechtspopulisten und Greta Thunberg finden. Aber ich sage ja auch nicht, dass jetzt jeder so sein soll wie Greta Thunberg. Natürlich muss man als Politiker Kompromisse machen, und natürlich muss man als Bürger auch sehen, dass Politik ein mühsames Geschäft ist.

Inwiefern glauben Sie dann, dass wir von Greta Thunberg lernen können, sachlicher zu debattieren?

Vielleicht würde es schon helfen, einmal transparent gegenüberzustellen: Auf welche Lösung steuern wir hin, und wie stark spielen da soziale Beziehungen, Befindlichkeiten und Interessen eine Rolle? Wie würde man das rein an Fakten orientiert bewerten?

Ein Thema, das mir in dem Zusammenhang einfällt, ist die Datensammelwut von Facebook oder Google. Die bringt erwiesenermaßen enorme Gefahren mit sich – und trotzdem passiert kaum was. Immer noch sagen viele: Ist mir egal, was mit meinen Daten passiert, außerdem sind alle meine Freunde auf Facebook. Rational betrachtet, müsste man sich ja dort abmelden.

Da stimme ich Ihnen völlig zu. Die Teilnahme an vielen sogenannten sozialen Medien erfolgt vermutlich emotionsgesteuert. Menschen ohne Autismus haben soziale Gehirne, sie haben ein nahezu unstillbares Bedürfnis danach, dabei zu sein, Beachtung zu finden. Es wäre hilfreich, das rationaler zu betrachten, die Bedürfnisse in realen sozialen Interaktionen zu stillen und ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, wann und warum Emotionen besonders wirkmächtig sind.

Mit Leonhard Schilbach vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München sprach Friederike Haupt.

aus: F.A.S. 17.03.2019 - S. 2 | POLITIK



hier eine kleiner patientenaktenauszug - und dort ein psychiatrisches bulletin: irgendwie versuchen teile der medien eine persönliche besonderheit - hier: den asperber-autismus - zu diesem "friday for future"-phänomen hervorzuheben - und das geschehen um greta thunberg so vielleicht zu relativieren - um es auch wieder einzudämmen - man hat jetzt seinen spaß gehabt - "un gutt is" ... - "umweltschutz, das sollte man lieber den tatsächlichen experten überlassen" ...

und auch die eltern der vielen hunderttausend schüler inzwischen weltweit sollen mal endlich zuhause mit dem zeigefinger drohen: "lauft doch bloß nicht hinter so einer hinterher - sie schreiben doch längst, was mit der los ist" ...

von daher ist es vielleicht doch ganz gut, wenn priv.-doz. dr. med. leonhard schilbach hier mal versucht, einige dinge in bezug auf so ein "besonderes" und vielleicht in deutschland immer noch zu extrem normabweichend empfundenes phänomen etwas geradezurücken.

aber "inklusion" im eigentlichen sinne wäre es - wie wohl in skandinavien schon ziemlich üblich - wenn man die diagnose zu greta thunberg nun zwar nicht gänzlich verschweigt - aber auch mal nicht so überhöht aufhängen würde - und frau thunberg als einfach für diese belange hervorragend geeignete eigensinnige junge frau einordnen und zur kenntnis nehmen würde, die mit ihrer einzigartigen art und weise auf das problem "umweltschutz" einzugehen - ja und ich bleibe dabei - geradezu "wunder-bar" - "einfach" viel bewirkt, was sie ja selbst gar nicht einplanen konnte im vorhinein - und was sich - mit oder ohne asperger-syndrom - einfach so entwickelt und fantastisch ausgeweitet hat ... - 

genießen wir es einfach - und seien wir dankbar über so ein wunder - und drücken wir die daumen, dass es harte herzen mit aufweicht: ein steter tropfen höhlt bekanntlich den stein ...